Viele Menschen fühlen sich in einer komplex gewordenen Welt oftmals überfordert. Gleichzeitig sind aber auch fast alle Menschen viel, viel leistungsfähiger, als sie es sich selbst zutrauen.
Wie lässt sich diese Diskrepanz auflösen? Wie schaffen es Organisationen, das Leistungspotenzial der Mitarbeitenden zu entfesseln? Oder: Warum ist Organisationen das bis heute – trotz vieler Anstrengungen – nicht gelungen?
Wendes Buch liefert Antworten und zeichnet ein optimistisches Zukunftsbild. Die Lösung liegt nicht in mehr Druck, mehr Effizienz oder gar Angst vor dem Abstieg. Es geht besser und gesünder: Menschen – das liegt in ihrer Natur – wollen gerne leisten, ihr Potenzial entfalten und zum Nutzen eines größeren Ganzen beitragen.
Erst wenn wir diesen Grundbedürfnissen Rechnung tragen und die entsprechenden Rahmenbedingungen schaffen, werden Menschen mehr und besser arbeiten und gleichzeitig weniger leiden.
6. Inhalt
Über den Autor ................................................................................. 7
Intro: Menschen wollen viel leisten ..................................................... 9
1. Die wahre Chance der Digitalisierung:
Jenseits der Vermessung der Mitarbeiter ........................................ 33
2. Hochleistungsorganisationen sind prozessorientiert:
Silodenken hat endgültig ausgedient ............................................ 55
3. Mentale Fitness und Flexibilität:
Vom Dranbleiben und Loslassen .................................................... 77
4. Wozu Mitarbeiter emotionale Einbindung brauchen:
Kenne deine Mitarbeiter .............................................................. 97
5. So entfalten Emotionen in Hochleistungsorganisationen Nutzen:
Wertschätzung zählt, nicht Lob ................................................... 119
6. Einfach nur dumm gelaufen: Fehlerkultur neu gedacht ................... 139
7. Führen mit flexiblem Ego: Augenhöhe statt top-down .................... 161
8. Hochleistung beginnt bei jedem selbst:
Vor der eigenen Haustüre kehren ................................................ 179
9. Rationale, emotionale und spirituelle Intelligenz:
Auf der dritten Spur zum Ziel ...................................................... 197
10. Conclusio: Wenn Menschen machen wollen, was sie machen sollen....219
Nachwort: Rasenpflege ................................................................. 241
Anhang ....................................................................................... 243
7.
8. Über den Autor | 7
Über den Autor
Der promovierte Biologe und Betriebswirt Gundolf R. Wende ist Experte
für Business Excellence. Der Naturwissenschaftler weiß, wie man Hoch-
leistungsorganisationen schafft. In seinen Teams arbeiten Menschen gerne
und viel – ohne Druck, frei von Zwang, dafür mit umso mehr emotionaler
Einbindung und mentaler Fitness und Flexibilität. Mit der Kombination aus
seinem beobachtenden, naturwissenschaftlichen Blick auf die Dinge, seiner
sehr hohen Empathie und seiner jahrzehntelangen Erfahrung kann er Men-
schen begeistern.
Gundolf Wendes Werdegang ist von Vielfalt und der Überwindung schein-
barer Polaritäten geprägt: Nach einer kaufmännischen Ausbildung studier-
te er an nationalen und internationalen Hochschulen neben Biologie und
Wirtschaftswissenschaften auch Philosophie, Psychologie, Wirtschafts-
und Sportpsychologie, Soziologie sowie Medizin. Seine Abschlüsse erwarb
er in Wirtschaftswissenschaft und Biologie, wo er schließlich auch promo-
vierte. Anschließend arbeitete er als Manager in unterschiedlichen Posi-
9. 8 | Über den Autor
tionen zum Beispiel als Internationaler Vertriebsleiter, als Direktor und als
Geschäftsführer sowie in unterschiedlichen Branchen der Medizintechnik,
Pharma und Biotechnologie.
Der wichtigste Erfahrungswert des Autors aus langer Praxis in Unterneh-
men: Hochleistung kann es nur dort geben, wo echte Prozessorientierung
herrscht, Menschen sich emotional eingebunden, mental gestärkt und
flexibel fühlen sowie weitestgehend ohne äußere Störfaktoren arbeiten
können. Dann sind qualitativ und quantitativ bessere Ergebnisse – in der
gegebenen Arbeitszeit – fast schon ein Nebeneffekt.
