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  Lehrbuch	
  für	
  Lernen	
  und	
  Lehren	
  mit	
  Technologien	
  (L3T)


                                                                                        2. Grundlage	
  des	
  Lernens	
  mit	
  Simula8onen	
  und	
  simu-­‐
1. Einführung
                                                                                        lierten	
  Welten
Virtuelle Welten sind eine spezielle Art sozialer Netz-
                                                                                        Begrifflichkeiten
werke, in denen die Benutzer als sogenannte Avatare
(eine Art Spielfigur) in einer virtuellen, dreidimensio-                                Der Begriff Serious Games, dessen deutsche Über-
nalen Umgebung dargestellt werden. Mittels Chat                                         setzungen (zum Beispiel „Digitales Lernspiel“) zu-
oder Voice Chat kommunizieren diese Avatare in                                          meist nicht seinen vollen Bedeutungsumfang er-
Echtzeit miteinander. Sie können mit der virtuellen                                     fassen, bezeichnet Anwendungen, die ernsthafte
Umgebung interagieren (zum Beispiel einen Raum                                          Themen beziehungsweise Lerninhalte vermitteln.
betreten oder sich auf einen Stuhl setzen) und in                                       Dazu bedienen sie sich der unterhaltenden Elemente
manchen Systemen auch die Umgebung modifizieren                                         und gängigen Mechanismen von Computerspielen.
(zum Beispiel Geräte bedienen).                                                         Anwendungstypen wie Simulationen, Edutainment
    Im Gegensatz zu den meisten anderen sozialen                                        (unterhaltsames Lernen) und Advergames (Werbe-
Netzwerken bleiben die Benutzer hinter den Avataren                                     spiele) können als Serious Games zusammengefasst
üblicherweise anonym. Von den sogenannten                                               wer-den.
MMOG (Massively Multiplayer Online Games), die                                             Der Begriff „Serious“ bezieht sich auf den in-
eine ähnliche Technologie verwenden, unterscheiden                                      haltlichen Schwerpunkt, das heißt die „Ernsthaf-
sich virtuelle Welten darin, dass sie offener im Ver-                                   tigkeit“ einer Simulationsumgebung. Das bedeutet
wendungszweck sind, mit einem gewissen Fokus auf                                        nicht, dass nicht auch ein kommerzielles Spiel einen
Interaktion und Kreativität. Sie sind also kein Spiel                                   ernsthaften Zweck verfolgen kann. Hier ist jedoch
mit vordefinierten Zielen, Gewinnern und Verlierern.                                    der Effekt gemeint, der bei den Lernenden erzeugt
Dadurch wird es möglich, sie als Lernumgebung zu                                        werden soll. Dabei ist davon auszugehen, dass ihnen
verwenden.                                                                              bekannt ist, dass sie sich in einem Serious-Gaming-
    Kommerziell betriebene virtuelle Welten erfreuen                                    Kontext befinden, was somit Auswirkungen auf die
sich vor allem bei jungen Menschen großer Be-                                           Erwartungshaltung an die Applikation hat.
liebtheit. Die Marktforschungs-Firma KZero zählte                                          Der Begriff „Games“ bezieht sich auf den ge-
Ende 2009 etwa 800 Millionen Benutzer/innen in                                          stalterischen Schwerpunkt. Die Lernenden befinden
etwa 300 verschiedenen virtuellen Welten. Die                                           sich in einem Szenario, das von ihnen als spielerisch
meisten davon haben Kinder und Jugendliche als                                          empfunden wird. Im Laufe des Spiels (oder der als
Zielgruppe, aber es gibt auch virtuelle Welten mit                                      Spiel empfundenen Handlung) werden die Inhalte
einem Zielpublikum über 30 Jahren (zum Beispiel                                         der Anwendung auf unterhaltsame und intensive Art
Second Life).                                                                           und Weise erarbeitet. Der Vorteil daran ist, dass
    Es existieren Open-Source-Software-Projekte, mit                                    dieses Nutzungsszenario andere Zugänge zu den
denen man selbst eine virtuelle Welt erstellen kann.                                    Nutzern zulässt, als es zum Beispiel bei einem Buch
Für den Fall einer virtuellen Lernumgebung ist dies                                     oder einem Film möglich ist.
natürlich von Vorteil, weil man die volle Kontrolle
über das System hat und die Kosten geringer sind.                                               Mit	
  Serious	
  Games	
  erarbeiten	
  Lernende	
  in	
  Szenarien,
Das bekannteste dieser Projekte ist das OpenSimu-
lator-Projekt, welches im Wesentlichen die Funktio-
                                                                                           !    die	
   sie	
   als	
   spielerisch	
   empfinden,	
   ernsthahe	
   Themen
                                                                                                bzw.	
  Lerninhalte.
nalität von Second Life nachbildet.

                                                                                                Weiterführende	
  Literatur:
         Weiterführende	
  Links	
  finden	
  Sie	
  in	
  der	
  L3T	
  Gruppe	
  bei      !    ▸ Krause,	
   D.	
   (2008).	
   Serious	
   Games	
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   The	
   State	
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                                                                                                  the	
  Game.	
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  Zusammenhang	
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   Verwendung	
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   Hashtags	
   #l3t
         #virtuellewelt	
  #einfuehrung
                                                                                                  Welten	
  und	
  Web	
  3D.	
  Köln:	
  Pixelpark	
  Agentur.	
  
                                                                                                ▸ Masuch,	
   M.	
   (o.	
   J.).	
   Entwicklung	
   von	
   Computer-­‐
                                                                                                  spielen.	
  URL:	
  h^p://bit.ly/9H5kzK	
  [2010-­‐07-­‐16]


         Reflek<eren	
   Sie	
   vor	
   dem	
   Hintergrund	
   der	
   zuneh-­‐        Konzepte für immersive Lernumgebungen und
  ?      menden	
  Digitalisierung	
  die	
  Vorteile	
  und	
  Nachteile	
  bei
         der	
   Verwendung	
   von	
   Avataren	
   in	
   virtuellen	
   Lernsze-­‐
                                                                                        Lernen in 3D („drei Dimensionen“) werden seit
                                                                                        Ende der 1990er Jahre experimentell erprobt. Die
         narien!                                                                        Anwendung virtueller Welten in sozialen Interakti-
                                                                                        onsprozessen wurde zunächst in ActiveWorlds bezie-
Simula<onen	
  und	
  simulierte	
  Welten.	
  Lernen	
  in	
  immersiven	
  Lernumgebungen—	
  3


