Más contenido relacionado La actualidad más candente (20) Similar a Indikatoren für Systemisches Risiko - Juli 2019 (20) Más de Bankenverband (20) Indikatoren für Systemisches Risiko - Juli 20194. ©BundesverbanddeutscherBankene.V.
Allgemeine Lage
Die deutsche Wirtschaft befindet sich im Abschwung oder durchläuft doch zumindest eine Phase deutlicher
Abschwächung. Zudem ist sie in sich gespalten. Einem nach wie vor expandierenden Dienstleistungssektor steht ein
Industriesektor entgegen, den nicht wenige Beobachter bereits in einer Rezession wähnen. Zugegebenermaßen ist
die Kapazitätsauslastung noch hoch, jedoch verläuft ihre Dynamik in Richtung Rezession, sie sinkt seit sechs
Quartalen kontinuierlich.
Da auch international die Konjunktursignale insgesamt gemischt sind rechnen die Marktteilnehmer an den
internationalen Finanzmärkten bei einer weiterhin akkommodierenden Geldpolitik inzwischen sowohl im Euroraum
als auch in den USA mit Zinssenkungen im weiteren Jahresverlauf. In der Folge erhöhte sich der Druck sowohl in
den USA als auch in Deutschland auf das lange Ende der Zinsstrukturkurve.
Die Renditen von zehnjährigen Staatsanleihen in den USA sanken Ende Juni auf ein neues Jahrestief von weniger als
zwei Prozent. In Deutschland markierte die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen mit – 0,4% ein neues Allzeittief.
Aufgrund dieser parallelen Bewegung blieb der Zinsabstand zwischen zehnjährigen amerikanischen und deutschen
Staatsanleihen bei gut 250 Basispunkten nahezu unverändert.
An den Aktienmärkten trugen die gesunkenen Kapitalmarktzinsen, die mit einem niedrigeren Diskontierungsfaktor
einhergehen, ungeachtet der konjunkturellen Unsicherheit zu kräftigen Kurssteigerungen bei. Allerdings werden die
Finanzmärkte durch häufig wechselnde Signale hinsichtlich einer Lösung der drohenden Handelskonflikte immer aus
Neue verunsichert.
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Risiken für Finanzstabilität in der EU nicht
Besorgnis erregend
Die Risiken für die Finanzstabilität der EU sind nach wie vor nicht besorgniserregend, wie die marktbasierten
Indikatoren für systemischen Stress in der EU im vergangenen Quartal zeigen. Die Indikatoren für systemischen
Stress (CISS) spiegeln geopolitische und politische Unsicherheiten auf internationaler und europäischer Ebene sowie
die sich abschwächenden Konjunkturaussichten wider.
Zwar erhöhte sich die Unsicherheit an den Finanzmärkten, gemessen an der impliziten Volatilität, zu Beginn des
zweiten Quartals 2019 beruhigte sich jedoch gegen Ende des Berichtszeitraums wieder. Gleichzeitig nahm die
Wahrscheinlichkeit eines gleichzeitigen Ausfalls großer und komplexer Bankengruppen und EU-Staatsanleihen im
zweiten Quartal 2019 ab. Die Aktienindizes der EU blieben weitgehend stabil, mit einigen Abwärtskorrekturen
während des gesamten Quartals.
Die Kredit/BIP-Lücke, ein wichtiger Indikator für die Beurteilung der Finanzstabilität, hat sich in der überwiegenden
Zahl der europäischen Länder weiter geschlossen, so auch in Deutschland. Der Indikator weist jedoch für sich
genommen noch nicht auf eine wachsende Gefährdung der Finanzstabilität durch einen Kreditboom hin. Auch dürfte
die inzwischen in der gesamten EU spürbare konjunkturelle Abkühlung die Kreditnachfrage aus dem Unternehmens-
sektor nicht mehr überdurchschnittlich anheizen. (Zur Herleitung der Kredit/BIP-Lücke siehe Glossar)
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Risiken für Finanzstabilität in Deutschland
überbewertet
Die Bundesbank erkennt bereits seit geraumer Zeit steigende Risiken im deutschen Finanzsystem. Vor dem
Hintergrund einer langen Phase gesamtwirtschaftlichen Wachstums und niedriger Zinsen interpretiert sie
die Dynamik des Wachstums der Kredite an den Unternehmenssektor und die Dynamik der Kredit/BIP-
Lücke als Zeichen eines zyklischen Risikoaufbaus. Der Forderung der Bundesbank den antizyklischen
Kapitalpuffer (CCyB) zu aktivieren, ist der Ausschuss für Finanzstabilität (AFS) am 27. Mai nachgekommen.
