Präsentation für Krankenpfleger-/innen an der Agnes-Carll-Schule (Krankenhaus Nordwest) in Frankfurt (2009) mit:
Mord, Totschlag, Vergewaltigung, sexuelle Nötigung, Sterbehilfe (indirekt, passiv)
1. Prüfungsaufbau bei Strafrecht
Tatbestand
Objektiver
Tatbestand
Eintritt des Erfolges, durch eine Handlung, dabei Kausalität
Subjektiver
Vorsatz des Täters? (Wissen und Wollen der Tat)
Rechtswidrigkeit
Notwehr,
Tatbestand
Notstand oder Einwilligung
Schuld/Strafauschließungsgründe oder
Strafverfolgungshinderungsgründe
2. § 211 StGB: Mord
(1) Der Mörder wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe
bestraft.
(2) Mörder ist, wer
aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus
Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen,
heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln
oder
um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken,
einen Menschen tötet.
3. Mordmerkmale I
Mordlust: Täter will einen Menschen
sterben zu sehen
Befriedigung des Geschlechtstriebes:
sucht im Tötungsakt sexuelle Befriedigung
Habgier: Gewinnstreben um jeden Preis
Niedriger Beweggrund: Motiv ist sittlich auf
tiefster Stufe und verachtenswert
4. Mordmerkmale II
Heimtücke: Arg- und Wehrlosigkeit des Opfers
wird bewusst ausgenutzt
Opfer
sieht keinen Angriff voraus. Deshalb:
Keine oder reduzierte Möglichkeit zur Verteidigung
Grausam: Zufügung von Schmerzen über das
zur Tötung erforderliche Maß hinaus
Gemeingefährlich: bringt eine Gefahr für eine
unbestimmte Anzahl anderer Personen mit sich
5. Mordmerkmale III
Ermöglichungsabsicht
Tötung
dient der Begehung weiteren Unrechts
Verdeckungsabsicht
Um
Aufdeckung früherer Tat zu verhindern
Auch durch Unterlassen
Täter lässt das versorgungsfähige Opfer liegen
und nimmt dessen Tod billigend in Kauf
6. § 212 StGB: Totschlag
(1) Wer einen Menschen tötet, ohne
Mörder zu sein, wird als Totschläger mit
Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren
bestraft.
(2) In besonders schweren Fällen ist auf
lebenslange Freiheitsstrafe zu erkennen.
7. Fall 2: vorgetäuschte
Untersuchungshandlungen
Ein Oberarzt nahm an Patientinnen, die stationär in der
neurologischen Universitätsklinik aufgenommen waren,
im Rahmen von neurologischen Untersuchungen und
von Therapien sexuelle Handlungen vor, insbesondere
täuschte er Untersuchungshandlungen an den Brüsten
und im Genitalbereich vor, die zum Teil mit einer
Stimmgabel, zum Teil mit den Fingern durchgeführt
wurden. Einer Patientin griff er während einer Therapiesitzung in die Schamhaare.
Strafbarkeit des Arztes? (BGH 2004)
8. § 174a StGB: Sexueller Missbrauch
von Kranken in Einrichtungen
(1) Wer sexuelle Handlungen an einer gefangenen oder auf
behördliche Anordnung verwahrten Person, die ihm zur Erziehung,
Ausbildung, Beaufsichtigung oder Betreuung anvertraut ist, unter
Mißbrauch seiner Stellung vornimmt oder an sich von der
gefangenen oder verwahrten Person vornehmen läßt, wird mit
Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.
(2) Ebenso wird bestraft, wer eine Person, die in einer Einrichtung
für kranke oder hilfsbedürftige Menschen aufgenommen und ihm
zur Beaufsichtigung oder Betreuung anvertraut ist, dadurch
mißbraucht, daß er unter Ausnutzung der Krankheit oder
Hilfsbedürftigkeit dieser Person sexuelle Handlungen an ihr
vornimmt oder an sich von ihr vornehmen läßt.
(3) Der Versuch ist strafbar.
9. Lösung mit § 174a StGB I
Tatbestand
Einrichtung:
Kliniken, Kurheime usw…
Anvertrauen zur Beaufsichtigung: Ärzte und
Pflegepersonal auf der jeweiligen Station
Ausnutzen der Krankheit: Täter weiß davon und nutzt
Schwäche aus
Sexuelle Handlungen: Handlungen mit Sexualbezug,
nicht äußerlich neutrale Handlungen
Auf den Ort kommt es nicht. Auch: Spaziergang im
Klinikgarten
10. Lösung mit § 174a StGB II
Rechtswidrigkeit
Schuld. Vielleicht:
§
21 StGB: Verminderte Schuldfähigkeit
Unfähigkeit das Unrecht der Tat einzusehen oder
danach zu handeln. Wenn ja:
Gemilderte Strafe, wenn Täter an einer
Persönlichkeitsstörung (Triebstörung) leidet, die zu
einem Steuerungsverlust führen kann.
