1. Soziokulturelle Arbeit
beobachten - interpretieren - handeln
Kommission für öffentlichen Raum
Präsentation vom 15. April 2010
Lisa Palak-Otzoup, Bereichsleitung jaz, Verein ZJT
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2. Berufsfeld Soziale Arbeit
Sozialarbeit Sozialpädagogik Soziokulturelle Arbeit
Klientensystem Zu Erziehende Individuen
Gruppen
Systeme
Soziale Probleme Sozialisations- Sozialer Wandel und sich
daraus sich probleme und sich daraus ergebende
ergebende daraus ergebende Bewältigungsaufgaben
Defizite Schwierigkeiten Diversity u.a. (s. Folie 3)
Defizitausgleich Lebensfähig machen Emanzipatorischer Ansatz
Partizipation
Selbstorganisation
(Moser, Müller, Wettstein & Willener, 1999, S. 38)
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3. Diversity
Soziokulturelle Arbeit kann „Übersetzen“ und „Vermitteln“
In Fragestellungen, die mit gesellschaftlichem Wandel zu tun
haben - einige Beispiele:
Kulturelle Vielfalt
Komplexität von Phänomenen
24h-Gesellschaft
Vielfalt von Lebensstilen
Flexibilität von Lebensläufen
Freizeit gewinnt an Bedeutung
Autonomie und Selbstverwirklichung
Suche nach Identität
Verunsicherung - Spannungsfelder - Gegensätze
(z.B. Freiheit - Sicherheit / Einschluss - Ausschluss)
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4. Intermediäre Position der Soziokulturellen Animation
Kultur / Kunst
Politik
Gemeinwesen- Soziokulturelle Arbeit Bildung
entwicklung
Soziales
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8. Der Trägerverein Zuger Jugendtreffpunkte ZJT
Gründung 1974
erster Treff ab 1976 in einer Baracke an der Industriestrasse 2
industrie45 jugend- und kulturzentrum (1982 - ...)
jugendanimation zug (2003 - ...)
„p41“ podium41 ehemals „Chaotikum“ am See
gehörte während 17 Jahren zum Verein ZJT (1991 bis 2008)
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9. Handlungsschwerpunkte
jugendanimation zug – „jaz“
umsetzen von sozialraumorientierter,
soziokultureller Arbeit mit dem Fokus
auf Jugendliche zwischen 11 und 25
Jahren
sowohl auf der operativen, als auch auf
der strategischen Ebene
in den Dialog treten mit verschiedenen
Gruppierungen, Individuen,
Institutionen, usw . Schreibwerkstatt im öffentlichen Raum
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10. Die vier Säulen der „jaz“
On the move
Sozialraumfokus
aufsuchen von RaumnutzerInnen vor Ort
geplante und spontane Aktionen
unter Einbezug von Freiwilligen und Professionellen
Lade für Soziokultur - ein Ort mit viel Spielraum
für Leute zwischen 9 und 99 Jahre
Drehscheibe Zug Stadt (2001 initiiert durch jaz)
ca. 25 VertreterInnen von Institutionen und Behörden
der Stadt Zug
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11. «on the move» Sozialraumfokus
Relationales Raumverständnis
- Bauliche Kriterien (Architektur, städtische Entwicklungen)
- Vorstellungen und Wirklichkeiten der Gesellschaft
(Regeln, Verordnungen, Stadtgespräche, Diskurse,
politische Entscheidungen)
- soziales Handeln, das in diesen Räumen passiert
d.h. zum Beispiel Nutzungen, Aneignungen, Bewegungen
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16. Projektarbeit am Beispiel «jobshop»
Die Verantwortung im
Jobshop-Büro liegt bei
den Jugendlichen selber
seit 2006 jährlich
wechselnde Büroteams
Marisa, Eli, Jasmin,
Nici und Simon 2008
(3. Oberstufe)
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17. Austauschplattform seit 2001
(interdisziplinäre Vernetzung)
ca, 25 VertreterInnen von Institutionen und Behörden usw.
treffen sich ca. 8 Mal pro Jahr, um Gesellschaftsthemen aus
verschiedenen Blickwinkeln zu beleuchten.
