Alexander Richter: Social Software aus Sicht von Führungskräften
1. Social Software aus Sicht von Führungskräften – Fluch oder Segen?
Knowtech 2013, Hanau, 8.10.2013
Alexander Richter, Michael Koch, Florian Jost, Syrko Kulas, Michael Zagst
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2. Felder des Wandels zur vernetzten Organisation
Kultureller Wandel
Neue Organisationstrukturen
• Mehr Verantwortung in Händen
selbstorganisierter Wissensarbeiter
(Umverteilung von
Entscheidungskompetenzen)
•Neue Rolle des Mitarbeiters:
mündig, mitgestaltend
(„Mitunternehmer“)
•Intrinsische Motivation & Vertrauen
•Information als freies Gut
(Abschaffen von „Herrschaftswissen“
und „Informationssilos“)
•Entgrenzung
• Überwinden von Abteilungs- und
Unternehmensgrenzen
• Netzwerke koexistieren neben
hierarchischer Unternehmensstruktur
• Projektorientiertheit (dynamischere
Prozesse)
Übergang ins Virtuelle
• Zunahme der Arbeit in räumlich und zeitlich verteilten Teams
• Zunehmende Zusammenarbeit über digitale Medien, v.a. mobil und über Social Software
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3. Zielsetzung
Welche Chancen und Risiken der Einführung von Social Software sehen
Führungskräfte?
Methodik
Auswertung von 15 einstündigen Interviews (transkribiert)
Befragt wurden: 4 Bereichsleiter, 6 Abteilungsleiter, 5 Referatsleiter
(verschiedene Hierarchiestufen)
Zeitraum: Q2 2012, vor der Einführung eines Enterprise Social Network
Codierung der durch Führungskräfte wahrgenommenen Chancen und
Risiken
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4. Überblick
Chancen
Kommunikation und Information
Risiken
Effizientere Kommunikation
Verfügbarmachen von
Expertenwissen
Mehr Feedback
Gute Informationsquelle
Vereinfachtes Kontaktmanagement
10
9
10
8
Informationen gehen verloren
Produktivitätsverluste durch
Informationsüberflutung
Komplexere Kommunikation
Informationsflüsse nicht kontrollierbar
7
Gültigkeit der Informationen
3
Kommunikation über Hierarchien
hinweg
Freie Gestaltung der Arbeitszeit
10
Druck up-to-date zu sein /
Aktivitätsdruck
Verschwimmen von Privat- und
Berufsleben
8
Freiere Zusammenarbeit
8
Akzeptanzprobleme
Selbstmanagement notwendig
Hemmung zu publizieren
6
4
2
14
12
9
5
Unternehmenskultur
8
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6
4
5. Kommunikation und Information
Effiziente Kommunikation
„ Ich glaube, dass […] mehr Information fließen wird, Information
besser fließen wird, einfach weil es uns heute glaube ich nicht überall
gelingt, Information richtig und überall an den richtigen Fleck zu
bringen.“
Verfügbarmachen von Expertenwissen
„Ich kann Gesprächspartner zu Themen finden, wo ich sonst vielleicht
nicht unbedingt ohne Weiteres wüsste, wo wir denn im Haus Know-how
sitzen haben, wo komme ich an jemanden dran, der auf einem
bestimmten Thema Spezialist ist“
„…weil ich auch viele Informationen erhalten kann, Dinge nicht
doppelt erfinden muss, weil sie schon da sind.“
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6. Kommunikation und Information
Mehr Feedback
sowohl fachlich…
„Ich erreiche damit strukturiert viele
Mitarbeiter und kann mir von vielen
eine Meinung einholen“
…als auch auf Beziehungsebene
„Zur Aufnahme von
Stimmungslagen ist so etwas ganz
interessant…“
Gute Informationsquelle
„‘Wenn ihr hier was
reinschreibt, kann es jeder lesen.‘
So was gehört meines Erachtens
dazu.“
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7. Kommunikation und Information
Vereinfachtes Kontaktmanagement
Pflegen bestehender Kontakte…
…aber auch neue Impulse durch weak ties
„Also es besteht auf jeden Fall eine Chance, weitere Netze aufzubauen, mit
Leuten in Kontakt zu kommen, die man vorher eigentlich nie hätte
erreichen können.“
„...weil es viel, viel einfacher wird, zum Beispiel auch
Gleichgesinnte, Gleichinteressierte zu finden“
Wie wichtig ist Ihnen Kontaktmanagement? – Ø 8,3 von 10
