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Interdisziplinärer Universitätslehrgang für Höhere
Lateinamerika-Studien / Universität Wien
„Ausdruck und Affekt. Fallstudien leidenschaftlicher
Aussageformen“
Fachseminar 2, Sommersemester 2013.
Leitung: Tom Waibel, Hansel Sato
Elecciones presidenciales
en Venezuela 2012 y 2013
Homophobie, Antisemitismus, religiöse Motive und persönliche
Untergriffe: Eine Analyse der Kampagnen von Oficialismo und
Opposition für die Präsidentschaftswahlen in Venezuela am 7.
Oktober 2012 und am 14. April 2013 anhand von TV-Beiträgen
sowie die jeweiligen Reaktionen darauf – exemplarische
Fallstudien leidenschaftlicher politischer Aussageformen unter
Berücksichtigung des historischen Kontext des Mythos Chávez
und des Beginns der post-chavistischen Ära in Lateinamerika.
Von Harald Klöckl.
Wien, September 2013.
2
Inhaltsverzeichnis
Forschungsexposé 2
-----------------------------------
Essay
1. Homophobie 4
2. Antisemitismus 6
3. Religiöse/spirituelle Motive 9
4. Persönliche Untergriffe 10
5. Analyse 12
------------------------------------
6. Literaturverzeichnis 13
7. Beilage Polizeiprotokoll „Capriles/Actos Inmorales“
Abkürzungen
VTV Venezolana de Television
MUD Mesa de la Unidad Democrática
PSUV Partido Socialista Unido de Venezuela
GPP Gran Polo Patriotico
LGBT Lesbian, Gay, Bisexual, Transgender
Forschungsexposé
Der Tod von Hugo Chávez, der von der venezolanischen Regierung am 5. März 2013 datiert
wurde, bewegte zumindest ganz Lateinamerika. Ich war zu dieser Zeit in Mexiko und
verfolgte einige Tage lang die umfassende mediale Berichterstattung intensiv mit, in
staatlichen und privaten sowie mexikanischen und internationalen TV-Sendern, aber auch in
Zeitungen und Radioprogrammen, etwa jenem der mexikanischen Journalistin Carmen
Aristegui. Diese hatte am Tag nach Chávez’ Tod in ihrer täglichen Radiosendung die wohl
bekanntesten Zeithistoriker und politischen Kommentatoren Mexikos, Enrique Krauze und
Lorenzo Meyer, per Telefon zu Gast. Eine gute Stunde lang analysierten die beiden –
3
Krauze wird dem liberalen, Meyer dem linken Lager Mexikos zugerechnet – die Lage
Venezuelas und Lateinamerikas nach Chávez’ Tod sowie die Nachhaltigkeit seines
politischen Kurses für Venezuela und den Kontinent.
In dieser Zeit reifte in mir die Idee, die mediale Berichterstattung in Venezuela selbst (soweit
sie mir zugänglich ist, also praktisch nur per Internet) und die Kampagnen der beiden
Gruppen für die Neuwahl des Präsidenten besonders zu verfolgen und diese mit den von mir
schon zuvor beobachteten Kampagnen der Wahl von Oktober 2012 zu vergleichen. Weiters
habe ich mehrere mir persönlich bekannte in Wien lebende Venezolaner aus beiden
politischen Lagern informell zu meinem Forschungsthema befragt. Schon nach den ersten
Recherchen stieß ich – neben den heftig geführten inhaltlichen Auseinandersetzungen über
den politischen Kurs und die diese Themen noch deutlich überlappenden emotionalen und
nostalgischen Motive (sinngemäß: Die Wähler mögen „Lebenswerk und Erbe des
Commandante“ hochhalten) – auf eine Handvoll weiterer Motive, die mich als solche und
durch ihre Intensität überraschten und die zum Thema dieser Arbeit wurden: Antisemitismus,
Homophobie, religiös/spirituelle Einsprengsel sowie massive persönliche Untergriffe. Diese
vier Faktoren werden in Folge in dieser Arbeit als „Leitmotive“ bezeichnet.
Den theoretischen Unterbau dieser vorliegenden Arbeit bildeten im wesentlichen – und in
dieser Reihenfolge hatte ich sie auch gelesen – folgende Bücher: Die „Venas abiertas“ von
Eduardo Galeano, „Redentores“ von Enrique Krauze, das „Manual del perfecto idiota
latinoamericano“ von Á.Vargas Llosa et al. sowie zuletzt „¡Ey, las ideologías existen!“ von
Mario Riorda.
Ich habe mich bei der Auswahl der medialen Quellen (fast ausschließlich Videos, als
Mitschnitte und Beiträge von TV-Sendern, die überwiegend auf Youtube veröffentlicht
wurden) auf jene beschränkt, die unmittelbar der Überprüfung meiner These dienen. Daher
habe ich all jene Quellen über politische Differenzen, also jene über die bolivarianische
Revolution und ihre Ausprägungen in der Sozial- und Wirtschaftspolitik oder der
Außenpolitik Venezuelas, nicht berücksichtigt. Weiters war es naturgemäß auch nicht
möglich, den tatsächlichen quantitativen Umfang der Leitmotive an der gesamten politischen
Kommunikation zu ermessen. Ebenso wenig kann ich den quantitativen Einfluss dieser
Propaganda-Leitmotive auf die Entscheidung der Wähler beziffern. Sämtliche angeführten
Aussagen zu den bzw. im Sinne der genannten Leitmotive entziehen sich auch einer
Beurteilung als „gerechtfertigt“ oder das Gegenteil davon und können auch nicht auf
4
„faktische Richtigkeit“ beurteilt werden. Das liegt auch daran, dass diese im juristischen Sinn
oft den Delikten „Üble Nachrede“, „Verleumdung“ oder „Ehrenbeleidigung“ entsprechen.
Die Authentizität der Quellen und Zitate ist gesichert: Meine Beschränkung auf Videos hat
den Vorteil, dass diese aus Gründen eines ungleich höheren Aufwandes bei einer allfälligen
Manipulation deutlich „fälschungssicherer“ und daher authentischer sind, als online oder
gedruckt wiedergegebene Zitate. Auch sind fast alle Videos in venezolanischen TV-Stationen
ausgestrahlt worden, es gibt (meines Wissens nach) keine „privat“ oder „geheim“ erfolgten
Mitschnitte der inkriminierten Zitate.
***
1. Motiv Homophobie
Da Henrique Capriles, Oppositionskandidat der untersuchten Wahlgänge, fast
ausschließliches Objekt der von mir genannten Leitmotive Homophobie und Antisemitismus
ist, muss ein kurzer Blick auf seine Biografie angeführt werden.
Capriles wurde 1972 geboren, er studierte Rechtswissenschaften in Venezuela, arbeitete als
Wirtschaftsanwalt. 1998 wurde er für die Partei Primero Justicia in den Kongress gewählt
(damals gab es ein parlamentarisches Zweikammer-System), wurde dort zum Präsidenten der
Cámera de Diputados und zum Vizepräsidenten des gesamten Parlaments (Congreso
Nacional) gewählt, jeweils als jüngster Abgeordneter der Geschichte in diesen Funktionen.
Diese Ämter hatte er inne, bis das Zweikammersystem 1999 von der Asamblea Nacional
Constituyente ersetzt wurde. 2000 gewann Capriles die Wahl zum Bürgermeister des
Municipio Baruta mit 60 Prozent Zustimmung, er wurde 2004 von fast 80 Prozent bestätigt.
2008 wurde er Gouverneur des Bundesstaates Miranda. Am 12. Februar 2012 wurde Capriles
in Vorwahlen vom aus rund 30 Parteien bestehenden Oppositionsbündnis MUD zum
Spitzenkandidaten für die Präsidentenwahl von 7. Oktober 2012 gekürt – als Gegner von
Hugo Chávez bzw. des zur Chávez-Unterstützung eigens für diese Wahl gegründeten aus 15
Parteien bestehenden Bündnisses GPP. Capriles erreichte 44,3 Prozent der Wählerstimmen,
Chávez 55,1. Am 16. Dezember wurde Capriles abermals zum Gouverneur von Miranda
gewählt. Nach Chávez Tod waren am 14. April 2013 neuerliche Präsidentschaftswahlen nötig,
MUD nominierte wieder Capriles: Er erreichte 49,12 Prozent. Der für das Regierungsbündnis
GPP antretende vormalige Chávez-Vizepräsident Nicolas Maduro vereinigte offiziell 50,61 %
der Wählerstimmen auf sich und fungiert seither als Präsident Venezuelas. Capriles ist
weiterhin Gouverneur des Bundesstaates Miranda. Henrique Capriles ist ledig und kinderlos.
5
- Die Versuche, aus der vermeintlichen Homosexualität von Capriles politisches Kapital zu
schlagen, sind zahlreich. Capriles galt seit seinem Erscheinen in der politischen Landschaft
als präsumptiver Gegenkandidat zu Chávez. Schon in einer am 1.September 2009
hochgeladenen Rede eines Funktionärs (Nomen Nescio) der Regierungspartei PSUV wird
Capriles mit äußerst negativer Konnotation als Homosexueller bezeichnet, man (die PSUV)
verfüge über Beweise dafür. Die Ausstrahlung erfolgte in VTV, laut dem Insert live,
anlässlich von Protesten gegen die Amtsführung Capriles, der damals Gouverneur des
Bundesstaates Miranda war
- Maduro selbst, auch bevor Capriles sein Gegner bei der Wahl von April 2013 war,
bezeichnet diesen und die Opposition oft als Mariconsotes. Maricon bedeutet zwar nicht
immer zwangsläufig homosexuell im eigentlichen Sinn, doch aus der Häufigkeit der
Verwendung für Capriles generell und die Opposition schließe ich diskriminierende Absicht.
