1. Grammatik für alle
Jan Westerbarkey produziert flexible Rohre und will kleine und
mittlere Unternehmen davon überzeugen, eine einheitliche
elektronische Lösung für Bestellwesen und Auftragsabwicklung
einzuführen. Durch Anwendung des EDI-Systems könnten
Unternehmen weltweit pro Jahr so viel Geld sparen, wie die Fi-
nanzkrise an Schaden anrichtet.
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Es gab eine Zeit, da wollten wir unsere braucht. Und wenn jedes Mal, wenn kann man eigentlich das Lager strei-
Endkunden gar nicht kennen. Zumin- ein Handwerker zwanzig Meter Rohr chen; es sind nur noch diejenigen Ar-
dest die meisten nicht. Westaflex stellt braucht, bei uns ein Bestell- und Liefer- tikel am Lager vorrätig, die absolute
flexible Rohre her, die in den verschie- vorgang ausgelöst wird, fressen die Be- Renner sind. Der Grössenvorteil des
densten Branchen vom Klimaanlagen- arbeitungskosten uns die Gewinnmarge Grosshandels ist dadurch wesentlich
bau bis zur Automobilindustrie einge- weg. Deshalb waren wir früher froh, geringer geworden, und auch hier stellt
setzt werden. Die Kunden in der dass die Handwerker ihre Rohre beim sich verstärkt die Frage der Bearbei-
Automobilindustrie kennen wir natür- Grosshandel bestellt haben – und der tungskosten für den einzelnen Auftrag:
lich: wenig an der Zahl, doch mit sehr dann in grösserer Menge bei uns. Wer 200 Kilometer Rohr auf einmal be-
hohen Umsätzen. Aber ein Drittel un- In den letzten Jahren hat sich diese stellt, darf das gerne per Fax und auf
seres Umsatzes entfällt auf den Bereich Situation für uns rasant geändert. Zum Chinesisch machen – bei 200 Metern
Sanitär, Heizung, Klima (SHK) – das einen, weil auch der Grosshandel heute wäre es sehr ratsam, wenn er sich der
sind Handwerker, viele Handwerker, weit geringere Mengen pro Bestellung kostengünstigsten Technik bedient.
von denen jeder immer nur das bestellt, abnimmt als früher. Von der Bezeich- Denn, zum Zweiten, die Möglich-
was er für den aktuellen Auftrag gerade nung «lagerführender Grosshandel» keiten, die die elektronische Auftrags-
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einer Farbe vorrätig, nämlich weiss. den. Rechnungsdaten zum Beispiel EDI ist keine Nachricht, sondern ei-
Der Abverkauf in den Läden wird über gehören nicht zwingend dazu: VW bei- ne Nachrichten-Grammatik. EDI-An-
die Scannerkassen täglich übermittelt, spielsweise will gar keine Rechnung wendungen gibt es im Prinzip in jeder
der hierdurch errechnete Bedarf an den von uns. Wenn eine Lieferung von der Branche. Wenn Banken heute grenz-
einzelnen Färbungen bestimmt für je- Qualität her in Ordnung ist, bekom- überschreitend mit SWIFT kommuni-
des Modell und jede Farbe, welche men wir eine Gutschrift, fertig. So weit zieren, steckt EDI dahinter. Bei vielem,
Stückzahlen gefärbt und geliefert wer- sind wir mit dem Handel noch nicht – was heute fast wie von Geisterhand
den. Auch im Lebensmitteleinzelhan- hier müssen auch noch Rechnungsda- geht, steckt nicht Excel dahinter, son-
del gibt es sehr ausgefeilte Systeme, die ten ausgetauscht werden. dern eine strukturierte Nachricht,
automatisch signalisieren, welche Arti- In einer Konzentration auf den nämlich EDI. Die Sprache ist in jeder
kel wann in welchem Umfang wieder kleinsten gemeinsamen Nenner liegt Branche eine andere, für die Auto-
aufgefüllt werden müssen. auch die Chance für die ganz grossen mobilindustrie anders als für den Ak-
Für solche automatisierten Vorgän- Einsparpotenziale – die nämlich erge- tienhandel oder die Sanitärbranche.
