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René Pignolo (*1935)




René Pignolo ist Romand, das hört man mit dem ersten Satz. Er
spricht Deutsch in der Form, wie es viele Welsche tun, als Mischung
von Hochsprache, mundartlichen Elementen und mit dem Franzö-
sischen als Artikulationsgrundlage. In der Konversation finden sich
aber trotz dieser Mischform keinerlei Verständnisschwierigkeiten.
Die Lernervarietät mit dem ausgebauten und differenzierten Wort-
schatz erfüllt ihre kommunikative Funktion vollständig. Weshalb
ist René Pignolo aber hier aufgeführt, wo es doch eigentlich um das
Berndeutsche geht? Wer genau hinhört, merkt das, auch wenn vie-
les manchem Berner als Zürichdeutsch vorkommen mag, wozu die
Ostschweizer Mundart von Pignolos Frau vielleicht etwas beiträgt.
Es zeigt sich aber gerade im Bereich der Verbalmorphologie, dass
hier neben den standardsprachlichen Formen mundartliche Formen
vorkommen, die als Berndeutsch zu bezeichnen sind. So heisst es
wir mach7 und nicht standardsprachlich wir mach7n oder ost-
schweizerdeutsch m7r mach7d, sondern berndeutsch mach7. Das
selbe gilt für sii, wo es heisst das sii und nicht hochsprachlich oder
ostschweizerdeutsch das sind. René Pignolo sagt auch berndeutsch
er het und nicht er hat oder er hät, ein Unterschied, der übrigens
zu Verständnisschwierigkeiten zwischen Ost- und Westschweizer-
deutschen führen kann, da er het im Westen die indikativische
Form ist, während es im Osten die konjunktivische Form ist, bei er
hät ist es genau umgekehrt.
Das r ist durchgehend als schwach ausgeprägtes Halszäpfchen-r
ausgesprochen wie im Französischen, manchmal klingt es fast wie
ein ch, welches nicht ganz aus der Tiefe des Rachens kommt.
158


K ist im allgemeinen wenig, teilweise gar nicht affriziert, d. h. es
klingt im nicht wie im «normalen» Berndeutschen als kch sondern
wie im Französischen oder im Deutschen als «reines k», fast wie
ein stärkeres g.
Das h wird mehrfach nicht ausgesprochen. Als interessant ist hier
anzumerken, dass bei deutlicher Realisierung das h überdeutlich
ausgesprochen ist, während es bei der Wiederholung einfach weg-
gelassen wird.
Bei nasalen Konsonanten (m, n, ng) ist der vorangehende Vokal oft
leicht nasal realisiert.
Das unbetonte 7 (Schwa) ist deutlicher artikuliert als im «norma-
len» Berndeutschen, es ist qualitativ nahe beim betonten kurzen e
im Berndeutschen. Bei der Transkription haben wir der Leserlich-
keit wegen jedoch auf eine besondere Kennzeichnung verzichtet.
Das a erscheint sehr weit vorne artikuliert, wie es im Hochdeut-
schen und auch im Französischen ausgesprochen wird, akustisch
kommt es dabei sehr nahe an das berndeutsche ä.
Im Vergleich zum «Normalberndeutschen» sind die Hochzungen-
vokale geschlossener realisiert. Im selben Wort oder Wortteil – man
beachte zum Beispiel das hochdeutsch ausgesprochene Suffix -iiren
(berndt. -i7re), ist jedoch keine Qualität konsequent verwendet:
-iir7n wechselt mit -&&r7n ab.
Die Übersetzung zeigt hier das Problem, dass nicht Berndeutsch
übersetzt werden muss, sondern eine Lernervarietät, mit standard-
deutschen und berndeutschen Elementen, die zudem teilweise we-
der in der einen noch in der anderen Sprachform korrekt verwendet
sind, sei es von der Bedeutung, von der Wortstellung oder von der
Flexion her. Wir versuchen, in der Übersetzung nahe an der Reali-
sierung der Aufnahme zu bleiben, und so wird insbesondere die
falsche Wortbedeutung mit übernommen.1