- Als Reaktion auf Aussagen dieser Art seitens des Oficialismo veröffentlichte die
venezolanische LGBT-Plattform Ociogay am 12. April 2013 auf ihrer Website einen Beitrag,
der auf Maduros wiederholte homophobe Vorwürfe gegenüber Capriles Bezug nahm. In
diesem Fall kritisierte Ociogay konkret eine Rede Maduros, bei der dieser seine
Lebensgefährtin (die Spitzenpolitikerin Cilia Flores) auf die Bühne holte und diese
Inszenierung – die beiden waren seit Jahren offiziell ein Paar und das war der Öffentlichkeit
ohnehin bestens bekannt – mit folgenden Worten begleitete: Yo si tengo mujer, ¿Oyeron? Me
gustan las mujeres. Y aquí la tengo, in Anspielung auf Capriles, der offiziell ohne Partnerin
oder Partner war. Anmerkung: Dieses Video als primäre Quelle der Meldung wurde
mittlerweile wegen Urheberrechtsfragen aus Youtube entfernt.
- Am 13. April 2013 veröffentlichte Ociogay eine Meldung, wonach die Regierung einen
Homosexuellen bezahlt hatte, damit dieser sich als einstiger Liebhaber von Capriles
deklariere. Damit wird an einen Vorfall erinnert, der sich im Jahr 2000 zugetragen haben soll
(und auf den offenbar in oben genanntem Beispiel von 12. April 2012 Bezug genommen
wird): Damals sei Capriles von der Polizei bei homosexuellen Handlungen in einem Auto
beobachtet worden. Nach einem Bericht der Sendung La Hojilla in VTV soll ein Polizist
Capriles und einen Mann namens Armando am 7. Mai 2000 beim Oralverkehr (actos
inmorales en la vía publica) in einem Auto entdeckt haben. Auch ein Faksimile des
damaligen Polizei-Protokolls wurde im TV präsentiert (siehe Beilage). Dabei fällt auf, dass
6
bei der Amtshandlung bzw. im Protokoll zwar Capriles Identität festgestellt wurde, jene der
zweiten Person nicht. Ociogay organisierte einen Aufmarsch, um gegen Maduros
Homophobie zu demonstrieren. Die Aktivisten betonen darin ausdrücklich, dass ihre
Stellungnahmen nicht parteipolitisch seien und dass es seitens Hugo Chávez keinerlei
derartigen Aussagen gegeben hatte.
- Maduro wiederum nahm seine zahlreichen Homophobie-Vorwürfe anschließend in
mehreren Interviews zurück und entschuldigte sich (circa ab Minute 1:00, hochgeladen am
17. April 2012, ausgestrahlt im VTV), falls sich Capriles angegriffen fühle. Dieser
„Entschuldigung“ schickte Maduro aber am 13. März 2013 einen indirekten Vorwurf der
Charakterschwäche an Capriles voraus: Si yo fuera gay, lo asumiria con orgullo a los cuatro
vientes
- Interessant ist in diesem Zusammenhang, das zwar Homophobie im Diskurs der beiden
Wahlkämpfe seitens des Chavismo (exklusive Chávez) großen Stellenwert hat, diese in der
Bevölkerung aber nicht signifikant sein dürfte. Eine Studie des Pew Research Center
untersuchte Homophobie bzw. Toleranz gegenüber Homosexualität unter sieben
lateinamerikanischen Ländern. Venezuela scheint an 5. Stelle auf. Die weitaus tolerantesten
Länder des Kontinents sind Argentinien und Chile, die mit Abstand untolerantesten Bolivien
und El Salvador. Interessant ist, dass Venezuela den weltweit (korrekterweise: unter den 39
untersuchten Staaten) zweitgrößten „Gender-Gap“ hat: 59% der Frauen, aber nur 44% der
Männer in Venezuela sind gegenüber Homosexualität tolerant.
2. Motiv Antisemitismus
Während Homophobie in der politischen Propaganda in Venezuela wohl erst in jüngerer Zeit
massiv eingesetzt wird, hat Antisemitismus zumindest seit Hugo Chávez langjährige
Tradition. Chávez bediente in diversen Tiraden gegenüber den USA immer wieder Klischees
von US-amerikanischen/jüdischen Komplotten, verflucht den Staat Israel, wirft ihm vor, die
Opposition in Venezuela zu finanzieren.
- Auch für Antisemitismus dieser Art bietet Capriles Angriffsfläche. Er stammt aus einer
wohlhabenden katholischen Familie, die Vorfahren beider Elternteile sind jüdischer Herkunft,
wanderten im 19. bzw. im 20. Jahrhundert aus Curaçao und aus Europa nach Venezuela ein.
7
Mit Capriles Nominierung am 12. Februar 2012 als Kandidat des Oppositionsbündnisses
MUD setzte eine Fokussierung auf zumindest unterschwelligen Antisemitismus in der
Kampagne der Regierungspartei ein. Dabei werden sowohl klassische antisemitische
Ressentiments bedient (jüdische Kontrolle über Wirtschaft und Medien, Karikaturen mit
„jüdischer Physiognomie“) als auch der Hass auf den Staat Israel und den Zionismus
beschwören.
- Am 17.Februar 2012 erscheint vom Autor Adál Hernandez auf der Website von Radio
Nacional Venezuela ein Artikel, der bald vom Netz geht, aber dann in anderen Internet-
Plattformen veröffentlicht ). Der Titel lautet: „El enemigo es el Sionismo. Un barranco como
solapada promesa.“ Dort steht unter anderem: „Capriles Familie ist (...) Teil einer
faschistischen Sekte, wo perverse religiöse Riten gepflogen werden und Verbrechen gegen
alle geplant werden, die nicht der arischen Rasse und der Alta Burguesia von Venezuela
angehören.“ Selbige Sekte würde von einem CIA-Agenten geführt. Der Artikel schließt mit
einer „Wahlempfehlung“ für die Oktober-Wahl (eigene Übersetzung und Zusammenfassung):
„Es gibt zwei Vorschläge für Venezuela: Die Bolivarianische Revolution oder der
Internationale Zionismus, der die Welt zerstören will und welchen Capriles repräsentiert.“
- Die Zeitschrift Jüdische Allgemeine schreibt, Bezug nehmend auf diesen Artikel und die
Wahlkämpfe: Besonders Begriffe aus dem Vokabularium des Antisemitismus benutzen Chávez
und seine Meinungsmacher, wenn es gilt, Capriles zu verunglimpfen. Regierungsnahe Medien
bezeichnen den Oppositionskandidaten abwechselnd als „Agenten des US-Imperialismus“
oder als „zionistischen Agenten“.
- Laut einer Studie von Lidia LERNER (Tel Aviv, September 2012) gab es schon 1998
Holocaust-„Minimierungen“ in der Prensa popular des Landes, Chávez beschuldigte 2002,
anlässlich des gescheiterten Putsches, den israelischen Geheimdienst Mossad hinter dem
Putschversuch zu stehen, und 2004, als Chávez das Referendum Revocatorio überstand,
verlautete dieser: „Lasst euch nicht von diesen umherirrenden Juden (errantes judios)
betrügen“, und meinte die Opposition.
Nach Lerner ist der Antisemitismus von Chávez auch dem ideologischen Einfluss des
Argentiniers Norberto Ceresole zuzuschreiben. Dieser sei ab 1994 sein Berater und Mentor
gewesen (siehe auch: Enrique Krauze, El poder y el delirio, Barcelona 2009; KRAUZE,
Redentores: Seite 505 und 506), Ceresole schrieb zahlreiche Artikel und Bücher über Chávez.
8
- Im Mai 2013 erfolgte eine Reaktion auf unüberhörbare antisemitische Wahlkampf-Töne
durch Claudio Epelmann, Lateinamerika-Repräsentant des Jüdischen Weltkongress, welche
via Nachrichtenagentur EFE verbreitet wurde. Laut Epelmann werde in Venezuela ein
Anstieg des Antisemitismus bemerkt, der nicht zufällig sei, auch weil Chávez beste
Verbindungen zum iranischen Präsidenten Ahmadinejhad pflege.
- Laut Abraham Levy Benshimol von der Conferderacion de Asosiaciones Israelitas de
Venezuela repräsentiere der neue Präsident Maduro die selbe Ideologie wie Chávez.
Benshimol fügte an, dass es in der Bevölkerung niemals antisemitische Postionen gab, doch
gebe es „Attacken auf Juden in den offiziellen Medien, zum Beispiel im TV-Programm La
Hojilla.
- Sammy Eppel, Repräsentant jüdischer Organisationen in Venezuela, konstatierte unter
anderem „zum ersten Mal in der jüngeren Geschichte einen Regierungs-finanzierten
Antisemitismus in einem westlichen Land“. Ein israelische TV-Reportage über Capriles
nimmt auf die antisemitischen Anfeindungen besonders Bezug, ebenso weitere Medien in
Israel.
