Schon seit Jahren ist die Rede von der VUCA-Welt, in der rasante technische Entwicklung und hohe Marktdynamik für die Unternehmen und uns als Gesellschaft große Herausforderungen bringen. Aktuell kommt die Corona-Pandemie dazu und erhöht den Grad abrupter Veränderungen und Unsicherheit noch einmal deutlich.
An diesem Stammtisch-Abend stellt uns Birgit Mallow vor, wie wir bewusster und strukturierter mit Ungewissheit umgehen können. Aus der Entrepreneurship-Forschung wissen wir, dass erfolgreiche Mehrfachgründer in einem Umfeld von Ungewissheit grundlegend anders vorgehen als mit traditioneller Planung oder auch mit agilen Arbeitsweisen. Diese Forschungsergebnisse sind als „Effectuation“ bekannt und es wurde mittlerweile ein ganzer „Werkzeugkoffer“ mit Methoden entwickelt, um die Effectuation-Logik der Mehrfachgründer für Handlungsanlässe unter hoher Ungewissheit nutzen zu können.
7. Unter Ungewissheit handeln
wie ein Entrepreneur
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Saras Sarasvathy, University of Virginia
Erforschte systematisch, wie erfolgreiche
Mehrfachgründer vorgehen.
Ergebnis:
Erfolgreiche Mehrfachgründer entscheiden und handeln
unter Ungewissheit nach einer eigenen Logik
Effectuation
9. 4 Prinzipien und 1 „Metaprinzip“
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Metaprinzip - Grundüberzeugung:
Die Zukunft ist (mit-)gestaltbar!
2. Leistbaren Verlust definieren:
Was will ich maximal einsetzen, bspw.
Zeit, Geld, Material, Kontakten…?
3. Unerwartetes nutzen:
Welche möglichen Hebel
bieten mir Zufälle und Störungen?
4. Partnerschaften eingehen:
Wer ist bereit, mit zu machen, sich einzubringen und mit zu gestalten?
Welche Mittel haben wir zusammen? Welche neuen Ziele werden damit möglich?
Handlungs-
anlass!
1. Verfügbare Mittel analysieren („Bird in Hand“):
- wer bin ich? – was weiß ich? – wen kenne ich?
Welche Ziele und Ergebnisse sind damit möglich und erreichbar?
Sarasvathy, www.effectuation.com, Juli 2017
10. Effectuation Prozess
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Verfügbare Mittel
Leistbarer Verlust
Handlungsoptionen
Partner, die sich
einbringen wollen
Neue Mittel
Neue Ideen und Ziele
Unerwartetes, Zufälle, Störungen als Chancen nutzen
Handlungsanlass
!
11. Effectuation Prozess
10
Verfügbare Mittel
Leistbarer Verlust
Handlungsoptionen
Partner, die sich
einbringen wollen
Neue Mittel
Neue Ideen und Ziele
Unerwartetes, Zufälle, Störungen als Chancen nutzen
Handlungsanlass
!
• Kleine
gemeinsame
Projekte
• Jam Sessions
• Design
Thinking mit
Rapid
Prototyping
• Hackathons
• …
12. Beide Logiken
zugleich im Blick
Kausale Logik und Effectuation sind
kein Entweder-Oder.
Welche Herangehensweise sich primär
anbietet, hängt vom Unfang der
Ungewissheit bzw. vom verfügbaren
Wissen ab.
Oft können wir dies aber auch gar nicht
einschätzen.
Dann lohnt die Chance auf Anreicherung
um neue Sichtweisen und Ideen durch
Effectuation.
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15. Effectuation als Methode
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Nach: Michael Faschingbauer: Effectuation. Wie erfolgreicheUnternehmer denken, entscheiden und handeln.
Zu Effectuation wurde mittlerweile eine ganze Toolbox an Formaten entwickelt. Effectuation
wird damit als Methode nutzbar, die eingeführt und strukturiert eingesetzt werden kann.
17. Profiling – ist mein Projekt ungewiss?
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Mögliche Leitfragen zum Profiling
Planbarkeit der Zukunft:
Was genau bestimmt die Zukunft?
Was ist vorhersehbar? Was ist unvorhersehbar?
Was müsste sein, damit die Zukunft planbar wird?
Verhandelbarkeit der Ziele:
Welche Zielvorstellungen gibt es bereits? Wie spezifisch werden
diese formuliert?