Dennoch: Nur 7 von 15 erkennen die Chance
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8. Überblick
Chancen
Kommunikation und Information
Risiken
Effizientere Kommunikation
Verfügbarmachen von
Expertenwissen
Mehr Feedback
Gute Informationsquelle
Vereinfachtes Kontaktmanagement
10
9
10
8
Informationen gehen verloren
Produktivitätsverluste durch
Informationsüberflutung
Komplexere Kommunikation
Informationsflüsse nicht kontrollierbar
7
Gültigkeit der Informationen
3
Kommunikation über Hierarchien
hinweg
Freie Gestaltung der Arbeitszeit
10
Druck up-to-date zu sein /
Aktivitätsdruck
Verschwimmen von Privat- und
Berufsleben
8
Freiere Zusammenarbeit
8
Akzeptanzprobleme
Selbstmanagement notwendig
Hemmung zu publizieren
6
4
2
14
12
9
5
Unternehmenskultur
8
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6
8
9. Kommunikation und Informationsfluss
Informationsverluste & Informationsüberflutung
„…die Wahrscheinlichkeit, dass ich dabei Informationen, die jemand
anderes für mich für wichtig hält, übersehe, nicht wahrnehme oder
bewusst nicht wahrnehme“
„…weil die Informationsvielfalt jetzt schon so groß ist, dass es
die Leute teilweise erschlägt.“
Informationsflüsse nicht kontrollierbar
„…sehe ich auch die Gefahr, dass da Informationen in einer Art und Weise
laufen, wie man es eigentlich nicht braucht oder wie man es nicht haben
wollte oder zu einem Zeitpunkt, wo man es nicht haben wollte“
Sensibilisieren für den Umgang mit der
Transparenz & Schnelllebigkeit des Mediums
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10. Kommunikation und Informationsfluss
„Und wenn der des aus dem Affekt postet, dann
kann das erstmal drin sein. Und auch hier: Ein
Netz vergisst ja nichts. Und da ist einfach so die
Gefahr einer kurzfristigen Handlung dann
größer, glaube ich.“
„Als Topmanagement muss man natürlich
ganz besonders sensibel sein, wie antworte ich
auf kritische Themen. Ich kann viel zerstören
mit einem falschen Statement, mit einer
scharfen Reaktion.“
„Und in dieser Plattform kann ich nie alles,
was eine Kommunikation ausmacht,
darstellen.“
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11. Überblick
Chancen
Kommunikation und Information
Risiken
Effizientere Kommunikation
Verfügbarmachen von
Expertenwissen
Mehr Feedback
Gute Informationsquelle
Vereinfachtes Kontaktmanagement
10
9
10
8
Informationen gehen verloren
Produktivitätsverluste durch
Informationsüberflutung
Komplexere Kommunikation
Informationsflüsse nicht kontrollierbar
7
Gültigkeit der Informationen
3
Kommunikation über Hierarchien
hinweg
Freie Gestaltung der Arbeitszeit
10
Druck up-to-date zu sein /
Aktivitätsdruck
Verschwimmen von Privat- und
Berufsleben
8
Freiere Zusammenarbeit
8
Akzeptanzprobleme
Selbstmanagement notwendig
Hemmung zu publizieren
6
4
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14
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9
5
Unternehmenskultur
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12. Einflüsse auf Unternehmenskultur
Freie Gestaltung der Arbeitszeit
„Da sind wir viel zu eingekästelt in das typisch deutsche FünfTage-Woche-acht-Stunden-arbeiten-Denken. Die Zeiten sind
vorbei. Sie sind jederzeit online. Sie können jederzeit arbeiten.
Und warum dann nicht auch mal am Samstag oder am
Sonntag und dafür in der Woche einen Tag frei machen.“
VS.
Verschwimmen von Privat- und Berufsleben / Entgrenzung
„Was ich auch befürchte, ist einfach das Thema inwieweit das
noch stärker die Arbeitswelt mit der Privatwelt verschmilzt.“
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13. Einflüsse auf Unternehmenskultur
Attraktivitätssteigerung für junge Mitarbeiter
„Ich glaube, dass es für Jüngere auf jeden Fall eine Motivation sein
kann. Jüngere, weil ich unterstelle, dass die eher solche Medien
nutzen. Oder wenn wir noch ein paar Jahre in die Zukunft schauen,
das sogar vielleicht als selbstverständlich verstehen.“
VS.