Kontakt
E-Mail: office@gundolfwende.com
Web: www.gundolfwende.com
11. 10 | Intro: Menschen wollen viel leisten
Montagvormittag, halb elf. Ich stehe allein in unserem Meetingraum und
atme durch. Gerade eben bin ich zusammen mit meinem Team alle Aufzeich-
nungen des hinter uns liegenden Wochenendes durchgegangen. Nichts
Dringendes mehr zu tun heute Vormittag. Vielleicht noch ein paar kleine-
re Anpassungen an einzelnen Arbeitsplätzen. Aber grundsätzlich gilt: Die
IT läuft. Wir haben das komplette Wochenende durchgearbeitet: Zwischen
Freitagnachmittag und Sonntagabend die IT heruntergefahren, dann einen
neuen Server eingerichtet, alle Arbeitsplätze mit neuen Computern ver-
sehen, aktuelle Software installiert und sichergestellt, dass heute Morgen
um acht Uhr alle wieder ganz normal arbeiten können. Das ist uns auch ge-
lungen. Und nicht nur das – wir haben damit die Digitalisierung unseres
Unternehmens entscheidend vorangetrieben. Die Kolleginnen und Kolle-
gen können jetzt beispielsweise alle Dokumente digital unterschreiben. Das
durchgearbeitete Wochenende hat sich also gelohnt.
Ein paar meiner Teammitglieder stehen noch draußen im Foyer vor dem Be-
sprechungsraum und unterhalten sich. Während ich meine Textmarker und
Haftnotizen einpacke und das Kabel meines Laptops ordentlich zusammen-
rolle, höre ich Fetzen ihres Gesprächs.
»Saskia, war das nicht eine große Anspannung? Das ganze Wochenende
durchzuarbeiten und deine Familie nicht zu sehen?« Das ist die Stimme mei-
ner Kollegin Karin.
»Das schon! Wir haben fast rund um die Uhr gearbeitet – aber bislang sieht
es so aus, als ob wir alles auf die Minute pünktlich fertig bekommen hät-
ten!« Ich sehe Saskia vor meinem inneren Auge, wahrscheinlich grinst sie
breit, als sie diese Sätze sagt.
»Also, ganz ehrlich: Ich bewundere dich«, antwortet Karin da. »Wie machst
du das bloß immer? Das ganze Wochenende durcharbeiten und heute gut
gelaunt hier stehen und vor Tatendrang platzen. Ein Mysterium.«
12. Intro: Menschen wollen viel leisten | 11
»Da ist kein großes Geheimnis dahinter«, sagt Saskia. »Ich arbeite einfach
gerne in meinem Team, egal, ob es nun dieses Projektteam hier ist oder
mein ganz reguläres Team. Wir verstehen uns gut und vergessen dabei die
Zeit. Es fühlt sich überhaupt nicht wie Arbeit an.«
Nun muss ich auch grinsen – denn es stimmt, was sie sagt. Saskia ist in
diesem IT-Infrastrukturprojekt meine stellvertretende Projektleiterin. Wir
arbeiten eng und gut zusammen. Dabei vergessen wir oftmals wirklich alles
um uns herum. Auch in ihrem regulären Team arbeitet Saskia in ähnlicher
Weise.
»Wow!« Karin seufzt ein bisschen. »So was wünsche ich mir auch. Ich quäle
mich hier ja eher so durch.«
»Unser Projektleiter macht das aber auch echt gut. Und auch meine Team-
leiterin. Die hat immer die Ruhe weg. Lässt jede von uns ihre Aufgaben so
erledigen, wie wir das für richtig halten. Quatscht uns da überhaupt nicht
rein. Und kontrolliert auch nicht ständig alles.«
»Aber es muss doch hinterher alles stimmen und korrekt sein! Das muss
eure Chefin doch überprüfen!« Karins Stimme wird ein bisschen schrill.
»Ja, klar, die Zahlen und Fakten müssen stimmen«, antwortet Saskia. »Das
tun sie aber immer. Bei unseren Projekten tragen wir große Verantwortung.
Dessen sind wir uns sehr bewusst. Jeder von uns legt sich richtig ins Zeug.«
»Tja, dann hast du es gut. Mein Chef will quasi stündlich von mir wissen, was
ich mache, und korrigiert schon in meinen Dokumenten herum, während ich
noch daran arbeite. Ich stehe ständig unter Strom deswegen. Und meinst
du, ich würde auch nur einmal von ihm hören, dass das, was ich da jeden Tag
stundenlang tue, hilfreich für ihn ist? Zum Wegrennen eigentlich.«
13. 12 | Intro: Menschen wollen viel leisten
Karin unterbricht ihren Redefluss für eine Sekunde. »Oh, schon so spät. Ich
muss jetzt mal loslegen mit meiner Präsentation, sonst wird das morgen
nichts. Aber ich beneide dich wirklich ein bisschen. In so einem Klima zu
arbeiten – das habe ich mir immer gewünscht. Vielleicht sollte deine Team-
leiterin mal mit meinem Chef reden ...«
Saskia steht auf einmal in der offenen Tür des Meetingraums. »Hast du ge-
hört, was Karin gesagt hat, Gundolf?«
»Ja, habe ich«, antworte ich ihr. »Unser Team entwickelt wieder mal enorme
Strahlkraft nach außen.«
Da grinst Saskia schon wieder.