hungsweise Edu-Worlds und ab circa 2005 in Second                                     zialen Präsenz, welche sich auf das Vorhandensein
Life, erforscht. Begründen lässt sich das Interesse am                                anderer Personen in der virtuellen Umgebung be-
Lernen in dreidimensionalen Umgebungen sicherlich                                     zieht.
dadurch, dass Lernplattformen beziehungsweise
Lernmanagementsysteme (LMS) nicht in dem Maße                                                Weiterführende	
  Links	
  finden	
  Sie	
  in	
  der	
  L3T	
  Gruppe	
  bei
attraktive und interaktive Lernumgebungen sind, wie
sie versprechen.
                                                                                        !    Mister	
   Wong	
   unter	
   Verwendung	
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   Hashtags	
   #l3t
                                                                                             #virtuellewelt	
  #immersiv
    Eine These bei der Verwendung dreidimensionaler
virtueller Welten ist die mögliche unterstützende                                     Pädagogische	
  und	
  psychologische	
  Grundlagen
Wirkung sogenannter Immersion auf Lernprozesse.                                       Ausschlaggebend beim Lernen mit Simulationen und
Immersionseffekte hängen mit Flow-Erleben (Csiks-                                     simulierten Welten ist die stete Interaktion mit dem
zentmihalyi, 1993) zusammen, werden aber auch im                                      Lernstoff. Gelernt wird in realitätsgetreu nachgebil-
Zusammenhang mit Computerspielsucht genannt                                           deten Umgebungen und mit realen Eingabegeräten.
(Grunewald, 2009).                                                                    Burdea und Coiffet (2003) sprechen von den „drei I“
    Immersion bezeichnet den Grad, in dem Indi-                                       des Lernens mit virtuellen Realitäten: Imagination,
viduen wahrnehmen, dass sie mehr mit ihrer virtu-                                     Immersion und Interaktion. Imagination beschreibt
ellen als mit ihrer realen Umgebung interagieren                                      die Vorstellungskraft und das Einbildungsvermögen
(Guadagno et al., 2007) und beschreibt somit das in-                                  der Lernenden, sich in eine Simulation hineinzuver-
dividuelle Gefühl des „sense of being there“. Be-                                     setzen. Durch Echtzeitvisualisierungen und -reak-
züglich einer virtuellen Realität scheint Immersion                                   tionen des Systems erhalten die Nutzer sofortiges
durch den Grad der Repräsentation der Lernenden                                       Feedback auf ihre Eingaben (Interaktion). Die Infor-
und ihrer Präsenz (Presence) bestimmt zu sein (Davis                                  mationsaufnahme erfolgt zudem multimodal (siehe
et al., 2009; Bredl & Herz, 2010). Ihre Repräsentation                                Abbildung 1), das heißt, mit mehreren Sinnen. Da-
ist dabei geprägt von den Zuständen und dem Er-                                       durch wird ein Gefühl der Immersion erzeugt, also
scheinungsbild ihrer virtuellen Repräsentanten sowie                                  des direkten Einbezogenseins in der simulierten Welt.
ihrer Interaktionsmöglichkeiten (Bouras et al., 2001).                                    Wissen wird in diesen Lernumgebungen nicht vor-
                                                                                      gegeben, sondern explorativ erarbeitet. Dieses entde-
          ▸ Disku<eren	
  Sie	
  die	
  mit	
  der	
  Immersion	
  in	
  virtuellen   ckende Lernen führt zu einer Erweiterung des per-
                                                                                      sönlichen Erfahrungsraumes sowie der Generierung
  ?         Welten	
   zusammenhängenden	
   Phänomene	
   in
            Bezug	
  auf	
  Lernprozesse!                                             und Überprüfung von Hypothesen. Allerdings
          ▸ Was	
  prägt	
  den	
  Grad	
  der	
  Repräsenta<on	
  eines	
  Ler-­‐    können nach Hofmann (2002) die Erkenntnisse aus
            nenden	
  in	
  einer	
  dreidimensionalen	
  virtuellen	
  Um-­‐         diesen Lernprozessen nur dann auf die Realität über-
            gebung?
                                                                                      tragen werden, wenn die eingebauten Komponenten
                                                                                      so wahrheitsgetreu wie möglich simuliert und wahr-
Das Präsenzerleben der Lernenden in 3-D-Umge-                                         genommen werden. Studien zeigen, dass das Lernen
bungen hängt im Wesentlichen mit der Wahrneh-                                         mit Simulationen motivierender und lernförderlicher
mung ihrer eigenen virtuellen Präsenz zusammen.                                       ist als rein textorientierte Lernformen. Diese Lern-
Heeter (1992) spricht unter anderem von einer so-                                     weise resultiert jedoch nicht per se in einer höheren
                                                                                      Qualität beziehungsweise Quantität der kognitiven
                                                                                      Verarbeitung und des Fertigkeitserwerbs. Vielmehr
                                                                                      fühlen sich Nutzer und Nutzerinnen ohne Anleitung
                                                                                      leichter überfordert und verlieren die Lust am Lernen
                                                                                      mit der Simulation. Um dies zu vermeiden sind un-
                                                                                      terstützende Maßnahmen notwendig:
                                                                                      ▸ klare Lernziele, Arbeitsaufträge und Instruktionen,
                                                                                      ▸ permanent verfügbare Hintergrundinformationen
                                                                                          sowie
                                                                                      ▸ Hinweise und Übungen, die zur Reflexion an-
                                                                                          regen, zum Beispiel das Einstellen eines be-
                                                                                          stimmten Zustandes der Simulation.
                                                                                         Diese Techniken sind empirisch überprüft und
      Abbildung	
  1:	
  Multimediale	
  Informationsaufnahme                         haben einen positiven Einfluss auf die Lernmotivati-
4	
  —	
  Lehrbuch	
  für	
  Lernen	
  und	
  Lehren	
  mit	
  Technologien	
  (L3T)


on, die Tiefe der Informationsverarbeitung und den                                          Entwicklungsumgebungen (engl. „integrated deve-
Lernerfolg (weitere Techniken und Verweise auf                                              lopment environments“, IDE) zur Verfügung. Mit
Studien zum Beispiel bei De Jong & van Joolingen,                                           diesen können auf intuitive Weise Inhalte („media
1998).                                                                                      assets“) und Skriptcode bearbeitet werden (zum Bei-
                                                                                            spiel in der Sandbox der CryEngine). Weitere be-
          ▸ Was	
   sind	
   die	
   Prinzipien	
   des	
   Lernens	
   mit	
   Simula-­‐   kannte Beispiele neben der CryEngine der deutschen
                                                                                            Firma Crytek sind die Source-Engine von Valve, die
   ?        <onen	
   und	
   simulierten	
   Welten,	
   die	
   sich	
   hinter	
   den
            drei	
   „I“	
   verbergen?	
   Beschreiben	
   Sie,	
   wie	
   die	
   drei   Quake-Engine von iD Software und die Unreal-
            „I“	
  zusammenhängen!	
                                                        Engine von Epic Games. Es ist möglich, die Bestand-
          ▸ Was	
   wird	
   unter	
   mul<modaler	
   Informa<onsauf-­‐                    teile verschiedener Engines individuell zu kombi-
            nahme	
   verstanden	
   und	
   was	
   könnten	
   Gründe	
   dafür           nieren, indem beispielsweise eine 3-D-Engine (zum
            sein,	
   dass	
   Mul<modalität	
   posi<ve	
   Effekte	
   auf	
   den
            Lernerfolg	
  aufweist?	
  
                                                                                            Beispiel Ogre, Irrlicht) mit einer Physik-Engine (zum
          ▸ Wie	
   könnte	
   die	
   Formulierung	
   eines	
   klaren	
   Lehr-­‐        Beispiel Havoc, Bullet oder ODE) und einer Sound-
            und	
   Lernziels	
   für	
   das	
   Lernen	
   mit	
   einer	
   Simula<on    Engine (zum Beispiel OpenAL) verknüpft werden.
            lauten?	
                                                                           Das OpenSimulator-Projekt ist das bekannteste
                                                                                            Werkzeug, um eigene virtuelle Welten zu erzeugen.
Technische	
  Grundlagen                                                                    Im Gegensatz zu Second Life stellt es eine eigen-
Zur Erzeugung eines Gefühls der Immersion werden                                            ständige und offene Lösung dar. Mit ihr lassen sich
häufig dreidimensionale Darstellungen auf eigentlich                                        Objekte erzeugen, die dann über ein Netzwerk seria-
zweidimensionalen Monitoren genutzt. Dadurch ent-                                           lisiert, das heißt in einer bestimmten Form erhalten
steht bei den Lernenden der subjektive Eindruck                                             oder transportiert werden können.
einer virtuellen Welt, in der sie sich bewegen können.
Der Grad der Einbindung in das Spielgeschehen wird
weiterhin durch verschiedene Stimuli beeinflusst.                                                   ▸ Welche	
   wesentlichen	
   Parameter	
   einer	
   Game
Neben visuellen Eindrücken nutzen Hersteller bei-
spielsweise auch auditive Elemente oder Gamecon-                                              ?       Engine	
  sind	
  unabhängig	
  vom	
  Spieltyp	
  zu	
  erzeugen?
                                                                                                      Welche	
  Parameter	
  werden	
  abhängig	
  vom	
  Spieltyp
troller (Joysticks, Tastatur, Maus, Touchscreen etc.).                                                eingestellt?
Bei der Erstellung von Simulationen und simulierten                                                 ▸ Welche	
   Herausforderungen	
   bestehen	
   bei	
   der	
   Zu-­‐
                                                                                                      sammenstellung	
   von	
   Teams	
   im	
   Rahmen	
   von	
   Se-­‐
Welten sind zudem verschiedene Parameter zu er-                                                       rious-­‐Gaming-­‐Projekten?	
  
