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1 de 46
Mobilität, Politik und Aktivismus:
Die Rolle von Gender in Radwegekampagnen
in Bremen und Newcastle, UK
Dipl.-Ing. Katja Leyendecker
Northumbria University, UK
Geographische Gesellschaft, Bremen
16. Januar 2019
1
Meine Motivation
2
3
Fiona Spotswood et al (2015)
Despite significant national and
local efforts over the last decade to
stimulate uptake of cycling in the
UK, levels of cycling (particularly
(particularly utility cycling) remain
at around 2% of journeys.
4
Auf deutsch:
Trotz erheblicher nationaler und
lokaler Anstrengungen zur
Förderung des Radverkehrs in
Großbritannien in den letzten zehn
Jahren, stagniert der Anteil des
Radverkehrs (insbesondere des
Alltagsradfahrens) bei rund 2% aller
Wege.
Wieso, weshalb, warum?
5
Beschreibend: Was erleben Aktivistinnen,
wenn sie sich für Radwege einsetzen?
Eingreifend: Was kann aus den
Erfahrungen gelernt werden, um die
Planung und Umsetzung von Radwegen
zu verbessern?
Fragestellung
Die Literatur
6
Jan Garrard
If you want to know if
an urban environment
supports cycling, you
can forget about all the
detailed ‘bikeability
indexes’—
just measure the
proportion of cyclists
who are female
Source Scientific American 2009
7
Auf deutsch:
Wenn du wissen willst, ob die
bauliche und räumliche
Gestaltung der Stadt das
Radfahren unterstützt […]
zähle einfach, wie viele
Frauen Fahrrad fahren.
…wie viele Frauen radfahrenFrauenanteilbeimRadfahren
Radverkehrsanteil
Berlin
Tokyo
Städte in USA, UK, Aus, NZ
KOP
AMS
Graph:Garrard,J.,etal.(2012).Womenandcycling.Citycycling.J.PucherandR.
Buehler,MassachusettsInstituteofTechnology(MIT).
red:UKCensus2011,blue:VEPBremen2025
Newcastle
Bremen
8
It is clear from our research that most
non-cyclists and recreational cyclists will
only consider cycling regularly if they are
segregated from [motor vehicle] traffic.
Pooley et al (2013:176)
9
Auf deutsch:
Unsere Forschungsergebnisse sind eindeutig: Die meisten Nicht-Radfahrenden
und Freizeitradfahrenden werden das Radfahren nur in Betracht ziehen, wenn sie
getrennt vom [motorisierten] Verkehr geführt werden.
No city in Europe or North America has achieved
high level of cycling without an extensive network
of well-integrated bike lanes and paths that
provide separation from motor vehicle traffic. […]
Separate cycling facilities are a crucial first step
towards increasing cycling and making it socially
inclusive. Pucher & Buehler (2012:351)
10
Auf deutsch:
Keine Stadt in Europa oder Nordamerika hat es geschafft einen hohen Radfahranteil zu
erreichen ohne ein gut ausgebautes Radwegenetz mit Radrouten, die getrennt vom
motorisierten Verkehr geführt werden. […] Baulich getrennte Radverkehrsanlagen sind der
wichtigste erste Schritt in Richtung Radverkehrssteigerung und soziale Integrierung.
Sanchez de Madariaga’s (2013)
“Mobility of care”
Zu deutsch: Mobilität der sozialen Versorgung
11
Abseits der Arbeitswege
12
Frauenwege
Insbesondere die
mittlere Altersgruppe
... ist ständig unterwegs
>> Wegeketten
>> kürzere Wege
>> kompliziertere / kleinteiligere Mobilität
>> weniger Alleinwege: Einkauf, Kinder usw.
13
+ andere Bedürfnisse
• Die kognitiven Fähigkeiten von Kindern und
älteren Menschen werden (oft) nicht
berücksichtigt in unserer Straßengestaltung
>>> kein „Spielraum“ für „Fehlverhalten“
• Stichwort barrierefrei
14
Cycle share of all trips
England 2% Germany at 11%
(DfT 2017) (BMVI 2018)
15
Modal share
Newcastle + Gateshead Bremen
___________________________________________________________________
Population 490,000 550,000
Density person/km 2,000 1,700
Source: Wikipedia 16
Achtung
!!!
