Wird bei Social Business nur in Technologie und nicht in Wandel und den Menschen investiert, so wird an der falschen Stelle investiert. Der Nutzen wird geringer sein, als er sein könnte. Wird nicht investiert, entsteht so oder so ein Verlust.
2. . Die Arbeitswelt ändert sich“. Mit dieser Plattitüde beginnen oder enden in
den letzten Jahren viele Artikel, Bücher oder Marketingbroschüren. Auch
ich habe mit dieser Phrase bereits einige Präsentationen gestartet und
Artikel eröffnet. Realität ist jedoch, dass trotz sich ändernder
Rahmenbedingungen in vielen Unternehmen nur wenig Wandel
stattgefunden hat. Vielerorts wurde die These einer neuen Arbeitswelt als
Mythos – als ein Steigbügelhalter der Beratungs- und IT-Industrie –
verschrien. Doch gerade in den letzten Monaten ist eine Dynamik zu
erkennen: In immer mehr Unternehmen, egal ob mittelständisch geprägter
Betrieb oder Konzern, wird verstärkt auf kollaborative Arbeitsmodelle
gesetzt, deren Grundlage die zwischenmenschliche Interaktion ist.
Ein großes Hemmnis hierbei sind jedoch zu oft veraltete und verkrustete
Denkmuster, Organisationsformen und fehlendes Vertrauen in die
(eigenen) Mitarbeiter. Es ist auch keine Seltenheit, dass ganze Projekte –
sei es die „einfache“ Einführung einer SharePoint -Lösung oder ganze
Social-Business-Strategien ohne umfassende Einbeziehung der Menschen
(der Mitarbeiter) erfolgt. Und es wird sich dann sogar noch gewundert,
warum die „neue“ Technologie oder der „revolutionäre“ Ansatz nicht
erfolgreich ist. Deswegen folgernde Appell: Vergessen Sie den Menschen
nicht! Vertrauen ist die Grundlage.
„Social Business“ schalmeit es gegenwärtig an allen Orten. Gemeint ist
eine auf technischen Elementen und gesellschaftlichen sowie
organisatorischen Verhaltensweisen beruhende Weiterentwicklung des
soziotechnischen Systems „Arbeitswelt“. Also einer Kombination von
Menschen und
Technologien, die
strukturiert sind, um
ökonomische Ergebnisse zu
erzielen. Eine solche
Kombination (Mensch &
Technik) existiert bereits
seit Generationen. Lediglich
Umfang und
Geschwindigkeit
unterscheiden sich. Social
Business bezieht sich dabei
auf Organisationen und deren Geschäftsprozesse. Dabei geht es um
Arbeitsumgebungen sowie Arbeits- und Verhaltensweisen, die dadurch
geprägt sind, dass Menschen in kollaborativen und integrierten
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3. Arbeitswelten Mehrwerte für sich, das eigene Unternehmen und die
Gesellschaft erarbeiten. Social Business als Strategie kann in
Unternehmen als Schlüsselkonzept für den organisatorischen Wandel
innerhalb des Unternehmens, Wertschöpfungsnetzwerken oder einzelnen
Branchen einen Mehrwert liefern. Das soziale – das gesellschaftliche –
System ist hierbei jedoch nicht zwingend das neue Element. Dass es sich
in einem Unternehmen von der grundsätzlichen Konzeption um ein soziales
System handelt, ist schon an der Struktur und Organisation erkennbar. Neu
ist nicht das „DAS“ sondern das „WIE“ etwas organisiert, gehandhabt oder
umgesetzt wird
Grundlage: Vertrauen und Transparenz
Viele Unternehmenslenker haben für sich erkannt, dass diese neuen
Denkmuster und Strategie, die ein Social Business -Ansatz beinhaltet,
Mehrwerte schafft. Doch die Umsetzung erfolgt allzu oft nur über eine
technologische Betrachtung. So bekommt die IT den Auftrag, „eine neue
Lösung“ einzuführen. Wird etwas größer gedacht, werden auch durch
Organisationsabteilung oder HR neue Formen der Zusammenarbeit und
Organisationsstrukturen erarbeitet. Jedoch geschieht dies häufig ohne die
Einbeziehung einer breiten Basis an Mitarbeitern. Auch bei der Umsetzung
– also im Tagesgeschäft – werden dem einzelnen Mitarbeiter und den
Teams häufig sehr enge Spielräume gegeben. Fehlendes Vertrauen ist oft
der Grund hierfür.
