Historische Betonoberflächen - eine Herausforderung für die Denkmalpflege
Betonsanierung in der Denkmalpflege ist ein spannungsreiches Themenfeld. Die Präsentation bietet einen kurzen Abriss über die vorhandenen Technologien, Chancen und Risiken der Betonsanierung in der Denkmalpflege. (Stand: 2007)
2. Historische Betonoberflächen
HERAUSFORDERUNG FÜR DIE DENKMALPFLEGE
Beton und Denkmalpflege
Beispiel: Wasserhochbehälter Völklinger Hütte
Erbaut 1917/1918 durch Wayss & Freytag
Technischer Wert:
Früher Eisenbetonbau (einer der ältesten und
größten in SW-Deutschland)
Architektonischer Wert:
Frühes Beispiel einer neuen, sachlichen
Industriearchitektur
Denkmalstatus: Weltkulturerbe
Zustand: Schattendasein
(Noch) keine Liebesbeziehung?
3. Oberfläche
Wichtig für die Denkmalpflege. Original Oberfläche dokumentiert Bau, Entstehung, Gestaltung
Daher besondere Bedeutung
Technische Aspekte:
Herstellungsweise, Schalbild, Kiesnester, Betontechnik
Architektonische Aspekte:
Schalbild, Farbe, Oberflächenbearbeitung
Original Oberfläche möglichst
erhalten
Historische Betonoberflächen
HERAUSFORDERUNG FÜR DIE DENKMALPFLEGE
4. Anforderungen an eine
denkmalgerechte Betoninstandsetzung
TECHNIK DENKMALPFLEGE
INSTANDSETZUNGSKONZEPT
GEBÄUDE
Richtlinien
Technologische Aspekte
Voruntersuchung, Schäden
(Istzustand)
Geplante Nutzung
(Sollzustand)
Historische und
Architektonische Aspekte
Denkmalwert
SANIERUNG
Erhalt von Bausubstanz
und Erscheinungsbild
NACHBEREITUNG
Erfolgskontrolle, Wartung,
Monitoring
Historische Betonoberflächen
HERAUSFORDERUNG FÜR DIE DENKMALPFLEGE
5. Historischer Betonbau:
Geringe Betonfestigkeiten (Norm: C12/15)
Oft höhere Festigkeiten durch Nacherhärtung
Schwankende Betonqualität durch:
Baustellenbeton
Handverdichtung
Schwankende w/z-Werte (Konsistenz)
Oft solide handwerkliche Ausführung
Oft Statische Reserven (konservative
Bemessung)
Keine homogene Qualität früher Betonbauten
Möglichst umfassende Voruntersuchungen
erforderlich
Historische Betonoberflächen
HERAUSFORDERUNG FÜR DIE DENKMALPFLEGE
6. Typische Mängel:
Verwitterte und abgesandete
Betonoberflächen
- Klimatische Einflüsse, Luftschadstoffe
Flächige organische/mineralische Beläge
- Ausblühungen, Schmutzkrusten, Bewuchs
Oberflächenrisse
- Eigenspannung (Schwinden/Temperatur),
Zwang, äußere Lasten
Abgeplatzte Betondeckung
- Korrosion der Bewehrung durch
Karbonatisierung oder Chloride
Hohlraumreiche Randzonen ohne
Feinmörtelmatrix (Kiesnester)
- Herstellungs-/Verarbeitungsmängel
Korrosion ohne sichtbaren Schaden
- Karbonatisierung und Korrosion bei starker
Betonüberdeckung
Historische Betonoberflächen
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7. Sanierungsmöglichkeiten
Elektrochemischen Prozess der Korrosion unterbinden, (Möglichkeiten nach der RiLi SIB DAfStb):
ANODISCHEN TEILPROZESS
UNTERBINDEN
KATHODISCHEN
TEILPROZESS
UNTERBINDEN
ELEKRTOLYTISCHEN
PROZESS
UNTERBINDEN
Repassivierung R
Alkalischer
Spritzmörtel
großflächig
R1
Alkalischer
Mörtel
Ausbesserung
R2
Elektro-
chemische
Verfahren
Rx
Beschichtun
g der Stahl-
oberflächen
C
Kathodischer
Korrosions-
schutz der
Bewehrung
Absenkung
des Wasser-
gehaltes
K CP W
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8. Betonersatzsysteme
und Denkmalpflege
Verlust der Oberfläche
Umfang möglichst gering halten, Reparaturstellen so unauffällig wie möglich
Normative Vorgaben nicht immer erste Wahl
Konflikte in der Betonsanierung aus denkmalpflegerischer Sicht:
Grundsatz Instandsetzungsrichtlinie: Sicherstellung
Restnutzungsdauer (Denkmal: dauerhafter Erhalt)
Verlust/Eingriff in die original Oberfläche
Normative Vorgaben nicht immer einhaltbar bzw. erste Wahl (z.B.
