Folien meines Vortrags am 27. November 2012 vor den Studierenden der Hamburger Design Factory.
Die digitale Zukunft des Buches
Seit der Erfindung des Buchdrucks gab es in der Buchbranche kaum nennenswerte Veränderungen. Inhalt wurde auf Papier gedruckt. So war das. Jahrhundertelang. Und nun?
Löst sich der Content vom Trägermedium, E-Reader begeistern immer mehr Leser. Und eine ganze Branche ist tief verunsichert. Was macht eigentlich ein Buch aus? Der Inhalt? Die Form?
Ute Nöth, die unter andeerem die E-Book-Projekte beim Verlag Hoffmann und Campe verantwortet, erzählt vom tiefgreifendem Wandel einer traditionsreichen Branche, zeigt interessante E-Book-Umsetzungen und skizziert mögliche Zukunftsszenarien fürs Buch.
5. ≡ Das „Prinzip Buch“?
≡
Im März 2011 präsentierte der Börsenverein
des deutschen Buchhandels sein neues
Logo:
Ein Gedanke, eine Zukunft, ein Logo: Aus
der klassischen Buchform wird ein
Symbol für das Prinzip Buch. Es
abstrahiert und visualisiert, dass Inhalte
in vielen Erscheinungsformen angeboten
werden – als Print‐Bücher, E‐Books,
Hörbücher oder für mobile Endgeräte.
6. ≡ Was ist ein Buch?
≡
Als Buch hat die UNESCO 1964 Ein Trägermedium?
Folgendes definiert:
Ein geschriebener Text?
A book is a non-periodical printed
publication of at least 49 pages,
exclusive of the cover pages, published
in the country and made available to the Ein langer Text?
public.
Der bloße „Content“?
Ein beständiger Wissensspeicher?
Ein Adelsprädikat für Autoren?
Ein sich abgeschlossenes Werk?
Inhalt, der sich erst nach vollständiger Rezeption erschließt?
Eine Verkaufseinheit?
8. ≡ Was macht das gedruckte Buch aus?
≡
Haltbarkeit und Archivierbarkeit
Abgeschlossenheit
Linearität
Verständlichkeit: Wir kennen die
Grundstrukturen seit Jahrhunderten
Lesbarkeit: Gestalterische Konventionen, über
einen langen Zeitraum erprobt
Individuelle Form: Jedes Buch ist ein
individuell maßgefertigter Gegenstand
Stand‐Alone‐Nutzung: Gedruckte Inhalte
brauchen kein Abspielgerät
Schwerfälligkeit: Bücher reagieren schlecht auf
Aktuelles.
9. ≡ Und was das E‐Book?
≡
Mobilität
Verfügbarkeit
Durchsuchbarkeit
Interaktivität
Skalierbarkeit (Schriftgröße etc.)
Kostenlose Titel
Kopierbarkeit
Original und Kopie sind identisch
10. ≡ Wie werden wir zukünftig lesen?
≡
Interaktiv?
Mit allen Sinnen?
Explorativ?
Kollaborativ?
Sozial?
The book reader of the future (April, 1935 issue of Everyday Science and
Mechanics). Quelle: bitrebels.com
In kurzen Einheiten?
11. ≡ „Add Value to your eBooks!“ – Der Startschuss
Alice for the iPad
Atomic Antelope
$5.99 & LITE Version
• Chris Stevens, englischer Journalist,
gründete 2009 Atomic Antelope
• 2010 erscheint „Alice for iPad“
• Basiert auf alten, gemeinfreien
Illustrationen
• 52 Seiten and 20 animierte Szenen
• Über eine halbe Million Downloads
• Riesiges Medienecho
Alice In Wonderland iPad App Reinvents Reading!
Alice for the iPad Shows Why E-Books Are Cool!
15. ≡ „The Best Thing to Happen to E‐Books“ – Verquickung von Fiktion und Realität
≡
≡ The Silent History
Ying Horowitz & Quinn LLC
2012
$ 1.99/Serie bzw. $8.99 komplett
16. ≡ „Soundtracks for Books“ – Verschmelzung von Medien
≡
≡ Booktrack
Booktrack Holdings Limited
2011
$ 1.99/Ausgabe
http://youtu.be/EJAOOPdw3h8
17. ≡ Ein Ausblick auf die Zukunft in vier Thesen
≡
1. These: Das „Prinzip Buch“ bleibt
Fest steht: Das Buch hat sich seit
Jahrhunderten bewährt, und es ist nicht
abzusehen, wie man zum selben Zweck
etwas Besseres schaffen könnte als eben
das Buch.
Aber: Es ist sehr wahrscheinlich, dass seine
Seiten nicht mehr zwangsläufig aus Papier
sein müssen.
Der Leser entscheidet: Je nach
Nutzungssituation wird er eine der
verschiedenen Verkörperungen wählen,
Buch, E‐Book oder Hörbuch.
18. ≡ Ein Ausblick auf die Zukunft in vier Thesen
≡
2. These: Im Digitalen weicht das „Prinzip Buch“
auf
Vorerst: Als abgeleitetes Medium wird das E‐Book
zunächst in der Logik des Buches befangen
bleiben, bevor es sich zu etwas entwickelt, das
die Grenzen des Buches hinter sich lässt
Denn: Ein Buch muss nicht mehr zwangsläufig in
sich abgeschlossen sein
Gleichzeitig: Die Grenzziehung zu anderen
Medien wird unschärfer. Text, Film, Games und
Audio finden zusammen
Und letztlich: Wer bestimmt, was ein „Buch“ ist?
Die Verkaufsplattform?
19. ≡ Ein Ausblick auf die Zukunft in vier Thesen
≡
3. These: Es entsteht ein Content‐Long‐Tail
ohnegleichen
Durch den Buchdruck ließ sich ein einzelnes
Buch massenhaft vervielfältigen. Durch die
Digitalisierung werden massenweise Einzeltitel
produziert.
Das E‐Book befördert die Ausprägung einer
Try&Error‐Mentalität
Dabei sind E‐Books nie „Out of Stock“
20. ≡ Ein Ausblick auf die Zukunft in vier Thesen
≡
4. These: Verlage werden Investoren
Verlage brauchen Autoren. Autoren zukünftig
keine Verlage.
Aber: Verlage bieten Autoren Sicherheit , z.B.
in Form von Vorschüssen
Verlage werden in ökonomisch bewertbare
(Mainstream‐)Qualität investieren
Weniger Autoren werden vom Schreiben
leben können
Literarische Vielfalt über Crowdfunding und
Selfpublishing im „Nebenerwerb“