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Juni 2016
85308
Interview mit dem Leiter E-Drive Harald Kröger von Daimler
Analyse Solarmarkt | Ökostromkonzepte | Marktübersicht Speicher
pv magazine award | Qualität bei Photovoltaikanlagen
Dachhaken | Produktneuheiten Intersolar
E-volution
Wer wird den Speichermarkt
der Zukunft bestimmen?
			
Sonderedition
®
2 Sonderdruck von   Juni 2016  | www.pv-magazine.de
Vorwort von RRC power solutions
Liebe Leserinnen und Leser, liebe Freunde der regenerativen Energien,
eine der größten Herausforderung im 21. Jahrhundert ist die
weltweite Energiewende. Das heißt die Realisierung der sola-
ren Kreislaufwirtschaft bis hin zu 100 Prozent nachhaltiger und
erneuerbarer Energie. Die Welt hat sich entschieden und das
Ziel der Begrenzung der Erderwärmung auf noch erträgliche
1,5 Grad aufgenommen und in Paris als gemeinsame Aufgabe
festgeschrieben.
Wir müssen Energieversorgung neu denken und neue Wege
gehen, die technischen Möglichkeiten hierzu sind bereits vor-
handen. Der Ausstieg aus der Kernenergie in Deutschland ist
beschlossen, die Rückführung der fossilen Erzeugung Schritt
für Schritt steht als nächste Aufgabe an. Wir haben keine Angst
davor, sondern wollen mit Ihnen Lösungen dafür entwickeln.
Photovoltaik und Wind sind schon lange wettbewerbsfähige
Erzeugungsalternativen. Damit die fluktuierenden und sto-
chastischen Energien auch eine tragende Säule der künftigen
Energieversorgung darstellen können, muss die Verfügbarkeit
von Energie in gleicher oder sogar besserer Qualität zu jedem
Zeitpunkt und an jedem Ort sichergestellt werden. Der Einsatz
von Energiespeichern ist alternativlos und heute schon wirt-
schaftlich sinnvoll.
Große Fortschritte haben die Entwicklungen verschiedener
Speichertechnologien gemacht- Smartphones, Laptops und
andere portable Geräte sind ohne Lithium-Ionen-Akkus nicht
mehr denkbar und können immer größere Energiemengen
immer kompakter und preisgünstiger speichern. Die Einsatz-
felder sind neben der Unterhaltungselektronik aber auch in
medizinischen und industriellen Anwendungen vielschichtig.
RRC power solutions in Homburg ist in diesen Geschäftsfel-
dern rund um die mobile smarte Batterietechnik seit über 20
Jahren erfolgreich tätig und setzt seit einigen Jahren neue Maß-
stäbe im Bereich stationärer Energiespeicherlösungen für Hei-
manwendungen, industrielle und kommerzielle Kunden sowie
für Industrie und Energiewirtschaft.
Elektrische Energiespeicher nehmen die erzeugte erneuerbare
Energie auf und machen Sie jederzeit und an jedem Ort ver-
fügbar. Sie sind einer der wichtigsten Eckpfeiler der künfti-
gen Energieversorgung und -wirtschaft sowie für den weite-
ren Ausbau zukunftsweisender emissionsfreier erneuerbarer
Energien.
Lesen Sie in diesem Sonderdruck, wie Sie nicht nur ökologisch
wegweisend, sondern auch ökonomisch an den vielseitigen
Geschäftsmodellen partizipieren können.
Wir freuen uns, dass wir diesen spannenden Weg gemeinsam
gehen.
Winfried Wahl
Sr. Manager Business Development  Products
Energiespeicher sind ein wichtiger
Eckpfeiler der Energiewende
Energieerzeugung muss zu jedem Zeitpunkt im Gleichgewicht mit dem Energieverbrauch stehen, um die sehr
hohe Versorgungssicherheit in Deutschland zu sichern.
Foto: Winfried Wahl
Sonderdruck von   Juni 2016  | www.pv-magazine.de 3
Beim Einsatz von Batteriespeichern in Industrie und Gewerbe
denken viele immer noch hauptsächlich an die Erhöhung des
Eigenverbrauchs, um das Speichersystem zu refinanzieren.
Das ist ein wichtiger Beitrag, ein profitables Geschäftsmodell
gelingt aber umso besser, je mehr weitere Speicherdienstleis-
tungen nutzbar gemacht werden (siehe Grafik nächste Seite).
Richtiginteressantwirdes,wennmansichdieAufstellungfür
ein Beispiel ansieht. Um den Datenschutz gegenüber unseren
Die Vielseitigkeit
macht’s
Speicher in Gewerbe und Industrie: Bei der Evaluierung und Planung eines Speichersystems denken viele ­Nutzer
primär an die Erhöhung des Eigenverbrauchs. Speicher können jedoch einen viel größeren Beitrag zur neuen
modernen Energieinfrastruktur leisten, der teilweise auch monetarisierbar ist, erklärt Winfried Wahl vom
­Speicherlösungsanbieter RRC.
Blick in den klimatisierten Batterieteil eines Speichercontainers mit 280 Kilowattstunden Kapazität und 100 Kilowatt Anschlussleistung.
Fotos: RRC
Diestleistungenfürd
asNetz Dienstle
istungenimBetrieb
Primär-
reserve
Sekundär-
reserve
Minuten-
reserve
Spannungs-
haltung
Frequenz-
haltung
Blind-
leistungs-
kompen-
sation Neustart
nach
Schwarzfall
Eigen-
verbrauch
Notstrom-
versorgung
Unter-
brechungs-
freie Strom-
versorgung
Last-
management
(Load-Shifting)
Autarkie
Ausgleich
bei schwacher
Infrastruktur
Spitzen-
lastreduzierung
(Peak-Shaving)
Speichersysteme
werden vor allem durch
„Multi-Use“-Einsatz wirtschaftlich.
Die linke, rote Seite der Grafik zeigt die
Einsatzmöglichkeiten überwiegend aus Sicht
der Netzbetreiber–die rechte,
grüne Seite aus Sicht der
Gewerbebetriebe.
Quelle: RRC
4 Sonderdruck von   Juni 2016  | www.pv-magazine.de
Kunden zu gewährleisten, haben wir auf Basis unserer Erfah-
rungen als Lösungsanbieter ein hypothetisches Beispiel kons-
truiert. Die Daten in Tabelle 2 basieren auf einem realisierten
BeispieleinerSpeicheranlage,dieseitAnfang2015inBetriebist.
Was bringt die Eigenverbrauchserhöhung?	
