Nicht alle über 50 sind "Best Ager": Aufgrund der Pluralisierung von Lebensweisen in den letzten Jahrzehnten ist das Spektrum der Älteren heute weitaus bunter als manche propagandistische Meldung vermuten lässt: Die viel zitierten "Best Ager" machen nur knapp 20% der Generation 50plus aus. Die Mehrheit stellen mit über 40% weiterhin die "traditionellen Alten" – die allerdings wegen Überalterung weniger werden. Die eigentliche Herausforderung liegt in der Heterogenität der Zielgruppe 50plus. Es hat lange gedauert, bis die lebensweltliche Heterogenität der Altersgruppe 14-49 erkannt wurde. Viele der aktuellen Best Age-Konzepte wiederholen heute den Fehler des "Soziodemographismus". Sie definieren die Zielgruppe - wieder einmal - schlicht über das Alter. Doch die Effekte der demographischen Alterung in Wechselwirkung mit dem soziokulturellen Wandel sind vielschichtiger. Wer die "neuen Alten" als vermeintlich homogenes Segment anpreist, driftet an der komplexen Wirklichkeit vorbei. Eine unerlässliche Studie für alle, die sich dem Thema Best Ager Marketing verschrieben haben oder diesen lukrativen Markt erobern wollen.
2. Ein mögliches Missverständnis
50plus wird oft als Zielgruppenbeschreibung benutzt
Diese "Zielgruppe" 50plus ist ein Phantom - ebenso
wie die Zusammenfassung der 14- bis 49-Jährigen zur "medienrelevanten
Zielgruppe"
Ein Phantom ist laut Brockhaus ein Trugbild, eine gespenstische Erscheinung,
eine Geistererscheinung
31,57 Millionen Menschen, das sind 44,8 % der Bevölkerung,
zu einer Zielgruppe zusammen zufassen, ist ein Trugbild
Es ist eine gespenstische Erscheinung, wäre das tatsächlich richtig
3. Was sind die Folgen?
Bekannte Fakten & Hypothesen
Gefährdetes Sozialsystem
Stark wachsende Gesundheitskosten
Explodieren der Pflegeausgaben
Aber auch: Wachsender Einfluss der Älteren (immer mehr Menschen mit
mehr Vergangenheit als Zukunft; Priorisierung von Themen, die Älteren
wichtig sind)
Private materielle Ressourcen sind ungleich verteilt, die Schere im Segment
50plus wird sich weiter öffnen
Bildung und Erfahrung als kulturelles Kapital sind ebenfalls ungleich verteilt
4. Irreführende Stereotype und Klischees
Begriffe wie
Senioren, Junge Alte, Mid Ager oder
Silver Generation, Best Ager, Golden Oldies,
Master Consumers, Woopies (well of older people)
entlarven die Klischees und Stereotype, mit denen die Bevölkerung über 50 oder
60 gelabelt wird - nach Alter
und nach Größe des Geldbeutels
Das kann nach Jahrzehnten der Individualisierung in der Gesellschaft nicht die
Realität beschreiben
mit einem neuen Lebensjahrzehnt wechselt man nicht die Lebenswelt
10. Sinus AB23 Traditionelles Milieu
Kurzprofil
30 % der Deutschen über 50
Die Sicherheit und Ordnung liebende
Kriegs- / Nachkriegsgeneration
verhaftet in der alten
kleinbürgerlichen Welt bzw. in
der traditionellen Arbeiterkultur
11. Sinus B23 Bürgerliche Mitte
Kurzprofil
21 % der Deutschen über 50
Der leistungs- und anpassungsbereite
bürgerliche Mainstream
Generelle Bejahung der
gesellschaftlichen Ordnung
Wunsch nach beruflicher und sozialer
Etablierung
und nach gesicherten und
harmonischen Verhältnissen
12. Sinus AB12 Konservativ-etabliertes Milieu
Kurzprofil
11% der Deutschen über 50
Das klassische Establishment
Verantwortungs- und Erfolgsethik
Exklusivitäts- und Führungsansprüche
Standesbewusstsein, Entre-nous
13. Sinus B3 Prekäres Milieu
Kurzprofil
11% der Deutschen über 50
Die Orientierung und Teilhabe bemühte
Unterschicht
mit starken Zukunftsängsten und
Ressentiments
Häufung sozialer Benachteiligungen, geringe Aufstiegsperspektiven, reaktive Grundhaltung
Bemüht, Anschluss zu halten an
die Konsumstandards der breiten
Mitte
14. Sinus B12 Sozialökologisches Milieu
Kurzprofil
7 % der Deutschen über 50
Konsumkritisches /-bewusstes Milieu
mit normativen Vorstellungen vom
"richtigen" Leben
Ausgeprägtes ökologisches und
soziales Gewissen
Globalisierungs-Skeptiker
Bannerträger von Political
Correctness und Diversity
15. Sinus B1 Liberal-intellektuelles Milieu
Kurzprofil
6% der Deutschen über 50
Die aufgeklärte Bildungselite mit
liberaler Grundhaltung
und postmateriellen Wurzeln
Wunsch nach selbstbestimmtem
Leben
vielfältigen intellektuellen
Interessen
17. Einstellung zu gesundheitlichen Aspekten
Unterscheidung: in Altersgruppen
„Stimme voll und ganz/weitgehend zu“ (Top-2-Box einer 4-stufigen Skala)
Ich achte sehr auf meine Gesundheit.
Es ist mir wichtig, Körper
und Seele in Einklang zu bringen.
Ich achte sehr auf gesunde Ernährung.
Ich nehme regelmäßig Vorsorge- und
Früherkennungsuntersuchungen in
Anspruch.
Ich achte sehr darauf, körperlich fit zu sein.
Ich habe keine Lust, über meine
Zukunft in 10 Jahren nachzudenken.
0%
Quelle: VA 2010,
Basis = 29.067 Fälle (alle ab 20 J.)
70+
60 bis 69 J.
100%
50 bis 59 J.
40 - 49 J.
30 - 39 J.
20 bis 29 J.
24. Fazit
Menschen über 50 sind keine homogene Gruppe:
Ihre Lebensstile, Wertewelten, Kompetenzen und Sehnsüchte
sind nicht weniger vielfältig als in jüngeren Altersgruppen