Dr. Achim Gmilkowsky: Vertragsgestaltung für Fotografen, Teil 1
Prof. Dr. Friedrich Loock: Das Einfach und doch so wirkungsvoll „Service Blue Print“
1. Marketing, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit H 2.6
Marketingkonzepte
Einfach und (doch) so wirkungsvoll
„Service Blue Print“
Optimierung von
Besucherzufriedenheit und Betriebsprozessen
Prof. Dr. Friedrich Loock
Es ist nicht (immer) einfach, Besucher zufrieden zu stellen. Andererseits ist es aber auch kein He-
xenwerk, zumindest eine Grundzufriedenheit bei Besuchern zu erreichen. Dazu sind nämlich kei-
neswegs unbedingt immer Instrumente erforderlich, die nennenswerte Kapazitäten – finanziell,
personell, zeitlich – binden. Ganz im Gegenteil: Es gibt eine Reihe von einfachen und zugleich
höchst wirkungsvollen Instrumenten, um Potenziale zur Optimierung von Besucherzufriedenheit
und Betriebsprozessen zu erkennen, so z. B. die „Blue Print-Methode“, die im Mittelpunkt dieses
Beitrages steht. Erfolgversprechend wird dies allerdings erst mit zwei betriebsinternen Vorausset-
zungen: einem Bewusstsein für Besucherbedarfe und der Bereitschaft zur Optimierung.
Gliederung Seite
1. Einleitung 2
2. Qualität und Zufriedenheit 3
3. Kontaktmessung 7
4. Prozesslinien 14
5. Hin zu den Aktionsorten 17
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2. H 2.6 Marketing, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Marketingkonzepte
1. Einleitung
Dienstleistungen sind bekanntlich immateriell. Das bedeutet, dass sie
nicht vor-produziert werden können, sondern dass Erbringung der
Leistung und deren Konsumption zeitgleich erfolgen. Man kann also
nicht – wie bei der Erstellung von Sachgütern – geeignete Tage nut-
zen, um eventuelle Unpässlichkeiten an weniger geeigneten Tagen
auszugleichen.
Menschen handeln Im Dienstleistungsbereich handeln Menschen für Menschen. Diese
für Menschen Konstellation ist höchst komplex und das Risiko von Fehlentwicklun-
gen ist enorm: Wir alle kennen gute und auch mal weniger gute Tage,
wir erbringen Leistungen mal gern und mal weniger gern, wir sehen
uns den Anforderungen mal besser und mal weniger gut gewachsen.
Im betrieblichen Prozess agiert man gemeinhin nicht allein, sondern es
wirken auch andere an der Erstellung von Leistungen mit. Das macht
Struktur und Prozesse noch komplizierter. Denn auch bei den Mitwir-
kenden bewegen sich Leistungsbereitschaft und Leistungsfähigkeit
nicht immer auf einem gleich hohen Niveau.
Vollends komplex werden die Bedingungen, sobald Nachfrager nach
Dienstleistung auf deren Anbieter treffen. Denn auch Nachfrager
artikulieren mal mehr und mal weniger erkennbar ihre Erwartungen,
zeigen sich mal mehr und mal weniger nachsichtig gegenüber dem
Leistungserbringer und ermöglichen dem Anbieter nicht immer einen
konstruktiven Dialog zur kontinuierlichen Verbesserung seiner Leis-
tungen.
Als vergleichsweise einfache Dienstleistungen gelten gemeinhin eine
Taxifahrt oder die Telefonauskunft – als „einfach“ bezeichnet sie die
Literatur deshalb, weil sie einen vergleichsweise hohen Anteil an Rou-
tineelementen beinhalten. Doch aus eigener Erfahrung wissen wir, wie
komplex uns selbst diese – vermeintlich einfachen – Konstellationen
erscheinen. Keineswegs rar sind unsere Erlebnisse mit unerfüllten
Erwartungen an Taxichauffeure und Auskunftstellen.
Kulturleistungen: eine Die Gefahr von Missverständnissen und enttäuschten Erwartungen ist
besonders komplexe folglich in komplexeren Strukturen ungleich größer. Und zu diesen
Dienstleistung komplexen Strukturen gehören Kulturleistungen. Diese nehmen wir
höchst unterschiedlich wahr und bewerten sie zum Teil sehr kontro-
vers. Hinzu kommt, dass die Gesamtbewertung von Kulturleistungen
keineswegs allein von der Leistung „auf der Bühne“ abhängt. Für
nicht wenige Nachfrager nach Kulturleistungen ist das Umfeld zumin-
dest gleich wichtig, so z. B. die Pausengestaltung.
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3. Marketing, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit H 2.6
Marketingkonzepte
2. Qualität und Zufriedenheit
Bekanntlich trägt jedes einzelne Element im Rahmen einer Vielzahl
von Leistungselementen zur Gesamteinschätzung bei – allerdings mit
unterschiedlicher Relevanz und Wirkung. Doch selbst wenn die An-
bieter von Kulturleistungen bei jedem einzelnen Dienstleistungs-
Element auf höchste Qualität achten, so können sie allein damit noch
nicht sicherstellen, dass auch die Nachfrager der Dienstleistung diese
als qualitätsvoll einschätzen. Der Anbieter von Dienstleistungen kann
auf die Nachfragerseite nur mittelbar aktiv einwirken – also nur die
Wahrscheinlichkeit einer Qualitätswahrnehmung beeinflussen, nicht
die Qualitätswahrnehmung selbst.