SrV 2008
24.8%
SrV 2013
23.4%
Siehe Ahrens
The two cities
Source: opencyclemap.org
Newcastle + Gateshead Bremen
___________________________________________________________________
Population 490,000 550,000
Density person/km 2,000 1,700
Source: Wikipedia
1 % 25%
17
Segmentierungs-Studien
Anable (2005)
18
1919
Weiteres aus der Literatur
Zerstückelung der Gesellschaft
– Individual versus kommunal (Verkehrssicherheit…)
Aktivismus
– alt/Radfahrer versus neu/Radwege
Soziales wird im Technischen vergessen
Methodik
20
2121
Autoethnographie
Erfahrungsbericht
mit Selbstkritik
Eigene Daten (Tagebuch usw.) plus
• Gespräche mit anderen
• Leitlinienanalyse
• Städtevergleich, Verortung: Bremen
Mein Datensammeln
22
Versuchsaufbau
23
Policy analysis
24
Description:
Two policy documents concerning
transport, Bremen and Newcastle
Spatial aspects: car parking and cycleways
Analysis method:
Narrative analysis
Output:
How is space narrated in the policies?
2525
Policy analysis
Newcastle
(NCC & GMBC 2015)
Widersprüchlich hinsichtlich
Autoparken
– Abbau und Ausbau
Unklare Aussagen über
Radverkehrinfrastrukturen
– Keine Qualitätsmerkmale
Anspruch nicht “verräumlicht”
Kein Umsetzungskatalog
Bremen
(Bremen 2014)
Parkplatzabbau aus sozialen
Gründen
– Anspruch an Platz und
Raum
Ambivalent gegenüber
Radverkehrinfrastrukturen
– „Kultur des
Bordsteinradwegfahrens“
Raum ist endlich und muss
verteilt werden
Video diary
26
Description:
In 2017, daily recording of 3 min diary videos
(totalling 16 hours)
Retrospective
Each video summarised a week’s worth of
campaigning activities (covering 7 years)
Analysis method:
Multiple re-listening, themes were emerging
Rationalisation, spotting salient events and
recurring subjects
Output:
Separated my personal investment and emotion
from events
Campaign timeline of events : “what had
happened?”
26
26
2727
Video diary
My blog
28
Description:
Blogged over 3 years | posts 179 | word count
123,000
Exercise in ‘public thinking’
Sharing views, exchanging views (f.e. via twitter)
Analysis method:
Multiple re-reading
Traditional coding method, thematic analysis
Output:
Initial conceptual framework : “what is going
on?”
2929
My blog + video diary
Interviews
30
Description:
Eight women activists (16 hours)
Four officials (5 hours) & various others
In UK and in Germany
Semi-structured | in-depth
Analysis method:
Transcribing, multiple re-reading
Thematic analysis | narrative analysis
Output:
Reviewed conceptual framework : “what is
really going on?”
31
“alles, was irgendwelchen Autofahrern
wehtun könnte, hat [die Politik] immer
konsequent vermieden” (D4)
“Es ist Tabu zu sagen, [das Auto] braucht
man nicht” (D5)
Interviews
Aktivistinnen:
32
“We have definitively grown through
learning and actually bringing more people
into the campaign but the council hasn’t
really kind of moved on or built on this
initial kind of support for cycling they
have” (UK1)
Interviews
Aktivistinnen:
33
“Da wird auch immer gesagt, [die
Verwaltung] sind ja die Fachleute. Da hätte
[die Politik] nichts dran zu kritisieren, das
sind ja die Fachleute” (D3)
Interviews
Aktivistinnen:
34
“There already was a lot of
acceptance of you know things
like roads couldn’t be changed
or wasn’t even an issue.” (UK1)
“[VC sagt:] Wenn Leute nicht
so Rad fahren wollen wie wir
das wollen, … dann muss man
die erziehen und belehren -
damit sie das anders machen”
(D5)
“Something I don't know
whether that's a man/woman
thing: to not be able to say I
learnt something from you!”
