1. FAQs zur Bedarfsorientierten Mindestsicherung (BMS)
Ab wann kann die Bedarfsorientierte Mindestsicherung bezogen werden?
Laut Ministerratsbeschluss soll die BMS mit 1. September 2010 eingeführt werden. Ursprünglich sollte
die Umsetzung bereits ab 1.1.2010 erfolgen. Dieses Datum scheiterte jedoch am Widerstand des
Finanzministers.
Wieviel zahlen Bund und Länder für die Finanzierung der BMS?
Die Mehrkosten der Mindestsicherung betragen 160 Mio. EUR für den Bund und maximal 50 Mio. für
die Länder. Das entspricht gerade einmal 0,07% des BIP, die Kosten für das Bankenpakets betrugen
2009 vergleichsweise 1,7% des BIP. Im Gefolge der Wirtschaftskrise wird die Arbeitslosigkeit und
Armut stark zunehmen. Die Mindestsicherung soll jenen helfen, die unter der Armutsgrenze leben.
Angesichts von Milliarden, die den Banken und der Wirtschaft zur Verfügung gestellt werden, sind gut
200 Mio. für jene mit den geringsten Einkommen alles andere als eine zu hohe Summe. Bei den
Opfern der Krise erweist sich der Finanzminister sehr rigide, während den Banken sehr großzügig
geholfen wurde. Der Finanzminister beharrte auf einer nochmaligen Verschiebung der Einführung und
einer Kürzung, indem es 12 statt 14 Auszahlungen gibt.
Der Bund wird auch im Bereich der Notsandshilfe Verbesserungen vornehmen. Das ist nun im März
2010 im Ministerrat beschlossen worden. Beim Arbeitslosengeld gibt es bei sehr niedrigen Leistungen
eine bessere Ersatzrate. Wenn der Grundbetrag und Familienzuschlag unter dem
Ausgleichszulagenrichtsatz für Alleinstehende liegen erhält man einen Ergänzungsbetrag, also eine
höhere Nettoersatzrate (Aufstockung auf maximal 60 bzw. 80 Prozent der täglichen Nettoersatzrate).
Diesen gibt es bisher in der Notstandshilfe nicht. Das wird nun geändert. Außerdem wird bei der
Anrechnung von PartnerInneneinkommen auf die Notstandshilfe eine Untergrenze für die Kürzung
festgelegt werden. Es muß ein Einkommen in Höhe des für Ehepaare zustehenden
Ausgleichzulagenrichtsatzes (= 1.116 Euro + 134,- Euro pro Kind monatlich) zur Verfügung stehen.
Bringt die BMS ein Grundeinkommen, ohne arbeiten zu müssen?
Nein. So wie beim Bezug von Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe müssen BezieherInnen bereit sein,
ihre Arbeitskraft einzusetzen und dem Arbeitsmarkt zur Verfügung zu stehen. Erfüllen sie diese
Anforderungen nicht, droht eine Kürzung der Leistung.
Wie hoch ist die BMS?
Die monatliche Höhe der BMS entspricht dem Ausgleichszulagenrichtsatz in der Pensionsversicherung
(Höhe der „Mindestpension“) abzüglich des Krankenversicherungsbeitrages. Somit beträgt die BMS
EUR 744,-- monatlich (Höhe des Ausgleichszulagenrichtsatzes nach Krankenversicherung für das Jahr
2010). Anders als der Ausgleichszulagenrichtsatz, wird die BMS statt 14 mal nur 12 mal pro Jahr
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2. ausbezahlt. Pro Jahr liegt die Leistungshöhe damit bei EUR 8.928,--. Die maximale tägliche Leistung
ohne Wohnanteil beträgt 18 EUR (mit Wohnanteil maximal: 25 EUR).
Nach dem ursprünglichen Entwurf sollte die BMS 14 mal pro Jahr ausbezahlt werden. Auch dieser
Punkt konnte aufgrund des Widerstandes des Finanzministers nicht realisiert werden. BezieherInnen
verlieren somit EUR 1.488,-- pro Jahr oder rund EUR 124,-- pro Monat.