Diese Entscheidung basiert allerdings auf einer Überzeichnung der Risikolage. Zunächst, stellt sich die
konjunkturelle Lage deutlich ungünstiger dar als vom AFS angenommen. Deshalb kommt die Aktivierung
des CCyB zu spät. Sodann überzeichnet der AFS den Aufbau von systemischen Risiken und schließlich ist
die Widerstandsfähigkeit des Bankensystems besser als vom AFS unterstellt.
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Banken weiter ertragsschwach
Die wirtschaftliche Lage der Banken in der EU bleibt weiter schwierig. Ihre Bewertung an den internationalen
Aktienmärkten ist nach wie vor schlechter als der Durchschnitt des Aktienmarktes. Die deutschen Spitzeninstitute
liegen weiterhin an am unteren Ende der Skala.
Der deutsche Bankensektor verfügt über eine angemessene Kapital- und Liquiditätsausstattung. Die Kapitalaus-
stattung liegt leicht über dem EU-Durschnitt. Der Anteil der notleidenden Kredite ist halb so hoch wie im Durschnitt
des Euroraums. Die Ertragslage der Banken wird allerdings durch intensiven Wettbewerb und eine ungünstige
Kostensituation gedrückt. Das Kreditwachstum steht im Einklang mit dem Wirtschaftswachstum. Der passive Fremd-
finanzierungsabbau ist zum Stillstand gekommen, aufgrund der guten Finanzierungslage der Unternehmen und der
sich abschwächenden Konjunktur ist aber eine Kreditblase auch weiterhin nicht zu erwarten.
In der EU hat sich die Rentabilität der Banken im ersten Quartal 2019 leicht verschlechtert. Die durchschnittliche
Gesamtkapitalrendite blieb mit 0,45% allerdings weitgehend stabil. Gleichzeitig stieg die Cost-Income-Ratio auf das
höchste Niveau seit 2014. Auf der Ertragsseite hat sich die Abhängigkeit der Banken vom Zinsüberschuss in den
letzten Quartalen nicht wesentlich verändert.
Belastet wird die Rentabilität auch durch die weiter sinkende Zinsmargen. In Deutschland liegt die Zinsmarge für
Unternehmenskredite nahe im historischen Tiefpunkt. Sie bildet damit einen wichtigen Aspekt für die Erklärung der
unbefriedigenden Ertragslage der Banken in Deutschland.
Die Widerstandsfähigkeit des Bankensektors blieb weitgehend stabil, während das Tempo der Reduzierung
notleidender Kredite leicht an Dynamik verlor. Der Median des CET1 zu den risikogewichteten Aktiva blieb im ersten
Quartal 2019 stabil bei 15,5%, wobei die höchstkapitalisierten Banken ihre Kapitalisierung reduzierten. Darüber
hinaus stieg die Medianquote der notleidenden Kredite im Verhältnis zu den gesamten Bruttoforderungen leicht an
und erreichte Anfang 2019 3,2%, gegenüber 2,9% Ende 2018.
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Immobilienpreise weiter im Aufwärtstrend
Die Preise für Wohnimmobilien sind in den meisten EU-Mitgliedstaaten weiter deutlich gestiegen. Nach Berechnungen
der EZB lag das Wachstum der Wohnimmobilienpreise in den meisten EU-Mitgliedstaaten die im vierten Quartal 2018
im Vergleich zum Vorjahr weiterhin über 5%, nachdem auch die Preise in den letzten drei Jahren deutlich gestiegen
waren. In Anbetracht dieser Dynamik scheinen die Preise für Wohnimmobilien in mehreren EU-Mitgliedstaaten auf der
Grundlage verschiedener Bewertungsmethoden überbewertet zu sein.
Die Preise für Wohnimmobilen sind auch in Deutschland im 1. Quartal 2019 weiter deutlich angestiegen. Die
Bundesbank schätzt die Überbewertungen in den Städten zwischen 15 % und 30 %. Sie leitet daraus ein erhöhtes
Stabilitätsrisiko ab. Vernachlässigt wird dabei jedoch, dass die üblichen Faktoren des Privatkunden-Immobilien-
preisrisikos in Deutschland in der Regel nicht vorliegen. Weder sind die Kreditbeträge/Ausläufe sehr hoch, noch
weisen die Kreditverträge keine bzw. sehr geringe Tilgungen aus. Die Zinsbindungsfristen sind hierzulande eher
überdurchschnittlich lang und haben sich in den letzten Jahren eher noch ausgedehnt. Schließlich fehlt in Deutschland
die Möglichkeit, Immobilien schnell zu verkaufen, wie Aktien.
Es gibt bislang keine Anzeichen dafür, dass die Kreditvergabeanforderungen im Immobilienbereich aufgeweicht
worden wären. Ein bewusstes Eingehen größerer Risiken ist nicht feststellbar. Die Informationen, über die die Banken
verfügen, lassen einen Rückschluss auf eine kollektive Risiko-unterschätzung nicht zu.
