Stress von Jugendlichen: erkennen, vorbeugen und handeln
Wenn reden nicht hilft - Paula Bartholomeus
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Wenn reden nicht hilft ...
Illustration: Atelier Frank van der Hoeven www.frankvanderhoeven.nl
ReAttach-Methode
Paula Weerkamp-Bartholomeus
(Mitglieder der Niederländische Vereinigung von Pädagogen und Erziehern)
Deutsche Übersetzung: Bärbel Renaud
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Vorwort
Sehr geehrter Leser, sehr geehrte Leserin,
wir sind es gewohnt, über Ereignisse, die uns beschäftigen, zu reden. Normalerweise stehen
wir nicht still bei der Art und Weise, in der wir diese Ereignisse verarbeiten. Wenn die
Verarbeitung behindert wird, merken wir, dass diese Ereignisse aus der Vergangenheit unser
Funktionieren immer wieder beeinträchtigen. Es gelingt zum Beispiel nicht, Dinge loszulassen.
Es belastet uns, wenn wir buchstäblich ‚voll‘ sind mit unverarbeiteter Information.
Bei psychologischer Begleitung wird häufig viel geredet. Es gibt aber auch körperbezogene
Therapien und kreative Therapien, bei denen das Sprechen über Probleme in geringerem
Maße benötigt wird. ReAttach ist so eine Form von Begleitung, bei der Sie nicht zu reden
brauchen. Dies ist angenehm, wenn es Ihnen Mühe bereitet zu erzählen was Sie belastet, und
ebenfalls geeignet, wenn Sie nicht in Worte fassen können was genau mit ihnen los ist.
Mit ReAttach wird Ihnen geholfen, Fakten, Eindrücke und Ereignisse ins Gedächtnis zu rufen,
um sie dann auf eine schnelle Weise so zu verarbeiten, dass sie nicht mehr als Last empfunden
werden.
ReAttach richtet sich nicht auf den Inhalt der Information sondern auf den Prozess selber. Der
Sinn ist, dass Sie zuhören welche Denkaufgaben Ihnen gestellt werden. Die Einsichten, die
dadurch entstehen, dass Sie den Informationen (Fakten, Eindrücken und Ereignissen) einen
Platz geben können, sind Ihre selbst erworbenen Einsichten.
Paula Weerkamp-Bartholomeus
ReAttach Therapy Institute
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Theoretische Verantwortung
ReAttach ist eine Methode, die in der heilpädagogischen Praxis entwickelt wurde.
Heilpädagogen beschäftigen sich mit Erziehung und Entwicklung. Ihr Ziel ist es, optimale
Entwicklungschancen für Menschen zu kreieren, die in einer besonderen Weise im Leben
stehen. Bindung spielt hierbei eine wesentliche Rolle.
Die angewandte Methode basiert auf der Art und Weise, in der sehr junge Kinder ihre
Emotionen verarbeiten. Die Bindungsbeziehung bildet die Basis für die Entwicklung von
adaptiven, emotionsregulierenden Fähigkeiten. Untersuchungen zeigen, dass die An- oder
Abwesenheit einer primären Bindungsperson mit der Reaktion des autonomen Nervensystems
(A.N.S. − autonomic nervous system) in Verbindung gebracht werden kann, hauptsächlich
während stressvoller Ereignisse (Gillissen et al. 2007; Oosterman & Schuengel 2007a, b;
Stevenson-Hinde & Marshall 1999).
Wenn ein Kind Stress, Angst oder Unwohlsein erfährt, reagiert es - aus seinem
Verhaltenssystem heraus - auf verbale oder non-verbale Weise, um Nähe zu seiner
Bindungsperson zu bekommen. Dieses Verhalten hat in den meisten Fällen zur Folge, dass
durch die Bindungsperson Sicherheit und Fürsorge geboten werden (Bowlby 1969, 1997), und
es sorgt dafür, dass das Kind allmählich lernt, mit stressvollen Situationen umzugehen.
Wenn Bindungspersonen vorhersehbar, sensitiv und eingehend reagieren, sodass das
Stressniveau des Kindes reguliert wird, fühlt es sich sicher. Auf diese Weise lernt das Kind, dass
Stress, Unwohlsein und eine erhöhte nervliche Anspannung (Arousal) verändert werden
können. Das gibt dem Kind ein Gefühl von Kontrolle sowie das Gefühl, dass die Umgebung
redlich vorhersagbar ist (Bradley 2000; Weinfeld et al. 1999).
Bradley hat die Abwesenheit von Bindungspersonen, und damit die Abwesenheit von adäquat
entwickelter Stressregulation, als einen wichtigen Faktor bei der Entwicklung von psychischen
Erkrankungen beschrieben (Bradley 2000). Wenn Kindern keine Bindungspersonen zur
Verfügung stehen, an die sie sich in Zeiten von Stress wenden können, können sie
langanhaltendes negatives Arousal erfahren. Dies verursacht eine übermäßige Belastung einer
begrenzten Anzahl von Nervenbahnen, was wiederum in neurologischer Schwäche und
Verhaltensmängeln resultieren kann (Schore 2001a, b).
Die klassische Theorie von Bowlby verknüpft die unsichere Bindung mit psychischen
Erkrankungen und gibt dabei Angst einen zentralen Stellenwert. Menschen, die unsicher
gebunden sind und damit ein unsicheres internes Reaktionsmuster entwickelt haben in Bezug
auf sich selbst und auf andere, sind theoretisch betrachtet anfälliger für psychische Probleme,
besonders für Angststörungen und Depressionen (Bowlby 1973).
Es gibt verschiedene Bindungsmuster, die eine Relation zu psychischen Erkrankungen haben.
Neben den Bindungsmustern sind Gender (kulturspezifische Geschlechterrolle), Temperament
und das Maß an internalisierten und externalisierten Problemen weitere wichtige Faktoren
(Allen et al. 1996; Rosenstein & Horowitz 1996). Auch unverarbeitete Traumata begünstigen
psychische Erkrankungen (Fonagy et al. 1996; Allen et al. 1996). Es besteht ein starker
Zusammenhang zwischen der Desorganisation eines Kindes und unverarbeiteter Verlust- oder
Traumaerfahrung eines Elternteils.
In Langzeitstudien hat sich gezeigt, dass Adoleszente, die schon als Baby ein desorientiertes
Bindungsmuster hatten und in ihrem späteren Leben zusätzlich traumatische Erfahrungen
erlebten, ein hohes Maß an dissoziativer Symptomatik aufweisen (Ogawa et al. 1997). Die
Entstehung dissoziativer Störungen kann zurückgeführt werden auf die frühe Desorganisation
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bei der Bindung. Hierdurch ist es für ein Kind schwierig, nur ein internes Arbeitsmodel zu
entwickeln. Es entstehen mehrere und verschiedene repräsentative interne Arbeitsmodellen
nebeneinander. Traumata, die später im Leben entstehen, werden diese verschiedenen
Repräsentationen noch verstärken, bis hin zur Bildung von Fragmenten (Liotti 1999).
Auch hat Bowlby die Behauptung von Freud, dass ein Zuviel an Belohnung von Seiten der
Mutter im Säuglingsalter eine Gefahr bedeute, in seine Überlegungen mit einbezogen. Laut
Bowlby hat Freud nicht erkannt, dass dieses sogenannte affektive, übermäßige Beschützen der
Mutter entstanden sein könnte aus der Überkompensation ihrer unbewussten Feindseligkeit.
Nach Ansicht von Bowlby ist übermäßige Trennungsangst zurückzuführen auf ungünstige
Familienerfahrungen, so wie wiederholte Bedrohungen und verlassen oder abgewiesen
werden durch die Eltern, oder Krankheit oder Tod eines Familienmitgliedes, wofür ein Kind
sich verantwortlich fühlen kann.
Um zu erklären, wie defensive Prozesse funktionieren, zitiert Bowlby Beweise, die zeigen, dass
Information, die das Gehirn erreicht, normalerweise erst viele Prozesse durchläuft, ehe sich
ein Bewusstsein von dieser Information bildet (Dixon 1971; Erdelyi 1974). In jeder Phase der
Informationsverarbeitung wird ein Teil der Information für weitere Verarbeitungsprozesse
bewahrt; der Rest wird gelöscht. Das dies sogar geschehen kann nachdem die Information
schon sehr fortgeschrittene Codierungsniveaus erreicht hat, wird durch dichotische Hör-
Studien offenkundig. Bei diesen Studien zeigt sich, dass Teilnehmer, die über Kopfhörer
verschiedene Informationen zu hören bekommen, fähig sind, sich selektiv auf eine von den
zweien zu konzentrieren. Dennoch wird die Information, auf die man sich nicht konzentriert,
ebenso aufgenommen, weil der Teilnehmer - wenn eine persönliche Botschaft (zum Beispiel
sein Name) genannt wird - sich dieser Information bewusst wird.
Bowlby behauptet, dass der verteidigenden Verweigerung (defensive exclusion) von
Information durch das Bewusstsein dieselben Prozesse zugrunde liegen wie der selektiven
Verweigerung (selective exclusion), obwohl die Gründe für beide Formen von Weigerung
unterschiedlich sind. Es gibt drei Situationen, von denen man glaubt, dass Menschen gerade in
ihnen zu defensivem Ausschließen neigen: Situationen, von denen Kinder ungewollt Zeuge
sind, Situationen, in denen Kinder das Verhalten der Eltern als zu unerträglich erfahren um
darüber nach zu denken, und Situationen, in denen Kinder etwas tun oder an etwas denken
wofür sie sich extrem schämen.
Auch wenn die defensive Verweigerung das Individuum vor psychischem Schmerz, Verwirrung
oder Konflikten schützt, interferiert sie doch mit dem Festlegen von internen Arbeitsmodellen
gegenüber der externen Realität. Verschiedene klinische Studien, die in Separation (z.B. Cain &
Fast 1972) besprochen sind, legen nahe, dass defensive Verweigerung zu einer Spaltung der
inneren Arbeitsmodelle führt. Diese Spaltung führt auf der einen Seite zu einem Set innerer
Arbeitsmodelle, die für das Bewusstsein zugänglich sind, und auf der anderen Seite zu einem
Set, das auf den Erfahrungen des Kindes basiert, aber vom Bewusstsein defensiv
ausgeschlossen wird. Dieser Teil repräsentiert die Seite des Elternteils, der das Kind hasst oder
von dem das Kind enttäuscht ist.
Bowlby beschreibt in seinem Buch Loss eine ausführende Struktur, die den Platz von Freuds
‚Ego‘ (1923/1961) übernimmt. Für Bowlby ist das zentrale Nervensystem in einer losen,
hierarchischen Weise organisiert. Seiner Ansicht nach gibt es ein großes Netzwerk mit
wechselseitiger Kommunikation zwischen Subsystemen. An der Spitze der Hierarchie stehen
nach Ansicht von Bowlby eine oder mehrere Kontroll- und Evaluierungspunkte, die verbunden
sind mit dem Langzeitgedächtnis und die die ankommende Information scannen und auf
Relevanz beurteilen. Wenn die Information als relevant eingeschätzt wird, wird sie im
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Kurzzeitgedächtnis gespeichert, wo dann bestimmte Aspekte für weitere
Verarbeitungsprozesse selektiert werden.
