Reimer 2019: A Beautiful but Dangerous Beast“? Herausforderungen und Potenziale interdisziplinärer Forschung am Beispiel von Kollaborationen mit der Informatik in der anwendungsorientierten Journalismusforschung.
„A Beautiful but Dangerous Beast“? Herausforderungen und Potenziale interdisziplinärer Forschung am Beispiel von Kollaborationen mit der Informatik in der anwendungsorientierten Journalismusforschung“, Vortrag im Rahmen der Jahrestagung „ Neujustierung der Journalistik/Journalismusforschung in der digitalen Gesellschaft. Journalismus und Wissenschaft im Wandel“ der DGPuK-Fachgruppe Journalistik/Journalismusforschung am 19. September 2019 in Eichstätt.
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Reimer 2019: A Beautiful but Dangerous Beast“? Herausforderungen und Potenziale interdisziplinärer Forschung am Beispiel von Kollaborationen mit der Informatik in der anwendungsorientierten Journalismusforschung.
1. @julius_reimer
Jahrestagung FG Journalistik/
Journalismusforschung
18. Sep. 2019, Eichstätt
„A BEAUTIFUL BUT DANGEROUS BEAST“?
Herausforderungen und Potenziale interdisziplinärer Forschung am Beispiel
von Kollaborationen mit der Informatik in der anwendungsorientierten
Journalismusforschung
2. „A BEAUTIFUL BUT DANGEROUS BEAST“? | REIMER | 2
„DIE ZÄHMUNG DES BLICKS“ BIESTS
Ein Versuch.
„[D]er Kern der Interdisziplinarität [liegt]
nicht in der Kooperation zwischen mehreren
Individuen [unterschiedlicher Disziplinen],
sondern in der Zusammenführung und
Verknüpfung von Wissensbeständen und
Denkweisen, die unterschiedlichen
Disziplinen entstammen.“
(Laitko 2011: 8; kursiv im Orig.)
„‚Disziplinierung der Interdisziplinarität‘“
(Parthey 1996: 100)
3. „A BEAUTIFUL BUT DANGEROUS BEAST“? | REIMER | 3
„DATENGRUNDLAGE“
Laufzeit: 2017–2020 + ?
Laufzeit: 2015–2016/2019
+ Nachfolgeprojekt „Forum 4.0“ + ?
Vgl. Loosen et al. 2017 Vgl. Reimer et al. 2019b
5. „A BEAUTIFUL BUT DANGEROUS BEAST“? | REIMER | 5
Gestaltungswille
Offenheit
Ambiguitätstoleranz
Flexibilität
intrinsische
Motivation
Lernbereitschaft
Fähigkeit zu
divergentem Denken
Ego-Losigkeit
keine ‚disziplinäre Arroganz‘
Teamfähigkeit
Empathie
dickes Fell
Kreativität
INDIVIDUELLE EIGENSCHAFTEN
„[O]ne must be willing to step outside one’s culture
and training, to consider other approaches once again“
(Epstein 2005: 260).
Bsp.:
Langfristplanung vs.
iteratives Vorgehen
„Die Bedeutung von Personen muss anerkannt werden: […] Die
Verbundarbeit lebt vor allem von der intrinsischen Motivation seiner
Beteiligten, den interdisziplinären Dialog miteinander zu führen. Sie
bringen die nötige Zeit, die nötige Offenheit und den nötigen
Gestaltungswillen mit, um die Zusammenarbeit stetig zu entwickeln.
Dazu gehört […] auch eine Prise Frustrationstoleranz, denn man fängt
bei der Erläuterung der eigenen Arbeit mitunter bei null an.“
(Quitzow/Canzler 2018: 21).
6. „A BEAUTIFUL BUT DANGEROUS BEAST“? | REIMER | 6
‚WEAK TIES‘ & ‚STRUKTURELLE KOPPLUNGEN‘
7. „A BEAUTIFUL BUT DANGEROUS BEAST“? | REIMER | 7
TREFFEN & COMMITMENT
8. „A BEAUTIFUL BUT DANGEROUS BEAST“? | REIMER | 8
ERWARTUNGEN & ZIELE
9. „A BEAUTIFUL BUT DANGEROUS BEAST“? | REIMER | 9
PROBLEM- & BEGRIFFSVERSTÄNDNIS, (REDE)ZEIT
„[I]nterdisziplinäre Zusammenarbeit [ist] mit einem
erhöhten Aufwand an Kommunikation verbunden“
(Handke/Thio 2017: 29; Hervorh. weggel.),
denn: „Häufig muß sich die Verständigung des
Umweges über eine hochredundante, alltagssprachliche
‚Übersetzung‘ disziplinärer Einsichten vollziehen.“
(Kaufmann 1987: 77)
Maus.