zeugen. Dazu gehören
▸ die Umgebungen (level),                                                                   3. Der	
  Einsatz	
  von	
  Simula8onen	
  und	
  simulierten	
  Welten
▸ die Regeln zur Interaktion mit der Umgebung                                               als	
  Lernumgebung
   (zum Beispiel Gravitation, Berührungsmessung,
   physikalische Gesetze),                                                                  Lernen mit Simulationen und simulierten Welten ist
▸ die Regeln zur Aufnahme und Abgabe von Ob-                                                immer dann besonders gut anzuwenden, wenn Pro-
   jekten (zum Beispiel items) und                                                          zesse trainiert werden sollen, in denen Fehlverhalten
▸ das Vorhandensein von Avataren beziehungsweise                                            riskante und lebensbedrohliche Auswirkungen haben
   computergestützten Akteuren (bots).                                                      kann. In einer Simulation trainiert es sich gefahrlos.
                                                                                            Lernende können also problemlos verschiedene Ver-
Soll die Lernumgebung durch mehrere Personen ge-                                            haltensweisen ausprobieren, ohne sich Sorgen über
meinsam genutzt werden, müssen außerdem die In-                                             mögliche Konsequenzen machen zu müssen.
teraktion und die Kommunikation von Avataren si-                                               Ein weiterer wichtiger Aspekt für den Einsatz von
chergestellt werden.                                                                        Simulationen ist die Tatsache, dass Fahrzeuge (zu
   Zur technischen Realisierung werden sogenannte                                           Land, zu Wasser oder in der Luft), Maschinen und
Game Engines genutzt, also Software-Pakete, die die                                         Geräte oft nicht in ausreichender Anzahl für Ausbil-
beschriebenen Funktionalitäten als Programmschnitt-                                         dungszwecke zur Verfügung stehen. Um also den
stelle (engl. „application programming interface“,                                          richtigen Umgang mit ihnen realitätsnah zu trai-
API) bereitstellen. Game Engines gehen über reine 3-                                        nieren, kann daher eine Simulation sogar zwingend
D-Engines hinaus, da sie neben der grafischen Dar-                                          notwendig werden.
stellung beispielsweise auch Module für Sound,                                                 Im Gegensatz zur Realität können simulierte
Physik, Steuerung und Netzwerk beinhalten. Um den                                           Welten bestimmte Dinge sichtbar und damit begreif-
Realisierungsprozess zu vereinfachen, stellen Her-                                          bar machen. Ebenso werden sehr unwahrscheinliche
steller von Game Engines darüber hinaus integrierte
Simula<onen	
  und	
  simulierte	
  Welten.	
  Lernen	
  in	
  immersiven	
  Lernumgebungen—	
  5



  In der Praxis: Virtuelles Teamtraining
  Fahrzeuge	
   und	
   Maschinen	
   sind	
   ohmals	
   von	
   mehreren	
   Per-­‐       und	
  dem	
  We^er	
  (Windrichtung	
  und	
  -­‐stärke,	
  Regen,	
  Schnee,
  sonen	
   zu	
   bedienen.	
   Doch	
   auch	
   Teamarbeit	
   kann	
   in	
   simu-­‐   Tag,	
   Nacht	
   etc.)	
   abhängig.	
   Diese	
   Parameter	
   werden	
   in	
   der	
   Si-­‐
  lierten	
   Welten	
   gelernt	
   und	
   geübt	
   werden.	
   Vorgestellt	
   wird     mula<on	
  nachgebildet,	
  so	
  dass	
  alle	
  auch	
  in	
  der	
  Realität	
  vor-­‐
  hier	
   eine	
   Methode	
   zum	
   virtuellen	
   Teamtraining	
   (Virtual-­‐         kommenden	
  Situa<onen	
  geübt	
  werden	
  können.	
  In	
  welchem
  Reality-­‐Team-­‐Training-­‐System,	
   VTTS,	
   www.vr-­‐team-­‐trai-­‐                 Szenario	
  sich	
  die	
  Lerngruppe	
  befindet,	
  wird	
  vom	
  Trainer	
  ge-­‐
  ner.com),	
   welche	
   die	
   Bremer	
   szenaris	
   GmbH	
   entwickelt	
   hat      steuert,	
  der	
  alle	
  Parameter	
  selbst	
  verändern	
  kann.	
  Lernende
  und	
  mit	
  der	
  eine	
  Gruppe	
  von	
  Lernenden	
  in	
  einer	
  simulierten     sehen	
   dabei	
   alle	
   Brückensysteme	
   jeweils	
   aus	
   ihrer	
   eigenen
  Welt	
  vorkonfigurierte	
  Übungen	
  ausführen	
  kann.	
  Im	
  virtuellen              Perspek<ve	
  (siehe	
  Abbildung	
  3).	
  
  Teamtrainingssystem	
   sind	
   dazu	
   mehrere	
   Arbeitsplätze	
   in
  einem	
   Netzwerk	
   miteinander	
   verbunden,	
   was	
   den	
   Ler-­‐
  nenden	
   das	
   gleichzei<ge	
   Handeln	
   innerhalb	
   eines	
   gemein-­‐
  samen	
   virtuellen	
   Szenarios	
   ermöglicht.	
   Abbildung	
   2 zeigt      	
  
  eine	
  Version	
  des	
  Teamtrainers	
  für	
  vier	
  Lernende	
  –	
  ein	
  Ausbau
  um	
  weitere	
  Arbeitsplätze	
  ist	
  problemlos	
  möglich.




                                                                                              Abbildung	
  3:	
  Blick	
  auf	
  die	
  Amphibie	
  in	
  der	
  virtuellen	
  Welt