Bowlby behauptet, dass alle Formen des Gedächtnisses für das Hauptsystem, das für das
Verhalten zuständig ist, zugänglich sind, ungeachtet der Art und Weise wie die Information
aufbewahrt wird. Doch scheint es, dass in einigen Fällen das Hauptsystem nicht fähig ist, mit
den Subsystemen in einer zusammenhängenden Weise zu kommunizieren. Möglicherweise
gibt es in diesem Fall bestimmte Verhaltenssysteme, die, wenn es notwendig ist, nicht
aktiviert werden. Es ist auch möglich, dass Signale von den Verhaltenssystemen unzureichend
durchkommen, obwohl manchmal Fragmente von defensiv ausgeschlossener Information
durchsickern.
Menschen beziehen ihr allgemeines Wissen sowohl aus Information, die sie von anderen
bekommen, als auch aus eigener Erfahrung. Bowlby schreibt, dass ernste psychische Konflikte
entstehen können, wenn diese zwei Quellen der gespeicherten Information - die eigene
Erfahrung und die Kommunikation mit anderen - sich enorm wiedersprechen. Solche
psychischen Konflikte können auch defensive Ausschließung verursachen.
Zusammenfassung
Ein Kind lernt aus der Beziehung mit der Umgebung, wer es selbst ist und wie die Welt
ausschaut. Eltern und andere wichtige Bindungspersonen spielen bei dieser Entwicklung eines
Selbstbildes und bei der Art und Weise, wie das Kind im Leben steht, eine bedeutende Rolle.
Wenn Eltern eine sichere Bindung mit ihren Kindern eingehen können und fähig sind,
vorhersehbar, sensitiv und eingehend auf ihre Kinder zu reagieren, können sie ihren Kindern
Selbstvertrauen und Vertrauen in andere mitgeben. Wenn Kinder in spannungsvollen
Situationen auf wichtige Erwachsene zurückfallen können, lernen sie auf eine gesunde Art und
Weise, ihre Emotionen zu regulieren.
Wenn Eltern selbst Probleme mit der Regulation ihrer Emotionen haben, weil sie mit
unverarbeiteten Verlusterfahrungen oder Traumata aus der Jugend belastet sind, geben sie
diesen Ballast an ihre Kinder weiter. Das Kind fühlt die Spannung der Eltern, aber kann diese
Spannung, ebenso wie die Eltern, nicht gut regulieren oder ihr einen Platz geben.
Bei emotionaler Überbelastung schützt ein Kind sich dadurch dass es Information verweigert.
Situationen, bei denen Kinder geneigt sind sich abzuschirmen, sind:
- Situationen, von denen Kinder Zeuge sind, obwohl die Eltern das nicht wollen,
- Situationen, in denen Kinder das Verhalten der Eltern als zu unerträglich erfahren um
darüber nachzudenken,
- Situationen, in denen Kinder etwas tun oder an etwas denken wofür sie sich extrem
schämen.
Es spricht für sich, dass Kinder mit ihren Eltern über diese Situationen nicht kommunizieren
können. Sie bekommen dadurch nicht die Chance, zusammen mit ihren Eltern die Spannung zu
neutralisieren und diesen Ereignissen einen Platz zu geben. So bauen sie emotionalen Ballast
auf.
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Unsere Sichtweise von Menschen mit psychischen
Beschwerden: große Menschen sind wie Kinder, lieber nicht
umgekehrt
Große Menschen sind wie Kinder – jedenfalls was ihre emotionalen Bedürfnisse betrifft. Wir
Autoren gehen davon aus, dass Erwachsene die gleichen emotionalen Bedürfnisse haben wie
Kinder. Aufgrund dieses Gedankens verwundert uns die Art und Weise, mit der auf
Erwachsene mit psychischen Problemen zugegangen wird.
Babys wissen was sie tun müssen, um ihre Bedürfnisse von der Umgebung erfüllt zu
bekommen. Das geht zum Glück oft gut. Ältere Kinder müssen viel kreativer sein als Babys um
zum Zuge zu kommen. Wir bringen Kleinkindern bei, ihre Bedürfnisse aufzuschieben und sie
der Umgebung unterzuordnen. So sorgen wir dafür, dass Kinder stets mehr großen Menschen
gleichen und dass das kindliche Verhalten schließlich Platz macht für angepasstes,
erwachsenes Verhalten. Von einem Erwachsenen erwarten wir, dass er ein Individuum ist,
eine Persönlichkeit. Ein Erwachsener kann verantwortlich gemacht werden für sein Verhalten,
er muss sich dieses Verhaltens bewusst sein und die Konsequenzen daraus akzeptieren. Wenn
ein Erwachsener psychische Probleme hat, wird er dafür auch verantwortlich gehalten. Er
sollte den Hausarzt oder einen Psychologen um Hilfe bitten, motiviert sein, um für Therapie in
Betracht zu kommen, und zuverlässig sein was die Einnahme von Medikamenten betrifft.
Psychische Beschwerden fallen unter das Konzept krank sein. Wir sprechen nicht umsonst von
geistiger Gesundheitssorge (GGZ in den Niederlanden). Wir verlangen von einem Erwachsenen
mit psychischen Problemen, dass er sich verantwortlich verhält und gut für sich selbst sorgt.
Dies erscheint selbstverständlich bis zu dem Moment, an dem die Problematik so ernst
geworden ist, dass ein Erwachsener nicht mehr als zurechnungsfähig angesehen wird und die
Gesellschaft urteilt, dass diese Person eine Gefahr für sich und für ihre Umgebung ist. Die
Selbstverantwortung wird dann durch das Eingreifen eines Psychiaters und eines Richters
abgenommen. Man sollte erwarten, dass in solch einem Falle der große Mensch mit ernsten
psychischen Beschwerden versorgt werden würde wie ein Kind. Das scheint aber nicht der Fall
zu sein. Das verwundert doch!
Wenn man große Menschen und Kinder zu derselben Kategorie rechnet, dann sehen wir hier
etwas sehr merkwürdiges geschehen. Ein Kind, das ganz schrecklich aus der Fassung ist und
keine Kontrolle mehr über seine Emotionen hat, wird von seinem Vater oder seiner Mutter
getröstet, beschützt und beruhigt. Hierfür ist Nähe notwendig: ein anderer Mensch, der
wirklich körperlichen Schutz und Intimität bietet, festhält, wiegt, Tränen abwischt, relativiert
und fühlen lässt, dass alles wieder gut wird. Was würden Sie denken, wenn anstelle dieses
Verhaltens der Elternteil das Kind beobachtet, Fragen stellt, Teste abnimmt und Medikamente
verschreibt? Wenn Trost, Geborgenheit und Beruhigung unterblieben, würde das nach
unserer Meinung hart und kalt erscheinen. Mit hysterischem Verhalten gibt das Kind nämlich
an: ‚Ich kann es nicht allein, ich brauche dich!‘ Welch ein Glück für das Kind, wenn es in diesem
Augenblick einen Elternteil hat, der für es da ist.
Ein Erwachsener, der die gleichen Signale aussendet und angibt, dass er das Leben nicht
alleine bewältigen kann, muss offensichtlich beurteilt werden. Wenn das Verhalten für ernst
genug befunden wird, spricht man von Krise. Es wird eingegriffen, und man sollte erwarten,
dass hierbei die primären Bedürfnisse im Mittelpunkt stehen. Natürlich wird physischer Schutz
geboten. Aber wie steht es mit der Nähe, dem Trost und der Beruhigung? Wenn Trost und
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Beruhigung medikamentös verabreicht werden, steht das in starkem Kontrast zu dem
Bedürfnis nach Nähe zu einer Person, der man vertrauen kann.
In der Art und Weise wie junge Kinder die Welt erkunden und wie Erwachsene im Leben
stehen, besteht ein Unterschied. Kinder benutzen noch so viel wie möglich die Informationen
aller Sinne. Sie wissen wie die Mutter riecht (gib acht: nicht ihr Parfum), sie haben das
Bedürfnis alles anzufassen, in den Mund zu nehmen und zu probieren. Es gibt keinen
Erwachsenen, der nicht als Kind probiert hat, wie Ohrenschmalz und Schnotter schmecken,
und damit gespielt hat, bevor es als schmierig gespeichert wurde. Kinder singen, tanzen,
experimentieren mit Licht und sind offen für neue Erfahrungen, denen sie unbefangen
entgegentreten.
Vielleicht denken Sie jetzt: Bei meinem Kind ist das nicht so. Mein Kind ist anders. Es ist
verschlossen, es ist verlegen, zurückgezogen und es spielt ganz und gar nicht. Mein Kind kann
keinen Kontakt machen, es zeigt keine Emotionen … Oder: mein Kind ist so hyperaktiv und
ungebremst, das ist doch nicht normal!
Wir können Ihre Reaktion verstehen, wenn es um ein Kind mit psychischen Problemen geht.
Wenn es einem Kind nicht gut geht, weil es Schmerzen hat, traurig ist, ängstlich oder unter
Druck steht, dann wird das unbefangene Erleben neuer Erfahrungen gestört. Ein Kind kann
möglicherweise mit einer Überempfindlichkeit für Reize geboren sein. Es gibt verschiedene
Temperamente, die bestimmend sind für die Empfindsamkeit eines Kindes für Information von
außen. Auch Kinder, die körperlich krank sind, spielen nicht mehr. Es kann sein, dass das Kind
chronischem Stress ausgesetzt war oder überlastet wurde mit Aufgaben oder
Verantwortungen, denen es emotional noch nicht gewachsen ist. Kinder mit emotionalen
Problemen zeigen anderes Verhalten. Das unbesorgte Verhalten geht verloren und das Kind
zieht sich zurück und zeigt ängstliches, depressives Verhalten oder es reagiert mit
aggressivem, oppositionellem (dickköpfigem, aufsässigem) Verhalten.
Die Informationsverarbeitung wird gestört; ebenso die Integration, also das gleichzeitige
Verarbeiten aller möglichen Informationen aus den verschiedenen Sinnesorganen. Es wird
Information ausgeschaltet, wodurch sowohl die Wahrnehmung als auch das Erleben der
Wirklichkeit sich verändert. Es entsteht ein verzerrtes Bild der Realität und das Kind entwickelt
Verhaltensmuster aufgrund dieser Verzeichnung.
Kinder mit psychischen Beschwerden verhalten sich nicht nur anders, sondern sie entwickeln
sich auch anders: das Gleichgewicht ist zerstört. Es ist für das Kind nicht mehr
selbstverständlich, unbekümmert zu spielen und optimal zu erleben. Das Kind ist nicht mehr
es selbst, es wird gesteuert durch Spannung, Stress, Überreizung oder Schmerz, die es
versuchen muss zu überleben. Das Kind mit psychischen Problemen reagiert wie ein
Erwachsener, der sich abgewöhnt hat zu denken, zu spielen und gleichzeitig zu fühlen. Es kann
nicht mehr es selbst sein. Bei den Kindern entstehen Beschwerden, die erstaunlich viel
Ähnlichkeit haben mit den Beschwerden von Erwachsenen mit psychischen Problemen:
Grübeln, Angst zu versagen, Perfektionismus, Minderwertigkeitsgefühle, soziale Isolation,
Depressivität, Konzentrationsschwierigkeiten, (Ein)Schlafprobleme, Essstörungen, Obstipation,
Aggression, Automutilation …
ReAttach wurde aus dem Gedanken heraus entwickelt, dass Menschen mit psychischen
Beschwerden wieder lernen müssen, auf eine unbefangene, spielerische Weise im Leben zu
stehen. So zielt die Therapie darauf ab, Menschen vom Überleben zurückzuführen zum
Erleben, Menschen wieder erfahren zu lassen wer sie sind und sie fühlen zu lassen, dass es in
Ordnung ist, man selbst zu sein.
