1. Akademie Mode und Design Düsseldorf
Modetheorie I
Dozentin: Prof. Dr. E. Hackspiel-Mikosch
Hausarbeit
Modetheorie:
Vier Essays zu
ausgewählten
Fragestellungen
Tetyana Repetya
04.03.2011
Mode- und Designmanagement, DM 18
5. Semester
2. Inhaltsverzeichnis
1. Mode aus soziologischer Sicht: Demonstrativer Konsum, Prestige, Ehre und Macht ....... 2
2. Mode und Modernität: Imitation und Differenzierung ....................................................... 4
3. Wirtschaft und Mode: „Mode ist des Kapitalismus liebstes Kind“ .................................... 6
4. Mode und Postmoderne: Postmoderne Sichtweisen........................................................... 8
Literaturverzeichnis.................................................................................................................. 10
3. 2
1. Mode aus soziologischer Sicht: Demonstrativer Konsum, Prestige, Ehre
und Macht
Was versteht Thornstein Veblen unter dem „Gesetz der demonstrativen
Verschwendung“ und den Begriffen „stellvertretender Konsum“ und „stellvertretende
Muße“? Erläutern Sie seine Theorie. Wie erklärt Veblen die Mode mit seiner Theorie?
Finden Sie, dass diese Theorie heute noch zutrifft? Begründen Sie Ihre Antwort.
Thorstein Veblen’s „Theorie der feien Leute“, erschien erstmals im Jahre 1899. Das Werk ist
ein Klassiker für viele Forschungsgebiete geworden. Der nach ihm benannte Veblen-Effekt,
wurde in den Wirtschaftswissenschaften zu einem festen Begriff. Nach Veblen handeln
Menschen immer so, dass sie sich gegenüber anderen in irgendeiner Weise auszuzeichnen und
abzuheben versuchen. Prestige, ist eine Form diese Überlegenheit zur Schau zu stellen und ihr
Mittel ist die Muße oder die Verschwendung.
Güter werden nur deshalb bevorzugt oder verbraucht, weil sie eben verschwenderisch sind.
Ziel ist es Neid zu erzeugen und Prestige zu demonstrieren, somit den „Verschwender“ auf
eine höhere Stufe zu stellen. Dies bezeichnet er als „Gesetz der demonstrativen
Verschwendung“. Dieses Prinzip beeinflusst für ihn auch andere menschliche
Verhaltensnormen, wie beispielsweise den Schönheitssinn, den Sinn für Zweckmäßigkeit oder
das religiöse Empfinden. Viele Gebrauchsgüter werden demnach nur deshalb als schön
empfunden, weil sie eben nutzlos sind, ihren Zweck sogar schlecht erfüllen und daher nur als
verschwenderisch bezeichnet werden können. Zur demonstrativen Verschwendung gehört
auch das Bevorzugen teurer Güter. Wir empfinden sie als nützlicher und zugleich als schöner
und sie bereiten uns eine höhere psychologische Befriedigung. Wir lieben Gegenstände aber
nicht ihrer Schönheit willen, sondern vielmehr hängt unser Empfinden von Schönheit vom
Preis der Gegenstände ab. Je höher ihr Preis umso höher die Überlegenheit und Ehre die ihnen
anhaftet. Nach Veblen, sehen Besitzer von Gütern den Nutzen weniger in der Schönheit als in
der Ehre und des überheblichen Stolzes, die das Monopol des Besitzes einbringt. Der Besitzer
kann sich daran erfreuen und gleichzeitig alle anderen davon ausschließen. Das „befriedigt
nicht nur das Gefühl der finanziellen Überlegenheit, sondern auch den Schönheitssinn“1
.
Deshalb für ihn sind die Schönheit und der Preis untrennbar miteinander verbunden.