(D2)
“Das ist natürlich unglaublich, dass eine
Minderheit eine Debatte über 20 Jahre
so dominiert” (D1)
35
"Well, I want to know I suppose, to some
extent it’s about getting to know him
[senior councillor] and what makes him
tick" (UK2)
"long-term relationship building and
everyone having some sort of mutual
respect and a vision" (UK3)
Interviews
Aktivistinnen:
3636
Interviews – Aktivistinnen
3737
Interviews – Aktivistinnen
3838
Interviews - Entscheidungstragende
Newcastle Politiker sagt:
Wahl legitimiert mich
Mehrheitsplanung
Zivilgesellschaft,
individualisiert, jede Person
zählt (aber)
• Arbeite routinemäßig mit
Wirtschaft und Händlern
Bremen Politiker sagt:
Radfahren ist sicherer auf der
Straße
Entwickele gerne
Handlungsstrategien, handelt
Einbindung der ZG, aber
• Frauensache ist schwierig
• Kennt keine
Radwegeaktivisten/innen
3939
Interviews - Entscheidungstragende
Newcastle Planer sagt:
Bin Experte, brauche aber
politische Anweisung
Teamanpassung, bringe in
Kommunikationsexpertise
Will Veränderung
Bremen Planer sagt:
Menschen und Raum müssen
im Zusammenhang gedacht
werden
Verkehrsplanung geht leider
oft durch die
Windschutzscheibe
Radwege haben einen
sozialen Wert, sind raum-
effizient
Timeline und Datenverarbeitung
40
Synthese,
Ergebnisse
Zwischenbilanz
Synthese - das Gelernte
41
Behinderungen im Radwegebau:
42
Newcastle (implizit)
Jeder muss Auto
fahren dürfen.
Verkehrsplanung
bedarf keiner
Planung des
öffentlichen
Raumes.
Bremen
Hochbordradwege
sind nicht der
neueste Stand der
Technik.
Radfahren ist
sicherer auf der
Straße.
43
Der Belange der Aktivistinnen (Radwege) stehen entgegen:
• Die Verwaltungen in Bremen und Newcastle waren beide
technokratisch: Die IngenieurInnen und PlanerInnen hatten
gelernt, wie man den Straßenraum “richtig” gestaltet, und das
behinhaltete vornehmliches Planen fürs Auto
• Die Politiker in Bremen und Newcastle vertrauten den
technischen Angestellten
• Die Belange der vehicular-cycling Aktivisten (Radfahren auf der
Straße) spielten in die Hände der technokratischen Verwaltung
Behinderungen im Radwegebau:
the technocratic officer
who continued to design roads for cars
Die Aktivistinnen,
die Radwege
einfordern
Das
Autosystem
Legende
Entscheidungstragende
Zivilgesellschaft
Stand der Dinge und quo vadis?
Radwege Aktivismus nimmt zu, sowohl in UK als auch in
Deutschland.
45
Newcastle
Das Problem in Newcastle
liegt tief.
Das Verständnis von
demokratischer Dialektik ist
weniger ausgeprägt, was den
Austausch zwischen der
Zivilgesellschaft und der
Politik schwer behindert.
***Außerdem ist Radfahren
eine Minderheitentätigkeit
und stark stigmatisiert.
Bremen
Luft nach oben.
Ziviles Belangen:
Verstärktes Auftreten der
Zivilgesellschaft hinsichtlich
Radwegebau sollte
angestrebt werden, denn es
unterstützt die PolitikerInnen
und PlanerInnen, die dem
Radwegebau gut gesonnen
sind.
References
46
Anable, Jillian. 2005. “‘Complacent Car Addicts’ or ‘Aspiring Environmentalists’? Identifying Travel Behaviour Segments Using Attitude
Theory.” Transport Policy 12 (1): 65–78. https://doi.org/10.1016/j.tranpol.2004.11.004.