- Als Folge dieser „Welle von antisemitischen Beiträgen“ in regierungsnahen Medien gab
Shimon Samuels, Direktor des Simon Wiesenthal Center New York, folgende Stellungnahme
ab: „Das Schweigen von Präsident Maduro (Anmerkung: zu diesen Artikeln) macht sein
Regime zu einem Komplizen einer Auswirkung davon auf die jüdische Gemeinschaft.“
- Edoardo Kohn, Geschäftsführer von B’nai B’rith América Latina, bezeichnete Venezuela als
jenes Land in Lateinamerika, das ihm bezüglich Antisemitismus die meisten Sorgen bereite
(www.agenciajudiadenoticias.com, 04.07.2013 ).
- Maduro reagierte am 17. Mai 2013 auf die Antisemitismus-Vorwürfe von Epelmann mit
dem Hinweis, dass er (ebenso wie Capriles) selbst jüdische Großeltern bei beiden Elternteilen
habe, welche in Venezuela zum Katholizismus konvertiert seien. Interessant ist diese
Äußerung auch deswegen, weil in Venezuela aktuell die Opposition behauptet, dass Maduro
gar nicht in Venezuela, sondern in Kolumbien geboren und Doppelstaatsbürger sei. Daher
dürfe er laut Verfassung gar nicht Präsident sein. Maduro hat bis dato der Öffentlichkeit keine
Urkunden vorgelegt, die belegen, dass er in Venezuela geboren sei. Auch daher scheint mir
9
ein Verweis auf Großeltern – in diesem Fall – jüdischer Herkunft wenig überzeugend und
kaum belegbar, abgesehen von der vermeintlichen argumentativen Qualität dieser
Schutzbehauptung ( „Ich kann nicht Antisemit sein, weil ich selbst jüdische Vorfahren habe“,
eigene Formulierung des Autors) .
3. Religiöse und spirituelle Motive
Am 25. März 2013 veröffentlichte Martínoticias einen kurzen Beitrag, der den religiösen
Charakter des beginnenden Wahlkampfes zwischen Maduro und Capriles hervorhob, vor
allem seitens Capriles. Letzterer erhebe in seiner Kommunikation die Wahl zu einem
spirituellen Ereignis von göttlichem Charakter, zu Kampf von Gut gegen Böse, Maduro
wiederum hatte sich zu einem „Apostel von Chávez“ ausgerufen, Chávez wiederum sei
„Christus der Erlöser der Armen Amerikas.
Die Mythologisierung von Chávez, seiner Vorgänger und seiner Epigonen sowie des
Bolivarianismus bzw. dessen Erfindung durch Chávez als „neue politische Identität für
Venezuela“ (UZCATEGUI, Seite 6) hat eine jahrzehntelange Tradition. Diese steht auch im
Einklang mit der zumindest seit dem 19. Jahrhundert in Lateinamerika in Bezug auf politische
Leitfiguren oder Helden gepflogenen Transformation deren Wirkens auf eine religiöse Ebene
(KRAUZE, Redentores). Da Chávez in den 14 Jahren seiner Präsidentschaft und zuvor
systematisch an seiner Mythologisierung gearbeitet hat und sich zu einem weisen,
omnipräsenten, onmipotenten und großzügigen Messias (NEIRA FERNANDEZ) stilisiert hat,
ist die Fortsetzung dieser Taktik, also die Berufung auf religiös durchsetzte Mythen und den
spirituellen Charakter des politischen Projekts des Bolivarianismus, nur logisch. Noch dazu
weil – nach Chávez Tod – mit seinem Nachfolger Maduro ein Kandidat zur Wahl stand, dem
seitens seiner Kritiker und seiner Anhänger einhellig wenig Charisma zugestanden wird. Um
diesem Mangel an Charisma und bolivarianisch-spiritueller Legitimität zu kompensieren,
betont Maduro die ihm übertragene „Mission“: Er sei der Apostel Chávez, er sei nicht (wie)
Chávez, sondern nur der Sohn von Chávez, bereit Präsident zu werden und dessen Erbe
weiterzuführen.
- Wie Maduro die Aufträge Chávez konkret erhalte, erklärte Maduro am 2. April 2013 live im
Sender Telesur. Ihm sei in der Kapelle des Dorfes Barinas, in welchem Chávez aufwuchs, ein
Vögelchen erschienen und dieses (als Reinkarnation Chávez) habe ihn gesegnet. Dabei habe
er Chávez' Geist gespürt. Eine weitere Chávez-Erscheinung in Form eines Vogels sei Maduro
10
auch im Juni 2013 widerfahren. Die spöttischen Reaktionen auf dieses Erlebnis kommentierte
Maduro mit einer fehlenden Spiritualität der Kritiker: Man könne so etwas (also die
Erscheinung Chávez in Form eines Vogels) eben nur verstehen und spüren, wenn man die
Liebe zur Heimat, zu Chávez und zu Christus dem Erlöser habe.
- Chávez Einfluss ist laut Maduro aber nicht nur auf irdische Sphären beschränkt: Weil
Chávez ja im Himmel Christus gegenübersitze, könne er auch die Wahl des Argentiniers
Jorge Bergoglio zum Papst beeinflusst haben, mutmaßte Maduro wenige Tage später, ohne
sich bei dieser Behauptung genauer festlegen zu wollen.
- Die religiös durchwobene Kommunikation Maduros verlässt aber auch den katholischen
Zusammenhang und nimmt Anleihen beim lokalen Volksglauben und historischen
Ereignissen: Wer gegen Chávez, also gegen ihn (Maduro) wähle, der stimme für den Sieg der
burguesía, die der indigenen Bevölkerung das Land rauben werde. Die Oppositions-Wähler
treffe dann der Fluch von Macarapana, sagte Maduro bei einer Kundgebung im Bundesstaat
Amazonas am 10. April 2013 (zu Mythos und Volksglauben: siehe auch DABOVE)
4. Persönliche Untergriffe
Während Oppositionskandidat Capriles bei den ersten beiden betrachteten Leitmotiven
eindeutig der Angegriffene ist und sich bei der Bezugnahme auf religiöse oder spirituelle
Aspekte der Wahlauseinandersetzung Regierung und Opposition eher die Waage halten, ist
die Opposition am relativ aktivsten, wenn es um persönliche Untergriffe gegen die Regierung
oder Angehörige der PSUV in der Kampagne geht. Auffallend ist dabei aber, dass Capriles
selbst kaum über Chávez als Person in despektierlichem Ton spricht, weder als Capriles ihn
zum direkten Gegner hat, noch als er gegen Maduro antritt. Diese angriffige Rolle wird
anderen Proponenten des MUD-Bündnisses überlassen (siehe auch: UZCATEGUI).
Sachpolitisch verspricht er, vieles von Chávez Sozialreformen nicht von Grund auf zu
revidieren (Missiones etcetera), außenpolitisch will er andere Schwerpunkte setzen (mehr
Distanz zu Kuba, weniger Öllieferungen zu Vorzugskonditionen an ALBA-Länder, etcetera).
In der Person Maduro findet Capriles eine geeignete persönliche Angriffsfläche: Ziel des
Spotts und der Kampagnisierung sind beginnend mit den oben genannten Chávez-
Erscheinungen von Maduro auch dessen geringe formale Bildung oder sein vermeintlich
ungelenkes Auftreten, etwa im direkten Kontakt mit der Bevölkerung.
11
- So sagt Capriles etwa am 4. April 2013, dass Maduro vielleicht Chávez in Gestalt eines
Vogels gesehen habe, jedenfalls aber einen Vogel im Kopf habe .
- Nachdem Maduro kurz zuvor bei einem öffentlichen Auftritt die Bundesstaaten Venezuelas
und deren Hauptstädte durcheinandergebracht hatte, empfiehlt eine Oppositions-Abgeordnete
ihm, sich ein Geografie-Buch für die Volksschule zu kaufen und Capriles spottet, dass
Maduro es als Attentat interpretieren würde, wenn ihm jemand ein Geografie-Buch zuwerfen
würde.
- Capriles unterstellt Maduro, am Down-Syndrom leidende Menschen als mongólicos
bezeichnet zu haben. Diesen Vorwurf musste Capriles wegen Haltlosigkeit aber bald wieder
zurücknehmen, Maduro hatte das niemals gesagt.
- Dem Verteidigungsminister wird seitens Capriles unterstellt bzw. vorgeworfen, der
„Vorletzte bei seiner Promotion“ gewesen zu sein, und eine „Schande für die Streitkräfte.“
- Als Reaktion auf eine „Tanzeinlage“ Maduros verwendete Capriles am 24. März 2013 den
Begriff Toripollo für diesen, was eine Person bezeichnet, die aussehe, als habe sie den Kopf
eines Huhns und den Körper eines Stiers. Dieser Begriff sei im Volk gebräuchlich und nicht
despektierlich, sagte Capriles. Weitere lokal verwendete Attribute und Begriffe (wie das
genannte toripollo) sind seitens der Opposition für Maduro, Regierung oder Chavistas oft
Begriffe wie enchufados, also die Verbundenen, Bezug nehmend auf den ventajismo, bzw.