1     Eine differenziertere Analyse dieses Interviews findet sich in: Siebenhaar, Beat (1997):
      ‹Stilistische Varianz in der Sprache eines in der Deutschschweiz lebenden Romands›.
      In: Syntax und Stilistik der Alltagssprache. Beiträge der 12. Arbeitstagung zur ale-
      mannischen Dialektologie. Hrsg. von Arno Ruoff und Peter Löffelad. Tübingen (Idio-
      matica 18), S. 123–134.
René Pignolo                                                                                                           159


Ch.W.: As erschts möcht i N7ch bitt7, das D7r                      Ch.W.: Als erstes möchte ich Euch bitten, dass Ihr
N7ch vil7ch ganz churz chönnt7d vorste667.                         Euch vielleicht kurz vorstellen könntet.
R.P.: Mi V(rname &sch R%n!!, mi Name                               R. P.: Mein Vorname ist René, mein Name Pignolo.
P&nj(lo. Das isch * 7 Name, wo t%%nt nach                          Das ist ein Name, der tönt nach effektiv Norditalien,
efegtiv Nord&tali7, da isch mim Gr((ssvat7r, wo                    da[s] ist mein Grossvater, der Anfang Jahrhundert
Anfang Jarund7rt 2 nach Genf ch( isch, drum                        nach Genf gekommen ist, darum bin ich in Genf
bin i 7n Genf geb((r7 und Genf7r, und s&t dr&ssig                  geboren und Genfer, und seit dreissig Jahren jetzt bin
Jaar jetzt bin ich in Bern.                                        ich in Bern.
B7r))flich * bin ich bi d7 Generaldirexion                         Beruflich bin ich bei der Generaldirektion PTT tätig ge-
P!t!t! 3 (PTT) t!tig gs&, wäil sit zwäi 4 Monaat                   wesen, weil seit zwei Monaten habe ich mich vor-
han i mich vorp3sioni7r7 lo 5. Und i bi v7rãnd-                    pensionieren lassen. Und ich bin verantwortlich gewe-
wordlich gsii für d7 hö7re P!t!t!-Kad7rschuulig.                   sen für die höhere PTT-Kaderschulung. Und daneben,
Und daneb7, un paral!ll, han i mich z&mlich vil                    und parallel, habe ich mich ziemlich viel engagiert in
ãnggaschi7rt i d7 Mus&k, i bi Dirigent vo zwöin7                   der Musik, ich bin Dirigent von zwei Orchestern,
Orggescht7r, Amatöörorggescht7r in Bern und                        Amateurorchestern in Bern und Flötist. Ich spiele in
Fl%%tischt. Ich spile in äin7m Blees7rqu&nt!t,                     einem Bläserquintett, und ich habe selber noch drei
und ich ha 6 selb7r dräi Trio dr… noch daneb7.                     Trios noch daneben.
0nd jetzt * bin i e glügliche Mensch, wo n))r für                  Und jetzt bin ich ein glücklicher Mensch, der nur für
di Kult))r tetig &sch, säi es Mus&g 7, wi ich jetzt                die Kultur tätig ist, sei es Musik, wie ich jetzt erwähnt
7rw!!nt ha, und i bi s&t sechs Jaar gweelt word7                   habe, und ich bin seit sechs Jahren gewählt worden
vom Bund7sraat 8 als St&fthungsraat vo d7 Schwi-                   vom Bundesrat als Stiftungsrat der Schweizer Kul-
z7r Kult))rstiftung Pro Helvezia 9, und i Pro el-                  turstiftung Pro Helvetia, und in Pro Helvetia bin
vezia 10 bin ich jetzt auch Mitglid 11 vom läit7n-                 ich jetzt auch Mitglied vom leitenden Ausschuss und
d7m 0ssch)ss und Vizepr!sident 12 vo d7 St&ftig.                   Vizepräsident (von) der Stiftung.



 2   Ausfall des h in ’hundert’
 3   Das p ist nicht aspiriert
 4   Aussprache zwischen ’zwöi’ und ’zwäi’
 5   ’Lo’ für ’la’ kommt im Grossteil der nördlichen Schweiz vor, nicht jedoch im städti-
     schen Berndeutsch. Dieses Form lässt sich vermutlich mit der Sprachbiographie
     Pignolos erklären, dessen Frau aus St.Gallen stammt.
 6   Assimiliert: Icha
 7   Zwischenwert zwischen nicht affriziertem k und g.
 8   Das u ist kaum realisiert: ’Bndesraat’.
 9   V ist stimmhaft als w realisiert: ’Helwezia’
10   Ausfall des anlautenden h
11   verkürzt zu ’Mitlid’
12   V stimmhaft als w ausgesprochen