1
Thorstein Veblen: Theorie der feinen Leute, Köln 1899, S. 2
4. 3
Auch im Hinblick auf die weibliche Schönheit, ist seiner Meinung nach der Geschmack von
diesem Streben nach Prestige beeinflusst. Frauen der Oberklasse haben aus seiner Sicht nur
die Aufgabe der „stellvertretenden Muße“. Muße ist ein wichtiges Merkmal des hohen
finanziellen Ranges und der überzeugendste Beweis von Reichtum. Produktive Arbeit hat in
den feinen Schichten einen niederen Wert und trägt nicht zum Prestige bei. Frauen, die zu
nützlichen Anstrengungen nicht fähig sind, bringen dem Mann daher besonders viel Prestige
ein. Sie sind nutzlos und teuer und eigenen sich vorzüglich dazu, die finanzielle Macht ihres
Herren zu bezeugen. Sie belegen damit, dass sich der Mann selbst auch dem Müßiggang
widmen kann und keiner produktiven Tätigkeit nachgehen muss. Eng verwandt damit ist der
Begriff des „stellvertretenden Konsums“. Auch hier zeigt sich das Kennzeichen überflüssiger
Kostspieligkeit als Beweis für die finanzielle Potenz des Mannes. Der Konsum der Frau, als
Trophäe des Mannes, erhöht sein Prestige deshalb, weil der Verbrauch in seinem Namen
stattfindet. Auch die teure Uniform der Dienerschaft ist ein Kennzeichen von
Verschwendung. Sie steht stellvertretend für das Prestige des Dienstherren, der sich so einen
gut gekleideten Diener leisten kann.
Das Prinzip der Verschwendung und des finanziellen Prestiges, versucht Veblen auch am
Gegenstand der Bekleidung und Mode nachzuweisen. Da unsere äußere Erscheinung fast
immer fremden Blicken ausgesetzt ist, geben wir für Kleidung im Allgemeinen mehr aus als
für andere Konsumgüter. Die eigentliche Aufgabe von Kleidung, nämlich den Träger zu
schützen und zu kleiden, tritt nach Veblen in den Hintergrund. Vordergründig bemisst sich
der Wert eines Kleidungsstücks darin, ob es der Mode entspricht und also Prestige besitzt. So
hat sich laut Veblen „die Forderung nach Kostspieligkeit so tief in unsere Denkgewohnheiten
eingegraben, dass wir billige Kleider ganz instinktiv als widerwärtig empfinden.“2
Auch in
der Mode manifestiert sich für ihn das Prinzip der demonstrativen Verschwendung. Kleidung
dient, wie andere Konsumgüter auch, als Beweis der Zahlungsfähigkeit seines Trägers.
Besonders die eleganten Kleidungsstücke, wurden alle nur erfunden, „ um den Eindruck zu
erwecken, dass sich ihre Träger für gewöhnlich keiner nützlichen Anstrengung hingeben.“ Bei
der Frauenmode wird tritt dies stärker zum Vorschein. Eine nützliche Betätigung ihrer
Trägerin soll demonstrativ ausgeschlossen werden. Ob elegante Damenhüte, hohe Absätze,
Röcke, übermäßig lange Haare oder ein Korsett, sie alle schließen eine nützliche Betätigung
wirksam aus.
2
Veblen: Theorie der feinen Leute, S. 7
5. 4
Abschließend muss man feststellen, dass seine Theorie, obwohl sie vor über 100 Jahren
erschienen ist, heute zum größten Teil noch zutreffend ist für die Mechanismen des Konsums
und der psychologischen Motive, die dahinter stecken. Damit ist sein Werk heute, in einer
immer mehr von Konsum abhängigen und auf den Konsum aufbauenden Gesellschaft,
aktueller denn je. Seine Theorien sind für diverse Fachgebiete, von der Konsumforschung bis
zu den Wirtschaftswissenschaften, heute noch von großer Bedeutung.
2. Mode und Modernität: Imitation und Differenzierung
Wie begründet Georg Simmel die Ausbreitung der Mode? Warum wandelt sie sich und
wie verbreitet sie sich seiner Meinung nach? Können Sie seiner Meinung zustimmen?
Begründen Sie Ihre Ansicht.
Georg Simmel war ein bedeutender Soziologe, der durch seine Forschungen im Bereich der
Modetheorie, einen hohen Einfluss und große Bedeutung auf die heutige Auseinandersetzung
mit dem Phänomen „Mode“ aus sozialpsychologischer Sicht innehat. In diesem Essay, werde
ich seine Theorie über die Ausbreitung der Mode kurz erläutern und kritisch beleuchten.
