Vortrag von Urs Meier und Charles Martig im Rahmen einer Tagung der kirchlichen Mediendienste: "Gefällt mir - Kirchen in Facebook, Twitter und Co."
http://www.elf-elf-elf.ch
1. Charles Martig Urs Meier
Neue Kommunikation und neue Fragen
Kirchen und Theologie im Social Web
2. 1 Der Nutzen des Social Web
1.1 Ein neues Missionsinstrument
1.2 Nagelprobe der Dialogfähigkeit
3. 1.1 Ein neues Missionsinstrument
Evangelisierung des «digitalen Kontinents»
• Papstbotschaft zum Mediensonntag 2009
• Positive Grundeinschätzung der neuen
Technologien
• Aufruf zur Evangelisierung des «digitalen
Kontinents»
4. Moderner Missionsbegriff
• Was heisst Mission im Web 2.0?
• Interaktion als Schlüssel für Mission
• Verkündigung muss sich wandeln
• Schlüssel:
- zuhören
- sich aktiv beteiligen
- in Dialog treten
5. Gefahren und Missverständnisse
• Instrumentelle Vernunft scheitert am
dialogischen Prinzip
• Alte Botschaft in neue Kanäle abfüllen
• Selbstdarstellung versus Kommunikation
• Stil und Tonalität
6. 1.2 Nagelprobe der Dialogfähigkeit
Medienrevolutionen berühren Religionen und
Kirchen stets im Kern.
• Schrift > Festlegung der Inhalte
• Buchdruck > Zugänglichkeit der Inhalte
• Internet > Konkurrenz kirchlicher
Akteure auf dem Markt
• Social Web > ??
7. Das Social Web deckt einen Schwachpunkt auf.
• Kirchen reden gern von «Dialog».
• «Dialog» ist oft verschleierte Indoktrination.
• «Dialog» dient häufig dem Verwischen von
Konflikten und Gegensätzen.
• Das Social Web unterläuft solche Praktiken.
8. Das Social Web ist in der Struktur dialogisch.
Dies äussert sich in Kommunikationsstilen:
• kämpferisch, konfrontativ
• «sportlich», kompetitiv
• spielerisch, innovativ
• chaotisch, ausufernd
• zivilisiert, fair
9. These: Das Social Web stellt die Dialogfähigkeit
der Kirche auf die Probe.
Wer ins Social Web geht, kann dem Dialog nicht
ausweichen.
Offener Dialog heisst:
• positive Haltung, Wille zum Verstehen
• Responsiveness
• Farbe bekennen, zu sich selber stehen
10. 2 Theologische Spannungsfelder
2.1 Communities und Communio
2.2 Virtualität und Leiblichkeit
11. 2.1 Communities und Communio
Communities im Social Web sind fragmentiert
• Facebook: Friends
• Google+: Circles
• Twitter: Followers
• LinkedIn / Xing: professionelle Kontakte
Verschiedene digitale Lebenswelten und Identitäten
12. Kirche als Communio ist eine globale Gemeinschaft
• umfassender Anspruch
• Ökumenischer Rat der Kirchen
• «καθολικός» meint: weltumspannend, universal
Communio versus Communities im Web 2.0?
13. Wechselspiel von Communities und Communio
Auswirkungen auf die Ekklesiologie
• Community-Building als Grundvollzug der
Kirche
• Echte Begegnungen in den Social Media
• Sakramentaler Charakter: Verweis auf ein
grösseres Ganzes
• Kirche als «Volk Gottes» unterwegs im Web 2.0
14. 2.2 Virtualität und Leiblichkeit
Entwicklung der virtuellen Realität
Fortschreitende Aufhebung der Begrenzung von
• Raum
• Zeit
• Information, «Intelligenz»
15. «Eng ist die Welt, und das Gehirn ist weit.
Leicht beieinander wohnen die Gedanken,
doch hart im Raume stossen sich die Sachen.»
Friedrich Schiller, Wallensteins Tod
16. Das Widerlager aller virtuellen Expansion:
Die Leiblichkeit in der physischen Realität, das
«in der Welt Sein» des Menschen.
Leiblichkeit ist «Medium» der Erfahrung von
Raum und Zeit, materiale Grundlage von
• Sprache und Gedanken,
• Identität und Beziehung,
• Freiheit und Verantwortung.
17. Was im Virtuellen Bedeutung hat, verweist
zurück auf die Realwelt, in der sich die Sachen
«hart im Raume stossen».
18. Implikationen der Leiblichkeit für das Menschenbild:
• Abhängigkeit
• Endlichkeit
• Sterblichkeit
Die Inkarnation Gottes in Jesus heilt diese «Defizite»
der menschlichen Existenz, indem sie sie hinnimmt
und bejaht.
20. 3 Lernfelder im Social Web
3.1 Auf dem Weg zur Kirche 2.0
3.2 Bewegkräfte der „Weak Ties“
21. 3.1 Auf dem Weg zur Kirche 2.0
Pastoral 2.0 bedeutet die Entgrenzung der
Pfarrei / Kirchgemeinde
Territorialprinzip ade!
Kirche 2.0 macht nur in Seelsorgeräumen oder
Pastoralkreisen Sinn
Ausweitung der Pastoral auf neue digitale
Communities
22. Kirche 2.0 bildet neue Dialoggruppen
Menschen vernetzen sich über gemeinsame
Interessen
Interesse ist thematisch-religiös ausgerichtet
Lebensstilmilieus bilden sich im Web 2.0 neu
Bedeutung der Followers und Friends für die
digitale Identität
23. Spezialisierung vs. allgemeine Pastoral
• Jeder Kirchgemeinde ihr eigener
Community Manager?
• allgemeine Berufung zur Verkündigung im
Web 2.0
• Bedeutung der Freiwilligenarbeit
• Kirchliche Mitarbeitende erhalten zwanzig
Stellenprozente Social-Media-Auftrag
• Bewegung «von unten nach oben»
24. Spezialisierung als Chance und Hindernis
• Spezialseelsorge via Web 2.0
• Spezialisierte kirchliche Stellen
organisieren Communities
• Kirche 2.0 als organisiertes
Wissensmanagement
• Wer beteiligt sich im Sinne der Interaktion?
• Bewegung «von oben nach unten»
25. 3.2 Bewegkräfte der «Weak Ties»
Mark Granovetter: The Strength of Weak Ties, 1973
Strong Ties:
• Gemeinschaft, festgefügte Kommunikation
• im Fokus: Zusammengehörigkeit
Weak Ties:
• Gesellschaft, differenzierte Kommunikation
• im Fokus: Sachorientierung
26. Stärken der Weak Ties gegenüber Strong Ties:
• Informationen breiten sich weiter aus.
• Neue Inhalte werden eher weitergegeben.
• Neue Inhalte werden eher aufgenommen.
27. Weak Ties sind für Kirchen interessant:
• Sie bilden Kontaktnetze über die
«Kerngemeinde» hinaus.
• Sie schaffen sachbezogene Kommunikation.
• Sie sind Medien der Anregung und
Neuorientierung.
28. Social Media bilden den sozialen Mechanismus
der Weak Ties ab:
Friends, Followers etc. entsprechen den
«schwachen Bindungen» nach Granovetter.
Erfahrungen mit dem Social Web bestätigen die
«Strength of Weak Ties»:
• grosse Reichweite
• Beweglichkeit
• Quelle von Anregung und Innovation