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Rußbrennen als Lebensunterhalt
Das Kienrußbrennen wurde meist als zusätzliches Gewerbe
ausgeführt, doch konnte ein Kienrußbrenner bei spar-
samer Lebensweise seinen Unterhalt auch allein mit
Rußbrennen bestreiten. Im Jahr 1800 berichtete K.F.V.
Jägerschmid aus dem Murgtal, eine Kienrußbrennerei habe
pro Jahr bei 110 Bränden 44 Zentner Ruß erzeugt. Unter
Ansatz eines durchschnittlichen Preises von 25 Gulden
pro Zentner ergab dies eine Einnahme von 1100 Gulden.
Für Brennmaterial, Gerätschaften, Gehilfen, Abgaben und
Zinsen musste der Rußbrenner 736 Gulden bezahlen.
Somit verblieb ihm ein Jahresertrag von 364 Gulden.
Ein Gehilfe kam bei drei Gulden pro Woche auf einen
Jahresverdienst von 156 Gulden.


Das Ende der Rußbrennerei                                     Das Naturparkdorf Enzklösterle liegt malerisch im Tal der
                                                              Enz, mitten im Dreieck Baden-Baden, Freudenstadt und
Um 1800 gab es im Schwarzwald zahlreiche belegte Stand-       Pforzheim. Der Luftkurort hat etwa 1.300 Einwohner und
orte von Rußbrennereien, zum Beispiel in Pfalzgrafen-         mehr als 125.000 Übernachtungen pro Jahr.
weiler, Röth, Baiersbronn, Freudenstadt und Enzklösterle.


                                                                                                                                                                                                 Rußhütte
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts sind noch einige   Weitere Informationen / Herausgeber:
Rußbrennereien in den Bezirken Calw, Nagold, Neuenbürg        Kurverwaltung Enzklösterle
und Freudenstadt in Betrieb gewesen.                          Friedenstraße 16
Mit Beginn der systematischen Suche nach Farbstoff-
pigmenten aus dem Steinkohlenteer ging dann die Zeit der
                                                              75337 Enzklösterle
                                                              Telefon 0 70 85 / 75 16                                                                                                              ENZKLÖSTERLE
Rußbrennereien um die Jahrhundertwende zu Ende.               Fax 0 70 85 / 13 98
                                                              info@enzkloesterle.de
                                                              www.enzkloesterle.de