Vertrauen ist zumeist ein alltagssprachlicher Begriff, der inzwischen
praktisch sämtliche Lebensbereiche durchdringt. An dieser Stelle geht es
nicht um eine wissenschaftliche oder soziologische Begriffserläuterung;
und es ist auch keinen Blick in das Handbuch der Arbeits - und
Organisationspsychologie notwendig. Vielmehr geht es um das
Grundverständnis, dass Vertrauen in unsicheren Situationen die Akteure
unterstützt und sie handlungsfähig macht.
Im Kern geht es darum, dass Vertrauen die zentrale Grundlage des
unternehmerischen Handelns ist. Dabei wird ökonomischer Erfolg über die
Ebenen Wahrnehmung, Einstellung und Verhalten erzielt. Vertrauen führt
zu weniger Problemen, reduziert interpersonale Reibung – auch über
Hierarchieebenen hinweg – und verstärkt Kooperationen. Voraussetzung
ist eine Unternehmenskultur, die auf Transparenz aufbaut.
Hierbei geht es nicht um „Sozialromantik“. Es darf nicht gescheut werden,
zu versuchen, die Wirklichkeit auszusprechen. Es darf aber auch nicht
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4. nach dem Leitsatz verfahren werden, dass Misstrauen nicht das Gegenteil
von Vertrauen ist und grundsätzlich vom negativen Fall der Unsicherheit
ausgegangen wird.
Misstrauen ist nicht das Gegenteil von Vertrauen, argumentiert bereits der
Literatur- und Sozialwissenschaftler Jan Philipp Reemtsma umfassend,
und auch Stefan Truthän hat diesen Gedanken in seinen Ausarbeitungen
umfassend aufgegriffen. Misstrauen sei vielmehr eine
Orientierungsstrategie in einer Umgebung, die als mehr oder minder
vertrauenswürdig angesehen wird. Solche Situationen entstehen, wenn
fehlende Transparenz vorherrscht.
Transparenz ist der Schlüssel zu einer auf Vertrauen aufgebauten
Organisation, die Social-Business-Technologien und –Organisationsformen
einsetzen.
Was bleibt?
Werte bedingen einander, brauchen einander und begrenzen einander.
Entscheidet sich ein Unternehmen für die Einführung von Social -Business-
Software und -Services, die die Arbeitswelt und Interaktion zwischen
einzelnen Personen, Teams und Unternehmen flexibler und offener
gestaltet, entsteht auch der Bedarf an einer Diskussion über Werte. Ein
solcher Wert ist Vertrauen. Grundlage für Vertrauen ist Transparenz.
Organisationsform und IT-Technik können Transparenz schaffen. Es
werden Freiräume benötigt. Es geht darum, die Möglichkeiten, die das
einzelne Individuum oder das Team (oder der Kunde oder der Lieferant
oder … ) hat, in eine Idee zu gießen. Hierfür werden Freiräume benötigt.
Das Fundament von Freiräumen ist Vertrauen. Die Blaupause von
Vertrauen ist – na was wohl? – ja: Transparenz. Wird Transparenz gewollt,
sind offene Räume notwendig. Und dies kommt dem Charakter von
Menschen entgegen, Menschen sind von Natur aus nicht dafür geschaffen,
in geschlossenen Räumen zu leben. Dies betrifft auch die Arbeitswelt.
„Geschlossene Räume" sind hier nicht im Sinne der Architektur zu
verstehen, sondern vielmehr im Sinn von Denkmustern, Arbeitsweisen,
Verhaltensmustern. Deshalb muss bei der „Architektur" der Arbeitswelt
dafür Sorge getragen werden, dass der Einzelne am Tagesverlauf der
Masse teilhaben kann - und umgekehrt. Jedoch ist hiermit nicht der
gläserne Mensch gemeint und darf auch nicht als Ziel verstanden werden.
Beim Social Business stehen der offene Raum und der Nutzen für den
Menschen im Mittelpunkt der organisatorischen Ausrichtung. Menschen
sollen (müssen) in dieser Arbeitswelt sicher und komfortabel arbeiten,
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5. interagieren und sich auch zurückziehen können. Das klingt zwar
selbstverständlich, die Realität sieht jedoch anders aus. Eine Kultur des
Kampfes (der Rivalität) wird vielerorts getrieben. Teamfähigkeit, heißt es
immer, aber befördert wird (regelmäßig nur), wer sich gegen die Kollegen
durchsetzt. Dies kann – und wird – zukünftig nicht mehr funktionieren.
Kurzum: Wird bei Social Business nur in Technologie und nicht in Wandel
und den Menschen investiert, so wird an der falschen Stelle investiert. Der
Nutzen wird geringer sein, als er sein könnte. Wird nicht investiert,
entsteht so oder so ein Verlust.
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