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Entstehungsgeschichte
Das Experiment
Es ist der 26. Februar 2010. Ich (Paula) lese ein Buch über eine Behandlungsmethode für
Erwachsene mit Persönlichkeitsstörungen. Ich probiere die Sichtweise zu verstehen und in
meinen Denkrahmen, den ich mir aus meinen eigenen Erfahrungen als Heilpädagogin
aufgebaut habe, einzuordnen. Von meiner Sicht aus stimmt hier etwas nicht. Ich denke, dass
diese Menschen im Wesen nicht anders sind als Menschen ohne Persönlichkeitsstörungen. Es
scheint mir wahrscheinlicher, dass bei ihnen, aus welchen Gründen auch immer, eine
Blockierung im Verarbeitungsprozess stattgefunden hat. Ich kann mir vorstellen, dass eine
Stagnation in diesem Prozess dafür verantwortlich sein könnte, dass diese Menschen auf eine
ganz andere Art und Weise funktionieren. Die Verhaltensmuster, die in diesem Buch
beschrieben werden, stimmen nach meiner Idee in starkem Maße mit den Verhaltensmustern
von unsicher gebundenen Kindern überein.
Mir kommt die Idee, dass es im Prinzipe möglich sein muss, die Blockaden zu beseitigen. Ich
erinnere mich an eine Geschichte von einem Kleinkind von 2 Jahren, das fähig zu sein schien,
noch im Februar die Spannungen vom Nikolausfest zu verarbeiten. Wenn die Behinderung in
dem Informationsverarbeitungsprozess dadurch beseitigt werden kann, dass man diesen
erneut aktiviert, dann werden wir beim Entwicklungsniveau des Kleinkindes beginnen müssen.
Ich mache - mit positivem Resultat - ein Experiment, bei dem ich die optimalen Umstände, die
hierfür notwendig sind, nachahme. Die Intervention, die ich aufgrund dessen entwickelt habe,
ist benannt nach dem Kleinkind Viki, das in meinen Überlegungen von Bedeutung war: Viki’s
View.
Eine zweite Entwicklung: eine Anpassung für Menschen mit Autismus
Im Juli 2010 entwickelten wir eine Variante dieser Intervention speziell für Menschen mit
Autismus. Es war uns bewusst, dass wir für Menschen mit einer Störung im Autismusspektrum
eine Intervention würden entwickeln müssen, die mehr angepasst sein muss an deren
besondere Art der Informationsverarbeitung. Diese Anpassung hat damit zu tun, dass wir erst
neue sozial kognitive Fähigkeiten mit dem Klienten trainieren müssen, ehe wir den
Verarbeitungsprozess gut in Gang bringen können. Die inzwischen gemachten Erfahrungen mit
Menschen mit Autismus sind positiv.
Fortgeschrittene Einsichten: ReAttach
Im November 2012 entstand aus unserer Erfahrung heraus die Einsicht, dass es noch mehr
Möglichkeiten geben müsse, die Verarbeitung von Informationen, Emotionen und Ereignissen
zu verbessern.
Wir haben an der Entwicklung einer erweiterten Methode gearbeitet, um einen zweiten
Verarbeitungsprozess mit einzubeziehen, den wir gleichzeitig mit dem ersten in Gang setzen
können. Das Ergebnis hiervon ist, dass der Klient diese Behandlung als ruhiger und
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angenehmer erfährt, dass die Methode breiter einsetzbar ist und dass damit qualitativ bessere
Resultate erzielt werden. Damit ist das alte Protokoll von Viki’s View überflüssig geworden und
sind wir ganz zur neuen ReAttach-Methode übergegangen.
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Das ReAttach-Protokoll
Richtlinien für den Gebrauch des Protokolls
Ein sorgfältig entworfenes Protokoll erfordert einige Rücksichtnahme. Protokolle können
unbesonnen implementiert werden. Der Gebrauch eines Protokolls kann schädlich sein, wenn
dies durch einen Unkundigen geschieht (Braet & Bögels 2008).
Voraussetzungen für den Gebrauch dieses Protokolls:
1. Es erfordert vom Begleiter eine gewisse Expertise um dieses Protokoll anzuwenden. Die
komplexen methodischen Fähigkeiten müssen trainiert und die Sichtweise von ReAttach
sich eigen gemacht werden. Hierfür ist eine Ausbildung notwendig, sowie Feedback und
ein treatment integrity check (Braet & Bögels 2008).
2. Beeinträchtigungen können durch mehrere Faktoren verursacht oder instandgehalten
werden. Der Begleiter muss fähig sein, besondere Zielgruppen zu erkennen und sich auf
sie einzustellen.
Kontra-Indikationen beim Gebrauch dieses Protokolls
Es ist notwendig von diesem Protokoll abzuweichen, wenn der Klient das Verfahren nicht
verkraftet oder wenn die Rede von einer Krise (suizidale Gedanken), Alkohol- oder
Drogenmissbrauch ist.
Es können allerlei Faktoren eine Rolle spielen, wodurch es schlecht möglich ist, das Verfahren
anzuwenden. In diesem Fall wird empfohlen, von dem Verfahren abzusehen und die
Behandlung zu stoppen, oder an passendere Hilfe zu verweisen .
Ausgangspunkt
Der Ausgangspunkt von ReAttach ist die Annahme, dass unsichere Bindungsmuster das
Verhalten in bedeutendem Maße blockieren. Unsere Arbeitshypothese ist, dass durch das
Stimulieren einer sicheren Bindung diese Blockade aufgelöst wird, wodurch Menschen die
Fähigkeit erlangen, Informationen, Emotionen und Ereignisse besser zu verarbeiten.
Die Intervention enthält Elemente von erwiesenen effektiven Interventionen, so wie das
Stimulieren von sozial kognitiven Fähigkeiten und Spiel. Wir benutzen auch
verhaltenstherapeutische Techniken und geführte Phantasien und - nicht zu vergessen - den
gesunden Menschenverstand.
Zielsetzung
ReAttach zielt darauf ab sichere Bindung zu stimulieren. Daneben streben wir danach - in
diesem Zustand der sicheren Bindung - das Verarbeiten, Hervorholen und Registrieren von
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Information zu fördern. Hierdurch wird der Klient in die Lage versetzt Erfahrungen zu machen,
die ihm Einsicht geben in sein Verhalten in Bezug auf andere.
Dadurch dass die Methode mehrere Male angeboten und in der Frequenz abgebaut wird, wird
dieser Verarbeitungsprozess beim Klienten automatisiert. Unsere Zielsetzung mit dieser
Vorgehensweise ist es, die psychischen Beschwerden des Klienten nachweisbar zu
vermindern. Gleichzeitig streben wir eine Zunahme der Selbstständigkeit des Klienten an,
indem wir ihn sich auf adäquate Stressbewältigungsstrategien (Coping-Strategien) fokussieren
lassen.
Einschlusskriterien
ReAttach ist geeignet für Kinder und Erwachsene aller Altersstufen, ungeachtet des
Entwicklungstandes. Die Methode ist geeignet für Menschen mit geistiger Behinderung.
Verständnis für gesprochene Sprache ist nicht notwendig, wodurch die Methode angewendet
werden kann bei anderssprachigen Menschen und bei Menschen, bei denen die gesprochene
Sprache (noch) nicht in Gang gekommen ist. Auch für Menschen mit Autismus ist die Methode
nutzbar.
1. Die Beschwerden passen zur Zielsetzung von ReAttach.
2. Die Erwartungen des Klienten kommen in ausreichendem Maße überein mit dem was wir
bieten können.
3. Der Klient ist motiviert, sich auf die ReAttach-Behandlung einzulassen und sie vollständig
zu absolvieren.
Ausschlusskriterien
1. Die Beschwerden passen nicht zur Zielsetzung von ReAttach.
2. Die Erwartungen des Klienten kommen nicht in ausreichendem Maße überein mit dem
was wir bieten können.
3. Der Klient zweifelt, ob er ausreichend motiviert ist um sich auf die ReAttach-Behandlung
einlassen zu können.
4. Es ist die Rede von übermäßigem Alkoholgebrauch, Drogengebrauch oder suizidalem
Verhalten.
5. Die Lebensumstände des Klienten sind so ungünstig, dass erst hieran etwas getan werden
muss.
6. Die Problematik des Klienten liegt außerhalb des Erfahrungsgebietes des professionellen
Sachverstandes des Begleiters. Der Klient muss an einen Kollegen verwiesen werden, der
qua Wissen und Erfahrungsniveau besser anschließt bei den speziellen Bedürfnissen
dieses Klienten.
Zielgruppe
Leichte Probleme
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Kinder und Erwachsene, deren psychische Probleme eine leichte Beeinträchtigung der
Bewältigung ihres täglichen Lebens bedeuten.
Beispiele:
Zurückgezogenes Verhalten
Minderwertigkeitsgefühle
Innere Unruhe
Probleme mit Organisieren und Planen
Gefühle von Inkompetenz
Mäßige Probleme
Kinder und Erwachsene, deren psychische Beschwerden hinderlich sind bei der Bewältigung
des täglichen Lebens.
Beispiele:
Ängste
Burnout-Symptome/chronische Müdigkeit
Konzentrationsprobleme
Gedächtnisprobleme
Depressive Beschwerden
Körperliche Beschwerden ohne deutlich nachweisbare Ursache
Reizbarkeit
Probleme in der sozialen Interaktion mit anderen
Essstörungen
Selbstzerstörerisches Verhalten
Schlafprobleme
Ernste Probleme
Kinder und Erwachsene, deren psychische Probleme eine ernste Behinderung bei der
Bewältigung des täglichen Leben sind. Menschen dieser Zielgruppen haben oftmals eine oder
mehrere Diagnosen.
Beispiele:
(Chronischer) posttraumatischer Stress
Angst- und Zwangsstörungen
Persönlichkeitsproblematik
Pervasive Entwicklungsstörungen (PDD)
Nicht angeborene Hirnverletzungen
Verhaltensstörungen (ODD/CD)
Bindungsprobleme (ohne soziale und/oder emotionale Bindung)
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Planungsverfahren
Anmeldung und Indikationsbestimmung
Menschen können sich telefonisch anmelden oder via E-Mail. Viele Menschen fragen während
dieses ersten Kontaktes ob ReAttach für ihre Situation geeignet ist. In solchen Fällen werden
während dieses ersten Kontaktes ihre Fragen beantwortet und ihnen empfohlen, sich
anzumelden oder nicht anzumelden.
Das Intake-Gespräch
Innerhalb von zwei Wochen nach der Anmeldung erfolgt ein Intake-Gespräch. Während dieses
Intake-Gesprächs wird nach den Einschluss- und Ausschlusskriterien geschaut. Es wird nach
Besonderheiten gefragt und auf die Behandlungsverantwortung bei Einnahme von
Medikamenten verwiesen. Anschließend bekommt der Klient die Behandlungsweise erklärt.