Privilegien, die Angehörige und Anhänger des Oficialismo genießen würden. Ähnlich negativ
ist auch der Begriff boliburguéses, er steht für Unternehmer, die mit bzw. dank der
Bolivarianischen Revolution zu plötzlichem Reichtum gelangten.
Die persönlichen Untergriffe seitens Chávez gegenüber Capriles intensivierten sich, als
letzterer zu seinem Gegner für die Wahl im Oktober 2012 nominiert worden war:
- Am 17. Februar 2012, wenige Tage nach der Vorwahl der Opposition, bedachte Chávez
seinen frisch gekürten Gegner unter anderem mit dem Wort cochino (Schwein), er (Capriles)
sehe aus wie ein Schwein, schnarche wie ein Schwein. Dies wird etwa von DILLMANN als
12
unterschwelliger Antisemitismus gedeutet. Zudem sei er ein majunche, also in etwa: von
schlechter Qualität, mittelmäßig.
- Chávez scheute sich auch nicht, buchstäblich unter die Gürtellinie zu schlagen, etwa am 13.
April 2012: „El majunche no tiene ni un pelo de cojón", womit vordergründig
Charakterschwäche, unterschwellig aber auch Homosexualität gemeint sein dürfte.
Weitere häufige Bezeichnungen und Attribute des Chavismo generell für den politischen
Gegner sind in etwa: jalabola; burguesia, burguesito; caprichito; progresista de las
empresas, de los bancos; un candidato de los pitiyanquis, del imperialsimo, de los golpistas,
del imperio gringo; vendepatria.
- Der "Umsturz"-Vorwurf gegenüber Capriles nimmt unter den persönlichen Untergriffen
breiten Raum ein, private Reisen Capriles in die USA oder nach Kolumbien werden als
konspirative Treffen gedeutet.
- Der Oficialismo rühmt sich also (siehe letztgenannter Link) auch eines
Überwachungsapparates in Bezug auf Capriles Aktivitäten. Doch auch über das
Wahlverhalten der Venezolaner wisse man Bescheid: Laut Maduro habe man zum Beispiel
von 900.000 Chavistas, die im April 2013 für Capriles gestimmt hatten, sämtliche Daten.
5. Analyse
Ist der Chavismo als politisches Projekt über den Tod von Hugo Chávez hinaus
überlebensfähig? Zentral scheint dabei, ob der Mythos, den Chávez um seine Person und sein
Projekt aufgebaut hatte, weiter bestehen kann, speziell angesichts des wirtschaftlichen
Niederganges und der alltäglichen Gewalt im Land. NEIRA FERNANDEZ hatte lange vor
der Wahl im April 2013 auf Grund letzterer Fakten Zweifel. Chávez sei es auch nicht
gelungen, eine vom Mythos des Gründers losgelöste Bewegung wie es der Peronismo in
Argentinien ist, im Land zu etablieren, Maduro fehle es an messianischen Charisma (siehe
auch: GONZALES). Angesichts des Wahlergebnisses von April 2013 kann man auch zum
Schluss kommen, dass Maduro diese Leitmotive, die er fast identisch von Chávez
übernommen hatte, eventuell sogar geschadet, aber zumindest nicht genützt haben. Auch ist
es Maduro nicht gelungen, sich als „Sohn“ oder „Erbe“ von Chávez zu positionieren und
dessen Charisma in handfeste Zustimmung zu übertragen. Während Chávez erfolgreich als
13
ein „Gesetzloser“ im Stile des Caudillo „Maisanta“ (DABOVE; KRAUZE: als „postmoderner
Caudillo“) agierte und argumentierte – Maisanta ist eine emblematische, aber zweifelhafte
Gestalt der lokalen Geschichte (s. a. „Prinzip Abstammung“ bei DABOVE) – oder die
Identität von Nation und Politik auf den positiv konnotierten Simon Bolívar umfirmierte, von
der Bezeichnung des Staates beginnend bis zu unzähligen „bolivarianischen“ Einrichtungen
des Landes, funktioniert ähnliches bei Maduro nicht. Teodoro Petkoff, vormaliger Chávez-
Minister und nunmehr Dissident und Zeitungsherausgeber, bezeichnet Maduro als einen
bloßen Schatten von Chávez (siehe bei NEIRA FERNANDEZ).
Unabhängig von Personen und Charisma: Die Spekulation mit Instinkten und Reflexen der
Wähler offenbart, dass das „System Chávez“ in Venezuela weit weniger populär ist, als es
scheint – wäre es sonst nötig, auf „niedrige“ und religiös/spirituelle Instinkte zu setzen, um
den eigenen Wahlerfolg zu erreichen? Müsste nicht eine Fakten-orientierte Kampagne über
Erfolge und Segnungen der Chávez-Politik in all ihren Facetten genügen, um eindeutigen
oder wenigstens mehrheitlichen Zuspruch beim Wähler zu sichern? Wie am offiziellen
Wahlergebnis vom 7. April 2013 abzulesen ist, wird der Chavismo nicht von einer
eindeutigen Mehrheit der Bevölkerung getragen, sondern spaltet die Bevölkerung bzw. das
Plebiszit Venezuelas in – soweit das offizielle von der Regierung verlautete Wahlergebnis –
zwei fast exakt gleich große Hälften. Und der Chavismo und seine Kampagnen polarisieren
das Land: Das bestätigten zuletzt auch die jüngst prämierten Filmemacherinnen Mariana
Rondón und Marité Ugás in einem Artikel in El Pais von 28. September 2013. Die
Verantwortung für diese Polarisierung und Radikalisierung trage demnach zur Gänze Chávez.
Intoleranz und speziell Homophobie werde von oben, von der Regierung gepredigt,
Homosexualität werde im politischen Diskurs des Oficialismo zum Delikt erklärt.
***
6. Literaturverzeichnis
Bücher:
RIORDA, Mario. ¡Ey, las ideologías existen!. Comunicación Política y Campañas Electorales
en América Latina. Serie POLITEIA, Editorial Biblos, Buenos Aires, 2012.
MENDOZA APULEYO P.; MONTANER C. A.; VARGAS LLOSA Á. Manual del perfecto
idiota latinoamericano. Editorial Atlántida, Barcelona, 1996
KRAUZE, Enrique. Redentores. Ideas y Poder en América Latina. Random House Mondadori
México, 2011
14
Zeitungs- und wissenschaftliche Zeitschriftenartikel:
GRATIUS, Susanne; ROMERO Carlos A. La proyección internacional de la Venezuela post-
chavista. In: FRIDE Policy Brief No 94, Mayo 2013. 27.5.2013.
http://www.fride.org/publicacion/1130/la-proyeccion-internacional-de-la-venezuela-post-
chavista
CÁCERES-PÉFAUR, Beatriz. Imágenes mediáticas en tiempos de crisis: Televisión y
propaganda política en Venezuela. espacio abierto, 2005, 14. Jg., Nr. 3.
www.redalyc.org/articulo.oa?id=1221430
CORREA, Cata. Auserwählt vom Comandante. Venezuela wählt einen neuen Präsidenten.
Was bleibt von Hugo Chávez’ Erbe? In: Die Zeit, 11.4.2013.
www.zeit.de/2013/16/venezuela-wahl-praesident
KEPPELER, Toni. Das schwere Erbe des Hugo Chávez. In: WOZ Nr. 14/2013 von 4.4. 2013
www.woz.ch/1314/lateinamerika/das-schwere-erbe-des-hugo-Chávez
LERNER, Lidia. Antisemitism in Venezuela’s Presidential Elections. In: Kantor Center, Tel
Aviv University. September 2012. http://www.kantorcenter.tau.ac.il/sites/default/files/lidia-
fin_5.pdf
MORAÑA, Mabel; SANCHEZ PRADO, Ignacio (eds.): El lenguaje de las emociones. Afecto
y cultura en América Latina, 2013
LOMNITZ, Claudio; SÀNCHEZ, Rafael. Chávez, Jews and the left. The uses of
Antisemitism in Chávez’s Venezuela. Boston Review, 24. 4. 2012.
RAMÍREZ, I.; LÍLIDO, N. Venezuela elección presidencial 2013.¿ plus participación
electoral oposicionista o corrida de votos del gran polo patriótico?
http://www.saber.ula.ve/dspace/bitstream/123456789/37065/1/articulo1.pdf
NEIRA FERNÁNDEZ, Enrique. Observatorio de Política Internacional II. AMERICAS-
Venezuela. Chavismo sin Chávez. In: http://www.saber.ula.ve, 15.1.2013
UZCÁTEGUI, Rafael. Antecedentes y escenarios de la Venezuela poschavista. Nueva
Sociedad, 2013, Nr. 244, S. 4-14.
DABOVE, Juan Pablo. Hugo Chávez y Maisanta. El fuera de la ley y la construcción de un
linaje insurgente. In: Vanderbilt University E-Journal of Luso-Hispanic Studies. Vol. 7
(2011), El aura de la voz.