Pooley, Colin G, Tim Jones, Miles Tight, Dave Horton, Griet Scheldeman, Caroline Mullen, Ann Jopson, and Emanuele Strano. 2013. Promoting
Walking and Cycling : New Perspectives on Sustainable Travel. Bristol, UK: Policy Press.
Pucher, John R., and Ralph Buehler. 2012. City Cycling. Book, Whole. Cambridge, MA, USA: MIT Press.
Sánchez de Madariaga, Inés. 2013. “From Women in Transport to Gender in Transport: Challenging Conceptual Frameworks for Improved
Policymaking.” Journal of International Affairs 67 (1): 43–XVIII.
Spotswood, Fiona, Tim Chatterton, Alan Tapp, and David Williams. 2015. “Analysing Cycling as a Social Practice: An Empirical Grounding for
Behaviour Change.” Transportation Research Part F: Traffic Psychology and Behaviour 29: 22–33. https://doi.org/10.1016/j.trf.2014.12.001.
Policies
Bremen. 2014. “Verkehrsentwicklungsplan Bremen 2025.” Bremen: Senator für Bau Umwelt und Verkehr, Freie Hansestadt Bremen.
NCC, and GMBC. 2015. “Planning for the Future - Core Strategy and Urban Core Plan for Gateshead and Newcastle upon Tyne 2010-2030
(Adopted March 2015).”
Zahlen
Ahrens, Gerd-Axel. 2010. “Sonderauswertung zur Verkehrserhebung ,Mobilität in Städten – SrV 2008‘ Städtevergleich.” SrV. Dresden:
Technische Universität Dresden.
Ahrens, Gerd-Axel. 2016. “Sonderauswertung zum Forschungsprojekt „Mobilität in Städten – SrV 2013“ Städtevergleich.” SrV. Dresden:
Technische Universität Dresden.
BMVI. 2018. “Mobilität in Deutschland - Kurzbericht, Verkehrsaufkommen – Struktur – Trends.” http://www.mobilitaet-in-
deutschland.de/pdf/infas_Mobilitaet_in_Deutschland_2017_Kurzreport.pdf.
DfT. 2017. “Transport Statistics Great Britain 2017.”
https://assets.publishing.service.gov.uk/government/uploads/system/uploads/attachment_data/file/661933/tsgb-2017-report-
summaries.pdf.

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Mobilität, Politik und Aktivismus: Die Rolle von Gender in Radwegekampagnen in Bremen und Newcastle, UK

  • 1. Mobilität, Politik und Aktivismus: Die Rolle von Gender in Radwegekampagnen in Bremen und Newcastle, UK Dipl.-Ing. Katja Leyendecker Northumbria University, UK Geographische Gesellschaft, Bremen 16. Januar 2019 1
  • 3. 3
  • 4. Fiona Spotswood et al (2015) Despite significant national and local efforts over the last decade to stimulate uptake of cycling in the UK, levels of cycling (particularly (particularly utility cycling) remain at around 2% of journeys. 4 Auf deutsch: Trotz erheblicher nationaler und lokaler Anstrengungen zur Förderung des Radverkehrs in Großbritannien in den letzten zehn Jahren, stagniert der Anteil des Radverkehrs (insbesondere des Alltagsradfahrens) bei rund 2% aller Wege. Wieso, weshalb, warum?
  • 5. 5 Beschreibend: Was erleben Aktivistinnen, wenn sie sich für Radwege einsetzen? Eingreifend: Was kann aus den Erfahrungen gelernt werden, um die Planung und Umsetzung von Radwegen zu verbessern? Fragestellung
  • 7. Jan Garrard If you want to know if an urban environment supports cycling, you can forget about all the detailed ‘bikeability indexes’— just measure the proportion of cyclists who are female Source Scientific American 2009 7 Auf deutsch: Wenn du wissen willst, ob die bauliche und räumliche Gestaltung der Stadt das Radfahren unterstützt […] zähle einfach, wie viele Frauen Fahrrad fahren.