Die Planung der ReAttach-Sitzungen
Die erste Sitzung
Die erste Sitzung planen wir, soweit möglich, im Anschluss an das Intake-Gespräch (für
denselben Tag). Die Zeit zwischen zwei Sitzungen wird stets länger. Wir starten mit einer
intensiven Frequenz von einmal pro Woche, die nach der zweiten Sitzung verringert wird.
Unser Ausgangspunt ist, dass wir die Eigenständigkeit des Klienten vergrößern können, wenn
wir ihm oder ihr vertrauen und den Raum geben, selbst die Regie zu übernehmen.
Die zweite Sitzung
Eine Woche nach der 1. Sitzung.
Monitoren, Prozesse wiederholen und Symptom bezogen intervenieren.
Die dritte Sitzung
Zwei Wochen nach der 2. Sitzung.
Monitoren, Prozesse wiederholen und Symptom bezogen intervenieren.
Die vierte Sitzung
Vier Wochen nach der 3. Sitzung.
Monitoren, Prozesse wiederholen und Symptom bezogen intervenieren.
Aufmerksamkeit richten auf die Art und Weise wie der Klient mit Problemen umgeht (Coping-
Strategien).
Die fünfte Sitzung
Sechs Wochen nach der 4. Sitzung.
Monitoren, Prozesse wiederholen und Symptom bezogen intervenieren.
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Evaluierung und Empfehlung.
Follow-up
- Kontrolletermin nach 3 Monaten (wünschenswert, nicht absolut notwendig)
- Kontrolletermin nach 6 Monaten (wünschenswert, nicht absolut notwendig)
- Wenn notwendig, zurückkommen
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Bedingungen
ReAttach-Methode: Was ist notwendig?
Die ReAttach-Methode beinhaltet das Regulieren verschiedener Prozesse beim Klienten.
Zuerst sorgt der Begleiter für die Bedingungen, die notwendig sind, um zur Behandlung
übergehen zu können.
Bedingungen, die wir an den Klienten stellen
Wichtig ist, dass ausreichend Commitment beim Klienten und dem Klientensystem vorhanden
ist.
Frau J. meldet mit dem Anmeldeformulier auf der Webseite ihren Mann an. Sie gibt an, dass
er große Probleme beim Organisieren und Planen seiner Tätigkeiten hat. Ihr Mann findet es
schwierig zu kommunizieren und in einer Gruppe Anschluss zu finden. Ein Kollege hat ihr
empfohlen mit ihrem Mann zu ReAttach zu gehen.
Während des Intake-Gesprächs wird deutlich, dass Herr J. keine Beschwerden hat. Er findet es
schwierig, seiner Frau im und ums Haus herum zu helfen, weil sie ihn fortwährend
kommentiert. Er gibt an, keine Probleme bei der Kommunikation auf seiner Arbeit oder in
Beziehungen mit anderen zu haben. In der Beziehung zu seiner Frau erfährt er, dass
Gespräche stets nach demselben Muster ablaufen: „Es ist immer das gleiche Lied.“
Mit dem Ehepaar wird besprochen, dass wir ungenügend Grund sehen, um mit Herrn J. zu
arbeiten. Wir geben an, dass wir Beziehungsprobleme signalisieren. Wir bitten das Ehepaar,
darüber nachzudenken ob sie beide zu Gunsten ihrer Beziehung den Sitzungen folgen wollen.
Sowohl Herr als auch Frau J. füllen die Schemafragenliste aus. Es wird ein zweites Gespräch
geführt, in dem besprochen wird, welche dysfunktionalen Schemata in ihrer Beziehung eine
Rolle spielen. Nach dieser Verdeutlichung beschließen beide, mit dem Programm zu beginnen,
und wir können mit einem guten Commitment rechnen, das notwendig ist für ein positives
Resultat.
Bedingungen für den Begleiter
Wenn jemand die Methode erlernen will, ist es wichtig, dass diese Person kongruent ist im
Denken, Fühlen und Handeln. Eine Unausgeglichenheit seitens des Begleiters wird von dem
Klienten wahrgenommen und als Verunsicherung erfahren, wodurch der ganze Prozess gestört
wird.
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Es ist wichtig, dass die Stimme, die Haltung, das Tempo, die Intensität, der körperliche Kontakt
und das Verfahren zum Klienten passen. Der Begleiter setzt sich selbst als Instrument ein.
Wenn der Begleiter sich dabei nicht gut fühlt oder ständig daran denken muss, gelingt es ihm
nicht, dieses Instrument auf eine gute Weise zu nutzen.
Um den Klienten begleiten zu können, ist es notwendig, dass der Begleiter strategisch denken
und handeln kann. Hierdurch kann verhindert werden, dass der Begleiter sich persönlich in die
Beziehungsmuster verstrickt, die eine Rolle spielen werden zwischen Begleiter und Klient.
Eine Kursteilnehmerin ist unsicher und benötigt viel Bestätigung. Sie probiert ihren Mangel an
Selbstvertrauen dadurch zu kaschieren, dass sie sich eine professionelle Ausstrahlung zulegt.
Sie übt Zuhause vor dem Spiegel um dafür zu sorgen, dass sie bei der Versuchsperson gut
rüberkommt.
Die Versuchsperson ist eine junge Frau, die Probleme mit Minderwertigkeitsgefühlen hat und
es schwierig findet Menschen zu vertrauen. Sie findet es beschwerlich den Schritt Richtung
Therapie zu machen. Es war für sie eine große Hürde diesen Schritt zu setzen.
Der Kontakt zwischen der Kursteilnehmerin und dieser Versuchsperson verläuft in erster Linie
forciert. Keine von beiden fühlt sich entspannt und die Basis für eine gute
Behandlungsbeziehung kann nicht gelegt werden.
Während der Ausbildung bespricht die Kursteilnehmerin die Probleme bezüglich des
Fortschritts. Sie wird konfrontiert mit der unechten, anmaßenden Haltung, die für
Unsicherheit sorgt. Es wird ihr empfohlen, die Scheinsicherheit fallen zu lassen und der
Versuchsperson anzugeben, dass sie sich als Kursteilnehmerin noch unsicher fühlt.
Durch das verletzliche und gleichzeitig ehrliche Verhalten sinkt die Spannung zwischen
Kursteilnehmerin und Versuchsperson. Die Kursteilnehmerin bekommt Raum für das Arbeiten
wenngleich sie lernen muss, ohne die beruhigende Bestätigung durch ihre Klientin tätig zu
sein.
Bedingungen für die Klient-Umgebung
Wir erwarten von Eltern, dass sie im Interesse ihrer Kinder mitwirken. Wir empfehlen
Erwachsenen, ihre Partner bei den ReAttach-Sitzungen mit einzubeziehen. Und mit Begleitern
und Sozialarbeitern, die der Familie Hilfe bieten, möchten wir ebenso zusammenarbeiten.
Es ist wichtig, dass die Umgebung ausreichend Raum und Unterstützung bietet, um das
Wachsen und Entwickeln des Klienten zu ermöglichen.
17. 17
Der erste Prozess der ReAttach-Methode
Das Wiederherstellen einer sicheren Bindung und damit das Stimulieren von
Verarbeitung
Bei der Beschreibung der Methode unterscheiden wir verschiedene Klientengruppen. Die
vorliegende Beschreibung gilt für Erwachsene beziehungsweise für Kinder ab ca. 8 Jahren. Für
jüngeren Klienten oder Menschen mit mehrfacher Behinderung wird die Methode angepasst.
Wir entscheiden uns dann für Hilfsmittel und arbeiten in solchen Fällen oft mit zwei Begleitern
oder einem Elternteil.
Nach dem Intake-Gespräch bringt der Begleiter die für den Klienten wichtigen Konzepte ins
Gespräch. Auf jeden Fall gehören hierzu das Selbstkonzept (der Name) und die Konzepte von
weiteren wichtigen Menschen (Vater, Mutter, Partner, Kind). Daneben ist Raum um mit
Konzepten zu arbeiten, die zu der Fragestellung passen, mit der der Klient angemeldet ist.
Der Begleiter bittet den Klienten an einem kleinen Tisch Platz zu nehmen. Er oder sie nimmt
selbst Platz auf der gegenüberliegenden Seite. Der Klient wird gebeten, die Hände mit den
Handflächen nach unten auf den Tisch zu legen.
Der Begleiter stellt einen ersten Kontakt zum Klienten her und sorgt dafür, dass der Klient
während der gesamten Sitzung auf diesen Kontakt fokussiert ist und bleibt.
Die Aufmerksamkeit des Klienten wird durch die Stimme und die Haltung des Begleiters
reguliert sowie durch den Körperkontakt (sachte, rhythmische Berührungen des
Handrückens). Der Klient darf sich auf das konzentrieren was geschieht.
Um Klienten zu sensorischer Integration und Verarbeitung zu bewegen ist es notwendig, dass
der Prozess, in dem der Klient sich befindet, gesteuert wird. Der Begleiter muss sensitiv und
eingehend reagieren und dafür sorgen, dass das Aufmerksamkeitsniveau für den gesamten
Prozess optimiert wird. Die Technik der Aufmerksamkeitsregulierung und ihr Hintergrund
werden im Folgenden beschrieben. Diese Technik wird während der gesamten Sitzung
angewendet.
Aufmerksamkeitsregulation
Um die Aufmerksamkeit zu regulieren verwenden wir eine Technik, die sehr effektiv ist.
Hierüber haben wir mit Professor Johan den Boer, Hochschullehrer für Biologische Psychiatrie
an der Reichsuniversität Groningen, gesprochen. Es wurden viele Untersuchungen über den
Einfluss von Stress auf das Gehirn durchgeführt. In seinem Buch Neurofilosofie schreibt er,
dass wiederholte Einwirkung von kurzzeitigem, kontrollierbarem Stress für einen sich
entwickelnden Organismus nicht schädlich zu sein braucht. Gerade das könnte dazu führen,
dass sich adäquate Coping-Strategien entwickeln. Jedoch können durch chronische
Aktivierung der Stressreaktionssysteme ein zu hoher Fettgehalt im Blut, hoher Blutdruck,
geschwächtes Abwehrsystem, Angst, Depression, Stimmungsschwankungen und
Schlafstörungen entstehen.
Es gibt auch Faktoren, die gegen Stress schützen. Den Boer beschreibt, dass junge Welpen, die
durch Menschen vorsichtig hochgehoben und berührt werden, für stressvolle Reize weniger
18. 18
empfindlich sind und darüber hinaus gegen kognitiven und neuroendokrinen Rückgang
(verursacht durch stressvolle Reize) geschützt sind. Durch Untersuchungen stellte sich heraus,
dass dieser Effekt durch die Welpenmutter verursacht wurde, die häufigeres Leck-Verhalten
zeigte um den Menschengeruch zu entfernen. Hieraus ergibt sich, dass durch die zunehmende
mütterliche Aufmerksamkeit (via taktile Reize) ein schützender Effekt auftritt.
Unsere Technik besteht darin, dass der Begleiter dem Klienten rhythmisch und in großer
Häufigkeit taktile Reize bietet, von denen ein entspannender Effekt ausgeht.
Wir haben diese Technik entwickelt nachdem wir das tröstende Verhalten von Müttern
beobachtet haben: sie machen rhythmische Bewegungen während sie ihr Kind mit der Hand
auf den Rücken klopfen.