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Pignolo

  • 1. 157 René Pignolo (*1935) René Pignolo ist Romand, das hört man mit dem ersten Satz. Er spricht Deutsch in der Form, wie es viele Welsche tun, als Mischung von Hochsprache, mundartlichen Elementen und mit dem Franzö- sischen als Artikulationsgrundlage. In der Konversation finden sich aber trotz dieser Mischform keinerlei Verständnisschwierigkeiten. Die Lernervarietät mit dem ausgebauten und differenzierten Wort- schatz erfüllt ihre kommunikative Funktion vollständig. Weshalb ist René Pignolo aber hier aufgeführt, wo es doch eigentlich um das Berndeutsche geht? Wer genau hinhört, merkt das, auch wenn vie- les manchem Berner als Zürichdeutsch vorkommen mag, wozu die Ostschweizer Mundart von Pignolos Frau vielleicht etwas beiträgt. Es zeigt sich aber gerade im Bereich der Verbalmorphologie, dass hier neben den standardsprachlichen Formen mundartliche Formen vorkommen, die als Berndeutsch zu bezeichnen sind. So heisst es wir mach7 und nicht standardsprachlich wir mach7n oder ost- schweizerdeutsch m7r mach7d, sondern berndeutsch mach7. Das selbe gilt für sii, wo es heisst das sii und nicht hochsprachlich oder ostschweizerdeutsch das sind. René Pignolo sagt auch berndeutsch er het und nicht er hat oder er hät, ein Unterschied, der übrigens zu Verständnisschwierigkeiten zwischen Ost- und Westschweizer- deutschen führen kann, da er het im Westen die indikativische Form ist, während es im Osten die konjunktivische Form ist, bei er hät ist es genau umgekehrt. Das r ist durchgehend als schwach ausgeprägtes Halszäpfchen-r ausgesprochen wie im Französischen, manchmal klingt es fast wie ein ch, welches nicht ganz aus der Tiefe des Rachens kommt.
  • 2. 158 K ist im allgemeinen wenig, teilweise gar nicht affriziert, d. h. es klingt im nicht wie im «normalen» Berndeutschen als kch sondern wie im Französischen oder im Deutschen als «reines k», fast wie ein stärkeres g. Das h wird mehrfach nicht ausgesprochen. Als interessant ist hier anzumerken, dass bei deutlicher Realisierung das h überdeutlich ausgesprochen ist, während es bei der Wiederholung einfach weg- gelassen wird. Bei nasalen Konsonanten (m, n, ng) ist der vorangehende Vokal oft leicht nasal realisiert. Das unbetonte 7 (Schwa) ist deutlicher artikuliert als im «norma- len» Berndeutschen, es ist qualitativ nahe beim betonten kurzen e im Berndeutschen. Bei der Transkription haben wir der Leserlich- keit wegen jedoch auf eine besondere Kennzeichnung verzichtet. Das a erscheint sehr weit vorne artikuliert, wie es im Hochdeut- schen und auch im Französischen ausgesprochen wird, akustisch kommt es dabei sehr nahe an das berndeutsche ä. Im Vergleich zum «Normalberndeutschen» sind die Hochzungen- vokale geschlossener realisiert. Im selben Wort oder Wortteil – man beachte zum Beispiel das hochdeutsch ausgesprochene Suffix -iiren (berndt. -i7re), ist jedoch keine Qualität konsequent verwendet: -iir7n wechselt mit -&&r7n ab. Die Übersetzung zeigt hier das Problem, dass nicht Berndeutsch übersetzt werden muss, sondern eine Lernervarietät, mit standard- deutschen und berndeutschen Elementen, die zudem teilweise we- der in der einen noch in der anderen Sprachform korrekt verwendet sind, sei es von der Bedeutung, von der Wortstellung oder von der Flexion her. Wir versuchen, in der Übersetzung nahe an der Reali- sierung der Aufnahme zu bleiben, und so wird insbesondere die falsche Wortbedeutung mit übernommen.1 1 Eine differenziertere Analyse dieses Interviews findet sich in: Siebenhaar, Beat (1997): ‹Stilistische Varianz in der Sprache eines in der Deutschschweiz lebenden Romands›. In: Syntax und Stilistik der Alltagssprache. Beiträge der 12. Arbeitstagung zur ale- mannischen Dialektologie. Hrsg. von Arno Ruoff und Peter Löffelad. Tübingen (Idio- matica 18), S. 123–134.
