2. Ökosystem Wattenmeer Im Wasserkörper leben Algen verschiedener Größen vom Einzeller im Plankton bis zur sesshaften Großalge, die etwa auf einer Muschelbank Halt findet. In den Flachwasserzonen wachsen der Queller und das Schlickgras, die eine wichtige Rolle als Sedimentfänger haben. Sobald das abgesetzte Material über den mittleren Hochwasserspiegel hinaus gewachsen ist, siedeln sich Arten der Salzwiesen an – Pflanzen, die eine gelegentliche Meerwasserzufuhr noch recht gut vertragen. Aus den Sandstränden einiger Inseln entwickeln sich Dünen und ihr typisches Pflanzenkleid: Dünensande sind trocken und nährstoffarm, hier wachsen hauptsächlich anspruchslose Gräser und Heidepflanzen.
4. An der Flachküste der Nordsee erstreckt sich von Den Helder in den Niederlanden bis Blåvands Huk in Dänemark das größte Wattenmeer der Erde. Seit Jahrzehnten existiert die Kachelotplate, eine Sandbank westlich von Juist nahe der Emsmündung in die Nordsee. Hier liegen häufig Robben in der Sonne. Im Sommer 2003 fiel plötzlich auf, dass die Sandbank nicht mehr von der Flut überspült wurde und sich die ersten Dünen entwickelt hatten: Eine neue ostfriesische Insel ist im Wattenmeer entstanden. Das Watt ist eine von Ebbe und Flut geprägte Gezeitenzone, die zweimal täglich trocken fällt. Dabei fließt das Wasser durch die tiefer gelegenen Priele und Wattströme in die offene Nordsee ab und bei der folgenden Flut zurück an die Küste.
5. Das Wattenmeer entstand, nachdem der Meeresspiegel mit dem Abschmelzen der Gletscher nach der letzten Eiszeit wieder anstieg und schließlich zu den heutigen Küsten vorrückte. Dabei wurden organische und anorganische Sedimente im Flachwasser abgelagert, die das feine Schlickwatt und das gröbere Sandwatt bildeten. Sobald die Ablagerungen über den Hochwasserspiegel aufwachsen konnten, gingen die Marschen aus dem Watt hervor: fruchtbare Böden, die später vom Menschen landwirtschaftlich genutzt wurden. In vielen Niederungen, die nicht von der Flut erreicht wurden, lagen ausgedehnte Moor- und Sumpfgebiete.
6. Bevor der Mensch Küsten und Inseln durch den Deichbau vor den Überflutungen sicherte, war die Küstenlinie starken Veränderungen unterworfen. Strömungen, herbstliche und winterliche Sturmfluten griffen Inseln und Festland an und trugen große Mengen Material ab, das später in ruhigeren Bereichen wieder abgelagert wurde. Diese Sedimentdynamik besteht im Prinzip bis heute fort: Nicht eingedeichte Inseln, wie zum Beispiel Trischen, und auch Sandbänke verlagern sich weiterhin. Manchmal entwickeln sich Sandbänke zu Inseln wie die Kachelotplate, die aber schon von der nächsten Sturmflut wieder abgetragen werden könnte. Die Erosionskraft der Strömungen setzt exponierten Inselseiten stark zu, so dass besiedelte Inseln zum Teil massiv befestigt werden müssen