GONZALEZ Javier M. Chávez, la construcción de un mito, In: Nueva Tribuna, 8.3.2013,
Buenos Aires
http://www.nuevatribuna.es/articulo/america-latina/Chávez-la-construccion-de-un-
mito/20130308084218089419.html
N. N. Religiosidad en la campaña electoral venezolana. In: Martínoticias, 25.3.2013
http://www.martinoticias.com/content/article/20808.html
15
7. Beilage
Acta Policial Aprehension en Flagrancia 189 y 140, 8 de Mayo 2000
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Elecciones presidenciales Venezuela: Homofobia, Antisemitismo, Chavez, Maduro

  • 1. Interdisziplinärer Universitätslehrgang für Höhere Lateinamerika-Studien / Universität Wien „Ausdruck und Affekt. Fallstudien leidenschaftlicher Aussageformen“ Fachseminar 2, Sommersemester 2013. Leitung: Tom Waibel, Hansel Sato Elecciones presidenciales en Venezuela 2012 y 2013 Homophobie, Antisemitismus, religiöse Motive und persönliche Untergriffe: Eine Analyse der Kampagnen von Oficialismo und Opposition für die Präsidentschaftswahlen in Venezuela am 7. Oktober 2012 und am 14. April 2013 anhand von TV-Beiträgen sowie die jeweiligen Reaktionen darauf – exemplarische Fallstudien leidenschaftlicher politischer Aussageformen unter Berücksichtigung des historischen Kontext des Mythos Chávez und des Beginns der post-chavistischen Ära in Lateinamerika. Von Harald Klöckl. Wien, September 2013.
  • 2. 2 Inhaltsverzeichnis Forschungsexposé 2 ----------------------------------- Essay 1. Homophobie 4 2. Antisemitismus 6 3. Religiöse/spirituelle Motive 9 4. Persönliche Untergriffe 10 5. Analyse 12 ------------------------------------ 6. Literaturverzeichnis 13 7. Beilage Polizeiprotokoll „Capriles/Actos Inmorales“ Abkürzungen VTV Venezolana de Television MUD Mesa de la Unidad Democrática PSUV Partido Socialista Unido de Venezuela GPP Gran Polo Patriotico LGBT Lesbian, Gay, Bisexual, Transgender Forschungsexposé Der Tod von Hugo Chávez, der von der venezolanischen Regierung am 5. März 2013 datiert wurde, bewegte zumindest ganz Lateinamerika. Ich war zu dieser Zeit in Mexiko und verfolgte einige Tage lang die umfassende mediale Berichterstattung intensiv mit, in staatlichen und privaten sowie mexikanischen und internationalen TV-Sendern, aber auch in Zeitungen und Radioprogrammen, etwa jenem der mexikanischen Journalistin Carmen Aristegui. Diese hatte am Tag nach Chávez’ Tod in ihrer täglichen Radiosendung die wohl bekanntesten Zeithistoriker und politischen Kommentatoren Mexikos, Enrique Krauze und Lorenzo Meyer, per Telefon zu Gast. Eine gute Stunde lang analysierten die beiden –
  • 3. 3 Krauze wird dem liberalen, Meyer dem linken Lager Mexikos zugerechnet – die Lage Venezuelas und Lateinamerikas nach Chávez’ Tod sowie die Nachhaltigkeit seines politischen Kurses für Venezuela und den Kontinent. In dieser Zeit reifte in mir die Idee, die mediale Berichterstattung in Venezuela selbst (soweit sie mir zugänglich ist, also praktisch nur per Internet) und die Kampagnen der beiden Gruppen für die Neuwahl des Präsidenten besonders zu verfolgen und diese mit den von mir schon zuvor beobachteten Kampagnen der Wahl von Oktober 2012 zu vergleichen. Weiters habe ich mehrere mir persönlich bekannte in Wien lebende Venezolaner aus beiden politischen Lagern informell zu meinem Forschungsthema befragt. Schon nach den ersten Recherchen stieß ich – neben den heftig geführten inhaltlichen Auseinandersetzungen über den politischen Kurs und die diese Themen noch deutlich überlappenden emotionalen und nostalgischen Motive (sinngemäß: Die Wähler mögen „Lebenswerk und Erbe des Commandante“ hochhalten) – auf eine Handvoll weiterer Motive, die mich als solche und durch ihre Intensität überraschten und die zum Thema dieser Arbeit wurden: Antisemitismus, Homophobie, religiös/spirituelle Einsprengsel sowie massive persönliche Untergriffe. Diese vier Faktoren werden in Folge in dieser Arbeit als „Leitmotive“ bezeichnet. Den theoretischen Unterbau dieser vorliegenden Arbeit bildeten im wesentlichen – und in dieser Reihenfolge hatte ich sie auch gelesen – folgende Bücher: Die „Venas abiertas“ von Eduardo Galeano, „Redentores“ von Enrique Krauze, das „Manual del perfecto idiota latinoamericano“ von Á.Vargas Llosa et al. sowie zuletzt „¡Ey, las ideologías existen!“ von Mario Riorda. Ich habe mich bei der Auswahl der medialen Quellen (fast ausschließlich Videos, als Mitschnitte und Beiträge von TV-Sendern, die überwiegend auf Youtube veröffentlicht wurden) auf jene beschränkt, die unmittelbar der Überprüfung meiner These dienen. Daher habe ich all jene Quellen über politische Differenzen, also jene über die bolivarianische Revolution und ihre Ausprägungen in der Sozial- und Wirtschaftspolitik oder der Außenpolitik Venezuelas, nicht berücksichtigt. Weiters war es naturgemäß auch nicht möglich, den tatsächlichen quantitativen Umfang der Leitmotive an der gesamten politischen Kommunikation zu ermessen. Ebenso wenig kann ich den quantitativen Einfluss dieser Propaganda-Leitmotive auf die Entscheidung der Wähler beziffern. Sämtliche angeführten Aussagen zu den bzw. im Sinne der genannten Leitmotive entziehen sich auch einer Beurteilung als „gerechtfertigt“ oder das Gegenteil davon und können auch nicht auf
  • 4. 4 „faktische Richtigkeit“ beurteilt werden. Das liegt auch daran, dass diese im juristischen Sinn oft den Delikten „Üble Nachrede“, „Verleumdung“ oder „Ehrenbeleidigung“ entsprechen. Die Authentizität der Quellen und Zitate ist gesichert: Meine Beschränkung auf Videos hat den Vorteil, dass diese aus Gründen eines ungleich höheren Aufwandes bei einer allfälligen Manipulation deutlich „fälschungssicherer“ und daher authentischer sind, als online oder gedruckt wiedergegebene Zitate. Auch sind fast alle Videos in venezolanischen TV-Stationen ausgestrahlt worden, es gibt (meines Wissens nach) keine „privat“ oder „geheim“ erfolgten Mitschnitte der inkriminierten Zitate. *** 1. Motiv Homophobie Da Henrique Capriles, Oppositionskandidat der untersuchten Wahlgänge, fast ausschließliches Objekt der von mir genannten Leitmotive Homophobie und Antisemitismus ist, muss ein kurzer Blick auf seine Biografie angeführt werden. Capriles wurde 1972 geboren, er studierte Rechtswissenschaften in Venezuela, arbeitete als Wirtschaftsanwalt. 1998 wurde er für die Partei Primero Justicia in den Kongress gewählt (damals gab es ein parlamentarisches Zweikammer-System), wurde dort zum Präsidenten der Cámera de Diputados und zum Vizepräsidenten des gesamten Parlaments (Congreso Nacional) gewählt, jeweils als jüngster Abgeordneter der Geschichte in diesen Funktionen. Diese Ämter hatte er inne, bis das Zweikammersystem 1999 von der Asamblea Nacional Constituyente ersetzt wurde. 2000 gewann Capriles die Wahl zum Bürgermeister des Municipio Baruta mit 60 Prozent Zustimmung, er wurde 2004 von fast 80 Prozent bestätigt. 2008 wurde er Gouverneur des Bundesstaates Miranda. Am 12. Februar 2012 wurde Capriles in Vorwahlen vom aus rund 30 Parteien bestehenden Oppositionsbündnis MUD zum Spitzenkandidaten für die Präsidentenwahl von 7. Oktober 2012 gekürt – als Gegner von Hugo Chávez bzw. des zur Chávez-Unterstützung eigens für diese Wahl gegründeten aus 15 Parteien bestehenden Bündnisses GPP. Capriles erreichte 44,3 Prozent der Wählerstimmen, Chávez 55,1. Am 16. Dezember wurde Capriles abermals zum Gouverneur von Miranda gewählt. Nach Chávez Tod waren am 14. April 2013 neuerliche Präsidentschaftswahlen nötig, MUD nominierte wieder Capriles: Er erreichte 49,12 Prozent. Der für das Regierungsbündnis GPP antretende vormalige Chávez-Vizepräsident Nicolas Maduro vereinigte offiziell 50,61 % der Wählerstimmen auf sich und fungiert seither als Präsident Venezuelas. Capriles ist weiterhin Gouverneur des Bundesstaates Miranda. Henrique Capriles ist ledig und kinderlos.