Wenn ja, gleichzeitige DNA-Analyse (§ 81g StPO) mit
Speicherung der Daten zum Zwecke der Identitätsfeststellung in künftigen Straftaten
11. Fall 3: Der alte Patient
Als die junge und attraktive Krankenschwester Susi
S. den alten und bettlägerigen Patienten Fritz F.
pflegen möchte, macht er ihr gegenüber anzügliche
Bemerkungen und fasst ihr leicht an das Gesäß.
Plötzlich zieht er ein Messer und fordert Susi auf, ihn
gegen ihren Willen oral zu befriedigen. Sie sieht
keine Chance und fügt sich.
Strafbarkeit des Patienten F.?
12. §§ 177 StGB: Vergewaltigung
(1) Wer eine andere Person 1. mit Gewalt, 2. durch Drohung mit
gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben oder 3. unter Ausnutzung
einer Lage, in der das Opfer der Einwirkung des Täters schutzlos
ausgeliefert ist, nötigt, sexuelle Handlungen des Täters oder eines
Dritten an sich zu dulden oder an dem Täter oder einem Dritten
vorzunehmen, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr
bestraft.
(2) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht
unter zwei Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel
vor, wenn 1. der Täter mit dem Opfer den Beischlaf vollzieht oder
ähnliche sexuelle Handlungen an dem Opfer vornimmt oder an sich
von ihm vornehmen läßt, die dieses besonders erniedrigen,
insbesondere, wenn sie mit einem Eindringen in den Körper
verbunden sind (Vergewaltigung), oder 2. die Tat von mehreren
gemeinschaftlich begangen wird.
13. Prüfung § 177 StGB: entweder
sexuelle Nötigung
Sexuelle Nötigung
Nötigung:
Gewalt, Drohung, Ausnutzen einer
schutzlosen Lage des Opfers
Ausnutzen auch bei physischer Unterlegenheit oder
psychischer Hemmung
Sexuelle
Handlung: Nötigung muss finale Mittel
zur Erzwingung der sexuellen Handlung sein
Kausalität zwischen Nötigung und sexueller
Handlung nötig
14. Prüfung § 177 StGB II: oder
Vergewaltigung
Besonders schwerer Fall der sexuellen
Handlung
Täter
vollzieht mit Opfer den Beischlaf oder
Ähnliche Handlungen, die Opfer besonders
erniedrigen
Anal, Oral, Einführen des Fingers in den After
Qualifikation:
Täter führt Messer bei sich, um
Widerstand des Opfers zu brechen
15. § 178 StGB: Sexuelle Nötigung mit
Todesfolge
Verursacht der Täter durch die sexuelle
Nötigung oder Vergewaltigung (§ 177)
wenigstens leichtfertig den Tod des
Opfers, so ist die Strafe lebenslange
Freiheitsstrafe oder Freiheitsstrafe nicht
unter zehn Jahren.
16. § 179 StGB: Sexueller Missbrauch
widerstandsunfähiger Personen
(1) Wer eine andere Person, die
1. wegen einer geistigen oder seelischen Krankheit oder
Behinderung einschließlich einer Suchtkrankheit oder
wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder
2. körperlich zum Widerstand unfähig ist,
dadurch mißbraucht, daß er unter Ausnutzung der
Widerstandsunfähigkeit sexuelle Handlungen an ihr
vornimmt oder an sich von ihr vornehmen läßt, wird mit
Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren
bestraft.
17. Euthanasie - Sterbehilfe
Unproblematisch
Jede
Handlung nach Eintritt des Hirntodes
Verabreichung schmerzlindernder
Medikamente, selbst bei Bewusstseintrübung
Unerlaubte Sterbehilfe
Aktive
Lebensverkürzung
Tötung auf Verlangen, § 216 StGB
18. Kritisch: Indirekte Sterbehilfe
Patient P ist an Blutkrebs erkrankt und leidet
unsägliche Qualen. Der in behandelnde Arzt gibt
ihm ein morphiumhaltiges Schmerzmittel. Dies
hat neben der vollständigen Schmerzausschaltung auch die Folge, dass die Nervenzellen
im Kleinhirn schubweise abgebaut werden und
alsbald der Tod eintritt.
Hat sich A nach § 212 StGB strafbar gemacht?
19. Indirekte Sterbehilfe II
Wo nicht auszuschließen ist, dass eine
schmerzlindernde Medikation mit der
(unbeabsichtigten) Nebenfolge Lebensverkürzung verbunden ist, ist der Arzt
straflos.
Kein
Tötungsvorsatz bzw.
Rechtfertigender Notstand mit
Schmerzlinderungsinteresse des Patienten
20. Kritisch: Passive Sterbehilfe
Unterschied zu § 216: bloßes Unterlassen nicht
erfasst.
Verzicht auf lebensverlängernde Maßnahmen
Einverständlicher
Bei tatsächlichen oder mutmaßlichen Einverständnis des
Patienten
Einseitiger
Behandlungsverzicht
Behandlungsabbruch nur i.O.:
Lebensverlängerung tatsächlich unmöglich
Arzt oder Personal unzumutbar