Menschen benötigen für hohe Leistung keine
Kennzahlen
Die Arbeitswelt könnte so schön sein: Mitarbeiter, die genau das machen,
was sie gut können. Führungskräfte, die erkennen, wie ihre Mitarbeiter
ticken, sie entsprechend an den passenden Arbeitsplätzen einsetzen und
ihnen gegenüber Wertschätzung ausdrücken. Augenhöhe zwischen allen
Beteiligten. Menschen, die viel leisten und dies gerne tun. Einfach, weil sie
es wollen. Und deshalb fast schon automatisch Ergebnisse liefern, die auf
jeder Ebene stimmen. Wenn es überall so liefe, dann hätten alle Organisa-
tionen schon die ersten wichtigen Voraussetzungen erfüllt, um eine Hoch-
leistungsorganisation werden zu können.
Doch was geschieht stattdessen in den meisten Unternehmen? Führungs-
kräfte geben die Art und Weise vor, wie gearbeitet werden soll – nämlich so,
wie sie selbst es tun. Sie behandeln die Mitarbeitenden alle gleich, anstatt
sie als Individuen mit unterschiedlichen Talenten, Herangehensweisen und
Bedürfnissen zu sehen. Kenn- und Ergebniszahlen sind das Maß aller Din-
14. Intro: Menschen wollen viel leisten | 13
ge. Sie bestimmen den Takt – und werden in der falschen Nutzung der Di-
gitalisierung auch noch zur Vermessung der Mitarbeiter eingesetzt. Jeder
klammert sich an seine eigenen Aufgaben- und Funktionsbereiche. Das, was
im Prozess davor oder danach geschieht? Nach mir die Sintflut! Wer Fehler
macht, wird dafür zur Rede gestellt: »Kein Problem, Herr Müller, dass hier
was schiefgelaufen ist. Aber das darf auf keinen Fall noch einmal passieren
– denn das würde ja bedeuten, dass Sie nichts daraus gelernt hätten, und
das geht gar nicht!«
Um hohe Leistungen zu bringen, brauchen Menschen jedoch nicht in ers-
ter Linie Kennzahlen. Sie brauchen auch keine exakten Vorgaben, wie sie
arbeiten sollen. Oder akribische Fehlerkontrollen. Menschen haben in Ge-
meinschaften – und nichts anderes als eine Gemeinschaft ist ein Unterneh-
men – nur ein wirklich großes Bedürfnis: Das nach Zugehörigkeit. Und diese
Zugehörigkeit spüren sie am ehesten, wenn sie sich emotional eingebunden
fühlen.
Das Bedürfnis nach Zugehörigkeit gehört zum Menschsein wie der Schwanz
zum Hund. Es hat mit Ängstlichkeit und ungesundem Anklammern nichts zu
tun. Sondern es ist eine biologische Notwendigkeit: Wer in Urzeiten nicht
mehr zur Gruppe gehörte, wer ausgestoßen wurde, der starb. Entweder weil
er von wilden Tieren gefressen wurde, verhungerte, verdurstete oder an
emotionaler Einsamkeit zugrunde ging. Und das war nicht nur im Pleistozän
so, sondern gilt bis heute. Wenn Säuglingen menschliche Interaktion ver-
weigert wird – kein Augen- und Hautkontakt, keine Mimik, keine Ansprache
–, dann nützt es auch nichts, wenn ihre übrigen Grundbedürfnisse, wie bei-
spielsweise die nach Nahrung, Wärme und Sauberkeit, gestillt werden: Sie
sterben dennoch.
Ganz ähnlich geht es erwachsenen Menschen in den unterschiedlichen so-
zialen Systemen, in denen sie sich bewegen und zu denen natürlich auch
Unternehmen gehören: Wenn sie sich dort emotional nicht eingebunden
und nicht als Mensch, nicht als Individuum wahrgenommen fühlen, dann
15. 14 | Intro: Menschen wollen viel leisten
verhungern sie emotional. Da können sie noch so sehr ihre Arbeitsabläu-
fe optimieren, von Meeting zu Meeting hasten und ihren geliebten Kenn-
zahlen hinterherrennen. Es hilft alles nichts. Sie werden immer unter ihren
Möglichkeiten bleiben. Erst sobald ihr Bedürfnis nach Nähe und Zugehörig-
keit gestillt ist, laufen sie zu ihrer Bestform auf – und arbeiten nicht nur,
ohne zu leiden, sondern liefern auch noch die qualitativ und quantitativ
besten Ergebnisse. Dadurch reduzieren sich Fehlzeiten, Konfliktkosten und
Projektabbrüche – was Milliardenverluste verhindert.