Welcher Stakeholder hat welchen Einfluss?
Wo bestehen welche Zielkonflikte?
Eindeutigkeit der Information:
Welche Informationen liegen vor? Wo können wir nach benötigten
Informationen suchen? Bspw.: Was sagen die Stakeholder? Wie
beurteilen informierte Außenstehende die Situation?
Welche Widersprüche bestehen?
Lassen sich aus den verfügbaren Informationen
Handlungsempfehlungen ableiten?
Dynamik der Veränderung:
Wie schnell ändern sich die Rahmenbedingungen?
Hat die Veränderungsgeschwindigkeit sich in letzter Zeit verändert?
Sind zukünftige sprunghafte Veränderungen denkbar oder
wahrscheinlich?
Ausmaß der Komplexität:
Wie gut lässt sich beschreiben, wie sich das System verhält (reagiert,
funktioniert)?
Wie groß ist die Anzahl der Elemente des Systems und wie stark sind
diese miteinander vernetzt?
Gibt es Konsens über Best- oder Good-Practices für die Situation?
Quelle: Michael Faschingbauer: Effectuation.
Wie erfolgreicheUnternehmer denken, entscheiden und handeln.
[Tool]
18. Mittelinventar Leitfragen:
„Wer ich bin“: Hier geht es um den eigenen
Charakter, persönliche Eigenschaften, eigene
Stärken und Vorlieben, Wünsche und Werte – all
das, was die eigene Persönlichkeit und Individualität
ausmacht.
„Was ich weiß“: Im Fokus stehen hier die eigene
berufliche Ausbildung, der Werdegang, Fähigkeiten
und Fertigkeiten, Erfahrungen und konkrete
Tätigkeiten, die man ausgeübt hat. Hinzu kommen
Wissen, Erfahrungen und Fähigkeiten, die außerhalb
der Arbeitswelt erworben wurden – etwa durch
Hobbys oder in anderen Bereichen des Privatlebens.
Hinzu kommen weitere Ressourcen und Quellen
(Bücher, zeitnah buchbare Seminare, Videos, …), die
zur Verfügung stehen. (Mit Ressourcen sind hier
„Dinge“ gemeint, die sich nicht verbrauchen).
„Wen ich kenne“: Denkt an n all die Menschen, die
Ihr in den einzelnen Stationen des bisherigen Lebens
kennengelernt habt – besonders jene, die Euch gut
kennen und die Ihr sofort kontaktieren könntet.
Ferner das persönliche und berufliche Netzwerk
(Kunden, Lieferanten, Partner, Interessenten,
Mitbewerber, Meinungsmacher,…)
Was von mir passt zum Thema? (Fit)
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Quelle: Heiko Bartlog nach: Michael Faschingbauer: Effectuation.
[Tool]
19. Getting started
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1. Überlegt zunächst, welches Thema oder
Anlass Ihr für die Übung nehmen wollt.
Dann überlegt Ihr, welche Mittel Ihr in
Bezug auf diesen Handlungsanlass selbst
bereits zur Verfügung habt.
2. Im nächsten Schritt überlegt ihr, was Euer
leistbarer Einsatz für das Thema ist.
3. Aus verfügbaren Mitteln und leistbarem
Einsatz leitet Ihr Eure Handlungsoptionen
ab:
Wichtig ist, dass vor allem die nächsten
Schritte ganz konkret sind. Bspw.:
Herrn Müller morgen um 10:00 anrufen
Im Internet morgen Nachmittag
wichtige Aspekte recherchieren…
Welche Handlungsoptionen könnten sich
daraus ergeben …?
Welches Ziel wird erreichbar …?
[Tool]
20. Partnerschaften
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Effectuators gehen Partnerschaften mit denen ein,
die sich einbringen wollen
Offene Beitragseinladungen und Verhandlungen mit
einer Haltung „ja, und…“ statt „ja, aber…“ zielen auf
gemeinsames Co-Kreieren
Zum Handlungsanlass entstehen so gemeinsame
neue Ideen und Handlungsoptionen
21. Marktplatz
der Macher
Ein häufig genutztes Tool ist der „Marktplatz der
Macher“. Es ist Open-Space-basiert, integriert dabei
aber die Prinzipien von Effectuation.