In seiner Grundannahme sieht er den Menschen in der Gesellschaft mit zwei dualen Kräften
konfrontiert. Der ständiger Kampf zwischen der Verschmelzung mit einer sozialen Gruppe
einerseits und dem Streben nach Individualität andererseits, sind die gegensätzlichen
psychologischen Kräfte, die dem Menschen innewohnen und die er zu versöhnen sucht.
Innerhalb dieser Pole entsteht seiner Meinung nach die Tendenz zur Nachahmung, die den
Übergang von der einen Seite zur anderen kennzeichnet.3
Dieser Nachahmungstrieb stellt für
ihn einer der „Grundrichtungen unseres Wesens“4
dar, der einerseits das Streben nach
Verschmelzung mit der Allgemeinheit und andererseits das Wiederaufleben des
gegensätzlichen Drangs nach Individualität hervorbringt.
Für Simmel entsteht das Phänomen der Mode auch aus diesem Dualismus der Nachahmung
und dem Streben nach Individualität. Die Klassengesellschaft verstärkt für ihn diesen
Antagonismus, indem die höhere Schicht versucht, sich in ihrer Mode von der tieferen Schicht
zu unterscheiden.5
Da tiefere Schichten naturgemäß immer nach oben streben, versuchen
diese ihrerseits die Mode der oberen Schicht nachzuahmen. In diesem Prozess muss sich die
Oberschicht irgendwann von dieser Mode abwenden und sich einer Neuen zuwenden, um sich
3
Vgl. Georg Simmel: Die Mode, Frankfurt 1986, S. 179
4
Simmel: Die Mode, S. 181
5
Vgl. Ebd.
6. 5
wieder von den breiten Massen zu differenzieren.6
Nach Simmels Modell verbreitet sich die
Mode von oben nach unten, von der oberen Schicht zur unteren Schicht. Er folgt damit einem
vertikalen Konzept der Verbreitung der Mode, welches man auch als Trickle-Down-Effekt
bezeichnet. Demgemäß begründet die Spannung zweier Schichten den fortwährenden Wandel
der Moden. Die obere Schicht hat genau dann erneut das Bedürfnis sich abzugrenzen, sobald
die untere nachahmende Schicht zahlenmäßig eine bestimmte Grenze überschritten hat. So
entsteht wieder eine neue Mode, die für Simmel immer von der oberen Schicht begründet
wird. Sie gibt den Rhythmus und die neue Form an. Hier zeigt sich wieder der Trickle-Down-
Effekt. „Das Wesen der Mode besteht darin, dass immer nur ein Teil der Gruppe sie übt, die
Gesamtheit aber sich erst auf dem Wege zu ihr befindet.“7
Die Existenz von Klassen ist für
Simmel die notwendige Bedingung des Wandels und somit der Moden. Als Beispiel für seine
These führt er die Buschmänner an, bei denen es keine Klassenbildung gibt und die somit
keine Mode ausgebildet haben.8
Erst durch die Klassenbildung werden die beiden
bestimmenden Elemente für das Entstehen der Mode aktiviert, nämlich das Bedürfnis des
Zusammenschlusses und die Unterscheidung von den Tieferstehenden.
Simmels Theorien gelten zum großen Teil auch heute noch. Kritik könnte man dennoch in
vielerlei Richtung äußern. Seine Theorie der Klassen ist heute nur noch bedingt anwendbar,
da sich unsere Gesellschaft in der heutigen Zeit viel differenzierter darstellt. Eine reine Zwei-
Klassen-Gesellschaft kann man aus soziologischer Sicht bei uns noch nicht beobachten. Auch
wenn einige Soziologen, aufgrund der ökonomischen Entwicklungen, vor einer
zurückkehrenden Tendenz in ein solches Modell bereits warnen. Weiterhin ist heute eher zu
beobachten dass Moden sich in Szenen bilden, durch die Identifikation mit bestimmten
Musikrichtungen oder Interessen. Dies wird gerade bei jüngeren Leuten sichtbar. Kulturelle
Aspekte sind hier bedeutender als soziale Schichten und die Abgrenzung erfolgt eher in
Szenen als über soziale Hierarchien. Der Wandel in der Mode wird auch nicht durch die
oberen Schichten eingeleitet. Es ist oft sogar zu beobachten, dass Mode auf der Straße
entsteht, wie die vielen Modeblogs heute zeigen. Selbst bekannte Designer und Labels holen
sich mittlerweile ihre Inspirationen aus den Neuerungen die von gewöhnlichen Menschen
kreativ umgesetzt werden. Der Nachahmungsprozess kann also auch von Mitgliedern der
gleichen Gruppe ausgehen. Dennoch bleibt festzuhalten, dass das Prinzip der Nachahmung
und der Abgrenzung, auch heute noch, zwei wichtige Antriebe für den Wandel in der Mode
6
Vgl. Simmel: Die Mode, S. 184
7
Simmel: Die Mode, S. 187
8
Vgl. Simmel: Die Mode, S. 186
7. 6
sind. Wenngleich sie sich nicht zwangsläufig nur vertikal zwischen zwei sozialen Klassen
manifestieren, sondern auch horizontal in Erscheinung treten können.