Die Rußhütte Enzklösterle ist ein                             Die Rußhütte Enzklösterle wird gefördert durch die
einzigartiger Zeuge eines alten,                              Chemie-Verbände Baden-Württemberg
                                                              Markgrafenstraße 9                                                                                                                    Steinerner Zeuge eines
wichtigen Waldgewerbes und ein                                                                                                                                                                      ausgestorbenen Waldgewerbes
                                                              76530 Baden-Baden
bedeutendes Relikt aus den Anfängen                           info@chemie.com                                                                                                                       und ein Denkmal der
der chemischen Industrie.                                     www.chemie.com                                                                                                                        deutschen Chemiegeschichte
Steinerner Zeuge eines                                           Aufbau und Funktion einer Rußhütte                             Ein Brand dauerte etwa zwölf Stunden. In der kühlen
                                                                                                                                Jahreszeit konnte der Ofen etwas länger brennen. Wurde
ausgestorbenen Waldgewerbes
                                                                 Eine Rußhütte bestand aus zwei Haupträumen. Einem in sich      die Zeit weit überschritten, drohte
und ein Denkmal der deutschen                                    geschlossenen Kienrußofen und dem anschließenden Ruß-          Brandgefahr durch Überhit-
Chemiegeschichte ...                                             fang. Im Ofen wurden die Brandportionen verschwelt. Große      zung des Rußfangraumes
                                                                 Öfen verschlangen pro Tag zehn bis zwölf Brandportionen von    und Selbstentzündung
                                                                 25-30 Pfund faustgroß zerkleinerten Harz- oder Pechgrieben.    des abgelagerten
... so könnte man mit wenigen Worten die Rußhütte                Kleinere Öfen waren für zehn- bis fünfzehnpfündige Portionen   Rußes.
Enzklösterle umschreiben.                                        konstruiert.
                                                                 Die stark rußenden Verbrennungsgase wurden in den an-
Dieses alte Gebäude wurde 1829 erbaut, 1982 wiederent-           grenzenden Rußfang geleitet. Hier beruhigte sich der ruß-
deckt und von 1992 bis 1994 vollständig restauriert. Noch        beladene Rauch, mitgerissene Ascheteilchen fielen zu Boden
gegen Ende des 19. Jahrhunderts wurde hier Kienruß für die       und der Ruß setzte sich in Flocken an den Wänden ab.
Herstellung schwarzer Färbemittel gewonnen.                      Um das Eindringen von Luft zu vermeiden, waren die Wände
                                                                 der Rußkammer sorgfältig mit Mörtel verputzt oder mit
Die Rußhütte Enzklösterle ist eine Rarität. Nach heutigem        Holz dicht verkleidet. Kühle Steingewölbe begünstig-
Kenntnisstand gibt es in Deutschland keine ähnlich gut           ten das Absetzen des Rußes. Am äußersten Ende
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als Kulturdenkmal nach § 2 Denkmalschutzgesetz.                  Decke ein Abzugsloch. Durch dieses
                                                                 konnten die Rauchgase in den
Was war eigentlich „Rußbrennen“? Was geschah mit den             Dachstuhl gelangen. Hier
hergestellten Produkten?                                         waren an starken Haken
                                                                 noch Filtersäcke aus
                                                                 Leinen oder Flanell
Das Rußbrennen                                                   befestigt, in denen man                                                                                         Zeichnung:
                                                                                                                                                                Ing.-Büro Crowell, Karlsruhe
                                                                 den besonders begehr-
Das Kienrußbrennen, oder besser gesagt, das Kienruß-             ten Feinruß ausfilterte.
schwelen war neben der Köhlerei, dem Schmier- oder Salbe-        Nach jedem Brand
brennen und dem Harzen eines der alten Waldgewerbe.              wurde der abgekühlte                                                                  Ruß als Handelsware
Stark harzhaltige Holzteile wie Kienholz, Nadelholzzapfen,       Rußfang geöffnet und
Nadelreisig von Tanne, Fichte und Kiefer sowie harz- und         der Boden mit Besen aus                                                     Kienruß war über die Landesgrenzen hinaus
pechhaltige Rückstände des Harzsiedens (Harzgrieben)             Birken- oder Tannenreisig ab-                                         eine sehr begehrte Form des Kohlenstoffs. Er fand
wurden unter verminderter Luftzufuhr verbrannt bzw. ver-         gekehrt. Anschließend sammelte                                   Verwendung in Produkten, die ein schwarzes Pigment
schwelt.                                                         man den Ruß von Wänden und                                     benötigten, wie zum Beispiel schwarze Ölfarbe, Stiefel-
Je öl-, fett- oder harzhaltiger das Material war, umso stärker   Gewölben. Der besonders feine Ruß aus den                      schmiere, Druckerschwärze oder Tusche. Vor der Ent-
rußte der Brand. Aus alten Berichten weiß man, dass aus          Filtern konnte durch anschließendes Ausglühen                  deckung anderer dunkler Farben aus dem Steinkohlen-
hundert Pfund Harz- und Pechgrieben zehn bis zwölf Pfund         unter Luftabschluß zu fast reinem Kohlenstoff, dem so          teer war dieser Ruß das einzige Schwarzpigment und
Ruß gewonnen werden konnte.                                      genannten Doppelruß, weiter verarbeitet werden.                wurde per Floß bis nach Holland verschifft und verkauft.