Den Boer gab an, dass die große Wirksamkeit der Technik wahrscheinlich durch die vielen
taktilen Reize, die wir geben und durch die der Klient Glücksgefühle erfährt, verursacht wird.
Wir teilen praktisch fortwährend Belohnungen aus. Wir stimulieren in einer geschützten
Umgebung während einer längeren Zeit das limbische System. Das Ergebnis ist, dass das
Stressniveau sinkt und der Klient das Gefühl hat, weniger unter Druck zu stehen.
Wir sehen, dass zahllose Variationen möglich sind, ohne den Effekt zu beeinträchtigen. Wir
wählen jeweils die Form aus, die am besten zu der Person, die uns gegenüber sitzt, passt.
Der integrierende Teil: Denkaufgaben
1. Optimierung der Aufmerksamkeit
So wie Kinder vollständig aufgehen in ihrem Spiel, so bringen wir unsere Klienten in einen
Zustand, in dem sie mittels der Aufmerksamkeitsregulation vollständig aufgehen in dem
Prozess.
2. Sensorische Integration
Für die Verarbeitung und Zuweisung von Bedeutung ist wichtig, dass das Gehirn im Stande
ist, Informationen, die von verschiedenen Sinnen empfangen werden, zusammenzufügen
zu einem Ganzen. Um dies zu ermöglichen stimuliert der Begleiter fortwährend das
gleichzeitige Verarbeiten von Informationen aus den verschiedenen Sinnen. Neben der
taktilen Berührung wird auditive Information und/oder visuelle Information zur Förderung
und Instandhaltung der sensorischen Integration angeboten.
3. Anspornen zur Konzeptformung in entwicklungspsychologischer Reihenfolge
Beim Anbieten von Denkaufgaben wird die entwicklungspsychologische Reihenfolge, in
der sich Konzepte entwickeln, befolgt. Das bedeutendste Konzept ist natürlich das
Selbstkonzept, das in dieser Methode zentral ist und gestärkt wird. Der Begleiter arbeitet
prozessgerichtet an Stelle von inhaltsgerichtet.
Der Klient wird an erster Stelle auf egozentrischem Niveau zur Konzeptformung
angehalten. Er beschäftigt sich praktisch mit Konzepten aus der egozentrischen
Perspektive heraus, während der Begleiter sowohl den Fokus als auch das Arousal im
Auge behält. Der Begleiter reguliert die empfundenen Emotionen und überwacht die
Heftigkeit und die Intensität der Reaktionen des Klienten. Hierfür ist es notwendig, dass
der Begleiter fähig ist eingehend und kongruent zu reagieren.
Nach ausreichender Übung auf egozentrischem Niveau mit den Konzepten des Selbst und
der (wichtigen) Anderen bringt der Begleiter den Klienten auf ein höheres sozial-
emotionales Niveau: zum Einnehmen einer beiderseitigen Perspektive. Der Klient wird
angespornt, aus der Perspektive des anderen heraus zur (sozialen) Konzeptformung zu
kommen (bei gleichzeitiger, anhaltender Aufmerksamkeitsregulierung). Der Begleiter
19. 19
sorgt - ebenso wie beim egozentrischen Niveau - für die Emotionsregulierung und die
Stressmodulation. Timing ist bei diesem Schritt sehr wichtig. Viele Klienten brauchen eine
etwas längere Vorbereitungszeit, bevor sie diesen Schritt machen können. Wenn dies als
ein zu großer Schritt erscheint, kann der Begleiter als Zwischenschritt von konkreten
Anweisungen auf dem Niveau der subjektiven Perspektive (differenzieren/vergleichen)
Gebrauch machen.
Wenn der Klient fähig ist zu sozialer Konzeptformung aus der Perspektive des anderen
heraus, benutzt der Begleiter das soziale Netzwerk einschließlich passender Konzepte, um
via beiderseitiger Perspektiveinnahme zu Selbstreflexion und Selbsteinsicht zu kommen.
4. Geleitete Phantasie
Während des ersten Prozesses von ReAttach kann man - wenn der Prozess des Klienten
Raum dafür bietet und Anlass dazu besteht - mit geleiteter Phantasie arbeiten. Hiermit
kann dem Klienten geholfen werden, komplizierte Konzepte, wie zum Beispiel
Verletzbarkeit, anzupassen.
Henk ist ein Mann und 46 Jahre alt. Er wurde vom Hausarzt angemeldet, weil er seine
Probleme nicht mehr aus seinem Kopf bekommt. Vor zwei Jahren ist Jolanda (seine Frau)
gegangen. Sie hat ihn für einen anderen im Stich gelassen. Henk kann dies nicht überwinden
und fragt sich weiterhin was er verkehrt gemacht hat.
Seit dieser Zeit ist Henks Fähigkeit, das tägliche Leben zu bewältigen, zurückgegangen. Es ist
Johans Schuld, die neue Liebe seiner Ex-Frau. Johan hat ihn kaputt gemacht. Er kann immer
noch nicht begreifen warum. Henk hat für sein Gefühl aufgehört zu leben. Er geht noch zur
Arbeit und bereitet für sich das Essen. Aber weiter hat er keine Lust mehr andere Aktivitäten
zu unternehmen oder Kontakte mit anderen zu unterhalten. Er hat sogar keine Lust mehr,
seine Kinder zu sehen.
Henk wird erklärt, was für Übungen wir machen. Diese Übungen können ihm helfen, die
Dinge, an die er stets denken muss, loszulassen. Ihm wird die Technik erklärt und wir arbeiten
in der ersten Sitzung in hohem Arousal an den folgenden Konzepten:
Henk (Selbstkonzept)
Papa
Perspektivnahme von Papa aus zu Henk
Perspektivnahme von Papa aus zu Mama
Mama
Perspektivnahme von Mama aus zu Henk
Perspektivnahme von Mama aus zu Papa
Wenn diese erste Übungsreihe abgerundet ist, wird während der ersten Sitzung noch in
hohem Arousal an dem Konzept ‚meine Frau‘ gearbeitet. Die Spannungen und Emotionen, die
dieses Konzept hervorrufen, werden durch den Begleiter auf ein sehr akzeptables Niveau
reguliert. Das sorgt dafür, dass Henk hier geraume Zeit bei bleiben kann.
20. 20
Der zweite Prozess der ReAttach-Methode
Das Neutralisieren der gestörten Konzepte durch das bewusste Hervorholen
und Registrieren von positiver Information
Erst wenn der hier zuvor beschriebene erste Prozess beim Klienten gut verläuft, beginnen wir
mit einem zweiten Prozess, der dann gleichzeitig mit dem ersten in Gang gesetzt wird. Dieser
zweite Prozess richtet sich auf das Hervorholen und bewusste Registrieren von positiver,
bereits im Langzeitgedächtnis gespeicherter Information.
Es ist absolut erforderlich erst einen gut verlaufenden Verarbeitungsprozess einzuüben, ehe
der Begleiter zum zweiten Prozess übergehen kann. Dies ist notwendig, weil der Klient sonst
nicht in der Lage sein wird den zweiten Prozess zu durchlaufen.
1. Beim zweiten Prozess führt der Begleiter den Klienten erst zu einem sehr niedrigen
Arousalniveau.
2. Dann gibt der Begleiter frequentierte, groß geschichtete Suchaufträge, um positive
Information hervorzuholen. Hierdurch kommt beim Klienten ein starker zweite Prozess in
Gang: Er sucht nach positiver Information.
3. Dadurch, dass in der ReAttach-Methode diese beiden Prozesse kombiniert werden, geht
der Klient während des Prozesses viel schneller dazu über, gestörte Konzepte anzupassen.
Hierdurch wird Negativismus neutralisiert und es entstehen mehr realistische Konzepte.
Menschen mit chronischen Beschwerden (Depression, Angst, Zwang) können hierdurch
viel gewinnen.
Der Begleiter verändert Stimme, Intensität und Regulationstempo in einer fließenden
Bewegung in Richtung eines sehr niedrigen Arousalniveaus. Gleichzeitig sorgt der Begleiter
dafür, dass die Aufmerksamkeit des Klienten festgehalten wird. Anschließend gibt er
frequentierte, groß geschichtete Suchaufträge. Im Fall von Henk werden verschiedene
Aufträge gegeben um die folgende Information hervorzuholen:
so viele gute Erinnerungen wie möglich
so viele Dinge wie möglich, die Henk genießt
so viele schöne Momente mit den Kindern wie möglich
so viele gute Erinnerungen an Jolanda wie möglich
Während Henk in niedrigem Arousal nach positiver Information sucht, läuft der erste Prozess
von ReAttach problemlos weiter. Dies sorgt dafür, dass er ambivalente Gefühle erfährt:
positive und negative Emotionen laufen durcheinander, wodurch äußerst negative Gefühle
neutralisiert und angepasst werden.
Am Ende fühlt Henk sich erleichtert. Er berichtet spontan von den guten Momenten, die es in
seinem Leben auch gab.
21. 21
Effektmessung und Überwachung (Monitoring)
Effektivität
Effektmessung ist für uns als Entwickler der ReAttach-Intervention sehr wichtig. Unsere
Absicht ist es Menschen zu helfen. In diesem Sinne streben wir nach positiver Veränderung.
Wir wollen messen, ob wir diese Zielsetzung bei unseren Klienten in Form von Abnahme der
Beschwerden erreichen.
Auch ist es für eine neue Intervention wichtig, unbeabsichtigte negative Veränderungen zu
signalisieren und auszuschließen. Wir finden es unentbehrlich, unser eigenes Handeln und das
der Menschen, die wir ausbilden, zu überprüfen. Wir wollen messen ob die ausgebildeten
Menschen in der Lage sind, die Intervention gut anzuwenden.
Mit dem konsequenten Sammeln von Informationen über die Veränderungen, die unsere
Klienten bezüglich ihrer Beschwerden erfahren, wollen wir eine Übersicht hinsichtlich der
obigen Fragen bekommen.
Monitoring
Neben dem Messen der Effekte halten wir es für geboten die Klienten im Auge zu behalten.
Wir wollen verfolgen können wie es ihnen geht und wie sie die Sitzungen und den Kontakt
erleben. Diese Informationen sammeln wir mittels unseres Kontaktformulars, sodass wir
neben den Effekten auch eine Sicht haben auf die Prozesse, die unsere Klienten durchlaufen.
Ethische Legitimation der Untersuchungen der Praxis
Klienten arbeiten freiwillig mit an den Sitzungen, sowie an den Anfangs- und
Endmessungen.
Über die Zielsetzungen und die Effektmessungen besteht Offenheit.
Die Untersuchungsergebnisse werden anonym verarbeitet.
Die Ergebnisse der Untersuchung haben keinen nachteiligen Effekt für den Klienten.
Die Messinstrumente werden sorgfältig gewählt, so gut wie möglich passend zu der
Zielgruppe.
Die Anfangsmessung: die Beschwerden erfassen und den Ernst der
Problematik taxieren und quantifizieren
Was den Ernst der Problematik bei der Anmeldung betrifft, so sind wir vor allem interessiert
an dem Maße, in dem die Beschwerden des Klienten vom Gemittelten abweichen. Wir
beurteilen den Problemstatus zu Beginn und am Ende. Für die Beurteilung des Problemstatus
22. 22
des Klienten berechnen wir die als Norm geltenden Abweichungsergebnisse und verwenden
dafür den Interpretationsrahmen (Zicht op effectiviteit, Van Yperen & Veerman 2008).