                                                                                            Neben	
   der	
   Sicht	
   in	
   die	
   virtuelle	
   Welt	
   verfügt	
   jeder	
   Arbeits-­‐
                                                                                            platz	
  über	
  den	
  originalen	
  Wasserfahrstand	
  mit	
  allen	
  dazuge-­‐
                                                                                            hörigen	
   Bedienelementen,	
   so	
   dass	
   auch	
   die	
   hap<sche
                                                                                            Wahrnehmung	
   der	
   Realität	
   nahezu	
   entspricht.	
   Eine	
   der	
   Lern-­‐
                                                                                            sta<onen	
   ist	
   mit	
   Datenhandschuhen	
   ausgerüstet	
   –	
   so
    Abbildung	
  2:	
  Systemübersicht	
  eines	
  virtuellen	
  Teamtrai-­‐                werden	
  Handbewegungen	
  der	
  Lernenden	
  an	
  diesem	
  Arbeits-­‐
    ningssystems                                                                            platz	
   direkt	
   in	
   das	
   virtuelle	
   Szenario	
   übertragen.	
   Dieses
                                                                                            Teamtrainingssystem	
   wird	
   seit	
   2003	
   für	
   die	
   Ausbildung	
   an
  Die	
   erste	
   Anwendung,	
   die	
   auf	
   dem	
   Teamtrainer	
   installiert      der	
  Amphibie	
  eingesetzt	
  und	
  trägt	
  dazu	
  bei,	
  dass	
  die	
  realen
  wurde,	
   ist	
   das	
   Brücken-­‐	
   und	
   Fährensystem	
   „Amphibie	
   M3“      Fahrzeuge	
   in	
   weitaus	
   geringerem	
   Maße	
   defekt	
   sind	
   als	
   vor
  der	
   Bundeswehr.	
   Dieses	
   muss	
   aus	
   mindestens	
   zwei	
   Fahr-­‐       dem	
   simulierten	
   Einsatz.	
   Dies	
   und	
   die	
   jährlichen	
   Einspa-­‐
  zeugen	
  bestehen,	
  um	
  Fahrzeuge	
  über	
  ein	
  Gewässer	
  überzu-­‐            rungen	
   machen	
   diese	
   Methode	
   somit	
   zu	
   einem	
   sehr	
   erfolg-­‐
  setzen.	
  Dabei	
  ist	
  das	
  Zusammenkuppeln	
  von	
  zwei	
  oder	
  mehr          reichen	
  Simula<onssystem.	
  
  Fahrzeugen	
   zum	
   Beispiel	
   stark	
   von	
   Strömungsverhältnissen



(dennoch mögliche) Szenarien trainierbar. So ergibt                                         sich meist dann, wenn der Erfolg der Simulation
sich aus der Simulation selbst ein Nutzen, der den                                          nicht direkt messbar ist, beispielsweise bei der Simu-
des Lernens in der Realität übersteigen kann.                                               lation von menschlichem Verhalten. Hier ist der Ler-
    Simulationen zeichnen sich durch ihre Kosteneffi-                                       nerfolg erst in der realen, meist lange nach der
zienz aus. Ihre Anschaffungskosten können sich in                                           Schulung auftretenden Situation sichtbar. Weitere
einigen Fällen bereits nach zwei bis drei Jahren amor-                                      Vorteile beim Einsatz von Simulationen sind unter
tisieren, in anderen Fällen erst nach mehreren Jahren                                       anderem:
der Nutzung. Schnelle Amortisierungen ergeben sich                                          ▸ Ungefährlichkeit,
häufig bei Simulationen von Hardware (zum Beispiel                                          ▸ Mobilität,
Fahrzeuge), deren Bedienung sehr oft geschult                                               ▸ kein Materialverschleiß teurer Geräte,
werden muss. Längere Amortisierungszeiten ergeben                                           ▸ keine Schäden an teuren Geräten,
6	
  —	
  Lehrbuch	
  für	
  Lernen	
  und	
  Lehren	
  mit	
  Technologien	
  (L3T)


▸ praxisnahe, realistische Ausbildungssituation und                                    sind. Denn trainiert werden beispielsweise das
▸ Modifikation von Umgebungsvariablen (Wetter,                                         Steuern von Fahr- und Flugzeugen, bis hin zu medi-
  Lichtverhältnisse, Fehlermeldungen von Geräten).                                     zinischen Operationstechniken oder Management-
                                                                                       prozessen. Aus diesem Grund wird das entdeckende
Die möglichen Nachteile beim Einsatz von Simula-                                       Lernen in virtuellen Welten auch als Serious Gaming
tionen sollen nicht unerwähnt bleiben. So können                                       bezeichnet. Die große Chance dieses didaktischen
beispielsweise Schwindelgefühle auftreten, wenn                                        Ansatzes liegt in seiner äußerst positiven Wirkung auf
sichtbare Bewegungen nicht den wahrgenommenen                                          Lernprozesse. Diese werden stärker motiviert und ge-
entsprechen (die so genannte „Simulatorkrankheit“).                                    fördert als in rein textorientierten Lernformen. Aller-
Da die Technik aber inzwischen so weit fortge-                                         dings sind auch beim Lernen mit virtuellen Welten
schritten ist, dass neben Sehen und Hören auch die                                     unterstützende Maßnahmen in Form von klaren
haptische Wahrnehmung angesprochen wird, findet                                        Lehr- und Lernzielen sowie Hintergrundinforma-
man sich noch realer in das virtuelle Geschehen                                        tionen nicht zu vernachlässigen. Simulationen und si-
hinein. So wird dieses „spürbar“ und das Risiko phy-                                   mulierte Welten ermöglichen somit aufgrund ihrer
sischer Einschränkungen noch weiter minimiert.                                         technischen und didaktischen Prinzipien ein realisti-
                                                                                       sches und gleichzeitig ungefährliches Training. Ver-
                                                                                       schiedenste Prozesse und Verhaltensweisen können
        Durch	
   Simula<onen	
   werden	
   gefährliche	
   oder	
   sehr             mit dieser Methode gelernt und geübt werden. Da-
  !     selten	
   auhretende	
   Situa<onen	
   praxisnah	
   und	
   realis-­‐
        <sch	
  trainierbar.
                                                                                       durch ist sie unverzichtbar in der heutigen Aus-, Fort-
                                                                                       und Weiterbildung.
                                                                                       Literatur
        Nennen	
  Sie	
  mindestens	
  zwei	
  Gründe,	
  warum	
  Simula-­‐
  ?     <onen	
   eingesetzt	
   werden!	
   Recherchieren	
   Sie	
   jeweils
        zwei	
   Beispiele	
   für	
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   von	
   Simula<onen
                                                                                       ▸ Bouras, C.; Triantafillou, V. & Tsiatsos, T. (2001). Aspects of a
                                                                                         collaborative learning environment using distributed virtual en-
        als	
  Lernumgebung!                                                             vironments. Paper presented at ED-MEDIA 2001 Conference,
                                                                                         Tampere, Finnland. URL:
4. 	
  Zentrale	
  Erkenntnisse                                                          http://ru6.cti.gr/ru6/publications/2021615.pdf [2010-07-11].
                                                                                       ▸ Bredl, K. & Herz, D. (2010). Immersion in virtuellen Wissens-
Grundlage des Lernens mit Simulation und simu-                                           welten. In: T. Hug & R. Maier (Hrsg.), Medien - Wissen -
lierten Welten ist das Handeln in virtuellen, dreidi-                                    Bildung: Explorationen visualisierter und kollaborativer Wis-
mensionalen Umgebungen in Echtzeit. Mit Hilfe ver-                                       sensräume, Innsbruck: Innsbruck Universitiy Press, 212-224.
schiedener technischer Komponenten, sogenannten                                        ▸ Burdea, G. C. & Coiffet, P. (2003). Virtual Reality Technology.
Game-Controller, steuern Lernende ihren Avatar be-                                       Hoboken (NJ): Wiley.
ziehungsweise virtuelle Fahrzeuge, Maschinen oder                                      ▸ Csikszentmihalyi, M. (1993). Das Flow-Erlebnis. Stuttgart:
Geräte. Tastatur und Maus, aber auch Joysticks,                                          Klett-Cotta.
Touchscreens sowie Original-Bediengeräte kommen                                        ▸ Davis, A.; Murphy, J.; Dawn, O.; Deepak, K. & Zigurs, I.
dabei zum Einsatz. Zentral in der technischen Um-                                        (2009). Avatars, People, and Virtual Worlds: Foundations for
setzung von Simulationen ist nicht nur der Einbezug                                      Research in Metaverses. Journal of the Association for Infor-
visueller und auditiver Elemente, sondern vielmehr                                       mation Systems, 10 (2), Artikel 2, URL:
die exakte physische Nachbildung realistischer Pro-                                      http://aisel.aisnet.org/jais/vol10/iss2/1 [2010-07-11].
zesse mit Hilfe von Game Engines oder dem Einbau                                       ▸ De Jong, T. & van Joolingen, W. R. (1998). Scientific discovery
hydraulischer Komponenten. Diese technischen Ge-                                         learning with computer simulations of conceptual domains.
staltungsprinzipien sind es, die ein Gefühl des di-                                      Review of Educational Research, 68 (2), 179-202.
rekten Einbezogenseins in der virtuellen Welt er-                                      ▸ Grunewald, M. (2009). Ausflüge in virtuelle Welten - eine Dar-
zeugen und somit positiv auf Lernprozesse wirken.                                        stellung der Internet-Spielwelten von Second Life, World of
Der Fokus dieses Lernwegs liegt dabei stets auf der                                      Warcraft und Counter-Strike. In: J. Hardt; U. Cramer-Düchner;
Interaktion mit dem Lernstoff, denn dieser wird in                                       M. Ochs (Hrsg.), Verloren in virtuellen Welten. Computerspiel-
der virtuellen Umgebung spielerisch entdeckt und er-                                     sucht im Spannungsfeld von Psychotherapie und Pädagogik,
forscht. Lernende können also problemlos Verhal-                                         Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 44-67.
tensweisen ausprobieren, ohne sich Sorgen über                                         ▸ Guadagno, R.E.; Blascovich, J.; Bailenson, J.N. & McCall, C.
mögliche Konsequenzen zu machen. Obwohl die                                              (2007). Virtual humans and persuasion: The effects of agency
präsentierten Szenarien als spielerisch empfunden                                        and behavioral realism. Media Psychology, 10 (1), 1-22.
werden, sind es ernsthafte Inhalte, die zu erarbeiten
Simula<onen	
  und	
  simulierte	
  Welten.	
  Lernen	
  in	
  immersiven	
  Lernumgebungen—	
  7


