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Detmold Flüchtlingsymposium 25.11.2015
1. Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (UMF):
Wie wichtig ist die Erstuntersuchung?
Ergebnisse von 102 medizinischen Erstuntersuchungen bei
12-18 Jährigen UMF zwischen 9-2011 und 7-2014
Luise Prüfer-Krämer**, Luisa Marquardt*, Alexander Krämer*
*Fakultät für Gesundheitswissenschaften, Universität Bielefeld
**Praxis Dr. med. Prüfer-Krämer, Innere Medizin, Tropenmedizin, Infektiologie, Bielefeld
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3. Health Risk Map – SOS International:
Krankheitslast + medizinische Infrastruktur
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4. Migrationsphasen
Zimmerman C, Kiss L, Hossain M (2011) Migration and Health: A Framework for 21st Century Policy-Making. PLoS Med 8(5): e1001034.
doi:10.1371/journal.pmed.1001034
http://www.plosmedicine.org/article/info:doi/10.1371/journal.pmed.1001034
5. Anteil von Minderjährigen bei den
Asylbewerbern
• 31,6% Kinder und Jugendliche bis 18 Jahre (2014)
• Anteil der Säuglinge besonders hoch
• Anteil der männlichen Asylbewerber
steigt mit der Entfernung des
Herkunftslandes
Quelle: Sachverständigenrat deutscher Stiftungen
für Integration und Migration (2015)
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6. Aufnahme von UMF in Bielefeld
• Clearinghäuser der AWO und anderen Sozialträgern
nehmen seit 2011 in Bielefeld unbegleitete minderjährige
Flüchtlinge (UMF) auf
• Ziel ist, sie nach 3-12 Monaten in andere Unterkünfte zu
verlegen bzw. sie in eigenen Wohnungen oder
Gemeinschaftsunterkünften unterzubringen
• Seit 11-2015 Aufnahme von UMFs, die nach ca 2 Wochen
in andere Kommunen verteilt werden
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7. Betreuung von UMF durch Sozialarbeiter in
den Clearinghäusern
- bürokratische Prozesse begleiten
(Asylanträge, Vormund bestellen etc.)
- Schulunterricht/ Ausbildung ermöglichen
- Medizinische Versorgung gewährleisten
- 2011 gemeinsames Konzept einer
Erstuntersuchung entwickelt
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8. Ziel der Erstuntersuchung
1. Ausschluß oder Diagnose/Therapie von ansteckenden Krankheiten zum
Schutz der
– Asylsuchenden selbst
– der übrigen Bewohner der Gemeinschaftseinrichtung
– und der BetreuerInnen
2. Gesundheitszustand beurteilen mit besonderem Augenmerk auf
– Ernährungs- Entwicklungsdefizite
– Krankheiten, Zahngesundheit
– Psyche: Traumatisierungen, Depressionen
– Hinweise auf Verletzungen, Behinderungen
– Drogenkonsum
– Befähigung zum Sport
– Hören/ Sehen (Schule)
3. Prävention: altersentsprechende Impfungen nach STIKO
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9. Medizinische Versorgung von UMF
Erstuntersuchung
• Kurz nach Ankunft in D bzw.
Bielefeld
• Kostenträger Jugendamt
• Jugenduntersuchung I
wird >16J inzwischen
finanziert
Hausärztliche Versorgung bei
akuten/chronischen Erkrankungen
• Während des
Gesamtaufenthaltes in D
• Kostenträger: Jugendamt
auf „Sozialschein“ solange
keine AOK-Karte vorliegt
• Laut Gesetz Gleichstellung
mit gesetzlich Versicherten
• Keine Budgetierung
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17. Allgemeiner Gesundheitszustand
• BMI-Werte im altersabhängigen Normbereich 84%,
10% übergewichtig, 6% untergewichtig
• Pathologischer Zahnstatus insbesondere bei
Asylsuchenden aus Afrika (>30%, p=0.038)
• Pathologischer Hörtest v.a. prävalent bei Südasiaten
(23.3%, p=0.046)
• Visuseinschränkung häufiger bei weiblichen
Asylsuchenden als bei männlichen (40.0% vs. 12.7%,
p=0.009)
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30. Verlaufsbeobachtungen in der
Betreuung von Asylsuchenden
• UMF aus Afrika, Irak, Afghanistan, Bangladesch hatten im
Herkunftsland keine oder nur geringe ärztliche Betreuung.
• Gute Versorgung in Syrien für UMF der Mittelschicht bis vor
wenigen Jahren (häufig gegen Hepatitis B geimpft)
• In Deutschland sehr hohe Patient-Arzt-Kontaktrate:
– Keine verantwortlichen Eltern
– Bisher nicht versorgte Erkrankungen
– Attraktivität des deutschen Gesundheitssystems
– Psychosomatische/ psychische Krankheitsbilder
– Starke Gewichtsschwankungen
– Verletzungen (Sport)
– Viele Infekte
– Aber: wenig Allergien
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32. Zusammenfassung und Herausforderungen
• UMF haben zunächst einen anderen physischen/psychischen
Gesundheitszustand im Vergleich zu in D aufwachsenden Jugendlichen
• Hohe Prävalenz psychischer Krankheitsbilder oft mit verzögertem
Auftreten. Sie behindern Lernerfolge und Integration. Sie sollten
frühzeitig erkannt und behandelt werden.
• Hohe Prävalenzen für
– behandelbare Infektionskrankheiten wie z.B. HBV, Lambliasis, Schistosomiasis
(SSA, Südasien)
– Psychische Erkrankungen – v.a. Mädchen oder Herkunft aus Kriegsgebieten
– Eisenmangelanämie (Frauen)
• Zugangsbarrieren: Sprache, Kultur, Bürokratie
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33. Medizinische Betreuung von UMF erfordert:
1. Inter,-multi,- und transkulturelle Sensibilität
2. Verständnis von Lebensbedingungen in den
Heimatländern und auf Fluchtwegen
3. Gewisse Kenntnis der Infektionsepidemiologie,
Epidemiologie genetischer Erkrankungen
(Sichelzellanämie), deren Diagnostik und Therapie
4. Hilfreich: Sprachkenntnisse in Brückensprachen
(englisch, französisch, russisch, arabisch) für einen
direkten Kontakt zum Patienten
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34. Auch Ärzte haben Anteil an der Integration:
es macht Freude mit UMFs!
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Westfalen-Blatt 16.11.2015
Süddeutsche Zeitung 19.03.2015