Interpretationsrahmen (Van Yperen & Veerman 2008) für die Abweichungsergebnisse von
Problemen:
Normatives Prozentuales Bedeutung
Abweichungsergebnis Ergebnis
kleiner als 1,00 weniger als 0,84 bedeutungslose Probleme
von 1,00 bis 1,28 0,84 bis 0,89 mäßige Probleme
von 1,29 bis 1,64 0,90 bis 0,94 beträchtliche Probleme
von 1,65 bis 1,96 0,95 bis 0,97 ernste Probleme
größer als 1,96 größer als 0,97 sehr ernste Probleme
Zuverlässigkeit der Veränderung (Reliabilität/Reliable Change)
Es ist für uns wichtig, sowohl bedeutungsvollen Fortschritt als auch bedeutungsvollen
Rückschritt zu signalisieren. Wir testen darum zweiseitig und richten uns nach dem Grenzwert
von 1,96. In der Anleitung der meisten psychologischen Tests stehen die psychometrischen
Daten, die notwendig sind, um für dieses Instrument bei bestimmten Zielgruppen
bedeutungsvolle Veränderungen zu bestimmen.
Messinstrumente
Die Methodik von ReAttach wird bei verschiedenen Zielgruppen eingesetzt, wodurch wir uns
nicht eindeutig für ein Messinstrument entscheiden können. Dies bedingt, für die
Effektmessungen verschiedene, den Zielgruppen angepasste Messinstrumente zu wählen.
Durch Transparenz und das Sammeln strukturierter Daten probieren wir zu einer Arbeitsweise
beizutragen, die man evidence based nennen kann. Wir stellen Ihnen im Folgenden drei
Instrumente vor, die wir benutzen.
1 Die Kurze Beschwerden-Liste (Korte Klachten Lijst KKL)
Allgemein
Die Kurze Beschwerden-Liste inventarisiert das Maß, in dem psychische Beschwerden
vorkommen. Es ist keine spezifische Kenntnis notwendig, um diese Liste anwenden zu können.
Dadurch kann eine große Zahl von Begleitern dieses Instrument nutzen. Die Aufstellung der
Liste nimmt nur einige Minuten Zeit in Anspruch.
Bei der Aufstellung der Kurzen Beschwerden-Liste unterscheidet man zwischen Menschen aus
der allgemeinen Bevölkerung und psychiatrischen Patienten. Bei der Gruppe psychiatrischer
Patienten werden noch Unterschiede gemacht zwischen Männern und Frauen. Der Begleiter
muss also beim Gebrauch dieses Instrumentes angeben, zu welcher Gruppe der Klient gehört.
23. 23
Problemstatus
Die Kurze Beschwerden-Liste enthält eine Reihe von Fragen, mit denen man einen Hinweis
erhalten kann, in welchem Maße jemand leidet. Auf diese Weise bekommen wir einen
Eindruck vom Problemstatus des Klienten.
Das Messen der Zuverlässigkeit der Veränderung mittels der Kurzen Beschwerden-Liste
Wir benutzen die Kurze Beschwerden-Liste auch um die Effektivität von ReAttach evaluieren
zu können. Wir wollen messen ob man sprechen kann von:
- einem bedeutungsvollen Fortschritt,
- keinen Veränderungen (die Probleme bleiben die gleichen), oder
- einem bedeutungsvollen Rückschritt.
Veränderungen von weniger als einem Punkt bei der allgemeinen Bevölkerungsgruppe und
von weniger als zwei Punkten bei den Normgruppen für psychiatrische Patienten sind nicht
der Intervention zuzuschreiben.
Erst wenn eine Verbesserung von mehr als einem Punkt bei der allgemeinen
Bevölkerungsgruppe und von mehr als zwei Punkten bei den Normgruppen für psychiatrische
Patienten auftritt, kann von einem bedeutungsvollen Fortschritt gesprochen werden.
2 Fragenliste Fundamentale Bindungslosigkeit
(Vragenlijst Fundamentele Onthechting VFO)
Allgemein
Die Fragenliste Fundamentale Bindungslosigkeit ist ein Messinstrument um ernsthaft
aggressives und antisoziales Verhalten bei Kindern und Jugendlichen aufzuspüren.
Die Liste enthält 16 spezifische Fragen zu sozialer Bindungslosigkeit (dominantes,
manipulierendes und einschüchterndes Verhalten) und emotionaler Bindungslosigkeit
(gewissenloses, emotionsloses und egozentrisches Verhalten), wovon die Kombination als
sozial-emotionale Bindungslosigkeit bezeichnet werden kann. Die Liste kann durch Eltern,
Lehrer und Begleiter ausgefüllt werden.
Problemstatus
Anhand der Ergebnisse der Fragenliste kann der Problemstatus des Klienten durch den
Gebrauch der richtigen Normtabellen und den angegebenen prozentualen Ergebnissen leicht
bestimmt werden.
Das Messen der Reliabilität mittels der Fragenliste Fundamentale Bindungslosigkeit
Die Zuverlässigkeit der Veränderung (Reliable Change Index RCI) ist leicht zu bestimmen, da
für jede Normtabelle der Standardmessfehler festgelegt ist. Wir sprechen von einer
zuverlässigen Veränderung (Reliabilität), wenn der Unterschied zwischen der Anfangs- und der
Endmessung größer ist als zweimal der Standardmessfehler.
Wir benutzten dieses Instrument bei zwei adoptierten Jugendlichen mit
Verhaltensproblematik wie folgt:
Mädchen 14 Jahre Junge 16 Jahre
Geistiges Niveau IQ 70 – 90 Geistiges Niveau IQ < 70
Hintergrundinformation Adoption Hintergrundinformation Adoption
24. 24
Anfangsmessung Januar 2013 Problemstatus Anfangsmessung Januar 2013 Problemstatus
SEO (P 95-97)
SO (P 98-100)
EO (P 98-100)
ernst
sehr ernst
sehr ernst
SEO (P90-94)
SO (P98-100)
EO (P95-97)
beträchtlich
sehr ernst
ernst
AJB-Normen ältere Mädchen
12-18 Jahre
AJB-Normen ältere Jungens
12-18 Jahre
Endmessung April 2013 Problemstatus Endmessung April 2013 Problemstatus
SEO (P 90-94)
SO (P 90-94)
EO (P 95-97)
beträchtlich
beträchtlich
ernst
SEO (P 60-69)
SO (P 70-79)
EO (P 70-79)
keine Sorgen
keine Sorgen
keine Sorgen
Unterschiede 2* SE Unterschiede 2* SE
SEOdif -18 RCI positiv
SO dif -9
EO dif -11
5
3,6
3
SEOdif -24 RCI positiv
SO dif -22
EO dif -14
6,6
4,4
4
3 Die Schema-Fragenliste von Young (YSQ3)
Allgemein
Die Schema-Fragenliste von Young ist ein Instrument, das bei Erwachsenen mit normaler bis
hoher Begabung angewendet werden kann. Die Liste bringt dysfunktionale Überlebensmuster
(Schemata) ans Licht und das Maß, in dem Menschen Probleme haben, weil sie zu starke
Emotionen haben oder aber zu wenig fühlen.
Problemstatus ins Bild bringen
Die YSQ3-Liste ist ein Instrument um den Ernst der Beschwerden deutlich zu machen. Wir
messen, bei wievielen Grundmustern der Klient hoch, sehr hoch oder im Normbereich liegt.
Auch gibt das totale Punkteergebnis an in welchem Maße der Klient Probleme erfährt.
Die Arbeitshypothese testen
Wir wenden die Schema-Fragenliste an, um unsere Arbeitshypothese zu testen. Wir erwarten
eine Absenkung der Anzahl Überlebensmuster und können mit der Liste messen, ob sie auch
wirklich eingetreten ist.
Anmerkung
Wenn Klienten so viele psychische Beschwerden haben, dass sie nicht in der Lage sind
während der Anfangsmessung diese Liste auszufüllen, ziehen wir es vor ein kurzes Instrument
einzusetzen, um eine weitere Belastung des Klienten zu verhindern.
25. 25
Ein spezielles Protokoll für Menschen mit Autismus
Ausgangspunkt
Kinder und Erwachsene mit einer Störung im Autismusspektrum verarbeiten Informationen
auf eine andere Art. Aufgrund unserer Erfahrungen beim Arbeiten mit dieser Zielgruppe haben
wir ein angepasstes Protokoll entwickelt, sodass auch Menschen mit Autismus von der
ReAttach-Methode profitieren können.
Zielsetzung
Für Menschen mit Autismus streben wir in erster Linie folgende primäre Ziele an:
Verbesserung der sensorischen Integration
schnelles und adäquates Trainieren sozial kognitiver Fähigkeiten, wie zum Beispiel theory
of mind und soziale Konzeptformung
Verbesserung des exekutiven Funktionierens durch Entlastung des Gehirns und Trainieren
von Hervorholen, Registrieren und zusammenhängender Verarbeitung von Information
Anschließend streben wir folgende sekundäre Ziele an:
Entwicklung eines realistischen, zusammenhängenden Selbstkonzeptes
Erlernen adäquater Coping-Methoden
Stimulierung von Aktivitäten, die zur Selbstentwicklung führen
Zielgruppe
Die Zielgruppe ‚Kinder und Erwachsene mit Störungen aus den Autismusspektrum‘ ist divers.
Es bestehen große Unterschiede bezüglich Alter, Leistungsfähigkeit und Entwicklungsniveau.
Das Maß, in dem wir Wachstum bewerkstelligen können, hängt von mehreren Faktoren ab.
Wir wollen Maßarbeit bieten und dafür sorgen, dass die Erwartungen explizit auf den
individuellen Klienten abgestimmt sind. Auch Klienten, die sowohl eine Störung aus dem
Autismusspektrum als auch eine geistige Behinderung haben, können am ReAttach-Programm
teilnehmen.
Der erste Prozess der ReAttach-Methode bei Autismus
Das Wiederherstellen einer sicheren Bindung und damit das Stimulieren von
Verarbeitung
Der integrative Teil: Denkaufgaben
1. Optimierung der Aufmerksamkeit
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So wie Kinder vollständig aufgehen in ihrem Spiel, so bringen wir unsere Klienten in einen
Zustand, in dem sie mittels der Aufmerksamkeitsregulation vollständig aufgehen in dem
Prozess.
Information aus den Sinnesorganen wird von Menschen mit Autismus oft auf eine
besondere Art und Weise erlebt. Bei der Regulierung der Aufmerksamkeit von Menschen
mit Autismus benutzt der Begleiter ein großes Arsenal an Möglichkeiten, wobei sowohl die
Sinne fortwährend gereizt werden als auch die Aufmerksamkeit optimiert wird. Der
Begleiter nutzt von körperbezogene Techniken, Abstand, Nähe, Stimme, visuelle Reize
und/oder Geräusche.
Das Ziel des ersten Prozesses ist dasselbe wie bei Menschen ohne Autismus. Jedoch ist das
Bewerkstelligen der Optimierung der Aufmerksamkeit viele Male komplexer und erfordert
ein höheres Maß an Sachverstand, Durchsetzungsvermögen und Geduld.