Wahrnehmungen sind höchst subjektive Einschätzungen. Sie werden Austausch von
nicht selten überlagert von Stimmungen mit ihren entsprechenden Wahrnehmungen
Schwankungen. Das macht sie so unberechenbar. Gleichzeitig erfor- zwischen Anbietern und
dert Wahrnehmung auch Motivation, Kognition und Lernen. Insbe- Nachfragern
sondere die Bedeutung der Kognition, also des Kennens bzw. Erken-
nens, wird erfahrungsgemäß unterschätzt. Dabei wissen wir alle: Nur
was wir (er)kennen, können wir auch sehen. Unsere Sinne bedürfen
also einer entsprechenden Schärfung – die Sinne der Nachfrager zu
schärfen ist somit zentrale Aufgabe des Anbieters.
Qualität
„Dienstleistungsqualität ist die Fähigkeit eines Anbieters, die Beschaf-
fenheit einer primär intangiblen und der Kundenbeteiligung bedürfen-
den Leistung aufgrund von Kundenerwartungen auf einem bestimm-
ten Anforderungsniveau zu erstellen“ (Manfred Bruhn). Die Literatur
hat sich dabei auf folgende Dimensionen von Dienstleistungsqualität
verständigt:
• Qualität des äußeren Erscheinungsbildes des Dienstleistungsortes,
• Qualität der Ausstattung und des Erscheinungsbildes des Personals,
• Zuverlässigkeit des Anbieters, die versprochene Leistung auf dem
anvisierten Niveau zu erbringen,
• Reaktionsfähigkeit und -geschwindigkeit des Anbieters auf Kun-
denwünsche,
• Fähigkeiten und soziale Kompetenz der Mitwirkenden.
In vielen Dienstleistungsunternehmen gehört Qualitätsmanagement
inzwischen offiziell zum Standard. Allerdings gibt es erhebliche Un-
terschiede in der tatsächlichen Umsetzung dieses Anspruchs. In nicht
wenigen Unternehmen verbirgt sich hinter dem Siegel „QM“ eher eine
verfeinerte und rein operativ ausgerichtete Detailoptimierung. Das ist
ohne Frage wichtig und gut, entspricht aber noch keineswegs den An-
forderungen an ein Qualitätsmanagement.
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4. H 2.6 Marketing, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Marketingkonzepte
Anforderungen an ein Qualitätsmanagement erfordert grundsätzlich ein Qualitätsbewusstsein
Qualitätsmanagement und eine Qualitätssicherung in allen Phasen der Wertschöpfungskette
sowie bei allen Führungskräften und Mitarbeitern. Folglich ist Quali-
tätsmanagement ein umfassender Denk- und Handlungsansatz, der
sich in der Unternehmensphilosophie widerspiegelt und als zentrales
Führungskonzept für die gesamte Einrichtung anerkannt ist.
Diesen Anforderungen entspricht bei genauerer Betrachtung nur ein
Teil derjenigen Kultureinrichtungen, die für sich reklamieren, ein ak-
tives Qualitätsmanagement zu betreiben. Kultureinrichtungen prakti-
zieren vielfach kein umfassendes Qualitätsmanagement, sondern kon-
zentrieren ihre Energie auf die künstlerische Leistung – nicht selten in
der Hoffnung, dass eine qualitätsvolle Kulturleistung Defizite in der
Qualität unterstützender und begleitender Dienstleistungen vergessen
mache.
Gesamteindruck Diese Annahme wird allerdings immer wieder als irrtümlich entlarvt.
beinhaltet auch Zahlreiche Studien über Nachfrageverhalten von Kulturleistungen
das Umfeld weisen nach, dass der Gesamteindruck bei Nachfragern erheblich vom
Umfeld einer künstlerischen Leistung geprägt wird. Besucher lassen
sich selbst im Falle einer von ihnen als schlecht empfundenen Kultur-
leistung aufgrund exzellenter Begleitleistungen milde(r) stimmen.
Umgekehrt ist ebenfalls erwiesen, dass Nachfrager von Kulturangebo-
ten selbst hochwertige Bühnenleistungen nicht als exzellent würdigen,
wenn diese von Rahmenbedingungen begleitet werden, die die Nach-
frager als unzureichend oder mangelhaft empfinden.
Beispiel: Familienbesuch im Museum
Eine Familie unternimmt einen Ausflug in einen Museumspark. Dort
werden herausragend restaurierte Häuser, Schlösser und Gartenan-
lagen präsentiert. Gleich zu Beginn stellen die Besucher fest, dass
eine familiengerecht aufbereitete Informationsschrift nicht angebo-
ten wird.1
Während des Besuchs überkommt die Kinder ein menschliches Be-
dürfnis. Die dafür erforderlichen Facilitäten sind in dem weitläufigem
Areal nur schlecht oder gar nicht zu finden.2 Die Entwicklung ist vor-
hersehbar: Die Familie kann den Museumsbesuch nicht mehr stö-
rungsfrei fortsetzen und muss ihn eventuell sogar abbrechen.
Beispiel: Familienbesuch im Theater
Eine Familie besucht eine als „Familien-Aufführung“ angebotene
Theaterproduktion. Es wird ein Theaterstück aufgeführt, das die Kin-
der gut kennen. Die Inszenierung und die schauspielerische Leistung
kommen bei ihnen sehr gut an.
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