▸ Heeter, C. (1992). Being There: The Subjective Experience of         Reality-Anwendungen für den industriellen Einsatz. Wies-
  Presence. URL:                                                       baden: Deutscher Universitäts-Verlag.
  http://commtechlab.msu.edu/randd/research/beingthere.html          ▸ Urhahne, D. & Harms, U. (2006). Instruktionale Unterstützung
  [2010-07-10].                                                        beim Lernen mit Computersimulationen. Instructional Support
▸ Hofmann, J. (2002). Raumwahrnehmung in virtuellen Umge-              for Learning with Computer Simulations. Unterrichtswissen-
  bungen: Der Einfluss des Präsenzempfindens in Virtual                schaft, 34, 358-377.

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Simulationen und simulierte Welten - Lernen in immersiven Lernumgebungen

  • 1.
  • 2. 2  —  Lehrbuch  für  Lernen  und  Lehren  mit  Technologien  (L3T) 2. Grundlage  des  Lernens  mit  Simula8onen  und  simu-­‐ 1. Einführung lierten  Welten Virtuelle Welten sind eine spezielle Art sozialer Netz- Begrifflichkeiten werke, in denen die Benutzer als sogenannte Avatare (eine Art Spielfigur) in einer virtuellen, dreidimensio- Der Begriff Serious Games, dessen deutsche Über- nalen Umgebung dargestellt werden. Mittels Chat setzungen (zum Beispiel „Digitales Lernspiel“) zu- oder Voice Chat kommunizieren diese Avatare in meist nicht seinen vollen Bedeutungsumfang er- Echtzeit miteinander. Sie können mit der virtuellen fassen, bezeichnet Anwendungen, die ernsthafte Umgebung interagieren (zum Beispiel einen Raum Themen beziehungsweise Lerninhalte vermitteln. betreten oder sich auf einen Stuhl setzen) und in Dazu bedienen sie sich der unterhaltenden Elemente manchen Systemen auch die Umgebung modifizieren und gängigen Mechanismen von Computerspielen. (zum Beispiel Geräte bedienen). Anwendungstypen wie Simulationen, Edutainment Im Gegensatz zu den meisten anderen sozialen (unterhaltsames Lernen) und Advergames (Werbe- Netzwerken bleiben die Benutzer hinter den Avataren spiele) können als Serious Games zusammengefasst üblicherweise anonym. Von den sogenannten wer-den. MMOG (Massively Multiplayer Online Games), die Der Begriff „Serious“ bezieht sich auf den in- eine ähnliche Technologie verwenden, unterscheiden haltlichen Schwerpunkt, das heißt die „Ernsthaf- sich virtuelle Welten darin, dass sie offener im Ver- tigkeit“ einer Simulationsumgebung. Das bedeutet wendungszweck sind, mit einem gewissen Fokus auf nicht, dass nicht auch ein kommerzielles Spiel einen Interaktion und Kreativität. Sie sind also kein Spiel ernsthaften Zweck verfolgen kann. Hier ist jedoch mit vordefinierten Zielen, Gewinnern und Verlierern. der Effekt gemeint, der bei den Lernenden erzeugt Dadurch wird es möglich, sie als Lernumgebung zu werden soll. Dabei ist davon auszugehen, dass ihnen verwenden. bekannt ist, dass sie sich in einem Serious-Gaming- Kommerziell betriebene virtuelle Welten erfreuen Kontext befinden, was somit Auswirkungen auf die sich vor allem bei jungen Menschen großer Be- Erwartungshaltung an die Applikation hat. liebtheit. Die Marktforschungs-Firma KZero zählte Der Begriff „Games“ bezieht sich auf den ge- Ende 2009 etwa 800 Millionen Benutzer/innen in stalterischen Schwerpunkt. Die Lernenden befinden etwa 300 verschiedenen virtuellen Welten. Die sich in einem Szenario, das von ihnen als spielerisch meisten davon haben Kinder und Jugendliche als empfunden wird. Im Laufe des Spiels (oder der als Zielgruppe, aber es gibt auch virtuelle Welten mit Spiel empfundenen Handlung) werden die Inhalte einem Zielpublikum über 30 Jahren (zum Beispiel der Anwendung auf unterhaltsame und intensive Art Second Life). und Weise erarbeitet. Der Vorteil daran ist, dass Es existieren Open-Source-Software-Projekte, mit dieses Nutzungsszenario andere Zugänge zu den denen man selbst eine virtuelle Welt erstellen kann. Nutzern zulässt, als es zum Beispiel bei einem Buch Für den Fall einer virtuellen Lernumgebung ist dies oder einem Film möglich ist. natürlich von Vorteil, weil man die volle Kontrolle über das System hat und die Kosten geringer sind. Mit  Serious  Games  erarbeiten  Lernende  in  Szenarien, Das bekannteste dieser Projekte ist das OpenSimu- lator-Projekt, welches im Wesentlichen die Funktio- ! die   sie   als   spielerisch   empfinden,   ernsthahe   Themen bzw.  Lerninhalte. nalität von Second Life nachbildet. Weiterführende  Literatur: Weiterführende  Links  finden  Sie  in  der  L3T  Gruppe  bei ! ▸ Krause,   D.   (2008).   Serious   Games   -­‐   The   State   of the  Game.  Der  Zusammenhang  zwischen  virtuellen ! Mister   Wong   unter   Verwendung   der   Hashtags   #l3t #virtuellewelt  #einfuehrung Welten  und  Web  3D.  Köln:  Pixelpark  Agentur.   ▸ Masuch,   M.   (o.   J.).   Entwicklung   von   Computer-­‐ spielen.  URL:  h^p://bit.ly/9H5kzK  [2010-­‐07-­‐16] Reflek<eren   Sie   vor   dem   Hintergrund   der   zuneh-­‐ Konzepte für immersive Lernumgebungen und ? menden  Digitalisierung  die  Vorteile  und  Nachteile  bei der   Verwendung   von   Avataren   in   virtuellen   Lernsze-­‐ Lernen in 3D („drei Dimensionen“) werden seit Ende der 1990er Jahre experimentell erprobt. Die narien! Anwendung virtueller Welten in sozialen Interakti- onsprozessen wurde zunächst in ActiveWorlds bezie-