Akzeptanzprobleme bei erfahrenerer Generation
„Ich glaube, für andere Generationen mag es sogar unattraktiver
werden. Weil: Was ist denn das? ‚Ist doch totaler Unsinn.‘ Dann
geht die Attraktivität nach unten plötzlich. ‚Dafür habt ihr Geld?‘“
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14. Einflüsse auf Unternehmenskultur
Freie Zusammenarbeit vieler Benutzer
Engagement jenseits des eigenen Aufgabenbereichs…
“Gleichgesinnte, Gleichinteressierte zu finden und Themen zu
diskutieren, Themen aufzugreifen und mit Menschen darüber zu reden“
…und Bildung themenorientierter Teams
„Weil es einfacher ist, darüber an Themen gemeinsam zu arbeiten und die
weiterzuentwickeln. Man […] kann in dem Medium nahezu in Echtzeit
gemeinsam an einem Thema arbeiten. Und mehr Leute können da mitwirken.“
Fördert Enterprise 2.0 die Zusammenarbeit unter den Mitarbeitern?
Im eigenen Bereich
Ja
3
2
Teils-Teils
9
2
1
Nein
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Bereichsübergreifend
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15. Einflüsse auf Unternehmenskultur
Überwinden von Hierarchien
„Weil Transparenz zunimmt, weil es leichter wird, Kontakte zu
finden, Silo-Grenzen - um das böse Wort zu benutzen - zu überwinden“
„… dass man höhere Führungsebenen überspringt halte ich im Sinne
einer schnellen Lösung gut“
„[Ich] glaube, dass es positiv sein kann, wenn mal auch eine Meinung
und eine Meinung von vielen hochkommt, ungefiltert.“
Halten Sie es für
hilfreich, dass der
Informationsfluss
nicht hierarchisch
gesteuert wird?
1
2
5
9
13
Ja
Teils-Teils
Halten Sie es für
hilfreich, dass Ihre
Mitarbeiter Hierarchien
„überspringen können“?
Nein
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16. Einflüsse auf die Unternehmenskultur
Aktivitätsdruck
„Und damit habe ich ein Ranking. Und damit sieht man, wer da nicht
aktiv ist, dann geht sofort das Fragen los: Warum ist der eigentlich
nicht aktiv? Ist der desinteressiert? Hat er davor Angst?“
„... irgendwie darf man auch nicht abgehängt werden“
„Du kannst da ziemlich schnell überrascht werden oder ein
Informationsdefizit haben oder keine Meinung dazu.“
…Schnelllebigkeit des Mediums
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17. Fazit
• Eine Vielzahl verschiedener Chancen und Risiken wurden erkannt
– in der Stichprobe korrelierte die Nennung mancher Faktoren mit
der Hierarchiestufe der Befragten
• Für einige der genannten Herausforderungen müssen in den
Unternehmen individuelle Lösungen gefunden werden
• Risiken wurden teilweise falsch bewertet („Eventuell suche ich an der
falschen Stelle und damit finde ich manche Dinge nicht oder im falschen
Moment.“)
• Wenig Einfluss auf Führungspraktiken erwartet
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18. Rollenrepertoire einer Führungskraft 2.0
Offene Kultur fördern
•
Leitfigur sein – Mitarbeiter „mitnehmen“
(Transformationale Führung)
•
Authentizität & Transparenz vorleben
(nicht: unkontrollierte Offenheit)
•
Orientierung geben („Complementary
fit“)
•
Führungskraft 2.0
Führungskraft
2.0
Offenheit und Beteiligung einfordern
Auf Distanz führen
•
•
Digitales Beziehungsmanagement
•
Interkulturelle Kompetenz
•
Kompetenter Umgang mit der IT
Ambivalente Rollen wahrnehmen
Vertrauensaufbau über elektr. Medien
•
Spagat zwischen Netzwerk & Hierarchie
meistern („Kollege“ aber auch „Chef“)
•
Coach und Mentor sein
(„Dienstleister“ für die Mitarbeiter)
•
Selbstorganisation zulassen, koordinieren & moderieren
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19. Maßnahmen zur Begleitung der Führungskräfte
auf dem Weg in die vernetzte Organisation
Überzeugen
Mehrwert aufzeigen
Vorbehalte & Ängste
nehmen
In Einführung einbinden
Führungskräfte
fortwährend aktivieren
Sensibilisieren
Social Software in
Kulturwandel einordnen
Neue Herausforderungen
aufzeigen
Neues Führungsbild
erarbeiten
Coachen
Rüstzeug für die virtuelle
Führung mitgeben
Orientierungsrahmen für
„Führung 2.0“ geben
Anlaufstelle bieten
Richter, A.; Wagner, D. (2014): Leadership 2.0: Engaging and Supporting Leaders in the Transition Towards a Networked
Organization. In: Proceedings 47th Hawaii International Conference on System Sciences (HICSS), Hawaii.
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20. Führungskraft 2.0
Führungskraft
2.0
Danke schön!
Dr. Alexander Richter
Forschungsgruppe Kooperationssysteme
Universität der Bundeswehr München
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a.richter@unibw.de
twitter.com/arimue
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