Wie wichtig die Eigenverbrauchserhöhung ist, sieht man, wenn
man die Kosten für die Speicherung betrachtet und mit den
Strombezugspreisen vergleicht. Industriekunden als Groß-
abnehmer zahlen im Mittel etwa 20 Cent pro Kilowattstunde
Strom (siehe Tabelle 1). Kann man die Investition in eigene
Erzeugung tätigen und die selbst erzeugte Energie vor Ort
nutzen, so lassen sich gut zehn Cent pro Kilowatt-
stunde sparen. Die Eigenverbrauchsquoten
liegen ohne Speicher oft nur bei 20 bis
30 Prozent. Setzt man ein geeigne-
tes Speichersystem ein, so lässt
sich diese Quote auf 60 bis
75 Prozent erhöhen.
Die Kosten für die
Speicherung hängen
von Faktoren wie
Anschaffungspreis,
Anzahl der Lade-
und Entladezyk-
len sowie weite-
ren technischen
Parametern ab.
Die Kosten für das
Einspeichern einer
Kilowattstunde
ergeben sich aus
dem Anschaffungs-
preis des Systems pro
Kilowattstunde geteilt
durch die Zyklen mal
Nutzfaktor.
Für die Beispiel-Großspei-
cheranlage mit einer Megawatt-
stunde Kapazität kostet eine Kilo-
wattstunde Batteriekapazität typischerweise
950 Euro. Sie arbeitet im Beispiel 300 Vollzyklen pro
Jahr über 20 Jahre. Die Batteriekapazität wird pro Vollzyklus
zu 80 Prozent genutzt. Dann ergibt sich:
KIndustrial [€/kWh] = 950 [€/kWh]/(300 x 20 x 0,8) = 19,79 ct/kWh
Mit anderen Worten, im industriellen Umfeld ist der Einsatz
eines Lithium-Ionen-Speichers zur alleinigen Eigenverbrauch-
serhöhung wirtschaftlich – vorsichtig ausgedrückt – nicht opti-
mal. Die Eigenstromerhöhung trägt dennoch signifikant zur
Refinanzierung des Speichers bei. In dem Beispiel muss der
Speicher 89.000 Euro pro Jahr erwirtschaften, um sich zu refi-
nanzieren. Im Mittel erbringt die Eigenstromerhöhung davon
52.000 (Tabelle 2). Werden weitere Dienstleistungen aktiviert,
lässt sich die Wirtschaftlichkeit am Ende herstellen.
Kostenvergleich gegenüber Diesel-Netzersatzanlagen
Der teuerste Strom ist der Strom, der nicht da ist, wenn er drin-
gend gebraucht wird, und dadurch Gefahrenzustände oder
Produktionsausfälle drohen. Aus diesem Grund haben viele
Industriebetriebe und Dienstleister Netzersatzanlagen (NEA)
im Einsatz, um für den Netzausfall zumindest den wichtigs-
ten Teil der benötigten Energie selbst bereitstellen und kriti-
sche Prozesse aufrechterhalten zu können. Dieselaggregate
sind relativ günstig, brauchen jedoch regelmäßige Wartung,
um die Betriebsbereitschaft sowie die Verfügbarkeit von Die-
sel und Öl als Brenn- und Betriebsstoffe sicherzustellen. Im
Gegensatz dazu sind Lithium-Ionen-Energiespeicher sehr war-
tungsarm und brauchen keinen Brennstoff, was die jährlichen
Betriebskosten deutlich reduziert.
Bei einem Abschreibungszeitraum von zehn Jah-
ren sind Diesel- und Lithium-Ionen-Systeme
schon heute kostengleich (siehe Grafik
auf der letzten Seite), zukünftig
wird sich die Lithium-Ionen-
Lösung bei zu erwartender
Kostensenkung weitere
kommerzielle Vorteile
erarbeiten können.
Die Kostengleich-
heit berechnen wir
dabei so, dass die
Netzersatzleistung
für typischerweise
60  Minuten gesi-
chert sein muss.
Bei deutlich län-
geren Überbrü-
ckungsdauern ist
der Batteriespei-
cher im Vergleich
ungünstiger. Aller-
dings ist die zu erwar-
tende Lebensdauer in
einem gut ausgelegten Bat-
teriesystem mit 20 Jahren dop-
pelt so lang wie die angenommene
Abschreibung. Wenn man einen ent-
sprechend langen Zeithorizont hat, verbessert
sich also die Wirtschaftlichkeit des Batteriespeichers.
Und im Gegensatz zum Diesel­aggregat ist der Batteriespeicher
geräuschlos sowie Abgas- und CO2-frei!
In dem Beispiel erbringt das Speichersystem als Netzersatz-
anlage damit ab dem zehnten Jahr Zusatzersparnisse von rund
10.000 Euro pro Jahr, der Wert in Tabelle 2 ergibt sich für die
ersten zehn Jahre, wenn auf die Anschaffung des Dieselaggre-
gats verzichtet werden kann.
Optimale Netzauslastung, Lastspitzenreduzierung und
Lastverschiebung
Netze werden typischerweise nach der maximal zu erwarten-
den Leistung ausgelegt („take or pay“). Das ist vergleichbar
mit einer Autobahn, die man im Berufsverkehr auf zehn Spu-
ren auslegen müsste, auf der in der Nacht aber nur sehr wenige
Fahrzeuge fahren. Ideal wäre es natürlich, wenn immer gleich
viele Autos fahren würden, dann käme es nicht zu Staus und
Sonderdruck von   Juni 2016  | www.pv-magazine.de 5
die Autobahn müsste nicht verbreitert werden.
Wenn man den Strombezug nun wesentlich gleichmäßi-
ger gestalten kann, führt das infrastruktur- und kostenseitig
zu deutlichen Entlastungen. Das heißt aber auch, dass Last zu
Spitzenzeiten zeitlich verschoben und/oder die entsprechende
benötigte Leistung vorher lokal gepuffert werden muss. Ebenso
auf der Erzeugungsseite: Je mehr erneuerbare Energie lokal
erzeugt und erzeugungsspitzenreduziert zur Verfügung gestellt
werden kann, desto weniger Belastung ergibt sich für die Trans-
portnetze – bis hin zur Vermeidung von Netzausbau. Es ist für
große Industriebetriebe durchaus möglich, 7.000 bis 8.000 Voll-
laststunden (Jahresenergieverbrauch geteilt durch Netzan-
schlussleistung) zu erreichen und gleichzeitig den gesamten
Energieverbrauch zu reduzieren. Dazu bedarf es geschickter
Lastverschiebung, Eigenverbrauchserhöhung und Lastspitzen-
begrenzung, was mit klug dimensionierten Speichersystemen
möglich wird.