  • 5. 5 - Die Versuche, aus der vermeintlichen Homosexualität von Capriles politisches Kapital zu schlagen, sind zahlreich. Capriles galt seit seinem Erscheinen in der politischen Landschaft als präsumptiver Gegenkandidat zu Chávez. Schon in einer am 1.September 2009 hochgeladenen Rede eines Funktionärs (Nomen Nescio) der Regierungspartei PSUV wird Capriles mit äußerst negativer Konnotation als Homosexueller bezeichnet, man (die PSUV) verfüge über Beweise dafür. Die Ausstrahlung erfolgte in VTV, laut dem Insert live, anlässlich von Protesten gegen die Amtsführung Capriles, der damals Gouverneur des Bundesstaates Miranda war - Maduro selbst, auch bevor Capriles sein Gegner bei der Wahl von April 2013 war, bezeichnet diesen und die Opposition oft als Mariconsotes. Maricon bedeutet zwar nicht immer zwangsläufig homosexuell im eigentlichen Sinn, doch aus der Häufigkeit der Verwendung für Capriles generell und die Opposition schließe ich diskriminierende Absicht. - Als Reaktion auf Aussagen dieser Art seitens des Oficialismo veröffentlichte die venezolanische LGBT-Plattform Ociogay am 12. April 2013 auf ihrer Website einen Beitrag, der auf Maduros wiederholte homophobe Vorwürfe gegenüber Capriles Bezug nahm. In diesem Fall kritisierte Ociogay konkret eine Rede Maduros, bei der dieser seine Lebensgefährtin (die Spitzenpolitikerin Cilia Flores) auf die Bühne holte und diese Inszenierung – die beiden waren seit Jahren offiziell ein Paar und das war der Öffentlichkeit ohnehin bestens bekannt – mit folgenden Worten begleitete: Yo si tengo mujer, ¿Oyeron? Me gustan las mujeres. Y aquí la tengo, in Anspielung auf Capriles, der offiziell ohne Partnerin oder Partner war. Anmerkung: Dieses Video als primäre Quelle der Meldung wurde mittlerweile wegen Urheberrechtsfragen aus Youtube entfernt. - Am 13. April 2013 veröffentlichte Ociogay eine Meldung, wonach die Regierung einen Homosexuellen bezahlt hatte, damit dieser sich als einstiger Liebhaber von Capriles deklariere. Damit wird an einen Vorfall erinnert, der sich im Jahr 2000 zugetragen haben soll (und auf den offenbar in oben genanntem Beispiel von 12. April 2012 Bezug genommen wird): Damals sei Capriles von der Polizei bei homosexuellen Handlungen in einem Auto beobachtet worden. Nach einem Bericht der Sendung La Hojilla in VTV soll ein Polizist Capriles und einen Mann namens Armando am 7. Mai 2000 beim Oralverkehr (actos inmorales en la vía publica) in einem Auto entdeckt haben. Auch ein Faksimile des damaligen Polizei-Protokolls wurde im TV präsentiert (siehe Beilage). Dabei fällt auf, dass
  • 6. 6 bei der Amtshandlung bzw. im Protokoll zwar Capriles Identität festgestellt wurde, jene der zweiten Person nicht. Ociogay organisierte einen Aufmarsch, um gegen Maduros Homophobie zu demonstrieren. Die Aktivisten betonen darin ausdrücklich, dass ihre Stellungnahmen nicht parteipolitisch seien und dass es seitens Hugo Chávez keinerlei derartigen Aussagen gegeben hatte. - Maduro wiederum nahm seine zahlreichen Homophobie-Vorwürfe anschließend in mehreren Interviews zurück und entschuldigte sich (circa ab Minute 1:00, hochgeladen am 17. April 2012, ausgestrahlt im VTV), falls sich Capriles angegriffen fühle. Dieser „Entschuldigung“ schickte Maduro aber am 13. März 2013 einen indirekten Vorwurf der Charakterschwäche an Capriles voraus: Si yo fuera gay, lo asumiria con orgullo a los cuatro vientes - Interessant ist in diesem Zusammenhang, das zwar Homophobie im Diskurs der beiden Wahlkämpfe seitens des Chavismo (exklusive Chávez) großen Stellenwert hat, diese in der Bevölkerung aber nicht signifikant sein dürfte. Eine Studie des Pew Research Center untersuchte Homophobie bzw. Toleranz gegenüber Homosexualität unter sieben lateinamerikanischen Ländern. Venezuela scheint an 5. Stelle auf. Die weitaus tolerantesten Länder des Kontinents sind Argentinien und Chile, die mit Abstand untolerantesten Bolivien und El Salvador. Interessant ist, dass Venezuela den weltweit (korrekterweise: unter den 39 untersuchten Staaten) zweitgrößten „Gender-Gap“ hat: 59% der Frauen, aber nur 44% der Männer in Venezuela sind gegenüber Homosexualität tolerant. 2. Motiv Antisemitismus Während Homophobie in der politischen Propaganda in Venezuela wohl erst in jüngerer Zeit massiv eingesetzt wird, hat Antisemitismus zumindest seit Hugo Chávez langjährige Tradition. Chávez bediente in diversen Tiraden gegenüber den USA immer wieder Klischees von US-amerikanischen/jüdischen Komplotten, verflucht den Staat Israel, wirft ihm vor, die Opposition in Venezuela zu finanzieren. - Auch für Antisemitismus dieser Art bietet Capriles Angriffsfläche. Er stammt aus einer wohlhabenden katholischen Familie, die Vorfahren beider Elternteile sind jüdischer Herkunft, wanderten im 19. bzw. im 20. Jahrhundert aus Curaçao und aus Europa nach Venezuela ein.
  • 7. 7 Mit Capriles Nominierung am 12. Februar 2012 als Kandidat des Oppositionsbündnisses MUD setzte eine Fokussierung auf zumindest unterschwelligen Antisemitismus in der Kampagne der Regierungspartei ein. Dabei werden sowohl klassische antisemitische Ressentiments bedient (jüdische Kontrolle über Wirtschaft und Medien, Karikaturen mit „jüdischer Physiognomie“) als auch der Hass auf den Staat Israel und den Zionismus beschwören. - Am 17.Februar 2012 erscheint vom Autor Adál Hernandez auf der Website von Radio Nacional Venezuela ein Artikel, der bald vom Netz geht, aber dann in anderen Internet- Plattformen veröffentlicht ). Der Titel lautet: „El enemigo es el Sionismo. Un barranco como solapada promesa.“ Dort steht unter anderem: „Capriles Familie ist (...) Teil einer faschistischen Sekte, wo perverse religiöse Riten gepflogen werden und Verbrechen gegen alle geplant werden, die nicht der arischen Rasse und der Alta Burguesia von Venezuela angehören.“ Selbige Sekte würde von einem CIA-Agenten geführt. Der Artikel schließt mit einer „Wahlempfehlung“ für die Oktober-Wahl (eigene Übersetzung und Zusammenfassung): „Es gibt zwei Vorschläge für Venezuela: Die Bolivarianische Revolution oder der Internationale Zionismus, der die Welt zerstören will und welchen Capriles repräsentiert.“ - Die Zeitschrift Jüdische Allgemeine schreibt, Bezug nehmend auf diesen Artikel und die Wahlkämpfe: Besonders Begriffe aus dem Vokabularium des Antisemitismus benutzen Chávez und seine Meinungsmacher, wenn es gilt, Capriles zu verunglimpfen. Regierungsnahe Medien bezeichnen den Oppositionskandidaten abwechselnd als „Agenten des US-Imperialismus“ oder als „zionistischen Agenten“. - Laut einer Studie von Lidia LERNER (Tel Aviv, September 2012) gab es schon 1998 Holocaust-„Minimierungen“ in der Prensa popular des Landes, Chávez beschuldigte 2002, anlässlich des gescheiterten Putsches, den israelischen Geheimdienst Mossad hinter dem Putschversuch zu stehen, und 2004, als Chávez das Referendum Revocatorio überstand, verlautete dieser: „Lasst euch nicht von diesen umherirrenden Juden (errantes judios) betrügen“, und meinte die Opposition. Nach Lerner ist der Antisemitismus von Chávez auch dem ideologischen Einfluss des Argentiniers Norberto Ceresole zuzuschreiben. Dieser sei ab 1994 sein Berater und Mentor gewesen (siehe auch: Enrique Krauze, El poder y el delirio, Barcelona 2009; KRAUZE, Redentores: Seite 505 und 506), Ceresole schrieb zahlreiche Artikel und Bücher über Chávez.