ge braucht man standardisierte Kom- ben sich, wenn die elektronische Auf- Aber die zugrunde liegende Gramma-
munikation. Auch unsere Grosskun- tragsabwicklung für alle Betriebe ein- tik, der kleinste gemeinsame Nenner,
den, etwa aus der Automobilindustrie, setzbar wäre. Besser gesagt: von allen ist immer die gleiche.
kennen und haben das längst: Wenn sie Betrieben eingesetzt würde. Einsetzbar Man kann sich das vorstellen wie
nicht ISO-zertifiziert sind oder nicht ist sie bereits heute. Denn diesen ge- beim Bargeld-Abheben. Früher war
am internen Datenaustausch teilneh- meinsamen Standard gibt es schon. Er diese Transaktion nur am Schalter der-
men wollen, kommen sie gar nicht erst heisst EDI, Electronic Data Interchange, jenigen Bank möglich, bei der man sein
rein. Allerdings hatte lange Zeit jeder und ist in den Achtzigerjahren von der Konto hatte – da war es schon gut, wenn
sein eigenes, handgestricktes System – Welthandelsorganisation entwickelt man unterwegs ein Postsparbuch da-
bei VW ging das sogar so weit, dass es worden. EDI ist eine Vereinbarung für beihatte, weil dieses Sparbuch mit den
unterschiedliche Normen für jedes ein- die elektronische Übermittlung von Postbanken anderer Länder kompati-
zelne Werk gab. Da Unternehmen wie
Westaflex eine Vielzahl von Konzernen «Hinter vielem, was heute fast wie von
aus ganz unterschiedlichen Branchen
beliefern, entstand dadurch bei uns ein Geisterhand funktioniert, steckt eine
hoher Aufwand, um allen diesen Stan- strukturierte Nachricht.»
dards gerecht zu werden.
Inzwischen geht der Trend dahin, Geschäftsvorgängen, bei der formali- bel war. Heute gehen Sie an jeden belie-
die Grund-Kommunikation auf den sierte Daten zwischen Geschäftspart- bigen Geldautomaten jeder beliebigen
kleinsten gemeinsamen Nenner zu re- nern ausgetauscht werden. Bank. Übrige Bankgeschäfte, etwa
duzieren. Das sind bei jedem Bestell- Formalisierte Daten sind Daten, bei Überweisungen oder Ak tienverkäufe,
vorgang drei Informationen: Artikel- denen genau festgelegt ist, in welcher können Sie weiterhin nur an den Auto-
nummer, Stückzahl und Liefertermin. Reihenfolge und welchem Format be- maten, über die Website oder an den
Es wäre eine enorme Erleichterung, stimmte Informationen erscheinen. Als Schaltern Ihrer Bank vornehmen, aber
wenn alle Bestellungen in dieser Art EDI-Nachricht kann demnach prinzi- für den Bargeldverkehr, für den kleins-
mit einem gemeinsamen Standard be- piell alles versandt werden, was Formu- ten gemeinsamen Nenner, haben sich
arbeitet werden könnten. Alle über den larcharakter aufweist, also beispiels- die Banken auf eine gemeinsame Spra-
kleinsten gemeinsamen Nenner hinaus weise Rechnungen, Bestellungen, che geeinigt.
gehenden Informationen könnten dann Angebote, Lieferabrufe oder Spediti- Die unterschiedlichen Sprachen für
auf anderen Wegen ausgetauscht wer- onsaufträge. unterschiedliche Branchen sind bislang
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Datenverkehrs. Bei Myopenfactory die Unternehmen mit dem Internet könnte also im Bestellwesen jährlich
werden die Datensätze über das Inter- verbunden war, tatsächlich auch in de- eingespart werden.