Der Marktplatz steht in der Regel unter einem
definierten Handlungsanlass. Alle Teilnehmer sind
eingeladen, ihre Ideen in den Marktplatz einzu-
bringen. Dieser lebt von den Dialogen, die die
Teilnehmer führen: Es geht um Beitragseinladungen,
um andere „ins Boot zu holen“ und aus den Ideen
gemeinsame neue Ideen zu kreieren.
Die Ideen werden als sog. Schnellboote definiert:
Jedes Schnellboot bleibt in der Verantwortung
seines Captains, der auf dem Marktplatz versucht,
Partner zu finden (Crew). Ob das Schnellboot
tatsächlich gestartet wird, einen Hafen erreicht oder
unterwegs strandet oder wieder zum Hafen
zurückkehrt – alles ist erlaubt und erwünscht.
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Quelle: Michael Faschingbauer: Effectuation.
Wie erfolgreicheUnternehmer denken, entscheiden und handeln.
[Tool]
22. Schnellboote definieren
Die Schnellboote werden auf einem
vorgedruckten Template skizziert und
diese Kurzbeschreibung wird während
der Fahrt nach Bedarf aktualisiert.
Es geht darum, wirklich nur wenige
erste Schritte zu gehen, mit
minimalen Ressourcen an Zeit, Geld
und Material, um ein Thema zu
erkunden und Ungewissheit zu
reduzieren.
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Quelle: Michael Faschingbauer: Effectuation.
Wie erfolgreicheUnternehmer denken, entscheiden und handeln.
[Tool]
23. Schnellboot-Monitor
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Es hat sich bewährt, eine transparente
Übersicht über alle Schnellboote auf einem
Schnellboote-Monitor herzustellen.
Dieser Monitor ist auf den ersten Blick
ähnlich aufgebaut wie ein Kanban-Board,
ohne dass allerdings die Kanban-Regeln
gelten. In einem regelmäßigen Schnellboote-
StandUp (bspw. als Daily oder Weekly) stellen
die Captains gemeinsam Transparenz her, in
welchem Status sich ein Schnellboot gerade
befindet. Dies gibt den anderen Teilnehmern
die Möglichkeit eine Unterstützung als Crew-
Mitglied anzubieten und sich einzubringen
(Prinzip Partner gewinnen, kokreativ weiter
gestalten).
Ein Schnellboot-Monitor dient der gemein-
samen Transparenz über alle Initiativen und
ihren erreichten Status. Auch „versenkte“
oder zurück (in den Hafen) gebrachte
Schnellboote werden gewertschätzt.
[Tool]
26. Literatur und Links
• Faschingbauer, Michael: Effectuation: Wie erfolgreiche Unternehmer denken, entscheiden und handeln,
Stuttgart 2017
• Plattform der Effectuation Experts: www.effectuation.at
Michael Faschingbauer, Prof. Dietmar Grichnik – Universität St. Gallen, Prof. René Maurer – ESCP Europe,
Saras Sarasvathy – University of Virginia, Effectuation Experts der Community
• Faschingbauer, Michael; Mauer, René: www.effectuation-intelligence.biz
• Mallow, Birgit: FirstBird Experten-Webinar Intrapreneure – eine Frage des Recruiting?
https://de.slideshare.net/BMA17/expertenwebinar-intrapreneure-eine-frage-des-recruiting
• Birgit Mallow: Effectuation Expert – Praktiker
https://www.effectuation.at/project/birgit-mallow-muenchen/
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27. 26
Birgit Mallow
Organisationsentwicklung und Prozessberatung
München und Dresden
+49 171 / 276 42 61 | bma@mallow-consulting.de | www.mallow-consulting.de
Agile Facilitator (Coaching, Consulting und Training, Workshops)
und ausgebildete Systemisch-Agile Organisationsbegleiterin
Agile Produkt-/Konzept-Entwicklung und –Service-Erbringung
mit Scrum, Kanban, ScrumBan, Agile Skalierung (SAFe, LeSS, …)
Business Agility mit Flight Levels (Flight Levels Coach)
Agile Organisation – Wertschöpfungsorganisation
undogmatisch inspiriert von Organisationsdesign Future Leadership | Intrinsify,
Kollegial geführtem Unternehmen, Soziokratie/S3/Holakratie, BetaCodex
Effectuation Expert
Agile Transformationen und Organisationsentwicklung
Akkreditierter Consultant Barrett Analytics (Barrett Values Centre),
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