  • 3. Simula<onen  und  simulierte  Welten.  Lernen  in  immersiven  Lernumgebungen—  3 hungsweise Edu-Worlds und ab circa 2005 in Second zialen Präsenz, welche sich auf das Vorhandensein Life, erforscht. Begründen lässt sich das Interesse am anderer Personen in der virtuellen Umgebung be- Lernen in dreidimensionalen Umgebungen sicherlich zieht. dadurch, dass Lernplattformen beziehungsweise Lernmanagementsysteme (LMS) nicht in dem Maße Weiterführende  Links  finden  Sie  in  der  L3T  Gruppe  bei attraktive und interaktive Lernumgebungen sind, wie sie versprechen. ! Mister   Wong   unter   Verwendung   der   Hashtags   #l3t #virtuellewelt  #immersiv Eine These bei der Verwendung dreidimensionaler virtueller Welten ist die mögliche unterstützende Pädagogische  und  psychologische  Grundlagen Wirkung sogenannter Immersion auf Lernprozesse. Ausschlaggebend beim Lernen mit Simulationen und Immersionseffekte hängen mit Flow-Erleben (Csiks- simulierten Welten ist die stete Interaktion mit dem zentmihalyi, 1993) zusammen, werden aber auch im Lernstoff. Gelernt wird in realitätsgetreu nachgebil- Zusammenhang mit Computerspielsucht genannt deten Umgebungen und mit realen Eingabegeräten. (Grunewald, 2009). Burdea und Coiffet (2003) sprechen von den „drei I“ Immersion bezeichnet den Grad, in dem Indi- des Lernens mit virtuellen Realitäten: Imagination, viduen wahrnehmen, dass sie mehr mit ihrer virtu- Immersion und Interaktion. Imagination beschreibt ellen als mit ihrer realen Umgebung interagieren die Vorstellungskraft und das Einbildungsvermögen (Guadagno et al., 2007) und beschreibt somit das in- der Lernenden, sich in eine Simulation hineinzuver- dividuelle Gefühl des „sense of being there“. Be- setzen. Durch Echtzeitvisualisierungen und -reak- züglich einer virtuellen Realität scheint Immersion tionen des Systems erhalten die Nutzer sofortiges durch den Grad der Repräsentation der Lernenden Feedback auf ihre Eingaben (Interaktion). Die Infor- und ihrer Präsenz (Presence) bestimmt zu sein (Davis mationsaufnahme erfolgt zudem multimodal (siehe et al., 2009; Bredl & Herz, 2010). Ihre Repräsentation Abbildung 1), das heißt, mit mehreren Sinnen. Da- ist dabei geprägt von den Zuständen und dem Er- durch wird ein Gefühl der Immersion erzeugt, also scheinungsbild ihrer virtuellen Repräsentanten sowie des direkten Einbezogenseins in der simulierten Welt. ihrer Interaktionsmöglichkeiten (Bouras et al., 2001). Wissen wird in diesen Lernumgebungen nicht vor- gegeben, sondern explorativ erarbeitet. Dieses entde- ▸ Disku<eren  Sie  die  mit  der  Immersion  in  virtuellen ckende Lernen führt zu einer Erweiterung des per- sönlichen Erfahrungsraumes sowie der Generierung ? Welten   zusammenhängenden   Phänomene   in Bezug  auf  Lernprozesse! und Überprüfung von Hypothesen. Allerdings ▸ Was  prägt  den  Grad  der  Repräsenta<on  eines  Ler-­‐ können nach Hofmann (2002) die Erkenntnisse aus nenden  in  einer  dreidimensionalen  virtuellen  Um-­‐ diesen Lernprozessen nur dann auf die Realität über- gebung? tragen werden, wenn die eingebauten Komponenten so wahrheitsgetreu wie möglich simuliert und wahr- Das Präsenzerleben der Lernenden in 3-D-Umge- genommen werden. Studien zeigen, dass das Lernen bungen hängt im Wesentlichen mit der Wahrneh- mit Simulationen motivierender und lernförderlicher mung ihrer eigenen virtuellen Präsenz zusammen. ist als rein textorientierte Lernformen. Diese Lern- Heeter (1992) spricht unter anderem von einer so- weise resultiert jedoch nicht per se in einer höheren Qualität beziehungsweise Quantität der kognitiven Verarbeitung und des Fertigkeitserwerbs. Vielmehr fühlen sich Nutzer und Nutzerinnen ohne Anleitung leichter überfordert und verlieren die Lust am Lernen mit der Simulation. Um dies zu vermeiden sind un- terstützende Maßnahmen notwendig: ▸ klare Lernziele, Arbeitsaufträge und Instruktionen, ▸ permanent verfügbare Hintergrundinformationen sowie ▸ Hinweise und Übungen, die zur Reflexion an- regen, zum Beispiel das Einstellen eines be- stimmten Zustandes der Simulation. Diese Techniken sind empirisch überprüft und Abbildung  1:  Multimediale  Informationsaufnahme haben einen positiven Einfluss auf die Lernmotivati-
  • 4. 4  —  Lehrbuch  für  Lernen  und  Lehren  mit  Technologien  (L3T) on, die Tiefe der Informationsverarbeitung und den Entwicklungsumgebungen (engl. „integrated deve- Lernerfolg (weitere Techniken und Verweise auf lopment environments“, IDE) zur Verfügung. Mit Studien zum Beispiel bei De Jong & van Joolingen, diesen können auf intuitive Weise Inhalte („media 1998). assets“) und Skriptcode bearbeitet werden (zum Bei- spiel in der Sandbox der CryEngine). Weitere be- ▸ Was   sind   die   Prinzipien   des   Lernens   mit   Simula-­‐ kannte Beispiele neben der CryEngine der deutschen Firma Crytek sind die Source-Engine von Valve, die ? <onen   und   simulierten   Welten,   die   sich   hinter   den drei   „I“   verbergen?   Beschreiben   Sie,   wie   die   drei Quake-Engine von iD Software und die Unreal- „I“  zusammenhängen!   Engine von Epic Games. Es ist möglich, die Bestand- ▸ Was   wird   unter   mul<modaler   Informa<onsauf-­‐ teile verschiedener Engines individuell zu kombi- nahme   verstanden   und   was   könnten   Gründe   dafür nieren, indem beispielsweise eine 3-D-Engine (zum sein,   dass   Mul<modalität   posi<ve   Effekte   auf   den Lernerfolg  aufweist?   Beispiel Ogre, Irrlicht) mit einer Physik-Engine (zum ▸ Wie   könnte   die   Formulierung   eines   klaren   Lehr-­‐ Beispiel Havoc, Bullet oder ODE) und einer Sound- und   Lernziels   für   das   Lernen   mit   einer   Simula<on Engine (zum Beispiel OpenAL) verknüpft werden. lauten?   Das OpenSimulator-Projekt ist das bekannteste Werkzeug, um eigene virtuelle Welten zu erzeugen. Technische  Grundlagen Im Gegensatz zu Second Life stellt es eine eigen- Zur Erzeugung eines Gefühls der Immersion werden ständige und offene Lösung dar. Mit ihr lassen sich häufig dreidimensionale Darstellungen auf eigentlich Objekte erzeugen, die dann über ein Netzwerk seria- zweidimensionalen Monitoren genutzt. Dadurch ent- lisiert, das heißt in einer bestimmten Form erhalten steht bei den Lernenden der subjektive Eindruck oder transportiert werden können. einer virtuellen Welt, in der sie sich bewegen können. Der Grad der Einbindung in das Spielgeschehen wird weiterhin durch verschiedene Stimuli beeinflusst. ▸ Welche   wesentlichen   Parameter   einer   Game Neben visuellen Eindrücken nutzen Hersteller bei- spielsweise auch auditive Elemente oder Gamecon- ? Engine  sind  unabhängig  vom  Spieltyp  zu  erzeugen? Welche  Parameter  werden  abhängig  vom  Spieltyp troller (Joysticks, Tastatur, Maus, Touchscreen etc.). eingestellt? Bei der Erstellung von Simulationen und simulierten ▸ Welche   Herausforderungen   bestehen   bei   der   Zu-­‐ sammenstellung   von   Teams   im   Rahmen   von   Se-­‐ Welten sind zudem verschiedene Parameter zu er- rious-­‐Gaming-­‐Projekten?   