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Russhuette Enzkloesterle

  • 1. AQUENSIS Verlag Pressebüro Baden-Baden GmbH · www.aquensis-verlag.de Rußbrennen als Lebensunterhalt Das Kienrußbrennen wurde meist als zusätzliches Gewerbe ausgeführt, doch konnte ein Kienrußbrenner bei spar- samer Lebensweise seinen Unterhalt auch allein mit Rußbrennen bestreiten. Im Jahr 1800 berichtete K.F.V. Jägerschmid aus dem Murgtal, eine Kienrußbrennerei habe pro Jahr bei 110 Bränden 44 Zentner Ruß erzeugt. Unter Ansatz eines durchschnittlichen Preises von 25 Gulden pro Zentner ergab dies eine Einnahme von 1100 Gulden. Für Brennmaterial, Gerätschaften, Gehilfen, Abgaben und Zinsen musste der Rußbrenner 736 Gulden bezahlen. Somit verblieb ihm ein Jahresertrag von 364 Gulden. Ein Gehilfe kam bei drei Gulden pro Woche auf einen Jahresverdienst von 156 Gulden. Das Ende der Rußbrennerei Das Naturparkdorf Enzklösterle liegt malerisch im Tal der Enz, mitten im Dreieck Baden-Baden, Freudenstadt und Um 1800 gab es im Schwarzwald zahlreiche belegte Stand- Pforzheim. Der Luftkurort hat etwa 1.300 Einwohner und orte von Rußbrennereien, zum Beispiel in Pfalzgrafen- mehr als 125.000 Übernachtungen pro Jahr. weiler, Röth, Baiersbronn, Freudenstadt und Enzklösterle. Rußhütte In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts sind noch einige Weitere Informationen / Herausgeber: Rußbrennereien in den Bezirken Calw, Nagold, Neuenbürg Kurverwaltung Enzklösterle und Freudenstadt in Betrieb gewesen. Friedenstraße 16 Mit Beginn der systematischen Suche nach Farbstoff- pigmenten aus dem Steinkohlenteer ging dann die Zeit der 75337 Enzklösterle Telefon 0 70 85 / 75 16 ENZKLÖSTERLE Rußbrennereien um die Jahrhundertwende zu Ende. Fax 0 70 85 / 13 98 info@enzkloesterle.de www.enzkloesterle.de Die Rußhütte Enzklösterle ist ein Die Rußhütte Enzklösterle wird gefördert durch die einzigartiger Zeuge eines alten, Chemie-Verbände Baden-Württemberg Markgrafenstraße 9 Steinerner Zeuge eines wichtigen Waldgewerbes und ein ausgestorbenen Waldgewerbes 76530 Baden-Baden bedeutendes Relikt aus den Anfängen info@chemie.com und ein Denkmal der der chemischen Industrie. www.chemie.com deutschen Chemiegeschichte
  • 2. Steinerner Zeuge eines Aufbau und Funktion einer Rußhütte Ein Brand dauerte etwa zwölf Stunden. In der kühlen Jahreszeit konnte der Ofen etwas länger brennen. Wurde ausgestorbenen Waldgewerbes Eine Rußhütte bestand aus zwei Haupträumen. Einem in sich die Zeit weit überschritten, drohte und ein Denkmal der deutschen geschlossenen Kienrußofen und dem anschließenden Ruß- Brandgefahr durch Überhit- Chemiegeschichte ... fang. Im Ofen wurden die Brandportionen verschwelt. Große zung des Rußfangraumes Öfen verschlangen pro Tag zehn bis zwölf Brandportionen von und Selbstentzündung 25-30 Pfund faustgroß zerkleinerten Harz- oder Pechgrieben. des abgelagerten ... so könnte man mit wenigen Worten die Rußhütte Kleinere Öfen waren für zehn- bis fünfzehnpfündige Portionen Rußes. Enzklösterle umschreiben. konstruiert. Die stark rußenden Verbrennungsgase wurden in den an- Dieses alte Gebäude wurde 1829 erbaut, 1982 wiederent- grenzenden Rußfang geleitet. Hier beruhigte sich der ruß- deckt und von 1992 bis 1994 vollständig restauriert. Noch beladene Rauch, mitgerissene Ascheteilchen fielen zu Boden gegen Ende des 19. Jahrhunderts wurde hier Kienruß für die und der Ruß setzte sich in Flocken an den Wänden ab. Herstellung schwarzer Färbemittel gewonnen. Um das Eindringen von Luft zu vermeiden, waren die Wände der Rußkammer sorgfältig mit Mörtel verputzt oder mit Die Rußhütte Enzklösterle ist eine Rarität. Nach heutigem Holz dicht verkleidet. Kühle Steingewölbe begünstig- Kenntnisstand gibt es in Deutschland keine ähnlich gut ten das Absetzen des Rußes. Am äußersten Ende erhaltene Rußhütte. Dies führte zur Einstufung der Hütte des Rußfangraumes befand sich in der als Kulturdenkmal nach § 2 Denkmalschutzgesetz. Decke ein Abzugsloch. Durch dieses konnten die Rauchgase in den Was war eigentlich „Rußbrennen“? Was geschah mit den Dachstuhl gelangen. Hier hergestellten Produkten? waren an starken Haken noch Filtersäcke aus Leinen oder Flanell Das Rußbrennen befestigt, in denen man Zeichnung: Ing.-Büro Crowell, Karlsruhe den besonders begehr- Das Kienrußbrennen, oder besser gesagt, das Kienruß- ten Feinruß ausfilterte. schwelen war neben der Köhlerei, dem Schmier- oder Salbe- Nach jedem Brand brennen und dem Harzen eines der alten Waldgewerbe. wurde der abgekühlte Ruß als Handelsware Stark harzhaltige Holzteile wie Kienholz, Nadelholzzapfen, Rußfang geöffnet und Nadelreisig von Tanne, Fichte und Kiefer sowie harz- und der Boden mit Besen aus Kienruß war über die Landesgrenzen hinaus pechhaltige Rückstände des Harzsiedens (Harzgrieben) Birken- oder Tannenreisig ab- eine sehr begehrte Form des Kohlenstoffs. Er fand wurden unter verminderter Luftzufuhr verbrannt bzw. ver- gekehrt. Anschließend sammelte Verwendung in Produkten, die ein schwarzes Pigment schwelt. man den Ruß von Wänden und benötigten, wie zum Beispiel schwarze Ölfarbe, Stiefel- Je öl-, fett- oder harzhaltiger das Material war, umso stärker Gewölben. Der besonders feine Ruß aus den schmiere, Druckerschwärze oder Tusche. Vor der Ent- rußte der Brand. Aus alten Berichten weiß man, dass aus Filtern konnte durch anschließendes Ausglühen deckung anderer dunkler Farben aus dem Steinkohlen- hundert Pfund Harz- und Pechgrieben zehn bis zwölf Pfund unter Luftabschluß zu fast reinem Kohlenstoff, dem so teer war dieser Ruß das einzige Schwarzpigment und Ruß gewonnen werden konnte. genannten Doppelruß, weiter verarbeitet werden. wurde per Floß bis nach Holland verschifft und verkauft.