Auch wenn ein Unternehmen nicht zu den energieintensi-
ven Betrieben gehört, lohnt sich das Peak-Shaving (Begren-
zung des Netzbezuges) sowie eventuell Load-Shifting (zeitliche
Verschiebung von Verbrauch) nicht nur für den Netzbetrei-
ber, sondern auch für das Unternehmen selbst. Industriebe-
triebe und größere Verbraucher zahlen neben dem Arbeits-
preis, also dem Preis je Kilowattstunde Strombezug, auch
einen Leistungspreis. Der Leistungspreis richtet sich danach,
wie viel Leistung der Verbraucher im Jahr maximal benötigt,
auch wenn das tatsächlich nur ein einziges Mal ist und der
durchschnittliche Leistungsbezug weit darunter liegt. Je Kilo-
watt Anschlusswert sind jährlich etwa 80 bis 120 Euro Leis-
tungspreis zu entrichten.
Im konkreten Beispiel eines Baubetriebshofes mit einer Spit-
zenlast von 160 Kilowatt und einer durchschnittlichen Leis-
tungsaufnahme von 30 Kilowatt konnte durch Peak-Shaving
mit einem Speichersystem der maximale Leistungswert auf
60 Kilowatt begrenzt werden. Dadurch werden pro Jahr etwa
10.000 Euro eingespart. Bei unserem hypothetischen Beispiel
sind es 25.000 Euro. Dies ist ein weiterer Wertehebel, der einen
nennenswerten Beitrag zur Wirtschaftlichkeit liefert.
Energieeffizienzmaßnahmen nach ISO 50000
Im Rahmen von Audits nach ISO 50000 sowie DIN EN 16247
haben manche Kunden umfangreiche Energiedaten zur Ver-
fügung und bereits Potenziale erfasst und aufgedeckt. Mit
Lithium-Ionen-Speichersystemen lassen sich diese Einspar-
potenziale auch realisieren.
Seit Ende 2015 sind energieintensive Großunternehmen zu
Energieaudits nach DIN EN 16247 angehalten. Dies ermöglicht
unter anderem die Erfassung der einzelnen Lasten. Die darauf
folgende Analyse der Lastgänge, die wir gemeinsam mit unse-
ren Kunden durchgeführt haben, ist Grundlage für Optimie-
rungsmaßnahmen. Energieaudits sollen das Bewusstsein der
Großindustrie zum Thema Energie erhöhen, Einsparpotenzi-
ale aufdecken und gleichzeitig dazu dienen, die EU-Ziele zur
Reduzierung des Energieverbrauches um 20 Prozent bis zum
Jahre 2020 zu erreichen.
Die Kosten des Audits werden teilweise durch Förder­mittel
erstattet. In Zukunft ist zu erwarten, dass die Anforderung,
ein Energieaudit durchzuführen, auch mittlere und kleine
Unternehmen erreicht. Denn Energiekosten sind ein wichti-
ger Standortfaktor und können den Firmen Vorteile bringen,
die sich schon heute Gedanken zur Steigerung der Energieef-
fizienz machen.
Das Wichtigste in Kürze
Speicher in Industrie und Gewerbe müssen sich auf meh-
rere Arten refinanzieren. Die Eigenverbrauchserhöhung
alleine reicht oft nicht aus.
Eigenverbrauchserhöhung trägt allerdings den größten Teil
zur Refinanzierung bei.
Außerdem spielen dabei eine Rolle: der Ersatz des Not-
stromaggregats, die Reduktion der Peaklast und in Zukunft
die Erlöse am Regelleistungsmarkt.
Energieaudits nach ISO 50000 sowie DIN EN 16247 helfen
bei der Umsetzung und werden teilweise gefördert.
Anwendung
Monetarisierungs-
bedingung
Heim Gewerbe Industrie Areal Versorger
Eigenverbrauchs­
erhöhung
ja ja ja ja ja
Erzeugung (z. B. PV) 12 ct/kWh 10 ct/kWh 9 ct/kWh 9 ct/kWh 8 ct/kWh
Bezugspreis 28 ct/kWh 22 ct/kWh 20 ct/kWh 20 ct/kWh k. A.
Lastbegrenzung nein 100 MWh/a ja ja ja
Leistungspreis nein 80 – 120 €/kW/a 80 – 120 €/kW/a 80 – 120 €/kW/a 80 – 120 €/kW/a
Notstromversorgung ja ja ja ja ja
Schwarzfallschaden gering mittel hoch mittel – hoch hoch
Netzdienstleistung ja* ja* ja ja ja
Blind­leistung ja ja ja ja ja
Regelleistung nein* nein* ja ja ja
andere nein* nein* ja ja ja
*nur im Verbund von vielen Systemen (virtuelles Kraftwerk)
Tabelle 1: Speicher erlauben für verschiedene Anwendungen verschiedene Wertehebel. Zu den möglichen Speicherfunktionalitäten gehören jeweils
verschiedene Monetarisierungsbedingungen. Deren Realisierbarkeit hängt von dem Ort der Anwendung ab.
6 Sonderdruck von   Juni 2016  | www.pv-magazine.de
Netzdienlichkeit und Regelleistung
Eine weitere mögliche Einnahmequelle für Batteriespeicher-
betreiber sind Einnahmen auf dem Regelenergiemarkt. Aller-
dings lässt sich nur schwer abschätzen, wie hoch diese in
Zukunft ausfallen.
Dahinter steht, dass es Grundbedingung für eine zuverläs-
sige Energieversorgung ist, die Erzeugung und den Verbrauch
zu jedem Zeitpunkt in Deckung zu halten. Übersteigt die Ener-
gieproduktion den Verbrauch, so reagiert die Netzfrequenz von
50 Hertz mit einer Erhöhung; wird mehr Energie verbraucht
als erzeugt, dann fällt die Netzfrequenz. Dies wird innerhalb
eines schmalen Bandes toleriert. Weicht die Frequenz stärker
als zehn Millihertz ab, werden entsprechende mehrstufige Kor-
rekturmaßnahmen eingeleitet. Diese Reserven werden auf dem
Regelenergiemarkt gehandelt.
Die Mengen werden von den Übertragungsnetzbetreibern
wöchentlich ausgeschrieben und die Zuschläge im Bieterver-
fahren vergeben. Lithium-Ionen-Speichersysteme haben hier
unter anderem Vorteile durch die Reaktionsschnelligkeit.
Im Beispiel wird durch die Teilnahme am Sekundär- und
Primärregelmarkt unter Berücksichtigung aktueller Markt-
preise und Zuschlagswahrscheinlichkeiten ein Einkommen
von 15.000 Euro erzielt.
Netzertüchtigung und Vermeiden von Netzausbau
Es gibt Zusatznutzen der Energiespeicher, die sich momentan
jedoch nicht für jeden Betreiber monetarisieren lassen. Einer
dieser Zusatznutzen ist, dass Energiespeicher die Dezentralität
unterstützen. Auch in einem hochmodernen Land mit höchs-
ter Netzqualität gibt es Engpässe in der Energieversorgung,
die meist dann entstehen, wenn große Erzeuger ausfallen, still-
gelegt werden oder neue Großabnehmer von Energie entste-
hen. Als Konsequenz ändert sich der Weg, den die Energie
vom Kraftwerk zum Verbraucher zurücklegen muss. Zusätz-
lich treten auf den teilweise langen Wegen Verluste auf. Das
heißt, Energie, die die erzeugende Seite zusätzlich bereitstel-
len muss, damit noch genug auf der Verbrauchseite ankommt.
