1. Handout „Herstellungskosten“ 14.04.2009
Herstellungskosten nach HGB, HGB-BilMoG, Steuerrecht und IFRS
1. Allgemeine Definition von Herstellungskosten
Herstellungskosten sind der Wert „für alle vom Unternehmen erstellten, am
Bilanzstichtag noch nicht verkauften Gegenstände des Anlage- und
Umlaufvermögens.“
Beispiele für Herstellungskosten:
• unfertige Erzeugnisse
• fertige Erzeugnisse
• eigenbetrieblich genutzte selbsterstellte Anlagen
2. Umfang der Herstellungskosten
2.1 Herstellungskosten nach HGB
Definition nach §255 Abs. 2 Satz 1 HGB
„Herstellungskosten sind die Aufwendungen, die durch den Verbrauch von Gütern
und die Inanspruchnahme von Diensten für die Herstellung eines
Vermögensgegenstandes, seine Erweiterung oder für eine über seinen
ursprünglichen Zustand hinausgehende wesentliche Verbesserung entstehen.“
Aktivierungspflicht nach §255 Abs. 2 Satz 2 HGB
„Dazu gehören die Materialkosten, die Fertigungskosten und die Sonderkosten der
Fertigung.“
Aktivierungswahlrecht nach §255 Abs. 2 Satz 3 HGB, §255 Abs. 3 Satz 2 HGB
und § 255 Abs. 2 Satz 4 HGB
„Bei der Berechnung der Herstellungskosten dürfen auch angemessene Teile der
notwendigen Materialgemeinkosten, der notwendigen Fertigungsgemeinkosten und
des Wertverzehrs des Anlagevermögens, soweit er durch die Fertigung veranlasst
ist, eingerechnet werden.“
„Zinsen für Fremdkapital, das zur Finanzierung der Herstellung eines
Vermögensgegenstands verwendet wird, dürfen angesetzt werden, soweit sie auf
den Zeitraum der Herstellung entfallen...“
„Kosten der allgemeinen Verwaltung sowie Aufwendungen für soziale Einrichtungen
des Betriebs, für freiwillige soziale Leistungen und für betriebliche Altersversorgung
brauchen nicht eingerechnet zu werden.“
Aktivierungsverbot nach §255 Abs. 2 Satz 6 HGB
„Vertriebskosten dürfen nicht in die Herstellungskosten einbezogen werden.“
1
2. Handout „Herstellungskosten“ 14.04.2009
Bewertung
Durch die vielen Wahlrechte können die Unternehmen nach Belieben
niedrigere oder höhere Herstellungskosten ausweisen.
Die Wertunter- und Wertobergrenze klaffen weit auseinander.
Der Jahresabschluss kann in großem Umfang „manipuliert“ werden
Die Jahresabschlüsse sind dadurch weniger aussagekräftig, vergleichbar und
verlässlich
2.2 Herstellungskosten nach HGB-BilMoG
Warum wird der §255 Abs. 2 HGB geändert?
Ein Ziel des BilMoG: Bessere Vergleichbarkeit der Jahresabschlüsse.
Dazu ist es notwendig Wahlrechte einzuschränken!
Bessere Vergleichbarkeit von JA verschiedener Unternehmen sowie im
Zeitablauf
Erhöhung der Aussagekraft und Verlässlichkeit, da „Gestaltungsspielräume“
eingeschränkt werden
• §255 Abs. 2 Satz 1 HGB-BilMoG bleibt unverändert
• Aktivierungspflicht nach §255 Abs. 2 Satz 2 HGB-BilMoG
Einzelkosten werden wie bisher behandelt, aber zusätzlich:
„Dazu gehören...angemessene Teile der Materialgemeinkosten, der
Fertigungsgemeinkosten und des Werteverzehrs des Anlagevermögens soweit
dieser durch die Fertigung veranlasst ist.“
Aus dem bisherigen Wahlrecht für bestimmte Gemeinkosten wird eine
Aktivierungspflicht
§255 Abs. 2a HGB-BilMoG Forschungs- und Entwicklungskosten
Forschungskosten dürfen nicht aktiviert werden
Wenn die Kriterien für Entwicklungskosten erfüllt sind müssen diese aktiviert
werden
Aktivierungswahlrecht nach §255 Abs. 2 HGB-BilMoG
Verwaltungskosten u. ä. Kosten
Fremdkapitalzinsen (sofern herstellungsbezogen)
2
3. Handout „Herstellungskosten“ 14.04.2009
Aktivierungsverbot nach §255 Abs. 2 Satz 4 HGB-BilMoG
„ Forschungs- und Vertriebskosten dürfen nicht einbezogen werden.“
Abgrenzung zwischen Forschungs- und Entwicklungskosten notwendig!