  • 8. …wie viele Frauen radfahrenFrauenanteilbeimRadfahren Radverkehrsanteil Berlin Tokyo Städte in USA, UK, Aus, NZ KOP AMS Graph:Garrard,J.,etal.(2012).Womenandcycling.Citycycling.J.PucherandR. Buehler,MassachusettsInstituteofTechnology(MIT). red:UKCensus2011,blue:VEPBremen2025 Newcastle Bremen 8
  • 9. It is clear from our research that most non-cyclists and recreational cyclists will only consider cycling regularly if they are segregated from [motor vehicle] traffic. Pooley et al (2013:176) 9 Auf deutsch: Unsere Forschungsergebnisse sind eindeutig: Die meisten Nicht-Radfahrenden und Freizeitradfahrenden werden das Radfahren nur in Betracht ziehen, wenn sie getrennt vom [motorisierten] Verkehr geführt werden.
  • 10. No city in Europe or North America has achieved high level of cycling without an extensive network of well-integrated bike lanes and paths that provide separation from motor vehicle traffic. […] Separate cycling facilities are a crucial first step towards increasing cycling and making it socially inclusive. Pucher & Buehler (2012:351) 10 Auf deutsch: Keine Stadt in Europa oder Nordamerika hat es geschafft einen hohen Radfahranteil zu erreichen ohne ein gut ausgebautes Radwegenetz mit Radrouten, die getrennt vom motorisierten Verkehr geführt werden. […] Baulich getrennte Radverkehrsanlagen sind der wichtigste erste Schritt in Richtung Radverkehrssteigerung und soziale Integrierung.
  • 11. Sanchez de Madariaga’s (2013) “Mobility of care” Zu deutsch: Mobilität der sozialen Versorgung 11
  • 13. Frauenwege Insbesondere die mittlere Altersgruppe ... ist ständig unterwegs >> Wegeketten >> kürzere Wege >> kompliziertere / kleinteiligere Mobilität >> weniger Alleinwege: Einkauf, Kinder usw. 13
  • 14. + andere Bedürfnisse • Die kognitiven Fähigkeiten von Kindern und älteren Menschen werden (oft) nicht berücksichtigt in unserer Straßengestaltung >>> kein „Spielraum“ für „Fehlverhalten“ • Stichwort barrierefrei 14
  • 15. Cycle share of all trips England 2% Germany at 11% (DfT 2017) (BMVI 2018) 15
  • 16. Modal share Newcastle + Gateshead Bremen ___________________________________________________________________ Population 490,000 550,000 Density person/km 2,000 1,700 Source: Wikipedia 16 Achtung !!! SrV 2008 24.8% SrV 2013 23.4% Siehe Ahrens
  • 17. The two cities Source: opencyclemap.org Newcastle + Gateshead Bremen ___________________________________________________________________ Population 490,000 550,000 Density person/km 2,000 1,700 Source: Wikipedia 1 % 25% 17
  • 19. 1919 Weiteres aus der Literatur Zerstückelung der Gesellschaft – Individual versus kommunal (Verkehrssicherheit…) Aktivismus – alt/Radfahrer versus neu/Radwege Soziales wird im Technischen vergessen
  • 21. 2121 Autoethnographie Erfahrungsbericht mit Selbstkritik Eigene Daten (Tagebuch usw.) plus • Gespräche mit anderen • Leitlinienanalyse • Städtevergleich, Verortung: Bremen
  • 24. Policy analysis 24 Description: Two policy documents concerning transport, Bremen and Newcastle Spatial aspects: car parking and cycleways Analysis method: Narrative analysis Output: How is space narrated in the policies?