2. Sensorische Integration
Für die Verarbeitung und Zuweisung ist von Bedeutung, dass das Gehirn im Stande ist,
Informationen, die von verschiedenen Sinnen empfangen werden, zu einem Ganzen
zusammenzufügen. Um dies zu ermöglichen stimuliert der Begleiter pausenlos das
gleichzeitige Verarbeiten von Informationen aus verschiedenen Sinnen. Neben der
taktilen Berührung werden auditive Information und/oder visuelle Information zur
Förderung und Instandhaltung der sensorischen Integration angeboten.
Menschen mit Autismus haben Mühe, mehrere Aufgaben gleichzeitig auszuführen. Die
Verarbeitung der Informationen aus den verschiedenen Sinnen, die via verschiede Kanäle
empfangen werden, wird während des gesamten Prozesses erlernt und festgehalten
werden müssen.
Ein kurzes Stimulieren der sensorischen Integration ist relativ einfach zu erreichen,
zumindest wenn der Klient fähig ist, seine Aufmerksamkeit gut auf sie zu richten. Jedoch
ist das fortwährende Stimulieren der sensorischen Integration, und diese Integration
während des gesamten Prozesses festhalten zu lassen, eine komplexe therapeutische
Fähigkeit. Dies erfordert ein hohes Maß an Sachverstand, weil die Marge, in der das
Arousalniveau vom optimalen Niveau, das notwendig ist für die Verarbeitung, abweichen
darf, schmal ist.
3. Anspornen zur Konzeptformung in entwicklungspsychologischer Reihenfolge
Beim Anbieten von Denkaufgaben wird die entwicklungspsychologische Reihenfolge, in
der sich Konzepte entwickeln, befolgt. Das bedeutendste Konzept ist natürlich das
Selbstkonzept, das in dieser Methode zentral ist und gestärkt wird. Der Begleiter arbeitet
prozessgerichtet an Stelle von inhaltsgerichtet.
Der Klient wird an erster Stelle auf egozentrischem Niveau zur Konzeptformung
angehalten. Der Klient beschäftigt sich praktisch mit Konzepten aus der egozentrischen
Perspektive heraus, während der Begleiter sowohl den Fokus als auch das Arousal im
Auge behält. Der Begleiter reguliert die empfundenen Emotionen und überwacht die
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Heftigkeit und die Intensität der Reaktionen des Klienten. Hierfür ist es notwendig, dass
der Begleiter fähig ist eingehend und kongruent zu reagieren.
Nach ausreichender Übung auf egozentrischem Niveau mit den Konzepten des Selbst und
der (wichtigen) Anderen bringt der Begleiter den Klienten auf ein höheres sozial-
emotionales Niveau: zum Einnehmen einer beiderseitigen Perspektive. Der Klient wird
angespornt, aus der Perspektive des anderen heraus zur (sozialen) Konzeptformung zu
kommen (bei gleichzeitiger, anhaltender Aufmerksamkeitsregulierung). Der Begleiter
sorgt - ebenso wie beim egozentrischen Niveau - für die Emotionsregulierung und die
Stressmodulation. Timing ist bei diesem Schritt sehr wichtig. Viele Klienten brauchen eine
etwas längere Vorbereitungszeit, bevor sie diesen Schritt machen können. Wenn dies als
ein zu großer Schritt erscheint, kann der Begleiter als Zwischenschritt von konkreten
Anweisungen auf dem Niveau der subjektiven Perspektive (differenzieren/ vergleichen)
Gebrauch machen.
Wenn der Klient fähig ist zu sozialer Konzeptformung aus der Perspektive des anderen
heraus, benutzt der Begleiter das soziale Netzwerk einschließlich passender Konzepte, um
via beiderseitiger Perspektiveinnahme zu Selbstreflexion und Selbsteinsicht zu kommen.
Menschen mit Autismus haben eine aufs Detail gerichtete Informationsverarbeitung. Das
Registrieren, Verarbeiten und Speichern von Information in zusammenhängenden
Konzepten ist für sie eine neue Fähigkeit.
Dies bedeutet, dass ihr Gehirn es nicht gewöhnt ist, auf diese Weise Information zu
verarbeiten: sie ist für Menschen mit Autismus nicht selbstverständlich.
Beim Erlernen neuer Fähigkeiten ist es wesentlich, dass der Therapeut gut aufgeklärt ist
über die Architektur, die angelegt werden muss. Der Therapeut wird befähigt sein müssen,
den Klienten Schritt für Schritt durch den Prozess zu lotsen, sodass diese Wege gut
angelegt werden.
Es sind Geduld, extra Erläuterungen und eine andere Trainingsweise erforderlich, um
dafür zu sorgen, dass Menschen mit Autismus Informationsverarbeitungsrouten, die zu
sozialer Konzeptformung führen, erlernen können. Ungeachtet der großen Unterschiede
innerhalb der Zielgruppe ‚Menschen mit Autismus‘ ist die Architektur, die wir anlegen
wollen, die gleiche. Die Schwierigkeiten, die der Therapeut erfährt, sind faktisch die
gleichen, die der Klient mit Autismus in diesem Prozess des Erlernens erlebt. Es ist die
Aufgabe und Verantwortlichkeit des Therapeuten, dies sorgfältig zu begleiten.
4. Geleitete Phantasie
Während des ersten Prozesses von ReAttach kann man - wenn der Prozess des Klienten
Raum dafür bietet und Anlass dazu besteht - mit geleiteter Phantasie arbeiten. Hiermit
kann dem Klienten geholfen werden, komplizierte Konzepte, wie zum Beispiel
Verletzbarkeit, anzupassen.
Der zweite Prozess der ReAttach-Methode bei Autismus
Das Neutralisieren der gestörten Konzepte durch das bewusste Hervorholen
und Registrieren von positiver Information
28. 28
Erst wenn der hier zuvor beschriebene erste Prozess beim Klienten gut verläuft, beginnen wir
mit einem zweiten Prozess, der dann gleichzeitig mit dem ersten in Gang gesetzt wird. Dieser
zweite Prozess richtet sich auf das Hervorholen und bewusste Registrieren von positiver,
bereits im Langzeitgedächtnis gespeicherter Information.
Es ist absolut erforderlich erst einen gut verlaufenden Verarbeitungsprozess einzuüben, ehe
der Begleiter zum zweiten Prozess übergehen kann. Dies ist notwendig, weil der Klient sonst
nicht in der Lage sein wird den zweiten Prozess zu durchlaufen.
1. Beim zweiten Prozess führt der Begleiter den Klienten erst zu einem sehr niedrigen
Arousalniveau.
2. Dann gibt der Begleiter frequentierte, groß geschichtete Suchaufträge, um so viel wie
möglich essentielle Information hervorzuholen. Hierdurch kommt beim Klienten ein
starker zweite Prozess in Gang. Der Klient mit Autismus sucht nicht allein nach positiver
Information, sondern auch so viel wie möglich nach essentieller Information, um sie
zusammenhängend in Konzepten speichern zu können.
3. Dadurch, dass in der ReAttach-Methode diese beiden Prozesse kombiniert werden, geht
der Klient dazu über, realistische Konzepte zu formen. Negativismus wird neutralisiert und
die zuvor fragmentarisch gespeicherte Information umgewandelt und erneut platziert. Es
befähigt den Klienten mit Autismus, eine Database mit loser Information über sich selbst
und die Welt zu verändern in ein realistisches, zusammenhängendes Konzept von sich
selbst in Beziehung mit anderen.
Menschen mit Autismus haben Informationen in ihrem Langzeitgedächtnis fragmentarisch
gespeichert. Der zweite Prozess, der bei der ReAttach-Methode in Gang gesetzt wird, ist für
diese spezielle Zielgruppe sehr wichtig. Der zweite Prozess ist erforderlich um auf eine
sorgfältige Weise dem Klienten mit Autismus zu helfen, seine Informationen in einer anderen
Weise zu ordnen. Aufgrund des neu erworbenen Zusammenhangs entstehen Einsicht und
Übersicht.
29. 29
Untersuchungen in der Praxis
ReAttach wurde im November 2012 entwickelt.
Die Untersuchungen in der Praxis umfassen Ergebnisse bis einschließlich Mai 2013.
Reliabilität
Die obige Grafik zeigt, dass bei der gesamten Gruppe von 122 Kindern und Erwachsenen, die
die ReAttach-Sitzungen absolviert haben, zuverlässige Fortschritte gemessen werden konnten.
6 Klienten meldeten am Ende des Zeitraums keine messbaren Ergebnisse. Bei keinem der
Klienten wurde eine negative Veränderung konstatiert. Die Klienten wurden von fünf
verschiedenen Personen begleitet.
Ausfall
In dem genannten Zeitraum haben sechs Klienten die Sitzungen nicht abgeschlossen. Bei zwei
Klienten war die Rede von Krankheit; sie setzen die Sitzungen möglicherweise zu einem
späteren Zeitpunkt fort. Bei einem Klienten war die Rede von Meldung beim Rat für
Kinderschutz, woraufhin der Klient alle Hilfe abgewiesen hat. Und drei Klienten, die einen
Termin vereinbart hatten, waren - ohne abzusagen - nicht erschienen.
Zielgruppe Erwachsene mit psychischen Beschwerden und normaler Begabung
38 Erwachsene mit psychischen Beschwerden und normaler Begabung haben für die Anfangs-
und Endmessung die Schema-Fragenliste (YSQ3) ausgefüllt.
Die anderen Erwachsenen der Gesamtgruppe hatten entweder eine leichte bis mäßige geistige
Behinderung oder waren durch den Ernst der psychischen Beschwerden nicht ausreichend in
der Lage, die Fragenlisten auszufüllen. Wir arbeiten dann lieber mit anderen Instrumenten, so
wie dem ATCE (Autism Treatment Evaluation Checklist) oder der Kurzen Beschwerden-Liste.
30. 30
Diese Gruppe Menschen gab an, dass sie durchschnittlich durch 7 Überlebensmuster
(Schemata) Probleme erfuhren: von ihnen konnten im Durchschnitt vier stark und drei sehr
stark getriggert werden.
Am Ende wurde beim Schemaniveau bei allen 38 Personen eine zuverlässige Verbesserung
gemessen. Das durchschnittliche Ergebnis bei den triggerbaren Schemata auf der YSQ3-Liste
sackte bei den hohen Anfangsergebnissen von 4,05 auf 1,76 bei der Endmessung und bei den
sehr hohen Anfangsergebnissen von 3,0 am Ende auf 0,84.
Ein Beispiel
Psychotrauma durch Krieg und Gewalt: Kasus G.
Beschreibung der Vorgeschichte
G. ist ein junger Mann, der mit seiner Familie aus Afghanistan geflüchtet ist. Die Bilder in
seinem Kopf, in denen Menschen auf der Straße ermordet oder verfolgt werden, bereiten ihm
Probleme. Er wird von Bildern von ernsthaft verwundeten Kriegsopfern, von Menschen, die
physisch misshandelt werden, und durch die Erinnerung an die Exekution einer unschuldigen
Frau geplagt. Selbst hat G. auch körperliche Gewalt erfahren. In seinem Heimatland
herrschten viele Konflikte und die Familie flüchtete schließlich in die Niederlande. Anfangs war
er erleichtert und es schien ihm dort besser zu gehen. Doch es entstanden
Anpassungsschwierigkeiten. G. fühlte sich anders als niederländische Jugendliche und das
sorgte für Gefühle von sozialer Isolation und Einsamkeit.