zeugen. Dazu gehören ▸ die Umgebungen (level), 3. Der  Einsatz  von  Simula8onen  und  simulierten  Welten ▸ die Regeln zur Interaktion mit der Umgebung als  Lernumgebung (zum Beispiel Gravitation, Berührungsmessung, physikalische Gesetze), Lernen mit Simulationen und simulierten Welten ist ▸ die Regeln zur Aufnahme und Abgabe von Ob- immer dann besonders gut anzuwenden, wenn Pro- jekten (zum Beispiel items) und zesse trainiert werden sollen, in denen Fehlverhalten ▸ das Vorhandensein von Avataren beziehungsweise riskante und lebensbedrohliche Auswirkungen haben computergestützten Akteuren (bots). kann. In einer Simulation trainiert es sich gefahrlos. Lernende können also problemlos verschiedene Ver- Soll die Lernumgebung durch mehrere Personen ge- haltensweisen ausprobieren, ohne sich Sorgen über meinsam genutzt werden, müssen außerdem die In- mögliche Konsequenzen machen zu müssen. teraktion und die Kommunikation von Avataren si- Ein weiterer wichtiger Aspekt für den Einsatz von chergestellt werden. Simulationen ist die Tatsache, dass Fahrzeuge (zu Zur technischen Realisierung werden sogenannte Land, zu Wasser oder in der Luft), Maschinen und Game Engines genutzt, also Software-Pakete, die die Geräte oft nicht in ausreichender Anzahl für Ausbil- beschriebenen Funktionalitäten als Programmschnitt- dungszwecke zur Verfügung stehen. Um also den stelle (engl. „application programming interface“, richtigen Umgang mit ihnen realitätsnah zu trai- API) bereitstellen. Game Engines gehen über reine 3- nieren, kann daher eine Simulation sogar zwingend D-Engines hinaus, da sie neben der grafischen Dar- notwendig werden. stellung beispielsweise auch Module für Sound, Im Gegensatz zur Realität können simulierte Physik, Steuerung und Netzwerk beinhalten. Um den Welten bestimmte Dinge sichtbar und damit begreif- Realisierungsprozess zu vereinfachen, stellen Her- bar machen. Ebenso werden sehr unwahrscheinliche steller von Game Engines darüber hinaus integrierte
  • 5. Simula<onen  und  simulierte  Welten.  Lernen  in  immersiven  Lernumgebungen—  5 In der Praxis: Virtuelles Teamtraining Fahrzeuge   und   Maschinen   sind   ohmals   von   mehreren   Per-­‐ und  dem  We^er  (Windrichtung  und  -­‐stärke,  Regen,  Schnee, sonen   zu   bedienen.   Doch   auch   Teamarbeit   kann   in   simu-­‐ Tag,   Nacht   etc.)   abhängig.   Diese   Parameter   werden   in   der   Si-­‐ lierten   Welten   gelernt   und   geübt   werden.   Vorgestellt   wird mula<on  nachgebildet,  so  dass  alle  auch  in  der  Realität  vor-­‐ hier   eine   Methode   zum   virtuellen   Teamtraining   (Virtual-­‐ kommenden  Situa<onen  geübt  werden  können.  In  welchem Reality-­‐Team-­‐Training-­‐System,   VTTS,   www.vr-­‐team-­‐trai-­‐ Szenario  sich  die  Lerngruppe  befindet,  wird  vom  Trainer  ge-­‐ ner.com),   welche   die   Bremer   szenaris   GmbH   entwickelt   hat steuert,  der  alle  Parameter  selbst  verändern  kann.  Lernende und  mit  der  eine  Gruppe  von  Lernenden  in  einer  simulierten sehen   dabei   alle   Brückensysteme   jeweils   aus   ihrer   eigenen Welt  vorkonfigurierte  Übungen  ausführen  kann.  Im  virtuellen Perspek<ve  (siehe  Abbildung  3).   Teamtrainingssystem   sind   dazu   mehrere   Arbeitsplätze   in einem   Netzwerk   miteinander   verbunden,   was   den   Ler-­‐ nenden   das   gleichzei<ge   Handeln   innerhalb   eines   gemein-­‐ samen   virtuellen   Szenarios   ermöglicht.   Abbildung   2 zeigt   eine  Version  des  Teamtrainers  für  vier  Lernende  –  ein  Ausbau um  weitere  Arbeitsplätze  ist  problemlos  möglich. Abbildung  3:  Blick  auf  die  Amphibie  in  der  virtuellen  Welt Neben   der   Sicht   in   die   virtuelle   Welt   verfügt   jeder   Arbeits-­‐ platz  über  den  originalen  Wasserfahrstand  mit  allen  dazuge-­‐ hörigen   Bedienelementen,   so   dass   auch   die   hap<sche Wahrnehmung   der   Realität   nahezu   entspricht.   Eine   der   Lern-­‐ sta<onen   ist   mit   Datenhandschuhen   ausgerüstet   –   so Abbildung  2:  Systemübersicht  eines  virtuellen  Teamtrai-­‐ werden  Handbewegungen  der  Lernenden  an  diesem  Arbeits-­‐ ningssystems platz   direkt   in   das   virtuelle   Szenario   übertragen.   Dieses Teamtrainingssystem   wird   seit   2003   für   die   Ausbildung   an Die   erste   Anwendung,   die   auf   dem   Teamtrainer   installiert der  Amphibie  eingesetzt  und  trägt  dazu  bei,  dass  die  realen wurde,   ist   das   Brücken-­‐   und   Fährensystem   „Amphibie   M3“ Fahrzeuge   in   weitaus   geringerem   Maße   defekt   sind   als   vor der   Bundeswehr.   Dieses   muss   aus   mindestens   zwei   Fahr-­‐ dem   simulierten   Einsatz.   Dies   und   die   jährlichen   Einspa-­‐ zeugen  bestehen,  um  Fahrzeuge  über  ein  Gewässer  überzu-­‐ rungen   machen   diese   Methode   somit   zu   einem   sehr   erfolg-­‐ setzen.  Dabei  ist  das  Zusammenkuppeln  von  zwei  oder  mehr reichen  Simula<onssystem.   Fahrzeugen   zum   Beispiel   stark   von   Strömungsverhältnissen (dennoch mögliche) Szenarien trainierbar. So ergibt sich meist dann, wenn der Erfolg der Simulation sich aus der Simulation selbst ein Nutzen, der den nicht direkt messbar ist, beispielsweise bei der Simu- des Lernens in der Realität übersteigen kann. lation von menschlichem Verhalten. Hier ist der Ler- Simulationen zeichnen sich durch ihre Kosteneffi- nerfolg erst in der realen, meist lange nach der zienz aus. Ihre Anschaffungskosten können sich in Schulung auftretenden Situation sichtbar. Weitere einigen Fällen bereits nach zwei bis drei Jahren amor- Vorteile beim Einsatz von Simulationen sind unter tisieren, in anderen Fällen erst nach mehreren Jahren anderem: der Nutzung. Schnelle Amortisierungen ergeben sich ▸ Ungefährlichkeit, häufig bei Simulationen von Hardware (zum Beispiel ▸ Mobilität, Fahrzeuge), deren Bedienung sehr oft geschult ▸ kein Materialverschleiß teurer Geräte, werden muss. Längere Amortisierungszeiten ergeben ▸ keine Schäden an teuren Geräten,