Was braucht eine Mitarbeiterin, die am liebsten
gehen würde?
Dazu fällt mir eine Mitarbeiterin ein, die in einem mittelständischen Unter-
nehmen einmal zu meinem Team gehörte. Frau Flommersfeld arbeitete in
Teilzeit bei uns und säuberte morgens die Büros, bevor alle anderen zur
Arbeit erschienen. Hin und wieder übernahm sie auch kleinere Zuarbei-
ten. Ich sah sie nur ab und zu, wenn ich früher als sonst ins Büro kam. Was
mir dabei immer auffiel, und ich war nicht der Einzige, war, dass sie die
schlechteste Laune von allen hatte, die ich je in diesem Unternehmen ein-
und ausgehen sah. Nicht nur das. Sie verzeichnete auch die meisten Fehl-
tage. Gleichzeitig hatte ich immer den Eindruck, dass sie mehr konnte, als
nur Schreibtische abzuwischen und Papierkörbe zu leeren. Denn trotz ihrer
schlechten Laune wirkte sie energiegeladen und wach, sie erledigte ihre
Arbeit schnell und gründlich, ihr entging nichts. Eines Morgens fand ich
ihre Kündigung auf meinem Schreibtisch. Am nächsten Tag ging ich extra
früh ins Büro, damit ich sie persönlich um ein Gespräch bitten konnte.
Als wir uns am Besprechungstisch in meinem Büro gegenübersaßen, sagte
ich zu ihr: »Frau Flommersfeld, ich habe zwar Ihre Kündigung bekommen,
und ich sehe ja auch, dass Sie offensichtlich wenig Spaß an der Arbeit hier
haben – aber was halten Sie denn davon, wenn ich Ihnen eine bessere Auf-
gabe gebe, anstatt Sie gehen zu lassen?«
16. »
«
Erst sobald das Bedürfnis von Menschen
nach Nähe und Zugehörigkeit gestillt
ist, laufen sie zu ihrer Bestform auf –
und arbeiten nicht nur, ohne zu leiden,
sondern liefern auch noch die qualitativ
und quantitativ besten Ergebnisse.
Dadurch reduzieren sich Fehlzeiten,
Konfliktkosten und Projektabbrüche – was
Milliardenverluste verhindert.
17. 16 | Intro: Menschen wollen viel leisten
Frau Flommersfeld bekam große Augen. »Was wollen Sie? Mich befördern?
Das kapiere ich jetzt nicht! Sie haben da meine Kündigung in der Hand. Ich
will hier nicht mehr arbeiten.«
»Das habe ich verstanden. Ich habe allerdings den Eindruck, dass Sie mehr
können, als frühmorgens Büros zu putzen. Ich mache Ihnen einen Vor-
schlag: Wir gehen jetzt zusammen hinüber in die Produktion und ich stelle
Sie der Schichtleiterin dort vor. Ich weiß, dass sie dringend jemand in der
Qualitätskontrolle braucht, der die Qualität an verschiedenen Stellen des
Produktionsprozesses überprüft. Ihre Arbeitszeiten wären allerdings ein
bisschen anders als jetzt und Sie würden auch nicht mehr alleine arbeiten.«
»Oh, das würde mich überhaupt nicht stören, im Gegenteil. Dass ich immer
alleine arbeite, war ja mit ein Grund für mich, zu kündigen.«
»Das habe ich mir schon gedacht«, antwortete ich. »Vielleicht probieren
Sie einfach mal eine Woche lang aus, wie Sie mit der neuen Tätigkeit klar-
kommen. Vorausgesetzt, die Schichtleiterin nimmt Sie, natürlich. Und dann
reden wir noch mal über Ihre Kündigung. Bis dahin tue ich einfach so, als
hätte ich sie nie bekommen.«
Eine Woche später saß mir eine strahlende Frau Flommersfeld gegenüber.
Wir redeten ein paar Minuten zusammen und es zeigte sich: Meine Rech-
nung war aufgegangen. Sie fühlte sich gesehen, eingebunden, sie sah einen
Sinn in dem, was sie da nun täglich in der Produktion tat. Sie hatte Kontakt
zu Kolleginnen und Kollegen, erhielt Wertschätzung, erreichte gemeinsam
mit ihnen Ziele – sie war ein Teil des Ganzen geworden. Ihre Kündigung zer-
riss ich vor ihren Augen und warf sie in den Papierkorb.