31. 31
Grund der Anmeldung
Abscheuliche Erinnerungen und Gefühle wie Hass, Eifersucht und sehr viel Angst verfolgen G.
noch immer und beeinflussen sein Leben auf negative Weise. G. hat große Ambitionen und er
hat viel von sich verlangt, um etwas erreichen zu können. Gleichzeitig merkt er, dass er
konstant gegen seine Ängste und Emotionen anläuft.
Erwartung
G. hofft, dass ReAttach seine Beschwerden vermindern kann und dass er dadurch weniger
durch die Folgen seiner traumatischen Vergangenheit blockiert wird.
Feststellung der Indikation
Alle drei Einschlusskriterien sind gültig:
1. Die Beschwerden passen zu der Zielsetzung von ReAttach.
2. Die Erwartungen, die der Klient äußert, stimmen in ausreichendem Maße mit dem
überein was wir bieten können.
3. Der Klient ist motiviert mit dem ReAttach-Programm zu beginnen und es zu absolvieren.
Ausschlusskriterien:
1. Es ist nicht die Rede von übermäßigem Alkoholgebrauch, nicht die Rede von
Selbstmordgedanken oder -verhalten. Es ist wohl die Rede vom Gebrauch von weichen
Drogen; der Klient gibt an, dass der Konsum nicht exzessiv ist, sondern nur gering.
2. Es ist nicht die Rede von ungünstigen Lebensumständen.
3. Die Problematik des Klienten fällt in das Erfahrungsgebiet und das fachmännische Können
des Begleiters.
Ethische Legitimation
G. kooperiert freiwillig, sowohl bei den Sitzungen als auch bei der Anfangs- und
Endmessung.
Es besteht Offenheit bezüglich der Zielsetzung der Effektmessungen.
Die Untersuchungsergebnisse werden anonymisiert verarbeitet.
G. gibt sein Einverständnis, seinen Fall zu beschreiben und seine Daten für Publikation und
Untersuchung zu verwenden.
Die Anfangsmessung:
die Beschwerden feststellen und den Ernst der Problematik taxieren und quantifizieren
Kurze Beschwerden-Liste:
Das Total-Ergebnis auf der Kurzen Beschwerden-Liste ist 26. Bei der Anfangsmessung wird der
Problemstatus auf der Skala als ernste Problematik eingeordnet. G. gibt an, hauptsächlich viele
Ängste, Konzentrationsprobleme, Gedächtnisprobleme, depressive Beschwerden und
Schlafprobleme zu haben sowie Gereiztheit zu erfahren.
Schemafragenliste von Young (YSQ3):
Auf der YSQ3-Skala sind die Ergebnisse der Anfangsmessung von G. wie folgt:
Emotionale Entbehrung hoch
Verlassensangst hoch
Misstrauen sehr hoch
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Soziale Isolierung sehr hoch
Unzulänglichkeit / Scham hoch
Versagen/Scheitern hoch
Abhängigkeit/Inkompetenz hoch
Anfälligkeit für Schädigungen/Krankheiten hoch
Unterwerfung hoch
Selbstaufopferung hoch
Emotionale Gehemmtheit hoch
Überhöhte Standards/Übertrieben kritische Haltung sehr hoch
Anspruchshaltung/Grandiosität sehr hoch
Negativität/Pessimismus hoch
Bestrafenden hoch
Anzahl hoog: 11
Anzahl zeer hoog: 4
Totales YSQ3-Ergebnis: 838
Prozessbeschreibung
G. war während der ersten Sitzung so angespannt, dass seine Hände transpirierten. Die Art
und Weise des Arbeitens empfand er als angenehm. Er gab an, den Eindruck zu haben, sich
während der Sitzung nicht gut konzentrieren zu können. Die Erklärung, dass die meisten
Menschen dies so empfinden, beruhigte ihn.
Nach der ersten Sitzung fühlte G. sich einige Tage deutlich erleichtert. Danach merkte er, dass
ein Veränderungsprozess in Gang gekommen war. Die abscheulichen Bilder aus der
Vergangenheit drängten sich immer weniger häufig auf. Er bekam Raum, um sich mit aktuellen
Dingen zu beschäftigen, ohne dass Spannungen damit interferierten. Nach der dritten Sitzung
berichtete G. von einer Verhaltensveränderung in dem Sinne, dass er anders auf Spannungen
von außerhalb reagieren kann. Es kostete ihn deutlich weniger Mühe, auf eine bewusste
Weise mit Spannungen und Emotionen umzugehen. Er gab an, dass sich dies anfühlt wie
Kontrolle zu bekommen über das eigene Funktionieren.
Am Ende des Programms zeigte sich, dass in positivem Sinne doch viel verändert war. Auch
neue, stressvolle Geschehnisse bekommen nun schneller einen Platz, wodurch G. das Gefühl
hat, sein Leben besser bewältigen zu können. Die Schlafprobleme sind stark zurückgegangen.
Trotz der Tatsache, dass die (sozialen) Ängste ansehnlich abgenommen haben, findet G. es
doch noch schwer, spontan Kontakt zu Altersgenossen, die in der Niederlande geboren sind,
aufzunehmen. Er möchte gerne mehr Selbstvertrauen aufbauen. Auch der Leistungsdruck, den
er sich selbst auferlegt, ist noch groß. Obwohl er sich dessen bewusst ist, gelingt es ihm noch
nicht, mit weniger guten Leistungen zufrieden zu sein.
Endmessung
Auf der Kurzen Beschwerden-Liste ist das Ergebnis von 26 auf 10 gesunken.
Man kann von einer zuverlässigen positiven Veränderung sprechen.
Auf der YSQ3-Skala ist das Total-Ergebnis von 838 auf 496 gesunken.
Es gibt signifikant weniger triggerbare Überlebensmuster, nämlich:
Emotionale Entbehrung hoch
Selbstaufopferung hoch
Überhöhte Standards/Übertrieben kritische Haltung sehr hoch
33. 33
Bestrafenden hoch
Empfehlung
G. hat in seinem Leben viel mitgemacht und dadurch stärker als andere Altersgenossen das
Bedürfnis, sich zu beweisen. Aus den Schemata, die noch auf Trigger reagieren, offenbart sich,
dass er emotionale Überreaktionen zeigt, wenn er denkt, dass er nicht gesehen wird, oder
wenn er das Gefühl hat, dass er für jeden ständig sein Bestes geben muss und trotz alledem
den Erwartungen doch nicht entsprechen kann. Er will sich beweisen und reagiert bestrafend,
wenn andere Menschen nicht auch ihr Bestes geben.
Der Stand der Dinge wird mit G. besprochen. Angesichts der Entwicklung, die er durchgemacht
hat, will er probieren, diese Probleme selbst zu lösen.
ReAttach und Autismus
Autismus und geistige Behinderung, ohne Sprechen
Innerhalb der Gruppe von Kindern mit einer geistigen Behinderung und Autismus sahen wir
drei besondere Fälle. Es betraf ein Mädchen und zwei Jungen, die stumm waren.
Sie haben gemeinsam, dass sie um das Alter von einem Jahr ein paar Worte gebrabbelt hatten,
danach aber nicht mehr sprachen.
Kind 1 ist ein 9-jähriger Junge mit der Diagnose klassischer Autismus.
Kind 2 ist ein 8-jähriger Junge mit der Diagnose klassischer Autismus.
Kind 3 ist ein 12-jähriges Mädchen mit der Diagnose klassischer Autismus.
Für alle drei Kinder wurde bei der Anfangs- und Endmessung die Autism Treatment Evaluation
Checklist (ATEC) des Autism Research Institute verwendet (B.Rimland, S.M. Edelson, San Diego
CA (1/11/99).
Kind mit Autismus und geistiger Behinderung - ATEC Total-Ergebnis
Bei allen Kindern ist das totale ATEC-Ergebnis, das die autismusrelatierte Problematik angibt,
nach 3 Monaten deutlich gesunken.
34. 34
Kind mit Autismus und geistiger Behinderung - Sprechen / Sprache/ Kommunikation
Vor Beginn der Intervention befanden die Kinder sich bezüglich Sprache, Sprechen und
Kommunikation auf gleichem Entwicklungsniveau. Das ist auf der obigen Grafik mit den ATEC-
Ergebnissen gut zu erkennen. Nach 3 Monaten ist bei den Kindern auf diesem Gebiet eine
deutliche Entwicklung zu verzeichnen.
Wir sahen, dass diese Kinder Laute zu bilden begannen, die am Beginn des
Behandlungszeitraums deutlich auf Kommunikation gerichtet waren. Schon bald darauf
nahmen die Kinder das Sprechen wieder auf dem Niveau auf, auf dem sie - Jahre zuvor -
stehen geblieben waren. Eine erste Wortbildung kam wieder in Gang.
Kind mit Autismus und geistiger Behinderung - Sozialer Umgang
Wir sehen, dass die Kinder sich auch im sozialen Umgang bedeutend verbessert haben.
35. 35
Kind mit Autismus und geistiger Behinderung – Sensorische / kognitive Aufmerksamkeit
Die Informationsverarbeitung und das Lernen hat sich bei allen Kindern verbessert.
Ein Kind zeigte erst kaum Initiative, etwas selbst zu tun. Nun zeigt es deutlich exploratives
Verhalten und Spiel. Ein anderes Kind zeigt nun ein Verhalten, das in die sogenannte
‚Trotzphase‘ passt: es selbst machen wollen. Jedes der Kinder lässt in seinem Verhalten
deutlich erkennen, dass es ein Verständnis vom Selbst entwickelt hat.
Kind mit Autismus und geistiger Behinderung - Körperliche Gesundheit und Verhalten
Auch sind weniger Beschwerden auf dem Gebiet von körperlicher Gesundheit und Verhalten
zu verzeichnen. Stereotype Bewegungen, Essstörungen und Schlafprobleme haben deutlich
abgenommen. Die Kinder machen einen glücklicheren Eindruck.
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Schlusswort
Sehr geehrter Leserin, sehr geehrte Leser,
wir stehen am Beginn der Entwicklung einer neuen und vielversprechenden, kurz dauernden
Behandlungsmethode. Diese Intervention wurde mit Enthusiasmus entwickelt und - mit durch
die positiven Resultate - von Kollegen und Kolleginnen mit großer Lernbegierde
aufgenommen.
Von Januar bis einschließlich Mai 2013 wurden 22 Begleiter in der ReAttach-Methode
ausgebildet. Das bedeutet, dass uns aus verschiedenen, professionellen Blickwinkeln und
Anwendungsbereichen auch weiterhin Effektmessungen zufließen werden für die Auswertung.
So werden wir von unserer Organisation aus strukturiert die Praxisuntersuchungen fortsetzen.
Darüber hinaus werden wir die Menschen, die wir ausgebildet haben, auch in Zukunft mittels
Supervision begleiten, um den Klienten, die von der ReAttach-Methode profitieren wollen,
eine qualitativ hochwertige Behandlung garantieren zu können.
Wir erwarten, dass wir als lernende Organisation mit der ReAttach-Methode noch weitere,
spannende Entwicklungen erleben werden. Und darauf freuen wir uns!
Herzliche Grüße,
Paula Weerkamp-Bartholomeus
ReAttach Therapy Institute
37. 37
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