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18. Soziokulturelle Arbeit im öffentlichen Raum
12 Jahre Erfahrung mit aufsuchender Jugendarbeit
Evaluationsberichte und Fachartikel können in der Infothek
des Lade für Soziokultur an der Kirchenstr. 7 und im
öffentlichen Dokuzentrum an der St. Oswaldsgasse 16
eingesehen werden.
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19. Pilotprojekt seit November 2009
Die aufsuchende Jugendarbeit wird während zwei Jahren
aufgestockt - aktuell verteilt sich das Pensum auf einen Mann
(50%) und eine Frau (20%) - Fokus auf Jugendliche, die im
öffentlichen Raum, durch negatives Sozialverhalten auffallen.
Die vorgängig erläuterten Prinzipien und Handlungsansätze
gelten auch für dieses Pilotprojekt
Der Präventionsfunktion im Verständnis der soziokulturellen
Arbeit wird besonderes Augenmerk geschenkt
Vermitteln zwischen Ansprüchen und Erwartungen der
verschiedenen Beteiligten z.B. in Bezug auf SAUBER, SICHER,
SCHÖN - Transparenz bezüglich Rollen und Funktionen
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20. Grundlegende „Starteinschätzung“
Anzeichen von Problemen sollen durch „Hinschauen“ frühzeitig
vor einer Verfestigung schützen (Ursachen- und
Ressourcenorientierung)
Im öffentlichen Raum sind hochkomplexe systemische
Verhältnisse aktiv
Um Veränderungen und allfällige Verbesserungen angehen zu
können, sind kooperative Modelle notwendig
(Alleingang ist nicht möglich)
Rein repressive Massnahmen können zu einer Verlagerung der
Problematik führen
Universelle Wahrheiten sind nicht umsetzbar (Die problemlose
Stadt gibt es nicht)
Freiraum, Raumaneignung, Raumnutzung sind Themen, die für
Jugendliche von Bedeutung sein können
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21. Chancen und Risiken
Durch die Nähe zur Zielgruppe und das sozialräumliche Wissen
kann die soziokulturelle Arbeit vermittelnd agieren
Seismografische Kompetenzen
Systemische, relationale Herangehensweise
Scharnierfunktion
Diskussionsbereitschaft über Vor- und Nachteile von
Massnahmen zu diskutieren
Steuerung von Diskursen und Themen (Medien, Stadtgespräche)
Mangel an Kommunikation, Berührungsangst
unausgesprochene Erwartungen
verfestigte Feindbilder
Vermischung von Rollen (Instrumentalisierungsgefahr)
Bearbeitung der Probleme aus dem Zusammenhang losgelöst
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22. Beispiele von offenen Fragen in diesem Arbeitsbereich
Pilotprojekt aufsuchende Jugendarbeit mit
spezifischem Zielpublikum
Kann heute öffentlicher Raum noch als „für alle zugänglich,
verfügbar und nutzbar“ bezeichnet werden?
Kennen die verschiedenen Akteure im öffentlichen Raum die
unterschiedlichen Wertehaltungen und Aufträge gegenüber der
Zielgruppe?
Wie wird eine akzeptierende, emanzipatorische Haltung
gegenüber der Zielgruppe von Dritten eingeschätzt?
Wer ist eigentlich für Sofortmassnahmen bei aktuellen
„Störfaktoren“ (beispielsweise eine betrunkene Gruppe) im
öffentlichen Raum zuständig?
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23. Danke für ihre Aufmerksamkeit!
Alternative Gestaltungsformen müssten nicht nur von
bestehenden Modellen ausgehen
Eine reflektierte Veränderung bedingt die Bereitschaft,
nicht nur das Einzige als möglich zu betrachten, sondern
„Anderes“ auch zuzulassen.
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Notas del editor
Den Beruf gibt es im Ausland schon seit mehreren Jahrzehnten Historische Wurzeln - Sozialistische und religiöse Wurzeln - éducation populaire Förderung von selbstbestimmten Aktionen Jean Claude Gillet in Frankreich Marcel Spierts in Holland Pädagogik der Unterdrückten Paolo Freire in Brasilien
Unter dem Begriff Soziale Arbeit können drei Berufsgruppen verortet werden - Im ersten Feld wird sichtbar, wer mit den Angeboten angesprochen wird In der nächsten Rubrik geht es um die Fragestellungen, die bearbeitet werden Ziel der professionellen Interventionen stehen in der vierten Spalte:
Diese verschiedenen Themen haben mit den gesellschaftlichen Tendenzen und Veränderungen der heutigen Zeit zu tun, d.h. dass durch diese Phänomene vermehrt Fragen auftauchen und entsprechend Antworten gesucht werden.