3. Wirtschaft und Mode: „Mode ist des Kapitalismus liebstes Kind“
In seinem Werk „Wirtschaft und Mode“ von 1902 schreibt der Soziologe und
Volkswirtschaftswissenschaftler Werner Sombart: „Die Mode ist des Kapitalismus
liebstes Kind: Sie ist aus seinem innersten Wesen heraus entsprungen und bringt seine
Eigenart zum Ausdruck wie wenig andere Phänomene des sozialen Lebens unserer
Zeit.“ Bitte erläutern Sie diesen Satz und bedenken Sie dabei den historischen
Hintergrund der Industrialisierung. Falls nötig, klären Sie vorab den Begriff
Kapitalismus. Können Sie diesem Satz von Sombart auch heute noch zustimmen?
Begründen Sie Ihre Meinung.
In seinem Werk „Wirtschaft und Mode“ von 1902, untersucht Werner Sombart die
Entstehung des Massenkonsums und den Einfluss des Massenkonsums auf die Mode. Vor
dem Hintergrund der Industrialisierung in dieser Zeit, also der Übergang von der
Agrargesellschaft hin zu einer industriellen Form der Produktion von Waren, ergeben sich
weitreichende Konsequenzen, nicht nur für die Massenproduktion von Waren, sondern auch
bezüglich ihres Verbrauchs und des Konsums. Für ihn bewirkte der fortschreitende moderne
Kapitalismus eine enorme Umwälzung der Bedarfsgestaltung in den Industrieländern.
Den Ausgangspunkt seiner Überlegungen, bildet der sich rasch verändernde Bedarf an Gütern
in Richtung einer Vereinheitlichung. Als ersten möglichen Grund sieht er die
Bevölkerungszunahme und Reichtumsvermehrung, die eine höhere Nachfrage nach denselben
Gütern nach sich ziehen. Weitere mögliche Gründe für eine Vereinheitlichung des Bedarfs
sah er in der Entstehung großer Unternehmungen, weiterhin in der durch die
Industrialisierung entstandenen Arbeiterklasse, dem Proletariat, als eine uniformierte Form
von meist unvermögenden Käufern, aber auch in der Kollektivierung des Konsums infolge
der Urbanisierung. Am bedeutendsten für die Vereinheitlichung des Bedarfs ist für ihn
allerdings die Uniformierung des Geschmacks aufgrund der allmählichen Auflösung des
ländlichen Lebens hin zu einem Leben in großen Zentren.9
Dieses großstädtische Wesen
gestaltet für ihn den Bedarf selbst von Grund auf neu. Er nennt diesen Prozess: „die
9
Vgl. Werner Sombart: Wirtschaft und Mode, Wiesbaden 1902, S. 1ff.
8. 7
Urbanisierung des Bedarfs“.10
Damit einhergehend ist eine Änderung des Geschmacks von
einem bäuerischen, eher derben aber dafür soliden und dauerhaften Geschmack, zu einem
städtischen Geschmack mit der Lust am Gefälligen, Leichten, Graziösen und am Chic.11
Die allgemein zu beobachtende Tendenz zu kürzeren Verbrauchsperioden von Gütern, vor
allem bei Gebrauchsgegenständen, sieht er weniger als Folge der neuen industriellen Technik
der Güterherstellung und der sich damit ändernden Konsumgewohnheiten, sondern vielmehr
in den veränderten Lebensbedingungen durch die Urbanisierung.12
Die Mobilisierung der
Menschen im neuen Industriezeitalter, mit der Verbreitung der Mietswohnungen und dem
modernen Nomadentum, hat für ihn eine ebensolche Mobilisierung des Bedarfs zur Folge.