Bewertung
• Die handelsrechtliche Wertuntergrenze wird der steuerlichen Wertuntergrenze
angeglichen
• Gleichzeitig findet eine Annäherung an internationale
Rechnungslegungsvorschriften statt
Insgesamt wird eine bessere Vergleichbarkeit der Jahresabschlüsse erzielt
2.3 Herstellungskosten nach Steuerrecht
Aktivierungspflicht nach §5 Abs. 1 Satz 1 EStG i. V. m. §255 Abs. 2 Satz 2 HGB
und R 6.3 Abs. 1 und Abs. 2 EStR 2005
• Materialeinzelkosten
• Fertigungseinzelkosten
• Sondereinzelkosten der Fertigung
• Materialgemeinkosten
• Fertigungsgemeinkosten
Aktivierungswahlrecht nach R 6.3 Abs. 4 EStR 2005
• Herstellungsbezogene VWGK
• herstellungsbezogene Fremdkapitalkosten
• sonstige Verwaltungskosten
Aktivierungsverbot nach §5 Abs. 1 Satz 1 EStG i. V. m. §255 Abs. 2 Satz 2 HGB
• Vertriebskosten
2.4 Herstellungskosten nach IFRS
Aktivierungspflicht nach IAS 2.12 i. V. m. 2.16c
„Die Herstellungskosten von Vorräten umfassen die Kosten, die den
Produktionseinheiten direkt zuzurechnen sind, wie beispielsweise Fertigungslöhne.“
Aktivierungspflicht für Einzelkosten
„Weiterhin umfassen sie systematisch zugerechnete fixe und variable
Produktionsgemeinkosten...“
Aktivierungspflicht für Material- und Fertigungsgemeinkosten, sowie
herstellungsbezogene Verwaltungskosten
3
4. Handout „Herstellungskosten“ 14.04.2009
Aktivierungspflicht nach IAS 2.17 i. V. m. IAS 23
„IAS 23 Fremdkapitalkosten identifiziert die bestimmten Umstände, bei denen
Fremdkapitalkosten in die Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Vorräten
einbezogen werden.“
Aktivierungsverbot nach IAS 2.16
Aktivierungsverbot für sonstige Verwaltungskosten und Vertriebskosten
Bewertung
• Der „Gestaltungsspielraum“ bei den Herstellungskosten wird nach den
internationalen Vorschriften stark eingeschränkt. Das einzige Aktivierungswahlrecht
besteht bei den herstellungsbezogenen Fremdkapitalkosten.
Hohe Aussagekraft und Vergleichbarkeit der Jahresabschlüsse
HGB-
HGB Steuerrecht IFRS*
BilMoG*
Materialeinzelkosten Pflicht Pflicht Pflicht Pflicht
Fertigungseinzelkosten Pflicht Pflicht Pflicht Pflicht
Sondereinzelkosten der
Pflicht Pflicht Pflicht Pflicht
Fertigung
Materialgemeinkosten Wahlrecht Pflicht Pflicht Pflicht
Fertigungsgemeinkoste
Wahlrecht Pflicht Pflicht Pflicht
n
Verwaltungskosten
Wahlrecht Wahlrecht Wahlrecht Pflicht
(herstellungsbezogen)
Fremdkapitalkosten Wahlrecht Wahlrecht Wahlrecht Pflicht**
Verwaltungskosten
Wahlrecht Wahlrecht Wahlrecht Verbot
(allgemein)
Vertriebskosten Verbot Verbot Verbot Verbot
* Zusätzlich sind Entwicklungskosten zu aktivieren, sofern die Kriterien erfüllt sind
** Nur bei „Qualifizierenden Vermögenswerten“ besteht eine Aktivierungspflicht
4