net verschickt, verschlüsselt und sind ren Kostenrechnung an. Und zwar gesi- Oder klüger investiert werden.
praktisch kostenlos. Das Volumen der chert und standardisiert. Denn wenn ein Handwerker seine Roh-
einzelnen Bestellung spielt genauso we- Wenn Kommunikationskosten bei re direkt bei uns bestellen will, kann
nig eine Rolle wie das Datenvolumen, der Auftragsabwicklung keine Rolle das sogar Spass machen, wenn er über
auch die Frequenz des Abrufs nicht mehr spielen und die Unternehmen Myopenfactory bestellt. Dann sparen
mehr – wer nichts anderes zu tun hat, auch keine Spezialisten mehr für die wir vielleicht weniger oder gar kein
kann jede Minute ohne Mehrkosten Wartung des Systems verfügbar haben Geld – aber dafür lernen wir am Ende
nachschauen, ob eine neue Bestellung müssen, lassen sich enorme Einsparun- doch noch auch unsere Endkunden di-
angekommen ist. gen erzielen – an Geld und an Zeit. rekt kennen. <
Besonders attraktiv werden solche Nach meiner Schätzung könnte man
System für alle, die besonders hohen bei einer völligen Umstellung aller Be-
Geschäftsverkehr mit dem Ausland ha- stellsysteme auf EDI etwa 240 Mil-
ben. So wie beim Handy-Roaming fal- liarden Euro einsparen. Pro Jahr. Nur
len auch bei der Kommunikation zwi- in Deutschland. Und wenn ich das auf
schen Kunde und Lieferant im die ganze Welt hochrechne, lande ich in
grenzüberschreitenden Verkehr we- jedem Fall im Billionen-Bereich. In et-
sentlich höhere Kosten an. Mit EDI wa der Betrag, den die Finanzkrise ge- Link zum Thema
kommt also das Versprechen, das für rade weltweit an Schaden verursacht, www.myopenfactory.org
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«Software as a Service» – aber mit Service
Ein grosser internationaler Anbieter von Soft- diesem Fall jedoch nicht zutreffend, da es sich neue, unnötige Abhängigkeiten zu schaffen.
ware-Lösungen erwähnte kürzlich, dass er dabei um einen reinen Umwandlungs- und Werden zudem auch noch neue Kundenseg-
sich weniger um OpenSource basierte Konkur- Meldungsdienst handelt, welcher über zuver- mente zugänglich gemacht, ruft dies nach
renzlösungen Gedanken macht, als um Ange- lässige Statusmeldungen verfügt. Kompetenzen in den Bereichen Business
bote, welche auf dem Transaktionskostenmo- Nicht immer sieht der Sachverhalt so Intelligence und Customer Relation ship Ma-
dell basieren – neudeutsch auch als ‚Software einfach und klar aus, vor allem weil gerade nagement. Der Kreis der in all diesen Berei-
as a Service’ (SaaS) bezeichnet. Myopenfac- die Integration einer SaaS-Lösung in die be- chen kompetenten IT-Dienstleister wird
tory ist ein solcher Anbieter, welcher sich das stehende IT-Landschaft oftmals grössere somit immer kleiner. ELCA Informatik AG
neue Geschäftsmodell zu Grunde gelegt hat Herausforderungen stellt als vermutet. gehört zu diesen wenigen Schweizer IT-
und damit auch offensichtlich Erfolg hat. Die Einer seits bedarf es der Entwicklung von Dienstleistern, welche mit ihrem breiten
Gefahren und Risiken die üblicherweise mit Schnittstellen zu bestehenden Systemen Dienstleistungsangebot hier helfen können.
dem SaaS-Ansatz verbunden sind, wie Be- und andererseits müssen die lokalen und www.elca.ch
triebsunterbruch, Verlust von geschäftskriti- gesetzlich verankerten Compliance-Anfor-
schen Daten oder auch Abhängigkeit sind in derungen eingehalten werden können ohne