  • 25. 2525 Policy analysis Newcastle (NCC & GMBC 2015) Widersprüchlich hinsichtlich Autoparken – Abbau und Ausbau Unklare Aussagen über Radverkehrinfrastrukturen – Keine Qualitätsmerkmale Anspruch nicht “verräumlicht” Kein Umsetzungskatalog Bremen (Bremen 2014) Parkplatzabbau aus sozialen Gründen – Anspruch an Platz und Raum Ambivalent gegenüber Radverkehrinfrastrukturen – „Kultur des Bordsteinradwegfahrens“ Raum ist endlich und muss verteilt werden
  • 26. Video diary 26 Description: In 2017, daily recording of 3 min diary videos (totalling 16 hours) Retrospective Each video summarised a week’s worth of campaigning activities (covering 7 years) Analysis method: Multiple re-listening, themes were emerging Rationalisation, spotting salient events and recurring subjects Output: Separated my personal investment and emotion from events Campaign timeline of events : “what had happened?” 26 26
  • 28. My blog 28 Description: Blogged over 3 years | posts 179 | word count 123,000 Exercise in ‘public thinking’ Sharing views, exchanging views (f.e. via twitter) Analysis method: Multiple re-reading Traditional coding method, thematic analysis Output: Initial conceptual framework : “what is going on?”
  • 29. 2929 My blog + video diary
  • 30. Interviews 30 Description: Eight women activists (16 hours) Four officials (5 hours) & various others In UK and in Germany Semi-structured | in-depth Analysis method: Transcribing, multiple re-reading Thematic analysis | narrative analysis Output: Reviewed conceptual framework : “what is really going on?”
  • 31. 31 “alles, was irgendwelchen Autofahrern wehtun könnte, hat [die Politik] immer konsequent vermieden” (D4) “Es ist Tabu zu sagen, [das Auto] braucht man nicht” (D5) Interviews Aktivistinnen:
  • 32. 32 “We have definitively grown through learning and actually bringing more people into the campaign but the council hasn’t really kind of moved on or built on this initial kind of support for cycling they have” (UK1) Interviews Aktivistinnen:
  • 33. 33 “Da wird auch immer gesagt, [die Verwaltung] sind ja die Fachleute. Da hätte [die Politik] nichts dran zu kritisieren, das sind ja die Fachleute” (D3) Interviews Aktivistinnen:
  • 34. 34 “There already was a lot of acceptance of you know things like roads couldn’t be changed or wasn’t even an issue.” (UK1) “[VC sagt:] Wenn Leute nicht so Rad fahren wollen wie wir das wollen, … dann muss man die erziehen und belehren - damit sie das anders machen” (D5) “Something I don't know whether that's a man/woman thing: to not be able to say I learnt something from you!” (D2) “Das ist natürlich unglaublich, dass eine Minderheit eine Debatte über 20 Jahre so dominiert” (D1)
  • 35. 35 "Well, I want to know I suppose, to some extent it’s about getting to know him [senior councillor] and what makes him tick" (UK2) "long-term relationship building and everyone having some sort of mutual respect and a vision" (UK3) Interviews Aktivistinnen:
  • 38. 3838 Interviews - Entscheidungstragende Newcastle Politiker sagt: Wahl legitimiert mich Mehrheitsplanung Zivilgesellschaft, individualisiert, jede Person zählt (aber) • Arbeite routinemäßig mit Wirtschaft und Händlern Bremen Politiker sagt: Radfahren ist sicherer auf der Straße Entwickele gerne Handlungsstrategien, handelt Einbindung der ZG, aber • Frauensache ist schwierig • Kennt keine Radwegeaktivisten/innen
  • 39. 3939 Interviews - Entscheidungstragende Newcastle Planer sagt: Bin Experte, brauche aber politische Anweisung Teamanpassung, bringe in Kommunikationsexpertise Will Veränderung Bremen Planer sagt: Menschen und Raum müssen im Zusammenhang gedacht werden Verkehrsplanung geht leider oft durch die Windschutzscheibe Radwege haben einen sozialen Wert, sind raum- effizient
  • 41. Synthese - das Gelernte 41
  • 42. Behinderungen im Radwegebau: 42 Newcastle (implizit) Jeder muss Auto fahren dürfen. Verkehrsplanung bedarf keiner Planung des öffentlichen Raumes. Bremen Hochbordradwege sind nicht der neueste Stand der Technik. Radfahren ist sicherer auf der Straße.