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Glossar
Composite Indicator of systemic Stress (CISS)
Der CISS wird von der EZB berechnet. Er umfasst die fünf wichtigsten Segmente des Finanzsystems – Banken, Nicht-
Bank-Intermediäre, Geldmarkt, Wertpapiermärkte (Aktien und Bonds) sowie den Devisen-markt. Das aktuelle
Stressniveau jedes einzelnen Segments wird auf der Basis von je drei Roh-Stress-Indikatoren gemessen. Die
Aggregation der einzelnen Indikatoren zum CISS erfolgt unter Anwendung der Standardportfoliotheorie. D.h., die
Sub-Indices werden auf Basis von Gewichten integriert, die ihrer zeitvariablen Kreuz-Korrelation entsprechen. Der
CISS setzt daher mehr Gewicht auf Situationen, in denen Stress in mehreren Marktsegmenten gleichzeitig auftritt.
Domestic-Credit-to-GDP-Gap
Der Indikator soll einen Kreditboom anzeigen. Der Baseler Ausschuss sieht in diesem Indikator eine der
entscheidenden Größe für den Einsatz des Countercyclical Capital Buffers.
Insgesamt ist die Ableitung des Countercyclical Capital Buffer (CCB) eine regelgeleitete Ermessensentscheidung. Die
regelbasierte Komponente ist dabei der sogenannte Pufferrichtwert. Er wird mit Hilfe einer einfachen Umrechnungs-
formel aus der Kredit/BIP-Lücke ermittelt. Nach der Berechnungsmethode der BIZ ist der Pufferrichtwert und damit
der CBB (in % der RWA) nur dann größer als null, wenn die Kredit/BIP-Lücke größer als 2 Prozentpunkte ist. Ab einer
Kredit/BIP-Lücke von 10 Prozentpunkten wird der maximale Wert von 2,5 % erreicht.
Die Bundesbank betont allerdings, dass der CCB nicht mechanisch in Höhe dieses Richtwertes festgesetzt wird,
sondern vielmehr in einer ökonomischen Gesamtschau, einschließlich der Auswertung weiterer Indikatoren. Die
Entscheidung beinhaltet dadurch auch diskretionäre Elemente. Die Bundesbank bezieht eine Reihe unterstützender
Indikatoren ein. Diese helfen dabei zu entscheiden, ob
ein übermäßiges Kreditwachstum vorliegt, ob
eine Korrektur von Fehlentwicklungen wahrscheinlich ist,
wie widerstandsfähig der private nichtfinanzielle Sektor sowie die Banken sind und
wie hoch das Stressniveau im Finanzsystem ist.
Volatilitätsindices
Volatilitätsindices messen die Schwankungen von Finanzmarktparametern, wie Wechselkursen, Zinsen oder
Aktienindices. Die Volatilitätsindexes VIX und VSTOXX geben die vom Markt erwartete kurzfristige Schwankungs-
intensität anhand von Optionspreisen auf den S&P 500 bzw. den STOXX 50 über 30 Tage in Prozentpunkten an. Ein
hoher Wert weist auf einen unruhigen Markt hin, niedrige Werte lassen eine Entwicklung ohne starke Kurs-
schwankungen erwarten.
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Glossar
CDS-Spreads auf staatliche Wertpapiere
CDS-Spreads auf staatliche Wertpapiere sind ein guter Indikator für die Markteinschätzung von Länderrisiken. Es ist
aber zu beachten, dass CDS-Spreads auch von anderen Faktoren wie Marktliquidität, Kontrahentenrisiko und dem
globalen Finanzumfeld abhängen, hier insbesondere vom internationalen Zinsniveau und der Risikoneigung der
Anleger.
Immobilienpreise
Immobilienpreisblasen sind mit die wichtigsten Ursachen für Finanzkrisen. Ihnen sollte daher ein besonderes
Augenmerk geschenkt werden. Die Graphik für die wichtigsten EU-Länder stellt die Preisveränderung gegenüber dem
Vorjahr in Relation zur Preisveränderung gegenüber dem gleichen Zeitpunkt vor drei Jahren. Damit lässt sich
verhältnismäßig einfach die Dynamik der Immobilienpreisentwicklung erkennen. Die Graphik für die USA zeigt einfach
die jährliche Veränderungsrate.
Verschuldung von Staat, Unternehmen und privaten Haushalten
Sowohl die Höhe der Staatsverschuldung als auch die der privaten Haushalte sind wichtige Indikatoren für die
Stabilität eines Finanzsystems. Allerdings gibt ihr Anteil am BIP nur einen groben Hinweis auf die zukünftige
Schuldentragfähigkeit.
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