„Nie über Grundsätzliches sprechen – keine erkenntnistheoretischen,
begrifflichen, keine im weitesten Sinn philosophischen Probleme aufwerfen.
Interdisziplinarität funktioniert nur pragmatisch.“
(Welzer 2006: 37; zit. n. Fischer 2010: 53)
10. „A BEAUTIFUL BUT DANGEROUS BEAST“? | REIMER | 10
PUBLIKATIONEN & KARRIERECHANCEN
„Unter Gesichtspunkten wissenschaftlicher
Reputation und Karrierechancen ist
interdisziplinäre Arbeit häufig wenig ergiebig“
(Kaufmann 1987: 78; Hervorh. weggel.).
„Studien zeigen, dass vielfach Publikations- und
Finanzierungsmöglichkeiten sowie
Karrierewege in interdisziplinären Feldern
fehlen. Interdisziplinär forschende
Wissenschaftler benötigen mehr Zeit, um auf
eine Professur berufen zu werden. Dies gilt
insbesondere für die Geistes- und
Sozialwissenschaften.“
(Froese 2018: 18)
11. „A BEAUTIFUL BUT DANGEROUS BEAST“? | REIMER | 11
„ORGANISIERTE ÜBERSCHREITUNG BESTEHENDER GRENZEN“ (FROESE 2018: 19)
Oder: Wie komme ich zu meinem interdisziplinären Projekt?
„Bevor interdisziplinäre Zusammenarbeit
funktionieren kann, müssen grundsätzliche
Voraussetzungen wie persönliche
Bekanntschaft geschaffen werden. Denn
man kennt sich eben nicht aus den Fach-
Communities.“
(Quitzow/Canzler 2018: 21)
„Interdisziplinäre Problemstellungen
drängen sich für Wissenschaftler[*innen; …]
nur ausnahmsweise auf.“
(Kaufmann 1987: 77; Hervorh. weggel.)
12. „A BEAUTIFUL BUT DANGEROUS BEAST“? | REIMER | 12
„ORGANISIERTE ÜBERSCHREITUNG BESTEHENDER GRENZEN“ (FROESE 2018: 19)
13. „A BEAUTIFUL BUT DANGEROUS BEAST“? | REIMER | 13
„ORGANISIERTE ÜBERSCHREITUNG BESTEHENDER GRENZEN“ (FROESE 2018: 19)
Reimer et al. 2019a
14. „A BEAUTIFUL BUT DANGEROUS BEAST“? | REIMER | 14
UND WAS IST JETZT MIT DEN POTENZIALEN!?
§ Höherer Zeitaufwand, noch mehr Missverständnisse, größeres Risiko des Scheiterns,
noch weniger Karrierechancen... Klingt verlockend, oder?
§ Individuelle auf die eigenen Bedürfnisse zugeschnittene computational methods-
Lösungen...
§ ...für Fragestellungen, die man sonst nur schwierig bearbeiten könnte
§ Versprechen nutzbarer Software erleichtert Feldzugang
§ Besseres Verständnis eines interdisziplinär gewordenen Journalismus‘
§ Wider die Tendenz zu „technological solutionism“ (Morozov 2013) und methodisch-
theoretischer Hemdsärmeligkeit in der Informatik
15. „A BEAUTIFUL BUT DANGEROUS BEAST“? | REIMER | 15
UND WAS IST JETZT MIT DEN POTENZIALEN!?
§ „Gelingt derartige Forschung, erwerben die Beteiligten dadurch ein spezifisches
Wissen und Können, das über reines Faktenwissen und blosse [sic!] Sachkompetenz
hinausgeht. Es umfasst im idealen Fall auch Integrations- und
Konsensbildungskompetenzen, Kommunikations- und Kooperationsfähigkeiten. Auf
der Suche nach einer gemeinsamen Sprache und Problemsicht haben die Beteiligten
gelernt, ihre eigene Fachkultur in Relation zu anderen Fachkulturen zu setzen, und
damit, ihre eigene Fachkultur zu reflektieren.“ (Defila et al. 1996: 14; Anm. 27)
16. „A BEAUTIFUL BUT DANGEROUS BEAST“? | REIMER | 16
RELATIVIERENDES ZUM ABSCHLUSS
§ Man kann Probleme auch herbeireden.