Eine „Abnahme der Lust am Dauernden, Festen, Soliden“13
und eine Zunahme des Bedarfs an
leichter zu transportierenden Gegenständen und Gütern die weniger für die Ewigkeit
geschaffen sind. Für ihn wächst ein „neues Geschlecht von Menschen“14
heran, das die
Gestaltung seines Daseins an sein rastloses inneres Wesen anzupassen trachtet.
Daraus leitet er die Bedeutung der Mode für das Wirtschaftsleben ab und nennt zwei
notwendige Begleiterscheinungen jeder Mode, nämlich einerseits die Wechselhaftigkeit und
andererseits die Vereinheitlichung der Bedarfsgestaltung.15
Ein Charakteristikum der Mode ist
vor allem das Tempo mit dem die Mode wechselt. Der Unternehmer ist für Sombart die
treibende Kraft bei der Schaffung der modernen Mode.16
Aus der Notwendigkeit in einem
kapitalistischen System einen wiederkehrenden Umsatz zu generieren, ist sein Ziel den
Kunden zum ständigen und erneuten Kauf anzuregen. Dies wiederum bewirkt den raschen
Wechsel der Mode. Der Unternehmer könnte, im Wettbewerb zu seinen Konkurrenten nicht
überleben und würde aus dem Markt verdrängt werden, wenn er dem Kunden nicht stets
etwas Neues vorlegen würde. Dieses heftige Konkurrenzstreben der Unternehmer
untereinander ist für ihn der eigentliche Grund und die Ursache für den Wechsel der Mode.17
Diese Erkenntnis gipfelt in dem Satz, dass die Mode des Kapitalismus liebstes Kind sei und
macht damit den Zusammenhang deutlich zwischen Kapitalismus und Mode, zwischen
Konkurrenzdruck und stetigen Neuerungen, zwischen Profitdruck und immer schnellerem
Absatz der Güter.
10
Vgl. Sombart: Wirtschaft und Mode, S. 2
11
Vgl. Ebd.
12
Vgl. Sombart: Wirtschaft und Mode, S. 3
13
Ebd.
14
Ebd.
15
Vgl. Sombart: Wirtschaft und Mode, S. 4
16
Vgl. Sombart: Wirtschaft und Mode, S. 6
17
Vgl. Ebd.
9. 8
Seine These ist heute aktueller denn je. Die Massenproduktion und der dadurch uniformierte
Konsum von Mode sind in unserer Gesellschaft zu einem ganz normalen Phänomen
geworden. Vor allem die großen Modeketten produzieren heute Massenware zu günstigen
Preisen in einer immer schnelleren Umschlagsgeschwindigkeit. Die Kaufanreize werden
immer ausgeklügelter und subtiler. Einzig das Streben nach Profit und kapitalistische
Interessen begründen diesen Umstand. Kein anderes Wirtschaftsgut wechselt seine Produkte
in derartiger Geschwindigkeit wie die Mode. Man kann auch aus heutiger Sicht nach wie vor
behaupten: Des „Kapitalismus liebstes Kind“ ist die Mode.
4. Mode und Postmoderne: Postmoderne Sichtweisen
Was meint Barbara Vinken mit dem Titel ihres Buches „Mode nach der Mode“? Was
bedeutet der Begriff Postmoderne? Wie benutzt Vinken ihn und was versteht sie unter
postmoderner Mode? Nach Meinung von Vinken „dekonstruiert“ diese Mode die Mode.
Können Sie dies anhand von Beispielen erklären? Welche aktuellen Designer halten Sie
für postmodern?
In ihrem Werk „Mode nach der Mode“ stellt die Literaturwissenschaftlerein Barbara Vinken
verblüffende Thesen zum Thema Mode auf. In diesem Essay soll versucht werden, einen
Überblick ihrer Überlegungen zu geben. Auch der Begriff „Postmoderne“, wie Vinken ihn
versteht, soll kurz erläutert werden.