  • 6. 6  —  Lehrbuch  für  Lernen  und  Lehren  mit  Technologien  (L3T) ▸ praxisnahe, realistische Ausbildungssituation und sind. Denn trainiert werden beispielsweise das ▸ Modifikation von Umgebungsvariablen (Wetter, Steuern von Fahr- und Flugzeugen, bis hin zu medi- Lichtverhältnisse, Fehlermeldungen von Geräten). zinischen Operationstechniken oder Management- prozessen. Aus diesem Grund wird das entdeckende Die möglichen Nachteile beim Einsatz von Simula- Lernen in virtuellen Welten auch als Serious Gaming tionen sollen nicht unerwähnt bleiben. So können bezeichnet. Die große Chance dieses didaktischen beispielsweise Schwindelgefühle auftreten, wenn Ansatzes liegt in seiner äußerst positiven Wirkung auf sichtbare Bewegungen nicht den wahrgenommenen Lernprozesse. Diese werden stärker motiviert und ge- entsprechen (die so genannte „Simulatorkrankheit“). fördert als in rein textorientierten Lernformen. Aller- Da die Technik aber inzwischen so weit fortge- dings sind auch beim Lernen mit virtuellen Welten schritten ist, dass neben Sehen und Hören auch die unterstützende Maßnahmen in Form von klaren haptische Wahrnehmung angesprochen wird, findet Lehr- und Lernzielen sowie Hintergrundinforma- man sich noch realer in das virtuelle Geschehen tionen nicht zu vernachlässigen. Simulationen und si- hinein. So wird dieses „spürbar“ und das Risiko phy- mulierte Welten ermöglichen somit aufgrund ihrer sischer Einschränkungen noch weiter minimiert. technischen und didaktischen Prinzipien ein realisti- sches und gleichzeitig ungefährliches Training. Ver- schiedenste Prozesse und Verhaltensweisen können Durch   Simula<onen   werden   gefährliche   oder   sehr mit dieser Methode gelernt und geübt werden. Da- ! selten   auhretende   Situa<onen   praxisnah   und   realis-­‐ <sch  trainierbar. durch ist sie unverzichtbar in der heutigen Aus-, Fort- und Weiterbildung. Literatur Nennen  Sie  mindestens  zwei  Gründe,  warum  Simula-­‐ ? <onen   eingesetzt   werden!   Recherchieren   Sie   jeweils zwei   Beispiele   für   Einsatzbereiche   von   Simula<onen ▸ Bouras, C.; Triantafillou, V. & Tsiatsos, T. (2001). Aspects of a collaborative learning environment using distributed virtual en- als  Lernumgebung! vironments. Paper presented at ED-MEDIA 2001 Conference, Tampere, Finnland. URL: 4.  Zentrale  Erkenntnisse http://ru6.cti.gr/ru6/publications/2021615.pdf [2010-07-11]. ▸ Bredl, K. & Herz, D. (2010). Immersion in virtuellen Wissens- Grundlage des Lernens mit Simulation und simu- welten. In: T. Hug & R. Maier (Hrsg.), Medien - Wissen - lierten Welten ist das Handeln in virtuellen, dreidi- Bildung: Explorationen visualisierter und kollaborativer Wis- mensionalen Umgebungen in Echtzeit. Mit Hilfe ver- sensräume, Innsbruck: Innsbruck Universitiy Press, 212-224. schiedener technischer Komponenten, sogenannten ▸ Burdea, G. C. & Coiffet, P. (2003). Virtual Reality Technology. Game-Controller, steuern Lernende ihren Avatar be- Hoboken (NJ): Wiley. ziehungsweise virtuelle Fahrzeuge, Maschinen oder ▸ Csikszentmihalyi, M. (1993). Das Flow-Erlebnis. Stuttgart: Geräte. Tastatur und Maus, aber auch Joysticks, Klett-Cotta. Touchscreens sowie Original-Bediengeräte kommen ▸ Davis, A.; Murphy, J.; Dawn, O.; Deepak, K. & Zigurs, I. dabei zum Einsatz. Zentral in der technischen Um- (2009). Avatars, People, and Virtual Worlds: Foundations for setzung von Simulationen ist nicht nur der Einbezug Research in Metaverses. Journal of the Association for Infor- visueller und auditiver Elemente, sondern vielmehr mation Systems, 10 (2), Artikel 2, URL: die exakte physische Nachbildung realistischer Pro- http://aisel.aisnet.org/jais/vol10/iss2/1 [2010-07-11]. zesse mit Hilfe von Game Engines oder dem Einbau ▸ De Jong, T. & van Joolingen, W. R. (1998). Scientific discovery hydraulischer Komponenten. Diese technischen Ge- learning with computer simulations of conceptual domains. staltungsprinzipien sind es, die ein Gefühl des di- Review of Educational Research, 68 (2), 179-202. rekten Einbezogenseins in der virtuellen Welt er- ▸ Grunewald, M. (2009). Ausflüge in virtuelle Welten - eine Dar- zeugen und somit positiv auf Lernprozesse wirken. stellung der Internet-Spielwelten von Second Life, World of Der Fokus dieses Lernwegs liegt dabei stets auf der Warcraft und Counter-Strike. In: J. Hardt; U. Cramer-Düchner; Interaktion mit dem Lernstoff, denn dieser wird in M. Ochs (Hrsg.), Verloren in virtuellen Welten. Computerspiel- der virtuellen Umgebung spielerisch entdeckt und er- sucht im Spannungsfeld von Psychotherapie und Pädagogik, forscht. Lernende können also problemlos Verhal- Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 44-67. tensweisen ausprobieren, ohne sich Sorgen über ▸ Guadagno, R.E.; Blascovich, J.; Bailenson, J.N. & McCall, C. mögliche Konsequenzen zu machen. Obwohl die (2007). Virtual humans and persuasion: The effects of agency präsentierten Szenarien als spielerisch empfunden and behavioral realism. Media Psychology, 10 (1), 1-22. werden, sind es ernsthafte Inhalte, die zu erarbeiten
  • 7. Simula<onen  und  simulierte  Welten.  Lernen  in  immersiven  Lernumgebungen—  7 ▸ Heeter, C. (1992). Being There: The Subjective Experience of Reality-Anwendungen für den industriellen Einsatz. Wies- Presence. URL: baden: Deutscher Universitäts-Verlag. http://commtechlab.msu.edu/randd/research/beingthere.html ▸ Urhahne, D. & Harms, U. (2006). Instruktionale Unterstützung [2010-07-10]. beim Lernen mit Computersimulationen. Instructional Support ▸ Hofmann, J. (2002). Raumwahrnehmung in virtuellen Umge- for Learning with Computer Simulations. Unterrichtswissen- bungen: Der Einfluss des Präsenzempfindens in Virtual schaft, 34, 358-377.