In Deutschland betragen diese Verluste etwa fünf Prozent der
Gesamtstromerzeugung von etwa 650 Terawattstunden Strom.
Das bedeutet 32.500.000.000 Kilowattstunden (entspricht in
etwa dem Stromverbrauch von acht Millionen Haushalten)
der produzierten Energie in Form von Strom kommen nicht
beim Verbraucher an. Zum Vergleich: Die acht deutschen Kern-
kraftwerke produzierten im Jahr 2014 etwa 100 Terawattstun-
den Strom. Das Äquivalent von mehr als zwei Kernkraftwer-
ken hat dabei keine nutzbare Wirkleistung produziert. Werden
die dezentrale Erzeugung und der dezentrale Eigenverbrauch
erhöht, fallen diese Netzverluste womöglich teilweise weg.
Auch der Ausbau des Hochspannungsnetzes könnte durch
Speichereinsatz reduziert werden. Ein Kilometer Transport-
netz kostet mehr als 1,5 Millionen Euro. Für Lastspitzen zu
schwache Infrastruktur kann ebenfalls auf der Transportseite
durch Energiespeicher vor Ort sinnvoll kompensiert werden.
Dies ist sicherlich nicht nur für Stadtwerke interessant – aller-
dings fehlt dafür bisher das Geschäftsmodell für die Batterie-
speicherbetreiber. Ein einzelner Wertehebel ist in diesem Fall
nicht stark genug.
Aktivierung möglichst vieler Einnahmequellen
Für die wirtschaftliche Auslegung eines Speichersystems ist
es wichtig, die Wertehebel beziehungsweise Betriebsmodi
zu kennen, die das Speichersystem abbilden soll, um dar-
aus die Einsparungen und Einkünfte zu berechnen. Mindes-
tens genauso wichtig sind Informationen über den „Fahr-
Musterrechnung Industrie-Areal
Nutzungsdauer/Annuität 15 Jahre -89.000 €/Jahr
Einnahmen
Eigenverbrauchserhöhung
von 30 %
auf 70 %
+52.800 €/Jahr
Ersparnis als NEA
100 kW/
100 kWh
+6.500 €/Jahr
Peak-Shaving 250 kW +25.000 €/Jahr
Netzdienstleistung im Pool
(Regelleistung)
50 Tage/
Jahr
+15.000 €/Jahr
Jahresüberschuss +10.300 €/Jahr
Tabelle 2: Beitrag verschiedener Speicherfunktionalitäten zur Refinan-
zierung der Investition am Beispiel eines produzierenden Betriebs mit
1,2 Gigawattstunden Stromverbrauch pro Jahr. Durch den Mehrfach­
nutzen lässt sich ein Batteriespeicher mit 1,1 Megawattstunden und
500 Kilowatt Leistung in Verbindung mit einer 1,2-Megawatt-Photo­
voltaikanlage wirtschaftlich betreiben.
Speicheranlage am Baubetriebshof in Homburg mit 380 kWp Photovoltaik, 280 kWh / 100 kW Speichersystem, 300 MWh Jahresbedarf.
120.000 €
100.000 €
80.000 €
60.000 €
40.000 €
20.000 €
0 €
Kosten akkumuliert
bei Abschreibung10 Jahre
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20
Li-IonDiesel
Jahr nach Inbetriebnahme
Sonderdruck von   Juni 2016  | www.pv-magazine.de 7
plan“ für die technische Auslegung vor allem im Hinblick
auf die Steuerungs-, Regelungs- und Kommunikationstech-
nik, wenn man mehrere der Betriebsmodi kombinieren will.
Eine Regelung auf Eigenverbrauchsoptimierung im Residen-
tial-Umfeld ist deutlich simpler als ein Lastverschiebungs-
szenario für einen Industriebetrieb oder gar der Einsatz
des Speichers im Primärregelmarkt. Hier sind zusätzlich
die kommunikationstechnische Anbindung an Leitstellen,
ein virtuelles Kraftwerksmanagement und Regelleistungs-
pools zu realisieren, wobei die lokale Messtechnik wichtige
Leistungs-, Spannungs- und Frequenzwerte für die PMCU
(Power Management Control Unit) liefert. Hier unterschei-
den sich die Systeme sehr deutlich: Manches Kleinspeicher-
system für den Heimmarkt reagiert zum Beispiel auf das Ein-
schalten eines Wasserkochers so träge, dass der Speicher erst
dann Energie liefert, wenn das Wasser schon fast heiß ist.
Dies ist im industriellen und energiewirtschaftlichen Umfeld
nicht denkbar.
Bei der Lastverschiebung im industriellen Einsatz ist es
nötig, prognosebasierte Systeme zur Hand zu haben. Sowohl
für jede Art von Energieerzeugung als auch für die wichtigen
Produktionseinheiten müssen Kennlinien- und Prognosesys-
teme eingebunden werden, um alle wichtigen Energieflüsse zu
kennen. Dann kann ein Energiespeichersystem seinen optima-
len Beitrag leisten. So individuell wie der energetische „Finger-
abdruck“ wird auch die ideale Größe für die Erzeugungs- und
Speicherlösung sein.
Je mehr Wertehebel sich aktivieren lassen, desto wirt-
schaftlicher sind diese Systeme schon heute. Das zeigt ja auch
unser hypothetisches Beispiel in Tabelle 2. Mit den getroffe-
nen Annahmen refinanziert es sich in 15 Jahren. Zurzeit kön-
nen Förderprogramme die Einführung der neuen Technik
beschleunigen, da sie Planungshorizonte unterhalb von zehn
Jahren erlauben. In Zukunft werden die Systeme durch die Kos-
tensenkungen bei den Batteriezellen deutlich wirtschaftlicher.
Energiespeicher werden ein sehr wichtiges Element der zukünf-
tigen Energieinfrastruktur sein.
 Winfried Wahl
Der Autor
Winfried Wahl ist Senior Manager Busi-
ness Development  Products Energy
Storage Systems bei RRC Power Solutions
in Homburg (Saarland). RRC bietet maß-
geschneiderte Turnkey-Speichersysteme
und unterstützt seine Kunden schon in
der Evaluierungs- und Planungsphase.
Typische Kosten einer Diesel-Netzersatzanlage (grau) gegenüber
Lithium-Ionen-Speicher (blau) für eine Notstromleistung von 30 Kilo-
watt und eine Energiebereitstellung von 30 Kilowattstunden, die den
Notstrombetrieb dann über 60 Minuten sichert. Der Batteriespeicher
hat zwar höhere Investitionskosten, aber niedrigere Betriebskosten.