18. Intro: Menschen wollen viel leisten | 17
Zeitgemäße Parameter für Hochleistung statt noch
mehr Druck
Die Geschichte von Frau Flommersfeld zeigt in meinen Augen deutlich, wa-
rum emotionale Eingebundenheit in Organisationen so wichtig ist: Weil
Menschen ihr volles Leistungspotenzial erst dann entwickeln, wenn es ih-
nen gut geht, wenn sie sich gesehen und zugehörig fühlen und wenn sie am
für sie richtigen Arbeitsplatz sitzen. Dann wollen sie viel leisten – sowohl
allein als auch im Verbund mit anderen. Als Motivation dafür dient ihnen
nicht zuletzt ihr Selbstwertgefühl, das in dem Maß steigt, in dem sie an-
spruchsvolle, aber machbare Ziele erreichen. Auch deshalb ist der Wunsch,
viel leisten zu wollen, ähnlich stark wie ihr Bedürfnis nach Zugehörigkeit.
Das lässt sich übrigens schon an kleinen Kindern beobachten: Sie wollen so
sehr laufen lernen, dass sie hunderte Rückschläge in Kauf nehmen und es
so lange probieren, bis es endlich klappt. Ihr Wissensdurst ist unstillbar, sie
lernen in Windeseile die komplexesten Dinge. Daran ändert sich auch später
grundsätzlich nichts: Menschen wollen viel leisten und ihr ganzes Potenzial
einbringen – gerade in den Unternehmen, in denen sie arbeiten. Das gilt für
Führungskräfte wie Mitarbeiter.
In der Realität diktieren jedoch meist Stress, Performance-Druck und jede
Menge Störfaktoren, woran und wie in Organisationen gearbeitet wird. Dies
führt zum einen dazu, dass Menschen in Unternehmen keine Befriedigung
aus ihrer Arbeit ziehen – denn sie bekommen weder den Raum, engagiert
ihren Aufgaben nachzugehen, noch den Anreiz, ihr Potenzial voll auszu-
schöpfen. Zum anderen wirkt sich der Stress, dem die Menschen ausgesetzt
sind, gesundheitlich aus: Die Krankenstände sind so hoch wie nie zuvor.
Fast jeder sechste Fehltag von Arbeitnehmern geht mittlerweile auf eine
psychische Erkrankung zurück. Dies verursacht auch schwere gesamtwirt-
schaftliche Schäden.
19. 18 | Intro: Menschen wollen viel leisten
Die Lösung kann nicht darin liegen, die Menschen in den Unternehmen
mehr anzutreiben, noch höheren Effizienzdruck zu erzeugen oder gar auf
die Angst vor dem Abstieg zu setzen. Es braucht zeitgemäße Parameter,
die für Mensch und Organisation gleichermaßen hilfreich sind. Weil sie den
Menschen ein gesundes Arbeiten, ein menschliches Arbeiten ermöglichen
und der Organisation bestmögliche Ergebnisse bescheren. Von solchen
Parametern für Hochleistung handelt dieses Buch.
Was unterscheidet Leistung, Hochleistung und
Höchstleistung?
Doch was genau ist Hochleistung? Und worin unterscheidet sie sich von
Leistung und Höchstleistung? Diese Unterscheidung zu treffen ist wichtig,
bevor es daran geht, Parameter für Hochleistung zu definieren.
Beginnen wir mit Leistung ganz allgemein. Eine Leistung zu erbringen, be-
deutet zunächst einmal recht unspektakulär: Eine oder einer tut etwas und
erzielt ein Resultat. Nicht mehr und nicht weniger.
Hochleistung heißt: Eine oder einer tut etwas und dies oftmals gemeinsam
mit anderen und erzielt das bestmögliche Resultat – täglich, über einen
langen Zeitraum hinweg. Um dieses Resultat erreichen zu können, braucht
es mehr und andere Informationen als für eine einfache Leistung; der ganze
Prozess ist deutlich komplexer. Und es braucht neben vielen anderen Fakto-
ren vor allem eine Führungskraft, die dem beziehungsweise der Einzelnen
oder dem Team nicht die eigene Herangehensweise aufdrückt, sondern den
Menschen die Freiheit lässt, eine individuelle Herangehensweise zu entwi-
ckeln.
Höchstleistung wiederum umfasst das Vorgenannte und steigert es noch.
Ein dreitägiges Audit mit sechzehnstündigen Arbeitstagen oder ein Projekt
auf der Ziellinie wie bei meiner stellvertretenden Projektleiterin Saskia wäre
20. Intro: Menschen wollen viel leisten | 19
solch eine punktuelle Höchstleistung. Ein Wettkampf im Sport, bei dem die
Athletin alles aus sich herausholt. Ein besonderes Abend-Event, bei dem
der Organisator erst dann Feierabend macht, als es draußen schon wieder
hell wird. Wenn alle alles geben und weder an den Feierabend noch an die
Erschöpfung am nächsten Tag denken.