  • 8. 8 - Im Mai 2013 erfolgte eine Reaktion auf unüberhörbare antisemitische Wahlkampf-Töne durch Claudio Epelmann, Lateinamerika-Repräsentant des Jüdischen Weltkongress, welche via Nachrichtenagentur EFE verbreitet wurde. Laut Epelmann werde in Venezuela ein Anstieg des Antisemitismus bemerkt, der nicht zufällig sei, auch weil Chávez beste Verbindungen zum iranischen Präsidenten Ahmadinejhad pflege. - Laut Abraham Levy Benshimol von der Conferderacion de Asosiaciones Israelitas de Venezuela repräsentiere der neue Präsident Maduro die selbe Ideologie wie Chávez. Benshimol fügte an, dass es in der Bevölkerung niemals antisemitische Postionen gab, doch gebe es „Attacken auf Juden in den offiziellen Medien, zum Beispiel im TV-Programm La Hojilla. - Sammy Eppel, Repräsentant jüdischer Organisationen in Venezuela, konstatierte unter anderem „zum ersten Mal in der jüngeren Geschichte einen Regierungs-finanzierten Antisemitismus in einem westlichen Land“. Ein israelische TV-Reportage über Capriles nimmt auf die antisemitischen Anfeindungen besonders Bezug, ebenso weitere Medien in Israel. - Als Folge dieser „Welle von antisemitischen Beiträgen“ in regierungsnahen Medien gab Shimon Samuels, Direktor des Simon Wiesenthal Center New York, folgende Stellungnahme ab: „Das Schweigen von Präsident Maduro (Anmerkung: zu diesen Artikeln) macht sein Regime zu einem Komplizen einer Auswirkung davon auf die jüdische Gemeinschaft.“ - Edoardo Kohn, Geschäftsführer von B’nai B’rith América Latina, bezeichnete Venezuela als jenes Land in Lateinamerika, das ihm bezüglich Antisemitismus die meisten Sorgen bereite (www.agenciajudiadenoticias.com, 04.07.2013 ). - Maduro reagierte am 17. Mai 2013 auf die Antisemitismus-Vorwürfe von Epelmann mit dem Hinweis, dass er (ebenso wie Capriles) selbst jüdische Großeltern bei beiden Elternteilen habe, welche in Venezuela zum Katholizismus konvertiert seien. Interessant ist diese Äußerung auch deswegen, weil in Venezuela aktuell die Opposition behauptet, dass Maduro gar nicht in Venezuela, sondern in Kolumbien geboren und Doppelstaatsbürger sei. Daher dürfe er laut Verfassung gar nicht Präsident sein. Maduro hat bis dato der Öffentlichkeit keine Urkunden vorgelegt, die belegen, dass er in Venezuela geboren sei. Auch daher scheint mir
  • 9. 9 ein Verweis auf Großeltern – in diesem Fall – jüdischer Herkunft wenig überzeugend und kaum belegbar, abgesehen von der vermeintlichen argumentativen Qualität dieser Schutzbehauptung ( „Ich kann nicht Antisemit sein, weil ich selbst jüdische Vorfahren habe“, eigene Formulierung des Autors) . 3. Religiöse und spirituelle Motive Am 25. März 2013 veröffentlichte Martínoticias einen kurzen Beitrag, der den religiösen Charakter des beginnenden Wahlkampfes zwischen Maduro und Capriles hervorhob, vor allem seitens Capriles. Letzterer erhebe in seiner Kommunikation die Wahl zu einem spirituellen Ereignis von göttlichem Charakter, zu Kampf von Gut gegen Böse, Maduro wiederum hatte sich zu einem „Apostel von Chávez“ ausgerufen, Chávez wiederum sei „Christus der Erlöser der Armen Amerikas. Die Mythologisierung von Chávez, seiner Vorgänger und seiner Epigonen sowie des Bolivarianismus bzw. dessen Erfindung durch Chávez als „neue politische Identität für Venezuela“ (UZCATEGUI, Seite 6) hat eine jahrzehntelange Tradition. Diese steht auch im Einklang mit der zumindest seit dem 19. Jahrhundert in Lateinamerika in Bezug auf politische Leitfiguren oder Helden gepflogenen Transformation deren Wirkens auf eine religiöse Ebene (KRAUZE, Redentores). Da Chávez in den 14 Jahren seiner Präsidentschaft und zuvor systematisch an seiner Mythologisierung gearbeitet hat und sich zu einem weisen, omnipräsenten, onmipotenten und großzügigen Messias (NEIRA FERNANDEZ) stilisiert hat, ist die Fortsetzung dieser Taktik, also die Berufung auf religiös durchsetzte Mythen und den spirituellen Charakter des politischen Projekts des Bolivarianismus, nur logisch. Noch dazu weil – nach Chávez Tod – mit seinem Nachfolger Maduro ein Kandidat zur Wahl stand, dem seitens seiner Kritiker und seiner Anhänger einhellig wenig Charisma zugestanden wird. Um diesem Mangel an Charisma und bolivarianisch-spiritueller Legitimität zu kompensieren, betont Maduro die ihm übertragene „Mission“: Er sei der Apostel Chávez, er sei nicht (wie) Chávez, sondern nur der Sohn von Chávez, bereit Präsident zu werden und dessen Erbe weiterzuführen. - Wie Maduro die Aufträge Chávez konkret erhalte, erklärte Maduro am 2. April 2013 live im Sender Telesur. Ihm sei in der Kapelle des Dorfes Barinas, in welchem Chávez aufwuchs, ein Vögelchen erschienen und dieses (als Reinkarnation Chávez) habe ihn gesegnet. Dabei habe er Chávez' Geist gespürt. Eine weitere Chávez-Erscheinung in Form eines Vogels sei Maduro
  • 10. 10 auch im Juni 2013 widerfahren. Die spöttischen Reaktionen auf dieses Erlebnis kommentierte Maduro mit einer fehlenden Spiritualität der Kritiker: Man könne so etwas (also die Erscheinung Chávez in Form eines Vogels) eben nur verstehen und spüren, wenn man die Liebe zur Heimat, zu Chávez und zu Christus dem Erlöser habe. - Chávez Einfluss ist laut Maduro aber nicht nur auf irdische Sphären beschränkt: Weil Chávez ja im Himmel Christus gegenübersitze, könne er auch die Wahl des Argentiniers Jorge Bergoglio zum Papst beeinflusst haben, mutmaßte Maduro wenige Tage später, ohne sich bei dieser Behauptung genauer festlegen zu wollen. - Die religiös durchwobene Kommunikation Maduros verlässt aber auch den katholischen Zusammenhang und nimmt Anleihen beim lokalen Volksglauben und historischen Ereignissen: Wer gegen Chávez, also gegen ihn (Maduro) wähle, der stimme für den Sieg der burguesía, die der indigenen Bevölkerung das Land rauben werde. Die Oppositions-Wähler treffe dann der Fluch von Macarapana, sagte Maduro bei einer Kundgebung im Bundesstaat Amazonas am 10. April 2013 (zu Mythos und Volksglauben: siehe auch DABOVE) 4. Persönliche Untergriffe Während Oppositionskandidat Capriles bei den ersten beiden betrachteten Leitmotiven eindeutig der Angegriffene ist und sich bei der Bezugnahme auf religiöse oder spirituelle Aspekte der Wahlauseinandersetzung Regierung und Opposition eher die Waage halten, ist die Opposition am relativ aktivsten, wenn es um persönliche Untergriffe gegen die Regierung oder Angehörige der PSUV in der Kampagne geht. Auffallend ist dabei aber, dass Capriles selbst kaum über Chávez als Person in despektierlichem Ton spricht, weder als Capriles ihn zum direkten Gegner hat, noch als er gegen Maduro antritt. Diese angriffige Rolle wird anderen Proponenten des MUD-Bündnisses überlassen (siehe auch: UZCATEGUI). Sachpolitisch verspricht er, vieles von Chávez Sozialreformen nicht von Grund auf zu revidieren (Missiones etcetera), außenpolitisch will er andere Schwerpunkte setzen (mehr Distanz zu Kuba, weniger Öllieferungen zu Vorzugskonditionen an ALBA-Länder, etcetera). In der Person Maduro findet Capriles eine geeignete persönliche Angriffsfläche: Ziel des Spotts und der Kampagnisierung sind beginnend mit den oben genannten Chávez- Erscheinungen von Maduro auch dessen geringe formale Bildung oder sein vermeintlich ungelenkes Auftreten, etwa im direkten Kontakt mit der Bevölkerung.