Berücksichtigt man die Abschreibungsmöglichkeiten, liegen die Kosten
der Batteriespeicherlösung in keinem Jahr über denen des Diesel­
aggregats. Quelle: RRC
Grafiken: pv magazine/Harald Schütt
Steuerschrank mit Leistungselektronik. Diese Schränke werden meist in
einem zweiten Raum im Speichercontainer untergebracht.
Mehrfachnutzen elektrischer Energiespeicher

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Mehrfachnutzen elektrischer Energiespeicher

  • 1. Juni 2016 85308 Interview mit dem Leiter E-Drive Harald Kröger von Daimler Analyse Solarmarkt | Ökostromkonzepte | Marktübersicht Speicher pv magazine award | Qualität bei Photovoltaikanlagen Dachhaken | Produktneuheiten Intersolar E-volution Wer wird den Speichermarkt der Zukunft bestimmen? Sonderedition ®
  • 2. 2 Sonderdruck von   Juni 2016  | www.pv-magazine.de Vorwort von RRC power solutions Liebe Leserinnen und Leser, liebe Freunde der regenerativen Energien, eine der größten Herausforderung im 21. Jahrhundert ist die weltweite Energiewende. Das heißt die Realisierung der sola- ren Kreislaufwirtschaft bis hin zu 100 Prozent nachhaltiger und erneuerbarer Energie. Die Welt hat sich entschieden und das Ziel der Begrenzung der Erderwärmung auf noch erträgliche 1,5 Grad aufgenommen und in Paris als gemeinsame Aufgabe festgeschrieben. Wir müssen Energieversorgung neu denken und neue Wege gehen, die technischen Möglichkeiten hierzu sind bereits vor- handen. Der Ausstieg aus der Kernenergie in Deutschland ist beschlossen, die Rückführung der fossilen Erzeugung Schritt für Schritt steht als nächste Aufgabe an. Wir haben keine Angst davor, sondern wollen mit Ihnen Lösungen dafür entwickeln. Photovoltaik und Wind sind schon lange wettbewerbsfähige Erzeugungsalternativen. Damit die fluktuierenden und sto- chastischen Energien auch eine tragende Säule der künftigen Energieversorgung darstellen können, muss die Verfügbarkeit von Energie in gleicher oder sogar besserer Qualität zu jedem Zeitpunkt und an jedem Ort sichergestellt werden. Der Einsatz von Energiespeichern ist alternativlos und heute schon wirt- schaftlich sinnvoll. Große Fortschritte haben die Entwicklungen verschiedener Speichertechnologien gemacht- Smartphones, Laptops und andere portable Geräte sind ohne Lithium-Ionen-Akkus nicht mehr denkbar und können immer größere Energiemengen immer kompakter und preisgünstiger speichern. Die Einsatz- felder sind neben der Unterhaltungselektronik aber auch in medizinischen und industriellen Anwendungen vielschichtig. RRC power solutions in Homburg ist in diesen Geschäftsfel- dern rund um die mobile smarte Batterietechnik seit über 20 Jahren erfolgreich tätig und setzt seit einigen Jahren neue Maß- stäbe im Bereich stationärer Energiespeicherlösungen für Hei- manwendungen, industrielle und kommerzielle Kunden sowie für Industrie und Energiewirtschaft. Elektrische Energiespeicher nehmen die erzeugte erneuerbare Energie auf und machen Sie jederzeit und an jedem Ort ver- fügbar. Sie sind einer der wichtigsten Eckpfeiler der künfti- gen Energieversorgung und -wirtschaft sowie für den weite- ren Ausbau zukunftsweisender emissionsfreier erneuerbarer Energien. Lesen Sie in diesem Sonderdruck, wie Sie nicht nur ökologisch wegweisend, sondern auch ökonomisch an den vielseitigen Geschäftsmodellen partizipieren können. Wir freuen uns, dass wir diesen spannenden Weg gemeinsam gehen. Winfried Wahl Sr. Manager Business Development Products Energiespeicher sind ein wichtiger Eckpfeiler der Energiewende Energieerzeugung muss zu jedem Zeitpunkt im Gleichgewicht mit dem Energieverbrauch stehen, um die sehr hohe Versorgungssicherheit in Deutschland zu sichern. Foto: Winfried Wahl
  • 3. Sonderdruck von   Juni 2016  | www.pv-magazine.de 3 Beim Einsatz von Batteriespeichern in Industrie und Gewerbe denken viele immer noch hauptsächlich an die Erhöhung des Eigenverbrauchs, um das Speichersystem zu refinanzieren. Das ist ein wichtiger Beitrag, ein profitables Geschäftsmodell gelingt aber umso besser, je mehr weitere Speicherdienstleis- tungen nutzbar gemacht werden (siehe Grafik nächste Seite). Richtiginteressantwirdes,wennmansichdieAufstellungfür ein Beispiel ansieht. Um den Datenschutz gegenüber unseren Die Vielseitigkeit macht’s Speicher in Gewerbe und Industrie: Bei der Evaluierung und Planung eines Speichersystems denken viele ­Nutzer primär an die Erhöhung des Eigenverbrauchs. Speicher können jedoch einen viel größeren Beitrag zur neuen modernen Energieinfrastruktur leisten, der teilweise auch monetarisierbar ist, erklärt Winfried Wahl vom ­Speicherlösungsanbieter RRC. Blick in den klimatisierten Batterieteil eines Speichercontainers mit 280 Kilowattstunden Kapazität und 100 Kilowatt Anschlussleistung. Fotos: RRC
  • 4. Diestleistungenfürd asNetz Dienstle istungenimBetrieb Primär- reserve Sekundär- reserve Minuten- reserve Spannungs- haltung Frequenz- haltung Blind- leistungs- kompen- sation Neustart nach Schwarzfall Eigen- verbrauch Notstrom- versorgung Unter- brechungs- freie Strom- versorgung Last- management (Load-Shifting) Autarkie Ausgleich bei schwacher Infrastruktur Spitzen- lastreduzierung (Peak-Shaving) Speichersysteme werden vor allem durch „Multi-Use“-Einsatz wirtschaftlich. Die linke, rote Seite der Grafik zeigt die Einsatzmöglichkeiten überwiegend aus Sicht der Netzbetreiber–die rechte, grüne Seite aus Sicht der Gewerbebetriebe. Quelle: RRC 4 Sonderdruck von   Juni 2016  | www.pv-magazine.de Kunden zu gewährleisten, haben wir auf Basis unserer Erfah- rungen als Lösungsanbieter ein hypothetisches Beispiel kons- truiert. Die Daten in Tabelle 2 basieren