Fördert Kommunikation (zwischen diversen Akteuren) Betroffene werden zu Akteuren Sucht nach neuen Ausdruckformen Baut Brücken (Mediatktion) Empowerment(Netzwerke bekommen Kraft)
KonzeptorIn: Bedürfnisse abholen, Konflikte lokalisieren, Betroffene ausfindig machen, Situationen erforschen MediatorIn: Ermutigung und Befähigung der Zielgruppen, Betroffene zusammen bringen, Vermittlungen ermögl., Brücken bauen zw. OrganisatorIn: Aktivierungsprojekt planen, umsetzen & auswerten, Sicherstellung von Partizipation (Beteiligung ermögl.) AnimatorIn: „beseelen“ Raum geben für „aktive Teilnahme“ um Gemeinsames zu erleben Aktivierung (ermutigen) wir suchen nach Formen um eine kreative Lebensgestaltung zu ermöglichen
Hier eine Liste der Funktionen, die durch die Soziokulturelle Arbeit abgedeckt werden können - bei den folgenden Beispielen stehen je nach dem die einen oder anderen mehr im Vordergrund.
Andere Zielgruppen sind auch immer wieder wichtig (lebensweltbezug)
Diese vier Säulen werden nun auf den nächsten Folien näher erläutert und die Fachbegriffe erklärt
Relationales Raumverständnis bedeutet, dass nicht nur der physische Raum in die betrachtungsweise sondern auch der soziale, bewegte, „bezogene“ Raum gemeint ist und eigentlich das Zusammenspiel dieser verschiedenen Faktoren zum Tragen kommt. Dann Erklärung von der Folie mit den drei Kriterien
Wir benützen die Gelegenheit mit Nutzern und Nutzerinnen des öffentlichen Raums in Kontakt zu kommen - hier sehen sie eine Aktion aus dem Jahre 2005 - Das Thema Littering steht nicht im Vordergrund, wird aber mitberücksichtigt.
Zwei Beispiele von Aktivitäten im öffentlichen Raum - das eine ist die Leseinsel, die es bereits seit 2001 gibt - der Bücherbus war eine sehr gute Quelle um die Bücherboxen zu füllen und die Zürcher Suchtprävention hatte in diesem Jahre eine 14 tägige Aktion am Laufen, wo sie 20 Liegestühle im öffentlichen Raum aufstellten, damit sich die Leute doch mehr Zeit für sich nehmen sollten - eine Nachfrage bei diesem Amt ergab, dass die Stühle nur für diese Aktion angekauft worden waren - gegen einen symbolischen Betrag konnte ich diese nach Zug bringen und die Leseinseln bewährten sich bestens um immer wieder mit Jugendlichen ins Gespräch zu kommen. Das zweite Bild zeigt das gutbesuchte Strassenfest, welches von „Lade-Nutzerinnen“ auf die Beine gestellt wurde und sich seit Einzug an der Kirchenstrasse für ettliche Leute aus der Nachbarschaft aber auch über die Quartiergrenzen zu einem beliebten Treffpunkt gemausert hat.
Die Nünischtei und Schachfiguren-Geschichte sind auch ein gutes Beispiel, zum Aufzeigen, dass Vernetzen und ermöglichen praktiziert wurde. Der aktuelle „Bröschelibetreiber“ ist mit von der Partie und hat sich bereiterklärt, gegen Depot den Schlüssel für die Spielkiste herauszugeben. Auf dem zweiten Bild war die jaz im klassischen Sinn als „Türöffner“ tätig und vermittelte dem jungen Mann die Kontakte zu den Behördemitgliedern, die für eine Bewilligung zu gewinnen waren und unterstützte im Sinne eines Projektmanagements den ganzen Prozess - ging es doch um Sponsoring, Workshoporganisation usw. die Sprüche haben wohl den einen oder anderen Passanten zum Schmunzeln oder Nachdenken gebracht.