§ KoWi hat Erfahrung mit Nebeneinander unterschiedlicher Perspektiven.
§ Es gibt mehrere Interdisziplinaritäts-Stile (Röbbecke et al. 2004).
17. „A BEAUTIFUL BUT DANGEROUS BEAST“? | REIMER | 17
EINIGE VON VIELEN FRAGEN
§ Problem ‚Projektisierung‘: Wie weiter nach der Kooperation?
§ Sind das nicht alles Probleme der Zusammenarbeit in Projekten – auch
monodisziplinären – im Allgemeinen? (Nein.)
§ Wie sieht es aus mit der Übertragbarkeit auf...
§ die Seite der Informatiker*innen?
§ andere KoWi-/Informatik-Teams?
§ nicht anwendungsorientierte Forschung?
§ Kooperationen mit anderen Disziplinen?
19. „A BEAUTIFUL BUT DANGEROUS BEAST“? | REIMER | 19
LITERATUR
§ Balsiger, P. W., Defila, R., & Di Giulio, A. (Hg.). (1996). Ökologie und Interdisziplinarität – eine Beziehung mit Zukunft? Wissenschaftsforschung zur Verbesserung fachübergreifender Zusammenarbeit.
https://doi.org/10.1007/978-3-0348-5036-0
§ Defila, R., Balsiger, P. W., & Di Giulio, A. (1996). Ökologie und Interdisziplinarität – eine Beziehung mit Zukunft? Wissenschaftsforschung zur Verbesserung der fachübergreifenden Zusammenarbeit. In P.
W. Balsiger, R. Defila, & A. Di Giulio (Hg.), Ökologie und Interdisziplinarität – eine Beziehung mit Zukunft? Wissenschaftsforschung zur Verbesserung fachübergreifender Zusammenarbeit (S. 3–24).
https://doi.org/10.1007/978-3-0348-5036-0
§ Zitat im Vortragstitel: Derry, S. J., & Schunn, C. D. (2005). Introduction to the study of interdisciplinarity: a beautiful but dangerous beast. In S. J. Derry, C. D. Schunn, & M. A. Gernsbacher (Hg.),
Interdisciplinary collaboration: An emerging cognitive science (S. xiii–xx). Mahwah: Erlbaum.
§ Derry, S. J., Schunn, C. D., & Gernsbacher, M. A. (Hg.). (2005). Interdisciplinary collaboration: an emerging cognitive science. Mahwah: Erlbaum.
§ Epstein, S. L. (2005). Making interdisciplinary collaboration work. In S. J. Derry, C. D. Schunn, & M. A. Gernsbacher (Hg.), Interdisciplinary collaboration: an emerging cognitive science (S. 245–263).
Mahwah: Erlbaum.
§ Fischer, K. (2011). Interdisziplinarität im Spannungsfeld zwischen Forschung, Lehre und Anwendungsfeldern. In K. Fischer, H. Laitko, & H. Parthey (Hg.), Interdisziplinarität und Institutionalisierung der
Wissenschaft. Wissenschaftsforschung Jahrbuch 2010 (S. 37–58). Abgerufen von http://www.wissenschaftsforschung.de/JB10_37-58.pdf
§ Froese, A. (2018). Zwei Seelen in einer Brust Wissenschaft zwischen disziplinärer Ordnung und Interdisziplinarität. WZB Mitteilungen, (Nr. 159: Kooperation. Erfolge und Fehlschläge in der
Zusammenarbeit-), 17–19. Abgerufen von https://bibliothek.wzb.eu/artikel/2018/f-21216.pdf
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CSCW, 2(Art. 67), 1–20. https://doi.org/10.1145/3274336
§ Handke, V., & Thio, S. L. (2017). Handbuch zur inter- und transdisziplinären Integration von Geistes-, Sozial- und Kulturwissenschaften in Forschungsprojekte der Wiener Fachhochschulen. Abgerufen von
Institut für Zukunftsmedien und Technologiebewertung; MA 23, Wirtschaft, Arbeit, Statistik, Stadt Wien website: https://www.wien.gv.at/forschung/pdf/2017-gsk-handbuch.pdf
20. „A BEAUTIFUL BUT DANGEROUS BEAST“? | REIMER | 20
LITERATUR
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Suhrkamp.