auf einem realisierten BeispieleinerSpeicheranlage,dieseitAnfang2015inBetriebist. Was bringt die Eigenverbrauchserhöhung? Wie wichtig die Eigenverbrauchserhöhung ist, sieht man, wenn man die Kosten für die Speicherung betrachtet und mit den Strombezugspreisen vergleicht. Industriekunden als Groß- abnehmer zahlen im Mittel etwa 20 Cent pro Kilowattstunde Strom (siehe Tabelle 1). Kann man die Investition in eigene Erzeugung tätigen und die selbst erzeugte Energie vor Ort nutzen, so lassen sich gut zehn Cent pro Kilowatt- stunde sparen. Die Eigenverbrauchsquoten liegen ohne Speicher oft nur bei 20 bis 30 Prozent. Setzt man ein geeigne- tes Speichersystem ein, so lässt sich diese Quote auf 60 bis 75 Prozent erhöhen. Die Kosten für die Speicherung hängen von Faktoren wie Anschaffungspreis, Anzahl der Lade- und Entladezyk- len sowie weite- ren technischen Parametern ab. Die Kosten für das Einspeichern einer Kilowattstunde ergeben sich aus dem Anschaffungs- preis des Systems pro Kilowattstunde geteilt durch die Zyklen mal Nutzfaktor. Für die Beispiel-Großspei- cheranlage mit einer Megawatt- stunde Kapazität kostet eine Kilo- wattstunde Batteriekapazität typischerweise 950 Euro. Sie arbeitet im Beispiel 300 Vollzyklen pro Jahr über 20 Jahre. Die Batteriekapazität wird pro Vollzyklus zu 80 Prozent genutzt. Dann ergibt sich: KIndustrial [€/kWh] = 950 [€/kWh]/(300 x 20 x 0,8) = 19,79 ct/kWh Mit anderen Worten, im industriellen Umfeld ist der Einsatz eines Lithium-Ionen-Speichers zur alleinigen Eigenverbrauch- serhöhung wirtschaftlich – vorsichtig ausgedrückt – nicht opti- mal. Die Eigenstromerhöhung trägt dennoch signifikant zur Refinanzierung des Speichers bei. In dem Beispiel muss der Speicher 89.000 Euro pro Jahr erwirtschaften, um sich zu refi- nanzieren. Im Mittel erbringt die Eigenstromerhöhung davon 52.000 (Tabelle 2). Werden weitere Dienstleistungen aktiviert, lässt sich die Wirtschaftlichkeit am Ende herstellen. Kostenvergleich gegenüber Diesel-Netzersatzanlagen Der teuerste Strom ist der Strom, der nicht da ist, wenn er drin- gend gebraucht wird, und dadurch Gefahrenzustände oder Produktionsausfälle drohen. Aus diesem Grund haben viele Industriebetriebe und Dienstleister Netzersatzanlagen (NEA) im Einsatz, um für den Netzausfall zumindest den wichtigs- ten Teil der benötigten Energie selbst bereitstellen und kriti- sche Prozesse aufrechterhalten zu können. Dieselaggregate sind relativ günstig, brauchen jedoch regelmäßige Wartung, um die Betriebsbereitschaft sowie die Verfügbarkeit von Die- sel und Öl als Brenn- und Betriebsstoffe sicherzustellen. Im Gegensatz dazu sind Lithium-Ionen-Energiespeicher sehr war- tungsarm und brauchen keinen Brennstoff, was die jährlichen Betriebskosten deutlich reduziert. Bei einem Abschreibungszeitraum von zehn Jah- ren sind Diesel- und Lithium-Ionen-Systeme schon heute kostengleich (siehe Grafik auf der letzten Seite), zukünftig wird sich die Lithium-Ionen- Lösung bei zu erwartender Kostensenkung weitere kommerzielle Vorteile erarbeiten können. Die Kostengleich- heit berechnen wir dabei so, dass die Netzersatzleistung für typischerweise 60  Minuten gesi- chert sein muss. Bei deutlich län- geren Überbrü- ckungsdauern ist der Batteriespei- cher im Vergleich ungünstiger. Aller- dings ist die zu erwar- tende Lebensdauer in einem gut ausgelegten Bat- teriesystem mit 20 Jahren dop- pelt so lang wie die angenommene Abschreibung. Wenn man einen ent- sprechend langen Zeithorizont hat, verbessert sich also die Wirtschaftlichkeit des Batteriespeichers. Und im Gegensatz zum Diesel­aggregat ist der Batteriespeicher geräuschlos sowie Abgas- und CO2-frei! In dem Beispiel erbringt das Speichersystem als Netzersatz- anlage damit ab dem zehnten Jahr Zusatzersparnisse von rund 10.000 Euro pro Jahr, der Wert in Tabelle 2 ergibt sich für die ersten zehn Jahre, wenn auf die Anschaffung des Dieselaggre- gats verzichtet werden kann. Optimale Netzauslastung, Lastspitzenreduzierung und Lastverschiebung Netze werden typischerweise nach der maximal zu erwarten- den Leistung ausgelegt („take or pay“). Das ist vergleichbar mit einer Autobahn, die man im Berufsverkehr auf zehn Spu- ren auslegen müsste, auf der in der Nacht aber nur sehr wenige Fahrzeuge fahren. Ideal wäre es natürlich, wenn immer gleich viele Autos fahren würden, dann käme es nicht zu Staus und
  • 5. Sonderdruck von   Juni 2016  | www.pv-magazine.de 5 die Autobahn müsste nicht verbreitert werden. Wenn man den Strombezug nun wesentlich gleichmäßi- ger gestalten kann, führt das infrastruktur- und kostenseitig zu deutlichen Entlastungen. Das heißt aber auch, dass Last zu Spitzenzeiten zeitlich verschoben und/oder die entsprechende benötigte Leistung vorher lokal gepuffert werden muss. Ebenso auf der Erzeugungsseite: Je mehr erneuerbare Energie lokal erzeugt und erzeugungsspitzenreduziert zur Verfügung gestellt werden kann, desto weniger Belastung ergibt sich für die Trans- portnetze – bis hin zur Vermeidung von Netzausbau. Es ist für große Industriebetriebe durchaus möglich, 7.000 bis 8.000 Voll- laststunden (Jahresenergieverbrauch geteilt durch Netzan- schlussleistung) zu erreichen und gleichzeitig den gesamten Energieverbrauch zu reduzieren. Dazu bedarf es geschickter Lastverschiebung, Eigenverbrauchserhöhung und Lastspitzen- begrenzung, was mit klug dimensionierten Speichersystemen möglich wird. Auch wenn ein Unternehmen nicht zu den energieintensi- ven Betrieben gehört, lohnt sich das Peak-Shaving (Begren- zung des Netzbezuges) sowie eventuell Load-Shifting (zeitliche Verschiebung von Verbrauch) nicht nur für den Netzbetrei- ber, sondern