Erfüllen BezieherInnen der BMS nicht die Anspruchsvoraussetzungen hinsichtlich Arbeitswilligkeit,
kann die Leistung gekürzt werden.
Ersetzt die BMS die Sozialhilfe?
Die Mindestsicherung ist grundsätzlich keine neue Leistung. Daher wird sie auch nicht dazu führen,
dass plötzlich tausende Menschen nicht mehr arbeiten gehen. Jene Menschen, die keine
existenzsichernde Arbeit bzw. extrem geringe Leistungen des AMS haben oder keinerlei andere
Leistungsansprüche haben, sind schon derzeit auf die Sozialhilfe angewiesen. Diese ist in den neu
Bundesländern unterschiedlich geregelt. Die Mindestsicherung zielt nun darauf ab, in den neun
verschiedenen Regelungen ein Mindestlevel einzuziehen. Schon derzeit können Menschen die etwa
eine Notstandshilfe von nur EUR 300,-- bekommen, ergänzend Geld aus der Sozialhilfe bekommen
weil ihr Einkommen unter dem Richtsatz liegt.
Die BMS wird also die Sozialhilfe nicht ersetzen, sondern fügt sich in das bestehende System der neun
Bundesländerregelungen ein und gibt hinsichtlich der Richtsätze ein Mindestniveau vor. Das
ursprüngliche Ziel, die unterschiedlichen Höhen zu vereinheitlichen bzw. die Sozialhilfe zu
harmonisieren, wird durch die BMS nicht verwirklicht.
Führt die Mindestsicherung zu mehr Schwarzarbeit, weil man nebenbei „pfuscht“
Nein, im Gegenteil, der Anreiz zu Schwarzarbeit wird geringer. Sozialhilfe musste man nämlich
zurückzahlen, sobald man wieder ein Einkommen hat („Regress bzw. Kostenersatz“). Diese
Rückzahlpflicht wird nun fallen. Bisher hat es sich für viele nicht ausgezahlt statt des Sozialhilfebezugs
zu arbeiten weil sie von ihrem Einkommen die Sozialhilfe zurückzahlen mussten und somit durch
Arbeit kein höheres effektives Einkommen hätten. Daher bestand Anreiz kein Arbeit aufzunehmen
oder in die Schwarzarbeit auszuweichen. Dieser Druck wird nun wegfallen.
Eine Pflicht zum Kostenersatz wird nur mehr weiter bestehen hinsichtlich geschenkten oder ererbten
Vermögen sowie für EhegattInnen und Eltern für ihre minderjährigen Kinder.
Derzeit nimmt nicht einmal die Hälfte derer die Anspruch auf Sozialhilfe hätten diese in Anspruch. Das
hat eine Reihe von Gründen: Menschen schämen sich ihrer Armut vor allem am Land. Man Sie hat
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3. Angst vor behördlichem Zugriff, der Offenlegung aller Einkommens- und Vermögensverhältnisse und
dem Zwang, noch die letzten bescheidenen Ersparnisse oder Besitztümer veräußern zu müssen.
Wird die BMS höher oder niedriger sein als die bisherige Sozialhilfe?
Die BMS wird mit Sicherheit keine geringere Leistung als bisher zur Folge haben, dafür sorgt ein
Verschlechterungsverbot. Ob unterm Strich mehr herauskommen kann, ist jedoch abhängig vom
Bundesland bzw. von den jeweiligen individuellen Bedingungen:
Die BMS gibt hinsichtlich der Richtsätze einen Mindeststandard in der Höhe von EUR 744,-- vor. In
diesem Betrag ist bereits ein Anteil für den Wohnkostenzuschuss von 25% inkludiert. Die Länder
können jedoch auch einen höheren Betrag auszahlen, etwa durch Sonderzahlungen, Zuschüsse für
Heizung, Kleidung etc. Diese zusätzlichen Leistungen sind in den einzelnen Bundesländern
unterschiedlich geregelt bzw. unterschiedlich hoch. Ein Vergleich zwischen Sozialhilfe und der BMS fällt
daher je nach Bundesland und individuellen Anspruchsvoraussetzungen auch unterschiedlich aus.