Der wesentliche Unterschied zwischen der Hochleistung und der Höchstleis-
tung besteht darin, dass Hochleistung dauerhaft möglich ist, die Höchst-
leistung jedoch kurzfristig so intensiv ist, dass sie wirklich nur punktuell
und vorübergehend erbracht werden kann. Viele Führungskräfte gehen hier
in eine Falle – indem sie glauben und erwarten, dass Höchstleistung Tag für
Tag abrufbar sei, und das über einen langen Zeitraum hinweg. So ist es bei-
leibe nicht. Dies ist auch im Spitzensport nicht möglich. Menschen wollen
viel leisten, ja. Aber sie unterliegen auch dem Kreislauf der Natur, und der
sieht so aus: Jegliche Aktivität verläuft in Wellen, in einem unendlichen Hin
und Her, und wer sich angestrengt und verausgabt hat, muss sich erholen
dürfen, sonst bricht er zusammen.
Auch ein Gepard legt sich nach erfolgreicher Jagd – in deren Verlauf er Spit-
zengeschwindigkeiten bis zu hundertdreißig Kilometer pro Stunde erreicht
hat – erst mal wieder zur Ruhe. Und zwar tagelang. Hätte der Gepard einen
über Hochleistung wenig reflektierten Chef, wie er sich in unseren Unter-
nehmen nicht selten findet, dann hörte er vermutlich von diesem: »Jetzt
hast du einmal die Leistung erbracht, die ich von dir immer erwarte. Weiter
so! Und nicht wieder nachlassen!« Damit wäre die Ruhepause für den Gepar-
den gestrichen.
Um es an dieser Stelle noch einmal ganz deutlich zu sagen: Mir geht es in
diesem Buch explizit um die Hochleistungsorganisation und nicht um die
Höchstleistungsorganisation. Letztere kann es in meinen Augen gar nicht
geben. Kein Mensch ist zu permanenter Höchstleistung fähig. Dauerhafte
Hochleistung jedoch – das geht. Und zwar viel leichter, als Sie vielleicht
denken.
21. 20 | Intro: Menschen wollen viel leisten
Führungskräfte brauchen Selbstwahrnehmung und
Selbstreflexion
Auf emotionale Eingebundenheit kommt es entscheidend an, um eine Hoch-
leistungsorganisation zu etablieren. Das haben Sie schon gelesen. Wie Sie
diese emotionale Einbindung in der Praxis erzielen, dazu in den späteren
Kapiteln mehr.
Was zählt noch? Mentale Fitness spielt eine große Rolle – bei allen Men-
schen, die in einer Organisation arbeiten, Führungskräften wie Mitarbei-
tern, aber auch für die Organisation als Ganzes. Mentale Fitness heißt nicht,
immer stark sein zu müssen, jederzeit alles zu können. Sondern mentale
Fitness heißt, klug zu unterscheiden, wann es intensiv an einer Sache dran-
zubleiben gilt, und wann es besser ist, loszulassen und sich schnell an geän-
derte Rahmenbedingungen anzupassen. Mentale Stärke wird allerdings oft
überschätzt. Wir haben in unserer »Schneller, höher, weiter!«-Welt gelernt,
sie als magischen Türöffner für Bestleistungen aller Art anzusehen, egal, ob
es nun um einen Marathon, die Karriere oder ein eisernes Regime bei der Er-
nährung geht. Dabei kommt es auf die Mischung an. Mental fit ist nicht der,
der alles kann, sondern der, der schnell umschaltet, Altes loslässt, Neues
annimmt und sein Verhalten entsprechend anpasst.
Den Führungskräften kommt beim Schaffen einer Hochleistungsorgani-
sation eine besondere Rolle zu. Wenn eine Organisation zur Hochleistung
finden will, ist es unter anderem wichtig, dass ihre Alphatiere sich zurück-
nehmen, sprich: Ihr Ego immer öfter einmal loslassen. In einer Hochleis-
tungsorganisation muss Augenhöhe unter den in ihr handelnden Menschen
bestehen. Dann ist auch Rotating Leadership möglich, die Führungskultur
der Zukunft, in der sich Führungsrollen nicht aus Hierarchien, sondern aus
Aufgaben herleiten und wo Menschen in ihren Rollen dementsprechend
häufig rotieren. Der Top-down-Ansatz hat dann endgültig ausgedient. Auch
autonom arbeitende Teams können so Wirklichkeit werden. Mit dem Loslas-
sen des Egos allein ist es jedoch nicht getan: Erst wenn Selbstwahrnehmung
22. Intro: Menschen wollen viel leisten | 21
und -reflexion dazukommen, sind weitere wesentliche Voraussetzungen für
das Schaffen und Führen von Hochleistungsorganisationen gegeben.