auch für das Unternehmen selbst. Industriebe- triebe und größere Verbraucher zahlen neben dem Arbeits- preis, also dem Preis je Kilowattstunde Strombezug, auch einen Leistungspreis. Der Leistungspreis richtet sich danach, wie viel Leistung der Verbraucher im Jahr maximal benötigt, auch wenn das tatsächlich nur ein einziges Mal ist und der durchschnittliche Leistungsbezug weit darunter liegt. Je Kilo- watt Anschlusswert sind jährlich etwa 80 bis 120 Euro Leis- tungspreis zu entrichten. Im konkreten Beispiel eines Baubetriebshofes mit einer Spit- zenlast von 160 Kilowatt und einer durchschnittlichen Leis- tungsaufnahme von 30 Kilowatt konnte durch Peak-Shaving mit einem Speichersystem der maximale Leistungswert auf 60 Kilowatt begrenzt werden. Dadurch werden pro Jahr etwa 10.000 Euro eingespart. Bei unserem hypothetischen Beispiel sind es 25.000 Euro. Dies ist ein weiterer Wertehebel, der einen nennenswerten Beitrag zur Wirtschaftlichkeit liefert. Energieeffizienzmaßnahmen nach ISO 50000 Im Rahmen von Audits nach ISO 50000 sowie DIN EN 16247 haben manche Kunden umfangreiche Energiedaten zur Ver- fügung und bereits Potenziale erfasst und aufgedeckt. Mit Lithium-Ionen-Speichersystemen lassen sich diese Einspar- potenziale auch realisieren. Seit Ende 2015 sind energieintensive Großunternehmen zu Energieaudits nach DIN EN 16247 angehalten. Dies ermöglicht unter anderem die Erfassung der einzelnen Lasten. Die darauf folgende Analyse der Lastgänge, die wir gemeinsam mit unse- ren Kunden durchgeführt haben, ist Grundlage für Optimie- rungsmaßnahmen. Energieaudits sollen das Bewusstsein der Großindustrie zum Thema Energie erhöhen, Einsparpotenzi- ale aufdecken und gleichzeitig dazu dienen, die EU-Ziele zur Reduzierung des Energieverbrauches um 20 Prozent bis zum Jahre 2020 zu erreichen. Die Kosten des Audits werden teilweise durch Förder­mittel erstattet. In Zukunft ist zu erwarten, dass die Anforderung, ein Energieaudit durchzuführen, auch mittlere und kleine Unternehmen erreicht. Denn Energiekosten sind ein wichti- ger Standortfaktor und können den Firmen Vorteile bringen, die sich schon heute Gedanken zur Steigerung der Energieef- fizienz machen. Das Wichtigste in Kürze Speicher in Industrie und Gewerbe müssen sich auf meh- rere Arten refinanzieren. Die Eigenverbrauchserhöhung alleine reicht oft nicht aus. Eigenverbrauchserhöhung trägt allerdings den größten Teil zur Refinanzierung bei. Außerdem spielen dabei eine Rolle: der Ersatz des Not- stromaggregats, die Reduktion der Peaklast und in Zukunft die Erlöse am Regelleistungsmarkt. Energieaudits nach ISO 50000 sowie DIN EN 16247 helfen bei der Umsetzung und werden teilweise gefördert. Anwendung Monetarisierungs- bedingung Heim Gewerbe Industrie Areal Versorger Eigenverbrauchs­ erhöhung ja ja ja ja ja Erzeugung (z. B. PV) 12 ct/kWh 10 ct/kWh 9 ct/kWh 9 ct/kWh 8 ct/kWh Bezugspreis 28 ct/kWh 22 ct/kWh 20 ct/kWh 20 ct/kWh k. A. Lastbegrenzung nein 100 MWh/a ja ja ja Leistungspreis nein 80 – 120 €/kW/a 80 – 120 €/kW/a 80 – 120 €/kW/a 80 – 120 €/kW/a Notstromversorgung ja ja ja ja ja Schwarzfallschaden gering mittel hoch mittel – hoch hoch Netzdienstleistung ja* ja* ja ja ja Blind­leistung ja ja ja ja ja Regelleistung nein* nein* ja ja ja andere nein* nein* ja ja ja *nur im Verbund von vielen Systemen (virtuelles Kraftwerk) Tabelle 1: Speicher erlauben für verschiedene Anwendungen verschiedene Wertehebel. Zu den möglichen Speicherfunktionalitäten gehören jeweils verschiedene Monetarisierungsbedingungen. Deren Realisierbarkeit hängt von dem Ort der Anwendung ab.
  • 6. 6 Sonderdruck von   Juni 2016  | www.pv-magazine.de Netzdienlichkeit und Regelleistung Eine weitere mögliche Einnahmequelle für Batteriespeicher- betreiber sind Einnahmen auf dem Regelenergiemarkt. Aller- dings lässt sich nur schwer abschätzen, wie hoch diese in Zukunft ausfallen. Dahinter steht, dass es Grundbedingung für eine zuverläs- sige Energieversorgung ist, die Erzeugung und den Verbrauch zu jedem Zeitpunkt in Deckung zu halten. Übersteigt die Ener- gieproduktion den Verbrauch, so reagiert die Netzfrequenz von 50 Hertz mit einer Erhöhung; wird mehr Energie verbraucht als erzeugt, dann fällt die Netzfrequenz. Dies wird innerhalb eines schmalen Bandes toleriert. Weicht die Frequenz stärker als zehn Millihertz ab, werden entsprechende mehrstufige Kor- rekturmaßnahmen eingeleitet. Diese Reserven werden auf dem Regelenergiemarkt gehandelt. Die Mengen werden von den Übertragungsnetzbetreibern wöchentlich ausgeschrieben und die Zuschläge im Bieterver- fahren vergeben. Lithium-Ionen-Speichersysteme haben hier unter anderem Vorteile durch die Reaktionsschnelligkeit. Im Beispiel wird durch die Teilnahme am Sekundär- und Primärregelmarkt unter Berücksichtigung aktueller Markt- preise und Zuschlagswahrscheinlichkeiten ein Einkommen von 15.000 Euro erzielt. Netzertüchtigung und Vermeiden von Netzausbau Es gibt Zusatznutzen der Energiespeicher, die sich momentan jedoch nicht für jeden Betreiber monetarisieren lassen. Einer dieser Zusatznutzen ist, dass Energiespeicher die Dezentralität unterstützen. Auch in einem hochmodernen Land mit höchs- ter Netzqualität gibt es Engpässe in der Energieversorgung, die meist dann entstehen, wenn große Erzeuger ausfallen, still- gelegt werden oder neue Großabnehmer von Energie entste- hen. Als Konsequenz ändert sich der Weg, den die Energie vom Kraftwerk zum Verbraucher zurücklegen muss. Zusätz- lich treten auf den teilweise langen Wegen Verluste auf. Das heißt, Energie, die die erzeugende Seite zusätzlich bereitstel- len muss, damit noch genug auf der