  • 43. 43 Der Belange der Aktivistinnen (Radwege) stehen entgegen: • Die Verwaltungen in Bremen und Newcastle waren beide technokratisch: Die IngenieurInnen und PlanerInnen hatten gelernt, wie man den Straßenraum “richtig” gestaltet, und das behinhaltete vornehmliches Planen fürs Auto • Die Politiker in Bremen und Newcastle vertrauten den technischen Angestellten • Die Belange der vehicular-cycling Aktivisten (Radfahren auf der Straße) spielten in die Hände der technokratischen Verwaltung Behinderungen im Radwegebau:
  • 44. the technocratic officer who continued to design roads for cars Die Aktivistinnen, die Radwege einfordern Das Autosystem Legende Entscheidungstragende Zivilgesellschaft
  • 45. Stand der Dinge und quo vadis? Radwege Aktivismus nimmt zu, sowohl in UK als auch in Deutschland. 45 Newcastle Das Problem in Newcastle liegt tief. Das Verständnis von demokratischer Dialektik ist weniger ausgeprägt, was den Austausch zwischen der Zivilgesellschaft und der Politik schwer behindert. ***Außerdem ist Radfahren eine Minderheitentätigkeit und stark stigmatisiert. Bremen Luft nach oben. Ziviles Belangen: Verstärktes Auftreten der Zivilgesellschaft hinsichtlich Radwegebau sollte angestrebt werden, denn es unterstützt die PolitikerInnen und PlanerInnen, die dem Radwegebau gut gesonnen sind.
  • 46. References 46 Anable, Jillian. 2005. “‘Complacent Car Addicts’ or ‘Aspiring Environmentalists’? Identifying Travel Behaviour Segments Using Attitude Theory.” Transport Policy 12 (1): 65–78. https://doi.org/10.1016/j.tranpol.2004.11.004. Pooley, Colin G, Tim Jones, Miles Tight, Dave Horton, Griet Scheldeman, Caroline Mullen, Ann Jopson, and Emanuele Strano. 2013. Promoting Walking and Cycling : New Perspectives on Sustainable Travel. Bristol, UK: Policy Press. Pucher, John R., and Ralph Buehler. 2012. City Cycling. Book, Whole. Cambridge, MA, USA: MIT Press. Sánchez de Madariaga, Inés. 2013. “From Women in Transport to Gender in Transport: Challenging Conceptual Frameworks for Improved Policymaking.” Journal of International Affairs 67 (1): 43–XVIII. Spotswood, Fiona, Tim Chatterton, Alan Tapp, and David Williams. 2015. “Analysing Cycling as a Social Practice: An Empirical Grounding for Behaviour Change.” Transportation Research Part F: Traffic Psychology and Behaviour 29: 22–33. https://doi.org/10.1016/j.trf.2014.12.001. Policies Bremen. 2014. “Verkehrsentwicklungsplan Bremen 2025.” Bremen: Senator für Bau Umwelt und Verkehr, Freie Hansestadt Bremen. NCC, and GMBC. 2015. “Planning for the Future - Core Strategy and Urban Core Plan for Gateshead and Newcastle upon Tyne 2010-2030 (Adopted March 2015).” Zahlen Ahrens, Gerd-Axel. 2010. “Sonderauswertung zur Verkehrserhebung ,Mobilität in Städten – SrV 2008‘ Städtevergleich.” SrV. Dresden: Technische Universität Dresden. Ahrens, Gerd-Axel. 2016. “Sonderauswertung zum Forschungsprojekt „Mobilität in Städten – SrV 2013“ Städtevergleich.” SrV. Dresden: Technische Universität Dresden. BMVI. 2018. “Mobilität in Deutschland - Kurzbericht, Verkehrsaufkommen – Struktur – Trends.” http://www.mobilitaet-in- deutschland.de/pdf/infas_Mobilitaet_in_Deutschland_2017_Kurzreport.pdf. DfT. 2017. “Transport Statistics Great Britain 2017.” https://assets.publishing.service.gov.uk/government/uploads/system/uploads/attachment_data/file/661933/tsgb-2017-report- summaries.pdf.