Die Mode, wie sie seit ihrer Entstehung aufgetreten ist, ist nach Vinken mit den siebzigern zu
Ende gegangen. Sie spricht hier von der Epoche der hundertjährigen Mode, in der ein
Handwerk zur Kunst wird. Mode stand im Zeichen verschwenderischen Überflusses und
aristokratischer Feste. Sie war auf Schönheit und Eleganz ausgerichtet und nur für eine
erlesene Klasse zugänglich. Als die Designer begannen sich der Mode der Straße zu bedienen
und sie auf die Laufstege brachten, begann eine neue Zeit in der Mode, die Mode nach der
Mode. Das luxuriöse, exklusive und Schöne sollte zugunsten eines schockierenden Elements
aufgelöst werden.18
Die haute couture hat ihre Vormachtstellung verloren und die Impulse
und Ideen der Mode finden sich von nun an auf der Straße. Von dort findet sie ihren Weg in
die prêt-a-porter, „aus low wird high“19
. Eine Gemeinsamkeit zwischen der „hundertjährigen
Mode“ und der „Mode nach der Mode“ sah Vinken im Stil und der Stilisierung. Das
Praktische, Nützliche und Bequeme, hat ihrer Meinung nach nichts mit Mode zu tun. Eine
18
Barbara Vinken: Mode nach der Mode, Frankfurt a. M. 1993, S. 2
19
Ebd.
10. 9
weitere Gemeinsamkeit besteht für Vinken in der Trennung der Geschlechter, die sich auch in
der Mode nach der Mode fortführen sollte.
Mit dem Auftreten der Punks, wurden die gängigen Ideale erschüttert. Nicht nur in Bezug auf
Schönheit sondern auch in Bezug auf die Natürlichkeit im Verhältnis der Geschlechter. Es
entstand eine Ästhetik der Armut und der Hässlichkeit. Auch eine neue Erotik kam in die
Mode: Anspielungen auf Sado-Maso und sexuellem Fetischismus.20
Die bedeutendste
Veränderung sieht Vinken allerdings im Verhätnis zur Zeit. Die hundertjährige Mode
versuchte die Vergänglichkeit auszulöschen, wogegen die Mode nach der Mode aus ihrer
Vergänglichkeit lebt.
Vinken unterscheidet ganz deutlich zwischen dem Begriff „Postmoderne“ und zwischen dem,
was sie unter „Mode nach der Mode“ meint. Unter der Postmoderne versteht sie „eine weitere
Variation des Historismus“, also eine Fortführung des Alten in anderer Variation. Insofern
war ihre Theorie der Mode nach der Mode, etwas gänzlich Konträres. In ihr ging es nämlich
darum, die bisherigen Regeln zu brechen.
Ein weiteres Element der Mode nach der Mode ist nach Vinken die Dekonstruktion. Vor
allem der belgische Designer Martin Margiela zeigt in seinen Entwürfen am deutlichsten und
am radikalsten, was man dekonstruktiv nennen könnte.21
Die Ideale der hundertjährigen Mode
stellt Margiela entlarvt und bloßgestellt. Er dekonstruiert, indem er die Geheimnisse der Mode
ans Licht bringt und sie als Verkleidung entlarvt. Er kehrt das Innere der Kleider nach außen,
Nähte und Säume lässt er an die Oberfläche treten. Damit stellt er die Prinzipen der haute
Couture auf den Kopf und demontiert die alte Maschinerie der Mode.22
Ein weiterer postmoderne Designer ist beispielsweise Jean Paul Gaultier.
20
Vgl. Vinken: Mode nach der Mode, S. 3
21
Vgl. Vinken: Mode nach der Mode, S. 5
22
Vgl. Vinken: Mode nach der Mode. S. 6
11. 10
Literaturverzeichnis
Simmel, Georg: Die Mode, in: Philosophische Kultur. Gesammelte Essays, Leipzig 1911
Sombart, Werner: Wirtschaft und Mode. Ein Beitrag zur Theorie der modernen
Bedarfsgestaltung, Wiesbaden 1902
Veblen, Thorstein: Theorie der feinen Leute, Köln 158 (aus dem Am. The Theory of the
Leisure Class, 1899)
Vinken, Barbara: Mode nach der Mode. Kleid und Geist am Ende des 20. Jahrhunderts,
Frankfurt a. M. 1993