  • 11. 11 - So sagt Capriles etwa am 4. April 2013, dass Maduro vielleicht Chávez in Gestalt eines Vogels gesehen habe, jedenfalls aber einen Vogel im Kopf habe . - Nachdem Maduro kurz zuvor bei einem öffentlichen Auftritt die Bundesstaaten Venezuelas und deren Hauptstädte durcheinandergebracht hatte, empfiehlt eine Oppositions-Abgeordnete ihm, sich ein Geografie-Buch für die Volksschule zu kaufen und Capriles spottet, dass Maduro es als Attentat interpretieren würde, wenn ihm jemand ein Geografie-Buch zuwerfen würde. - Capriles unterstellt Maduro, am Down-Syndrom leidende Menschen als mongólicos bezeichnet zu haben. Diesen Vorwurf musste Capriles wegen Haltlosigkeit aber bald wieder zurücknehmen, Maduro hatte das niemals gesagt. - Dem Verteidigungsminister wird seitens Capriles unterstellt bzw. vorgeworfen, der „Vorletzte bei seiner Promotion“ gewesen zu sein, und eine „Schande für die Streitkräfte.“ - Als Reaktion auf eine „Tanzeinlage“ Maduros verwendete Capriles am 24. März 2013 den Begriff Toripollo für diesen, was eine Person bezeichnet, die aussehe, als habe sie den Kopf eines Huhns und den Körper eines Stiers. Dieser Begriff sei im Volk gebräuchlich und nicht despektierlich, sagte Capriles. Weitere lokal verwendete Attribute und Begriffe (wie das genannte toripollo) sind seitens der Opposition für Maduro, Regierung oder Chavistas oft Begriffe wie enchufados, also die Verbundenen, Bezug nehmend auf den ventajismo, bzw. Privilegien, die Angehörige und Anhänger des Oficialismo genießen würden. Ähnlich negativ ist auch der Begriff boliburguéses, er steht für Unternehmer, die mit bzw. dank der Bolivarianischen Revolution zu plötzlichem Reichtum gelangten. Die persönlichen Untergriffe seitens Chávez gegenüber Capriles intensivierten sich, als letzterer zu seinem Gegner für die Wahl im Oktober 2012 nominiert worden war: - Am 17. Februar 2012, wenige Tage nach der Vorwahl der Opposition, bedachte Chávez seinen frisch gekürten Gegner unter anderem mit dem Wort cochino (Schwein), er (Capriles) sehe aus wie ein Schwein, schnarche wie ein Schwein. Dies wird etwa von DILLMANN als
  • 12. 12 unterschwelliger Antisemitismus gedeutet. Zudem sei er ein majunche, also in etwa: von schlechter Qualität, mittelmäßig. - Chávez scheute sich auch nicht, buchstäblich unter die Gürtellinie zu schlagen, etwa am 13. April 2012: „El majunche no tiene ni un pelo de cojón", womit vordergründig Charakterschwäche, unterschwellig aber auch Homosexualität gemeint sein dürfte. Weitere häufige Bezeichnungen und Attribute des Chavismo generell für den politischen Gegner sind in etwa: jalabola; burguesia, burguesito; caprichito; progresista de las empresas, de los bancos; un candidato de los pitiyanquis, del imperialsimo, de los golpistas, del imperio gringo; vendepatria. - Der "Umsturz"-Vorwurf gegenüber Capriles nimmt unter den persönlichen Untergriffen breiten Raum ein, private Reisen Capriles in die USA oder nach Kolumbien werden als konspirative Treffen gedeutet. - Der Oficialismo rühmt sich also (siehe letztgenannter Link) auch eines Überwachungsapparates in Bezug auf Capriles Aktivitäten. Doch auch über das Wahlverhalten der Venezolaner wisse man Bescheid: Laut Maduro habe man zum Beispiel von 900.000 Chavistas, die im April 2013 für Capriles gestimmt hatten, sämtliche Daten. 5. Analyse Ist der Chavismo als politisches Projekt über den Tod von Hugo Chávez hinaus überlebensfähig? Zentral scheint dabei, ob der Mythos, den Chávez um seine Person und sein Projekt aufgebaut hatte, weiter bestehen kann, speziell angesichts des wirtschaftlichen Niederganges und der alltäglichen Gewalt im Land. NEIRA FERNANDEZ hatte lange vor der Wahl im April 2013 auf Grund letzterer Fakten Zweifel. Chávez sei es auch nicht gelungen, eine vom Mythos des Gründers losgelöste Bewegung wie es der Peronismo in Argentinien ist, im Land zu etablieren, Maduro fehle es an messianischen Charisma (siehe auch: GONZALES). Angesichts des Wahlergebnisses von April 2013 kann man auch zum Schluss kommen, dass Maduro diese Leitmotive, die er fast identisch von Chávez übernommen hatte, eventuell sogar geschadet, aber zumindest nicht genützt haben. Auch ist es Maduro nicht gelungen, sich als „Sohn“ oder „Erbe“ von Chávez zu positionieren und dessen Charisma in handfeste Zustimmung zu übertragen. Während Chávez erfolgreich als
  • 13. 13 ein „Gesetzloser“ im Stile des Caudillo „Maisanta“ (DABOVE; KRAUZE: als „postmoderner Caudillo“) agierte und argumentierte – Maisanta ist eine emblematische, aber zweifelhafte Gestalt der lokalen Geschichte (s. a. „Prinzip Abstammung“ bei DABOVE) – oder die Identität von Nation und Politik auf den positiv konnotierten Simon Bolívar umfirmierte, von der Bezeichnung des Staates beginnend bis zu unzähligen „bolivarianischen“ Einrichtungen des Landes, funktioniert ähnliches bei Maduro nicht. Teodoro Petkoff, vormaliger Chávez- Minister und nunmehr Dissident und Zeitungsherausgeber, bezeichnet Maduro als einen bloßen Schatten von Chávez (siehe bei NEIRA FERNANDEZ). Unabhängig von Personen und Charisma: Die Spekulation mit Instinkten und Reflexen der Wähler offenbart, dass das „System Chávez“ in Venezuela weit weniger populär ist, als es scheint – wäre es sonst nötig, auf „niedrige“ und religiös/spirituelle Instinkte zu setzen, um den eigenen Wahlerfolg zu erreichen? Müsste nicht eine Fakten-orientierte Kampagne über Erfolge und Segnungen der Chávez-Politik in all ihren Facetten genügen, um eindeutigen oder wenigstens mehrheitlichen Zuspruch beim Wähler zu sichern? Wie am offiziellen Wahlergebnis vom 7. April 2013 abzulesen ist, wird der Chavismo nicht von einer eindeutigen Mehrheit der Bevölkerung getragen, sondern spaltet die Bevölkerung bzw. das Plebiszit Venezuelas in – soweit das offizielle von der Regierung verlautete Wahlergebnis – zwei fast exakt gleich große Hälften. Und der Chavismo und seine Kampagnen polarisieren das Land: Das bestätigten zuletzt auch die jüngst prämierten Filmemacherinnen Mariana Rondón und Marité Ugás in einem Artikel in El Pais von 28. September 2013. Die Verantwortung für diese Polarisierung und Radikalisierung trage demnach zur Gänze Chávez. Intoleranz und speziell Homophobie werde von oben, von der Regierung gepredigt, Homosexualität werde im politischen Diskurs des Oficialismo zum Delikt erklärt. *** 6. Literaturverzeichnis Bücher: RIORDA, Mario. ¡Ey, las ideologías existen!. Comunicación Política y Campañas Electorales en América Latina. Serie POLITEIA, Editorial Biblos, Buenos Aires, 2012. MENDOZA APULEYO P.; MONTANER C. A.; VARGAS LLOSA Á. Manual del perfecto idiota latinoamericano. Editorial Atlántida, Barcelona, 1996 KRAUZE, Enrique. Redentores. Ideas y Poder en América Latina. Random House Mondadori México, 2011
  • 14. 14 Zeitungs- und wissenschaftliche Zeitschriftenartikel: GRATIUS, Susanne; ROMERO Carlos A. La proyección internacional de la Venezuela post- chavista. In: FRIDE Policy Brief No 94, Mayo 2013. 27.5.2013. http://www.fride.org/publicacion/1130/la-proyeccion-internacional-de-la-venezuela-post- chavista CÁCERES-PÉFAUR, Beatriz. Imágenes mediáticas en tiempos de crisis: Televisión y propaganda política en Venezuela. espacio abierto, 2005, 14. Jg., Nr. 3. www.redalyc.org/articulo.oa?id=1221430 CORREA, Cata. Auserwählt vom Comandante. Venezuela wählt einen neuen Präsidenten. Was bleibt von Hugo Chávez’ Erbe? In: Die Zeit, 11.4.2013. www.zeit.de/2013/16/venezuela-wahl-praesident KEPPELER, Toni. Das schwere Erbe des Hugo Chávez. In: WOZ Nr. 14/2013 von 4.4. 2013 www.woz.ch/1314/lateinamerika/das-schwere-erbe-des-hugo-Chávez LERNER, Lidia. Antisemitism in Venezuela’s Presidential Elections. In: Kantor Center, Tel Aviv University. September 2012. http://www.kantorcenter.tau.ac.il/sites/default/files/lidia- fin_5.pdf MORAÑA, Mabel; SANCHEZ PRADO, Ignacio (eds.): El lenguaje de las emociones. Afecto y cultura en América Latina, 2013 LOMNITZ, Claudio; SÀNCHEZ, Rafael. Chávez, Jews and the left. The uses of Antisemitism in Chávez’s Venezuela. Boston Review, 24. 4. 2012. RAMÍREZ, I.; LÍLIDO, N. Venezuela elección presidencial 2013.¿ plus participación electoral oposicionista o corrida de votos del gran polo patriótico? http://www.saber.ula.ve/dspace/bitstream/123456789/37065/1/articulo1.pdf NEIRA FERNÁNDEZ, Enrique. Observatorio de Política Internacional II. AMERICAS- Venezuela. Chavismo sin Chávez. In: http://www.saber.ula.ve, 15.1.2013 UZCÁTEGUI, Rafael. Antecedentes y escenarios de la Venezuela poschavista. Nueva Sociedad, 2013, Nr. 244, S. 4-14. DABOVE, Juan Pablo. Hugo Chávez y Maisanta. El fuera de la ley y la construcción de un linaje insurgente. In: Vanderbilt University E-Journal of Luso-Hispanic Studies. Vol. 7 (2011), El aura de la voz. GONZALEZ Javier M. Chávez, la construcción de un mito, In: Nueva Tribuna, 8.3.2013, Buenos Aires http://www.nuevatribuna.es/articulo/america-latina/Chávez-la-construccion-de-un- mito/20130308084218089419.html N. N. Religiosidad en la campaña electoral venezolana. In: Martínoticias, 25.3.2013 http://www.martinoticias.com/content/article/20808.html
  • 15. 15 7. Beilage Acta Policial Aprehension en Flagrancia 189 y 140, 8 de Mayo 2000
  • 16. 16