Verbrauchseite ankommt. In Deutschland betragen diese Verluste etwa fünf Prozent der Gesamtstromerzeugung von etwa 650 Terawattstunden Strom. Das bedeutet 32.500.000.000 Kilowattstunden (entspricht in etwa dem Stromverbrauch von acht Millionen Haushalten) der produzierten Energie in Form von Strom kommen nicht beim Verbraucher an. Zum Vergleich: Die acht deutschen Kern- kraftwerke produzierten im Jahr 2014 etwa 100 Terawattstun- den Strom. Das Äquivalent von mehr als zwei Kernkraftwer- ken hat dabei keine nutzbare Wirkleistung produziert. Werden die dezentrale Erzeugung und der dezentrale Eigenverbrauch erhöht, fallen diese Netzverluste womöglich teilweise weg. Auch der Ausbau des Hochspannungsnetzes könnte durch Speichereinsatz reduziert werden. Ein Kilometer Transport- netz kostet mehr als 1,5 Millionen Euro. Für Lastspitzen zu schwache Infrastruktur kann ebenfalls auf der Transportseite durch Energiespeicher vor Ort sinnvoll kompensiert werden. Dies ist sicherlich nicht nur für Stadtwerke interessant – aller- dings fehlt dafür bisher das Geschäftsmodell für die Batterie- speicherbetreiber. Ein einzelner Wertehebel ist in diesem Fall nicht stark genug. Aktivierung möglichst vieler Einnahmequellen Für die wirtschaftliche Auslegung eines Speichersystems ist es wichtig, die Wertehebel beziehungsweise Betriebsmodi zu kennen, die das Speichersystem abbilden soll, um dar- aus die Einsparungen und Einkünfte zu berechnen. Mindes- tens genauso wichtig sind Informationen über den „Fahr- Musterrechnung Industrie-Areal Nutzungsdauer/Annuität 15 Jahre -89.000 €/Jahr Einnahmen Eigenverbrauchserhöhung von 30 % auf 70 % +52.800 €/Jahr Ersparnis als NEA 100 kW/ 100 kWh +6.500 €/Jahr Peak-Shaving 250 kW +25.000 €/Jahr Netzdienstleistung im Pool (Regelleistung) 50 Tage/ Jahr +15.000 €/Jahr Jahresüberschuss +10.300 €/Jahr Tabelle 2: Beitrag verschiedener Speicherfunktionalitäten zur Refinan- zierung der Investition am Beispiel eines produzierenden Betriebs mit 1,2 Gigawattstunden Stromverbrauch pro Jahr. Durch den Mehrfach­ nutzen lässt sich ein Batteriespeicher mit 1,1 Megawattstunden und 500 Kilowatt Leistung in Verbindung mit einer 1,2-Megawatt-Photo­ voltaikanlage wirtschaftlich betreiben. Speicheranlage am Baubetriebshof in Homburg mit 380 kWp Photovoltaik, 280 kWh / 100 kW Speichersystem, 300 MWh Jahresbedarf.
  • 7. 120.000 € 100.000 € 80.000 € 60.000 € 40.000 € 20.000 € 0 € Kosten akkumuliert bei Abschreibung10 Jahre 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 Li-IonDiesel Jahr nach Inbetriebnahme Sonderdruck von   Juni 2016  | www.pv-magazine.de 7 plan“ für die technische Auslegung vor allem im Hinblick auf die Steuerungs-, Regelungs- und Kommunikationstech- nik, wenn man mehrere der Betriebsmodi kombinieren will. Eine Regelung auf Eigenverbrauchsoptimierung im Residen- tial-Umfeld ist deutlich simpler als ein Lastverschiebungs- szenario für einen Industriebetrieb oder gar der Einsatz des Speichers im Primärregelmarkt. Hier sind zusätzlich die kommunikationstechnische Anbindung an Leitstellen, ein virtuelles Kraftwerksmanagement und Regelleistungs- pools zu realisieren, wobei die lokale Messtechnik wichtige Leistungs-, Spannungs- und Frequenzwerte für die PMCU (Power Management Control Unit) liefert. Hier unterschei- den sich die Systeme sehr deutlich: Manches Kleinspeicher- system für den Heimmarkt reagiert zum Beispiel auf das Ein- schalten eines Wasserkochers so träge, dass der Speicher erst dann Energie liefert, wenn das Wasser schon fast heiß ist. Dies ist im industriellen und energiewirtschaftlichen Umfeld nicht denkbar. Bei der Lastverschiebung im industriellen Einsatz ist es nötig, prognosebasierte Systeme zur Hand zu haben. Sowohl für jede Art von Energieerzeugung als auch für die wichtigen Produktionseinheiten müssen Kennlinien- und Prognosesys- teme eingebunden werden, um alle wichtigen Energieflüsse zu kennen. Dann kann ein Energiespeichersystem seinen optima- len Beitrag leisten. So individuell wie der energetische „Finger- abdruck“ wird auch die ideale Größe für die Erzeugungs- und Speicherlösung sein. Je mehr Wertehebel sich aktivieren lassen, desto wirt- schaftlicher sind diese Systeme schon heute. Das zeigt ja auch unser hypothetisches Beispiel in Tabelle 2. Mit den getroffe- nen Annahmen refinanziert es sich in 15 Jahren. Zurzeit kön- nen Förderprogramme die Einführung der neuen Technik beschleunigen, da sie Planungshorizonte unterhalb von zehn Jahren erlauben. In Zukunft werden die Systeme durch die Kos- tensenkungen bei den Batteriezellen deutlich wirtschaftlicher. Energiespeicher werden ein sehr wichtiges Element der zukünf- tigen Energieinfrastruktur sein. Winfried Wahl Der Autor Winfried Wahl ist Senior Manager Busi- ness Development Products Energy Storage Systems bei RRC Power Solutions in Homburg (Saarland). RRC bietet maß- geschneiderte Turnkey-Speichersysteme und unterstützt seine Kunden schon in der Evaluierungs- und Planungsphase. Typische Kosten einer Diesel-Netzersatzanlage (grau) gegenüber Lithium-Ionen-Speicher (blau) für eine Notstromleistung von 30 Kilo- watt und eine Energiebereitstellung von 30 Kilowattstunden, die den Notstrombetrieb dann über 60 Minuten sichert. Der Batteriespeicher hat zwar höhere Investitionskosten, aber niedrigere Betriebskosten. Berücksichtigt man die Abschreibungsmöglichkeiten, liegen die Kosten der Batteriespeicherlösung in keinem Jahr über denen des Diesel­ aggregats. Quelle: RRC Grafiken: pv magazine/Harald Schütt Steuerschrank mit Leistungselektronik. Diese Schränke werden meist in einem zweiten Raum im Speichercontainer untergebracht.