1. Geistliche Abendmusik in St. Martin Illertissen
ILLERTISSEN. Geistliche Abendmusik
auch in schlichter Form darzubieten, phne
auf die FUlle an Instrumentalisten und Soli-
sten zuruckzugreifen, 1st bei unseren Kir-
chenkonzerten selten geworden. In der Iller-
tisser Pfarrkirche St. Martin ging man bei
der Einstimmung auf das Patronatsfest an-
dere Wege: Schon in der Ankundigung zum
gelstlichen Konzert wurde darauf hingewie-
sen, dafi dieser Abend ,,ganz von eigenen
Kraften" gestaltet wurde. So erwarteten die
90 Konzertbesucher ,,nur" der Kirchenchor
I unter Leitung yon Otto Mitteibach sowieRai-
' ner Langhans, geburtiger Illertisser Musik-
i student, an der Orgel.
Nach Buxtehudes Ciaconna in c-moll, ge-
spiel von Rainer Langhans, folgten drei
Chorwerke von Heinrich Schiltz: ,,Wohl de-
nen, die da wandeln", ,,Aller Augen warten
auf dich" und „Von Gott will ich nicht
lassen". Gerade letzterer Chorsatz, gepragt
durch den Wechsel von Zweier- und Dreier-
takt, gefiel dufch Leichtigkeit und groBzUgl-
ge Linienftthrung.
Ebenfalls zur Standardliteratur zahlt Pito-
nis ,,Cantate Domino". Dieses kleine Werk
laBt aufgrund seiner textlichen wie musika-
lischen Gliederung erstaunlich viele Inter-
pretationsmbglichkeiten zu. Otto Mitteibach
legte bei seiner Interpretation Wert auf for-
ciertes ausdrucksstarkes , .Exsultent, in rege
suo". Die hier verlangten imitatorischen
Einsatze bewaltigte der Chor ohne Proble-
me, was yon solider Probenarbeit zeugt,
Warum nach dem barocken Pitoni der
Sprung zu Bruckners ,,Locu3 iste" gemacht
wurde, um dann den Zuhorer mit zweiBach-
Werken wieder zurxick in die Barockzeit zu
holen, war nicht einleuchtend. Dennoch tat
dies der chorischen Leistung bei der Bruck-
ner-Motette keinen Abbruch. Crescendo und
Ducrescendo fanden sich bei der Interpreta-
tion wieder. , - ; ,
Hugo Distlers kleine Choralmotette ,,Lobe
den Herren" forderte den Chor aufgrund sei-
nes standigen Taktwechsels zu rhythmischer
'Prazision heraus, was auch gelang. Jedoch
hiltte gerade bei diesem Werk eine gelocker-
tere Atemtechnik der Motette mehr Leich-
tigkeit verliehen und vor allem denSopranen
einen weicheren Tonansatz beschert, Mit der
Wiedergabe des St.-Martins-Liedes, chorisch
bearbeitet von Otto Mitteibach, schlofl der
vokale Tell. Anneliese Schachtner intonierte
dezent die Chorwerke am Orgelppsitiv. '
Eine uberzeugende Leistung bot Rainer
Langhans an der Orgel mit Werken vonBux-
tehude, Bach und Peloquin. In ,,O Mensch,
bewein dein Slinde groB", ,,Wirglauben an
den einen Gott" und ,,Toccata, Adagio,Fuge
in C-Dur" bewies der jugendliche Organist,
der in KUrze am Mozarteum in Salzburg sein
Orgeldiplom ablegen wird, Ausgeglichenheit
im Tempo und gekonnte Spieltechnik. Feh-
lende Erfahrungen beim Registrieren ba-
rocker Werke wird der jugendliche Organist
bestimmt noch nachholen kdnnen. Den Ab-
schluB der geistlichen Abendmusik kronte
die Toccata des amerikanischen zeitgenbssi-
schen Komponisten Peloquin. Mit Mixturen
nahmen hier die Toccatenlaufe ihren An-
fang, um im con-prio-TempodesSechs-Vier-
tel-Taktes das Werk zu durcheilen, ein sei-
nem Aufbau an franzOsische Orgelromanti-
ker erinnernd, bei denen auch das Pedal eine
dominierende Rolle spielt. Zweifellos ver-
dient Rainer Langhans fur dasletztgespielte
Werk uneingeschrankte Anerkennung. ;
, / , , ; , . , ; • Lothar Damm