Dabei stellt sich die Frage, wie Führungskräfte ihre Fähigkeit zu Selbst-
wahrnehmung und Selbstreflexion erhöhen können und wie sie andere
dazu anleiten. Der erste Schritt dazu ist immer das bewusste Wahrnehmen
und Beobachten der eigenen Person, der eigenen Emotionen und Verhal-
tensweisen. Und im zweiten Schritt dann die bewusste Wahrnehmung und
Beobachtung der anderen Menschen. Viel zu oft sehen wir zwar andere Men-
schen, sehen aber nicht genau hin. Wir hören andere, hören aber nicht hin.
Es gilt auch im Nachgang zu einem Gespräch, zu einer Begegnung, zu einem
Ereignis noch einmal hinzusehen und hinzuhören. Sich mit ein bisschen Ab-
stand und Zeit zu fragen: Moment mal, was war denn da eigentlich los? Und
die Antworten kommen zu lassen.
Warum Selbstwahrnehmung und -beobachtung die Basis dafür sind? Ganz
einfach: Wenn ich etwas höre oder sehe, muss ich es mit mir selbst verglei-
chen können, sonst ziehe ich die falschen Schlüsse daraus. Ich muss wissen,
wie ich mit mir selbst umgehe, wenn mir selbst ein Fehler passiert, um ge-
zielt steuern zu können, wie ich mit anderen umgehe, sobald ihnen Fehler
unterlaufen. Wer hier auf Autopilot unterwegs ist, legt seine Maßstäbe un-
reflektiert an andere an – und vergisst darüber schnell, dass er da einen
anderen Menschen vor sich hat mit seinen ganz eigenen Vorstellungen und
Verhaltensweisen.
Mitarbeitern die eigenen Verhaltensweisen überzustülpen, mag lange als
übliches Führungsverhalten gegolten haben – das ändert jedoch nichts
daran, dass dies für das Etablieren einer Hochleistungsorganisation wenig
zielführend ist. Die Herausforderung für Führungskräfte besteht also darin,
ihre eigenen Verhaltensweisen zu beobachten, sich selbst besser kennen-
zulernen, an andere neutral heranzugehen und gleichzeitig offen dafür zu
sein, dass andere die Dinge anders angehen als sie selbst. Wichtig ist das
Ergebnis.
23. »
«
Dabei stellt sich die Frage, wie
Führungskräfte ihre Fähigkeit zu
Selbstwahrnehmung und Selbstreflexion
erhöhen können und wie sie andere
dazu anleiten. Der erste Schritt dazu ist
immer das bewusste Wahrnehmen und
Beobachten der eigenen Person, der
eigenen Emotionen und Verhaltensweisen.
24. Die neue Gewaltfreie Kommunikation
Warum kommen viele Botschaften nicht an oder werden missverstanden? Wie
führen wir Gespräche klar und mitfühlend, aber ohne Selbstzensur und falsche
Rücksichtnahme? Welche Rolle spielt die Persönlichkeitsentwicklung in der
Kommunikation?
Fischers Buch reflektiert zwei Jahrzehnte Praxiserfahrung mit der
Gewaltfreien Kommunikation. Dabei zeigt es nicht nur die Schattenseiten
und Missverständnisse von Rosenbergs Ansatz auf. Vielmehr liefert es einen
auf nachhaltiger Persönlichkeitsentwicklung basierenden Ansatz einer neuen
Gewaltfreien Kommunikation – ohne Selbstzensur und Dogmatik.
Es beleuchtet die Abgründe des Kommunikationstheaters und zeigt Möglichkeiten,
wie sich gelingende Beziehungen in Berufs- und Privatleben gestalten lassen.
Ein lesenswertes Buch – für Kenner und Einsteiger der Gewaltfreien
Kommunikation und alle, die Selbstreflexion und innere Entwicklung anstreben.
www.BusinessVillage.de
Markus Fischer
Die neue Gewaltfreie Kommunikation
Empathie und Eigenverantwortung ohne
Selbstzensur
1. Auflage 2021
216 Seiten; Broschur; 24,95 Euro
ISBN 978-3-86980-468-2; Art.-Nr.: 1076
25. Der Code agiler Organisationen
Die Unternehmenskultur ist die größte Herausforderung und größter Stellhebel
zugleich, wenn es darum geht, eine agile Organisation zu formen.
Wie aber lässt sich das Konzept Organisationskultur auf handlungsrelevanter
Ebene greifbar machen? Was macht eine agile Kultur aus? Was sind ihre Elemente?
Wie formt und entwickelt sich diese Kultur? Wo sind die Ansatzpunkte und wo
liegen Fallstricke? Was funktioniert in der Praxis wirklich?
Pucketts Buch liefert Antworten auf diese Fragen und zeigt, wie sich die
Unternehmenskultur gestalten und formen lässt. Dabei taucht es in die
Organisationspsychologie ein und übersetzt die Erkenntnisse in praktische
Handlungsempfehlungen. Auf Basis von Analysen agiler Organisationen und
solcher in Transformation, wird der Code agiler Unternehmenskultur entschlüsselt.