  • 3. René Pignolo 159 Ch.W.: As erschts möcht i N7ch bitt7, das D7r Ch.W.: Als erstes möchte ich Euch bitten, dass Ihr N7ch vil7ch ganz churz chönnt7d vorste667. Euch vielleicht kurz vorstellen könntet. R.P.: Mi V(rname &sch R%n!!, mi Name R. P.: Mein Vorname ist René, mein Name Pignolo. P&nj(lo. Das isch * 7 Name, wo t%%nt nach Das ist ein Name, der tönt nach effektiv Norditalien, efegtiv Nord&tali7, da isch mim Gr((ssvat7r, wo da[s] ist mein Grossvater, der Anfang Jahrhundert Anfang Jarund7rt 2 nach Genf ch( isch, drum nach Genf gekommen ist, darum bin ich in Genf bin i 7n Genf geb((r7 und Genf7r, und s&t dr&ssig geboren und Genfer, und seit dreissig Jahren jetzt bin Jaar jetzt bin ich in Bern. ich in Bern. B7r))flich * bin ich bi d7 Generaldirexion Beruflich bin ich bei der Generaldirektion PTT tätig ge- P!t!t! 3 (PTT) t!tig gs&, wäil sit zwäi 4 Monaat wesen, weil seit zwei Monaten habe ich mich vor- han i mich vorp3sioni7r7 lo 5. Und i bi v7rãnd- pensionieren lassen. Und ich bin verantwortlich gewe- wordlich gsii für d7 hö7re P!t!t!-Kad7rschuulig. sen für die höhere PTT-Kaderschulung. Und daneben, Und daneb7, un paral!ll, han i mich z&mlich vil und parallel, habe ich mich ziemlich viel engagiert in ãnggaschi7rt i d7 Mus&k, i bi Dirigent vo zwöin7 der Musik, ich bin Dirigent von zwei Orchestern, Orggescht7r, Amatöörorggescht7r in Bern und Amateurorchestern in Bern und Flötist. Ich spiele in Fl%%tischt. Ich spile in äin7m Blees7rqu&nt!t, einem Bläserquintett, und ich habe selber noch drei und ich ha 6 selb7r dräi Trio dr… noch daneb7. Trios noch daneben. 0nd jetzt * bin i e glügliche Mensch, wo n))r für Und jetzt bin ich ein glücklicher Mensch, der nur für di Kult))r tetig &sch, säi es Mus&g 7, wi ich jetzt die Kultur tätig ist, sei es Musik, wie ich jetzt erwähnt 7rw!!nt ha, und i bi s&t sechs Jaar gweelt word7 habe, und ich bin seit sechs Jahren gewählt worden vom Bund7sraat 8 als St&fthungsraat vo d7 Schwi- vom Bundesrat als Stiftungsrat der Schweizer Kul- z7r Kult))rstiftung Pro Helvezia 9, und i Pro el- turstiftung Pro Helvetia, und in Pro Helvetia bin vezia 10 bin ich jetzt auch Mitglid 11 vom läit7n- ich jetzt auch Mitglied vom leitenden Ausschuss und d7m 0ssch)ss und Vizepr!sident 12 vo d7 St&ftig. Vizepräsident (von) der Stiftung. 2 Ausfall des h in ’hundert’ 3 Das p ist nicht aspiriert 4 Aussprache zwischen ’zwöi’ und ’zwäi’ 5 ’Lo’ für ’la’ kommt im Grossteil der nördlichen Schweiz vor, nicht jedoch im städti- schen Berndeutsch. Dieses Form lässt sich vermutlich mit der Sprachbiographie Pignolos erklären, dessen Frau aus St.Gallen stammt. 6 Assimiliert: Icha 7 Zwischenwert zwischen nicht affriziertem k und g. 8 Das u ist kaum realisiert: ’Bndesraat’. 9 V ist stimmhaft als w realisiert: ’Helwezia’ 10 Ausfall des anlautenden h 11 verkürzt zu ’Mitlid’ 12 V stimmhaft als w ausgesprochen