Sichergestellt ist aber jedenfalls, dass niemand durch die neue Regelung schlechter gestellt ist.
Wer hat Anspruch auf BMS?
Anspruch auf BMS haben nur InländerInnen und Personen, die InländerInnen gleichgestellt sind:
niedergelassene EU-BürgerInnen, Personen mit unbefristeten Aufenthaltstiteln sowie
Konventionsflüchtlinge. Die Kritik, dass die BMS zu Sozialtourismus führen werde und vorwiegend
„AusländerInnen“ profitieren würden, ist also nicht haltbar. Darüber hinaus ist unter allen
SozialhilfeempfängerInnen der Anteil von MigrantInnen unterproportional zu deren
Bevölkerungsanteil.
Welche behördliche Stelle wird für die BMS zuständig sein?
Die Zuständigkeit für die BMS wird nicht vereinheitlicht. DAS AMS hat Anträge entgegenzunehmen
und auf Vollständigkeit hin zu überprüfen. Danach wird der Antrag an die jeweils zuständige
Landesstelle zur Überprüfung der Voraussetzungen weitergeleitet.
Alle nicht arbeitsfähigen Personen, müssen die Anträge weiterhin bei den Sozialbehörden der Länder
einbringen.
Sind BezieherInnen der BMS auch krankenversichert?
Ja, alle BezieherInnen (die nicht bereits versichert sind) werden in die gesetzliche
Krankenversicherung einbezogen und erhalten eine e-card. Damit wird niederschwelliger Zugang zu
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4. umfassender medizinischer Versorgung ermöglicht. Stigmatisierende Sozialhilfe-Krankenscheine
werden abgeschafft.
Dürfen BezieherInnen der BMS Vermögen haben?
Vermögen wird bei der Bemessung der BMS berücksichtigt. Es gibt die Notwendigkeit zur
Vermögensverwertung bis zu einem Freibetrag von EUR 3.720,-- (fünffache monatliche
Leistungshöhe). Bevor man also Leistungen aus der BMS erhält, muss man einmal die Ersparnisse
aufbrauchen und wertvollen Besitz verkaufen. Erst wenn man kein Vermögen mehr hat, besteht
Anspruch auf Mindestsicherung. Das wird auch künftig viele Menschen mit geringen Einkommen vom
Leistungsbezug fernhalten.
Bestimmte Vermögensbestände sollen jedoch ausgenommen werden (z.B. benötigtes KFZ, Hausrat,
Gegenstände zur Erwerbsausübung). Eine Sicherstellung im Grundbuch von nicht verwertbaren
Liegenschaften (z.B. selbst bewohntes Haus) erfolgt erst nach sechs Monaten.
Der Vermögensfreibetrag ist nach Ansicht der GPA-djp zu gering angesetzt. Von den Betroffenen wird
verlangt, einen erworbenen Status auf ein niedriges Niveau abzusenken, bevor Anspruch auf BMS
besteht. Bis zur entsprechenden Vermögensverwertung besteht für die Betroffenen auch keine
Möglichkeit zur kostenfreien Krankenversicherung.
Sind die Kosten für die BMS gerade jetzt in der Krise auch wirklich leistbar?
Durch ihre Kaufkraft steigernde Wirkung ist die BMS gerade jetzt in der Krise eine volkswirtschaftlich
sinnvolle Investition. Es ist davon auszugehen, dass die zusätzlichen rund 200 Mio. Euro (Bund- und
Länderausgaben) direkt in den Konsum fließen. Nach Schätzungen des Sozialministeriums bewirkt dies
eine Stabilisierung des BIP um 0,34% und 12.000 Arbeitskräfte.
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