1. FALLSTUDIE
MYPARFUM EUROPE GMBH
Der Erfolg der Gründer begann in ihrem Kinderzimmer. Im
Elternhaus entwickelten sie ein Duftstoffsystem, das es
Laien erlaubt, Parfums zu kreieren. Schon ihre erste
veröffentlichte Pressemitteilung, in der sie von ihrem
Geschäftsmodell berichteten, stieß auf Resonanz. Nur
wenige Tage später waren die Brüder bei einem Berliner
Radiosender eingeladen. „Auf einmal ging alles ganz
schnell“, erinnert sich Matti Niebelschütz. „Anfangs standen
wir zu zweit im Rampenlicht – geschult nur durch einen ‚PR
für Dummies‘-Ratgeber. Da merkten wir, dass wir MyParfum
professionalisieren müssen“. 2009 folgte dann der Umzug in
die ersten Büroräume. Im gleichen Jahr gewann das Trio
den Business Wettbewerb Berlin-Brandenburg. Das Unter-
nehmen wuchs von da an in einem atemberaubenden
Tempo. Mit Finanz- und Medieninvestoren an Bord gene-
rierte MyParfum über TV-Werbung zu Weihnachten 2011
eine Umsatzsteigerung von mehr als 300 Prozent; die
Mitarbeiterzahl wuchs von anfangs drei auf mehr als 80.
2012 wurde klar, dass
die Kosten zu
drastisch gestiegen
waren. Trotz stabiler Umsätze musste MyParfum Anfang
2013 Insolvenz anmelden. Was erst einmal nach einem Ende
klingt, war für die Gründer ein Befreiungsschlag. Mithilfe
der Unterstützung von Freunden und Familie gelang es
Matti Niebelschütz, das Unternehmen aus der Insolvenz-
masse zu kaufen. „Mehr als 88 000 Kunden, Umsatzsteige-
rungen von 300 bis 400 Prozent und eine Wiederkauf-Quote
von über 32 Prozent zeigten uns, dass wir auf dem richtigen
Weg waren“, so Niebelschütz. „Allerdings sind wir zu
schnell gewachsen“. Durch die Insolvenz konnten die
Kosten von MyParfum auf ein gesundes Niveau zurückge-
fahren werden. Die Sanierung im Sommer 2013 glückte.
„Der eigene Duft ist wie ein Fingerabdruck“. So beschreibt
Matti Niebelschütz, Mitgründer von MyParfum seine
Motivation, den Weg ins Unternehmertum zu gehen. Das
Besondere an seiner Idee: Die Online-Plattform MyParfum
stellt nicht nur individuelle Düfte her, sondern lässt den
Kunden diese sogar selbst kreieren.
Für die Brüder Matti und Yannis Niebelschütz, die MyPar-
fum 2008 gemeinsam mit einem Freund gründeten, war die
recht ungewöhnliche Vorstellung, einen Online-Vertrieb für
Duftkreationen zu schaffen, mutig. Immerhin gilt Parfum als
typisches Ladenprodukt, das der Kunde nach mehreren
Testversuchen auf der eigenen Haut kauft. Der Erfolg von
MyParfum gibt der Idee der Gründer heute recht: Der
digitale Parfum-Markt wächst und MyParfum hat schon
mehr als 80.000 individuelle Duftkreationen verkauft.
Einige konnten durch Fashionweeks, Modelabels oder
internationale Prominenz großes Renommee erlangen. Die
meisten Düfte allerdings wurden von ihren Trägern
bewusst geheim gehalten – als ihr persönliches Kleinod.
AUFSTEHEN UND WEITERMACHEN: ERFOLGREICHER ZWEITER
ANLAUF DANK SCHWARMFINANZIERUNG
Aufstehen und Weitermachen –
Der Weg nach der Insolvenz
2. FALLSTUDIE MYPARFUM EUROPE
GMBH
ÜBERSICHT
> Kategorie: Crowdinvesting
> Bundesland: Berlin
> Gründungsjahr: 2008
> Mitarbeiter: < 10
> Crowdinvesting-Plattform: Companisto
> Crowdinvesting-Zeitraum: April bis August 2014
Weitere Informationen finden Sie unter:
www.bvkap.de
www.myparfum.de
www.companisto.com
In dieser Zeit kamen
auch die Ideen für
neue Ausrichtungen.
Noch im gleichen Jahr
eröffnete MyParfum ein Atelier mit integriertem Labor. Ziel
ist es, sich auch im stationären Handel zu etablieren. Zudem
entwickelte MyParfum eine Duftbar, mit der das Unterneh-
men bei den großen Parfümerieketten vor Ort auftreten kann.
Die Finanzierung der neuen Ausrichtung stellte das Unter-
nehmen über eine Schwarmfinanzierung auf der Crowdin-
vesting-Plattform Companisto sicher. Die Idee dabei: Kleine
Beträge einzelner addieren sich zu großen Summen und
fördern damit Innovation und Wachstum. Gleichzeitig
werden die Geldgeber zu Investoren des Unternehmens und
damit am Gewinn beteiligt. Der Plan ging auf. Mehr als 1.800
sogenannte Companisten überzeugte das Unternehmens
profil von MyParfum auf der Website von Companisto. In
vier Monaten brachten sie mehr als 440.000 Euro zusammen.
Damit bot Companisto MyParfum eine sinnvolle Finanzie-
rungsmethode, die nicht nur Fremden, sondern auch
Freunden und Stakeholdern, vom Lieferanten bis zum
Partner, die Möglichkeit bot, sich an MyParfum zu beteiligen.
Die Crowd verhilft zu weiteren
Projekten und unterstützt Ideen
für neue Ausrichtungen
Tamo Zwinge, Managing Director bei Companisto, fasst die
Vorteile zusammen: „Crowdinvesting ermöglicht es jedem
– vom Berufseinsteiger bis zum Profi-Investor – sich an
jungen Wachstumsunternehmen zu beteiligen und von ihrer
Wertsteigerung zu profitieren. Die Startups erhalten so aber
nicht nur Kapital, sondern zusätzliche Mehrwerte: die
Companisten steigern die Bekanntheit „ihrer“ Unterneh-
men, werden selbst Kunden oder fungieren gar als Marken-
botschafter. Dazu erhalten Startups meist viel Aufmerksam-
keit durch Medien und in sozialen Netzwerken.“
Die hohe Anzahl an Investoren bedeutet für die Unterneh-
mer einen großen Aufwand. MyParfum informiert seine
Companisten regelmäßig über unternehmerische Entschei-
dungen und Entwicklungen. „Dies ist zeitintensiv, ohne
Frage“, lacht Niebelschütz. Der enge Austausch mit den
Companisten biete dem Unternehmen aber auch viel
wertvollen Input und bringe damit einen richtigen Multitpli-
katoreneffekt mit sich. Angst vor Mitbewerbern in der
Crowd hat Niebelschütz nicht. Es müsse einem bewusst
sein, dass Crowdfunding sehr transparent sei. Das individu-
elle, selbst zusammengestellte Parfum von MyParfum ist
weiterhin einmalig. Und heute stehe das Unternehmen so
stabil da, wie nie zuvor.