Seit 2005 - Homebase Lade für Soziokultur - gleichzeitig auch Büro des Vereins ZJT - Ein kreativer „Möglichkeitsort“ für Leute von 9 bis 99 Jahren - 6 Räume sind ausgemietet an Personen zwischen 25 und 55 Jahren - günstige Miete - Gegenleistung wird einzeln ausgehandelt und definiert - einige Tragen einen Beitrag bei zum Programm im Hochparterre des Hauses - dieser Raum wird auch durch Auswärtige genutzt und so ergänzt sich ein vielfältiges Monatsprogramm, das auf den Bedürfnissen der „Aktiven“ aufbaut und sich auch immer wieder verändert und erneuert - es finden zwischen 20 und 40 Veranstaltungen im Haus statt -
Hier noch ein kurzer Hinweis auf ein nachhaltiges, langfristiges Projekt, das mittlerweilen ein fester Bestandteil des jazes geworden ist. Ettliche Jugendliche sind entweder als Büroteam fest engagiert oder sie sind in der Kartei als JobinteressentInnen registriert - diese Arbeit ist für uns höchst interessant, denn so kommen wir immer wieder mit neuen Jugendlichen in Kontakt und können sie bei ihren Ressourcen abholen - es gibt natürlich auch immer wieder Möglichkeiten ihnen Grenzen zu setzen und sie zu „fordern“ - (Listen mit Adressen abschreiben, Apéros haben schon einen sehr guten Ruf, allerdings sind wir dann auch als Team involviert)
Diesen Runden Tisch schätzen wir sehr als mögliches „Sensorium“ unterschiedliche Sichtweisen auszutauschen und Befindlichkeiten herauszuspüren. Die Polizei ist von anfang an durch 1 bis 2 VertreterInnen mit von der Partie - es wurden an diesem Tisch auch schon Stellungnahmen verfasst oder Kontakte für bilaterale Zusammenarbeiten konnten in diesem Gefäss geknüpft werden.
Es ist uns wichtig, über unsere Arbeit zu reflektieren, um allfällige Verbesserungen so einleiten zu können. Eine Kurzbeschreibung einer letztjährigen BefragungsAktion zum Thema öffentlichen Raum habe ich mitgebracht und liegt für sie zum Mitnehmen, bei den anderen Unterlagen auf.
Nun möchte ich den Fokus auf das Pilotprojekt aufsuchende Jugendarbeit mit dem Fokus auf die spezifische Zielgruppe von sich eher auffällig verhaltenden Jugendlichen zu sprechen kmmen. Die Präventionsfunktion möchte ich im Folgenden kurz erlläutern.
Die Rolle der soziokulturellen Animation kann durch die Beobachtung der systemischen Verhältnisse eine Einschätzung der Auswirkung und Wechselwirkung in die Diskussion bringen - d.h. es ist ein hoher Grad an Kooperation und Koordination notwendig - es ist eine Systematisierung der Beobachtung aber auch eine systematisierung des Austauschs wichtig - um eine systematisierung der Frühintervention zu ermöglichen
Nochmals einige Fremdwörter, die ich näher erklären möchte:
Wenn NEIN, sollten die nicht geklärt werden? (Problematik der Anspruchhaltung) Ist Freiraum überhaupt noch existent (Kommerzialisierung, Mediteranisierung usw.) 2. Wir tauschen uns in verschiedenen Gremien aus - die Grenzen der Zuständigkeiten sind zeitweise nicht klar, es gibt immer wieder neue Akteure, die Aufgaben übernehmen, wenn es Konflikte gibt, ist es schwierig herauszufinden wer wie wo zuständig ist. 3. Kann als heikel verstanden werden, stecken die allenfalls unter einer Decke? 4. Wo ist eigentlich die Suchtprävention aktiv? Haben sie Kontakte zu diesen Ämtern, wer schreibt sich diese Arbeit auf die Fahne in der Stadt Zug?
Zum Schluss der Präsentation möchte ich ein symbolisches Bild mitgeben - es handelt sich um einen Holzschnitt aus dem 16. Jahrhundert, das vermutlich Kopernikus darstellt, wie er den Kopf über die feste Sphärenwelt hinausstreckt. War er doch seiner Zeit voraus und wurde von seine Weltanschauung, dass sich die Erde um die Sonne dreht als verwirrter Geist bezeichnet.