§ Laitko, H. (2011). Interdisziplinarität als Thema der Wissenschaftsforschung. Abgerufen von Leibniz-Institut für interdisziplinäre Studien, Website: https://leibniz-institut.de/archiv/laitko_26_10_11.pdf
§ Lengwiler, M. (2005). Erfolgreich Inter-Disziplinieren. Forschungskooperationen über Fachgrenzen hinaus. WZB Mitteilungen, (Nr. 107), 52–55.
§ Loosen, W., Häring, M., Kurtanović, Z., Merten, L., van Roessel, L., Reimer, J., & Maalej, W. (2017). Making sense of user comments: Identifying journalists’ requirements for a software framework. SC|M
– Studies in Communication and Media, 6(4), 333–364. https://doi.org/10.5771/2192-4007-2017-4-333
§ Morozov, E. (2013). To save everything, click here: The folly of technological solutionism. New York: Public Affairs.
§ Parthey, H. (1996). Kriterien und Indikatoren interdisziplinären Arbeitens. In P. W. Balsiger, R. Defila, & A. Di Giulio (Hg.), Ökologie und Interdisziplinarität – eine Beziehung mit Zukunft?
Wissenschaftsforschung zur Verbesserung fachübergreifender Zusammenarbeit (S. 99–112). https://doi.org/10.1007/978-3-0348-5036-0
§ Quitzow, L., & Canzler, W. (2018). Diverse Sprachen, Menschen, Inhalte. Im Leibniz-Forschungsverbund Energiewende wird Interdisziplinarität gelebt. WZB Mitteilungen, (Nr. 159: Kooperation. Erfolge
und Fehlschläge in der Zusammenarbeit-), 20–24. Abgerufen von https://bibliothek.wzb.eu/artikel/2018/f-21217.pdf
§ Reimer, J., Biryuk, V., Haering, M., Loosen, W., Maalej, W., & Merten, L. (2019a, 28. Mai). Analysing user comments in online journalism. A systematic literature review across communication studies and
computer science. Gehalten auf der 69th annual conference of the International Communication Association (ICA), Washington, D.C. Abgerufen von https://doi.org/10.13140/RG.2.2.16981.06889
§ Reimer, J., Grahl, A., Breiter, A., Gerhard, U., Heitmann, K., Hepp, A., … Roeske, A. (2019b, 10. Mai). Mit Co-Creation zur integrativen Stadtöffentlichkeit? Zum Potential partizipativer Aktionsforschung für
die digitale Revitalisierung lokaler öffentlicher Kommunikation. Gehalten auf der DGPuK-Jahrestagung, Münster. Abgerufen von https://doi.org/10.13140/RG.2.2.28725.12009
§ Röbbecke, M., Simon, D., Lengwiler, M., & Kraetsch, C. (Hg.). (2004). Inter-Disziplinieren. Erfolgsbedingungen von Forschungskooperationen. Berlin: Edition Sigma.
§ Abgewandeltes Zitat im Titel von Folie 2: Schmidt, S. J. (1998). Die Zähmung des Blicks. Konstruktivismus – Empirie – Wissenschaft. Frankfurt: Suhrkamp.
§ von Blanckenburg, C., Böhm, B., Dienel, H.-L., & Legewie, H. (2005). Leitfaden für interdisziplinäre Forschergruppen: Projekte initiieren - Zusammenarbeit gestalten. Stuttgart: Franz Steiner.
21. „A BEAUTIFUL BUT DANGEROUS BEAST“? | REIMER | 21
BILDNACHWEISE
§ Folie 1, Nähkästchen: Foto von Annie Spratt auf Unsplash
§ Folie 6, Felsbrücke: Foto von Kyler Trautner auf Unsplash
§ Folie 6, 2er-Team: Foto von Andy Kelly auf Unsplash
§ Folie 7, Meeting: Foto von Thomas Drouault auf Unsplash
§ Folie 7, Commitment: Foto von Andrew Itaga auf Unsplash
§ Folie 8, Erwartungen eines Mops‘: Foto von Ludovic Mineault auf Unsplash
§ Folie 8, Zielscheibe: Foto von Annie Spratt auf Unsplash
§ Folie 9, Computermaus: Grafik von Camila Bertoco vom Noun Project
§ Folie 10, Publikationen: Foto von Karim Ghantous auf Unsplash
§ Folien 12 & 13: Bildnachweise s. Reimer et al. 2019a
§ Folie 18, Werkzeugkasten: Foto von maxpixel.net