Die Kernelemente agiler Organisationskulturen werden definiert und anhand
von Beispielen anschaulich beschrieben. Das Buch ist gefüllt mit Kultur-Hacks,
praxiserprobten Tipps, Werkzeugen und Methoden.
Puckett gelingt ein völlig neuer Blick auf den Begriff Organisationskultur. Denn
es liegt in unseren Händen, die Kultur zu formen: Als Einzelne, als Team, als
Führungskraft. Wir sind Unternehmenskultur!
Dieses Playbook lädt zum Experimentieren und Gestalten ein und zeigt
anschaulich, wie Organisationen der agile Wandel gelingt.
www.BusinessVillage.de
Stefanie Puckett
Der Code agiler Organisationen
Das Playbook für den Wandel zur agilen
Organisationskultur
1. Auflage 2020
252 Seiten; Broschur; 29,95 Euro
ISBN 978-3-86980-482-8; Art.-Nr.: 1081
26. Die intelligente Organisation
In Zeiten zunehmender Dynamik erkennen immer mehr Unternehmen, dass
das tayloristische »Command & Control« nicht mehr funktioniert. Auch die
Reduktion auf Teal Organisations oder Holokratie und andere Kochrezepte bringen
keineswegs die erhofften Erfolge. Wir müssen erkennen, dass wir in komplexen
Systemen agieren, nicht alles wissen und nicht alles in unserem Sinn steuern
können.
Doch wie können wir den Herausforderungen komplexer Systeme dann begegnen?
Wie entwickeln wir ein Gesamtkonstrukt, das es erlaubt, das große Ganze zu sehen
und uns nicht in punktuellen Einzelmaßnahmen zu verlieren? Lambertz’ neues
Buch gibt Antworten auf genau diese Fragen. Es liefert eine vollkommen neue
Sichtweise auf Organisationen, die es ermöglicht, Normen, Strategie, Taktiken
und Wertschöpfung im Zusammenhang zu verstehen. Denn erst daraus lassen sich
die Fähigkeiten des Unternehmens identifizieren und bestmöglich entfalten: Die
Symbiose von notwendiger Selbstorganisation mit ebenso notwendiger Führung.
Lambertz’ Neuinterpretation des Viable System Model lädt in Form eines
Playbooks zum Mitdenken und Experimentieren ein und zeigt an vielen
Praxisbeispielen, wie man sein eigenes Modell für die jeweilige konkrete Situation
erstellt.
Das Denkwerkzeug für die Organisationsentwicklung.
www.BusinessVillage.de
Mark Lambertz
Die intelligente Organisation
Das Playbook für organisatorische Komplexität
3. Auflage 2021
286 Seiten; Broschur; 24,95 Euro
ISBN 978-3-86980-409-5; Art.-Nr.: 1036
27. Die selbstwirksame Organisation
»... Ich mach mir die Welt, widde widde wie sie mir gefällt!« Das ist nicht nur
die Weltsicht eines etwas verrückten Mädchens. Nein, es ist das Credo gängiger
Wirtschaftslehre. Doch die Realität führt uns immer häufiger vor, dass die Art, wie
wir Firmen führen und bewirtschaften, die Wurzel der Probleme ist und nicht die
benötigte Lösung.
Was macht aber eine Organisation aus, die sinnvoll für ihre Mitarbeitenden und die
Gesellschaft ist? Wie denken wir das komplette Unternehmen, das Personalwesen,
das Controlling, die Entscheidungsfindung neu? Wie lassen sich die Menschen in
dieses Gefüge sinnstiftend einbinden?
Borcks neues Buch gibt eine praktische Anleitung zu einer grundlegend
veränderten Sicht auf Organisationen, wie sie arbeiten und wirtschaften. Es zeigt,
wie wir den Rahmenbedingungen des 21. Jahrhunderts mit kluger Technologie,
hoher Vernetzung, sinngetriggerten Menschen und einer Verknappung der
gesunden Umwelt gerecht werden.
Borcks Konzept der Betriebskatalyse lädt in Form eines Playbook ein,
Unternehmen unter sich immer wieder ändernden Prämissen neu zu denken. Es
versetzt den Leser in die Lage, die eigene Organisation aus dem eigenen, neuen
Denken heraus direkt zu transformieren. Es ist als Anleitung zu verstehen, wie
Unternehmen gemäß ihrer DNA die Gestaltungsfähigkeit zurückgewinnen.
www.BusinessVillage.de
Gebhard Borck
Die selbstwirksame Organisation
Das Playbook für intelligente Kollaboration
1. Auflage 2020
306 Seiten; Broschur; 29,95 Euro
ISBN 978-3-86980-486-6; Art.-Nr.: 1067