Oberflächenschutzsysteme)
Beispiel DIN ATV 18349 (Betonerhaltungsarbeiten) :
Die Endbeschichtung ist in hellem Grauton auszuführen
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9. Betonersatzsysteme
Mindestumfang der Sanierungsmaßnahme
Grundsätzlich:
Alle depassivierten Stähle mit aktiver Korrosion erfassen, bei zu geringer
Betondeckung zusätzlich stahlbaumäßiger Korrosionsschutz
Ziel:
Möglichst geringer Eingriff in die Oberfläche. Reparaturstellen an Altbeton
anpassen (möglichst unauffällige Sanierung)
Gefahr:
z.B. Verstärkte Korrosion durch Makroelementbildung bei zu gering
gewähltem Sanierungsbereich
Voraussetzung:
Gründliche Voruntersuchung (z.B. Potentialmessung)
Übergang zum Altbeton:
Unauffällig (z.B. entlang Schalungsfugen), bestmöglich senkrechte
Schnitte mit Trennscheibe (Tiefe > 5 mm)
Historische Betonoberflächen
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10. Betonersatzsysteme
Zusammensetzung des Reparaturmörtels
Zusammensetzung des Reparaturmörtels sollte möglichst der des
Originalbetons entsprechen.
Hohe Zugfestigkeit erforderlich, sonst Gefahr der Plombenbildung
(maximale Zugfestigkeit des Altbetons)
Übliche Reparaturmörtel (zumeist PCC-Mörtel) können i.d.R. optimal
eingestellt werden.
Auswahl von Reparaturverfahren und Mörtelzusammensetzung unter
folgenden Gesichtspunkten:
• Schadensumfang
• Betoneigenschaften
• Gewünschtes Erscheinungsbild
• Wirtschaftlichkeit / Denkmalwert
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11. Betonersatzsysteme
Erscheinungsbild der Instandsetzungsfläche
Farbigkeit:
Farbe Zuschlag und Matrix
Einstellbar auch durch Weißzement mit Pigmenten
Bei dunklen Reparaturstellen Gefahr der Rissbildung
durch Temperaturspannungen
Gesteinskörnung:
Farbe, Größe und Struktur des Altbetons
Größtkorn Reparaturmassen:
• Spritzbeton 8 mm
• Reparaturmörtel 4 mm (oft nur 2 mm)
• Feinspachtel < 2 mm
Auswahl Reparatursystem
Evtl. Nachbearbeitung Reparaturstelle
(Scharrieren, Auswaschen Feinanteil)
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12. Betonersatzsysteme
Erscheinungsbild der Instandsetzungsfläche
Schalungsstruktur:
Spachtelmassen, reliefartige Nachbildung durch
Spachteln schwierig/aufwändig, oft optisch
unbefriedigend
Nachahmen Brettschalung durch Kellenschnitte
Nachahmen Holzstruktur durch Bürstenstrich
Einpressen von Schalung in frische Reparaturstelle
schwierig: bei Spritzmörtel/-beton keine glättende
Oberflächenbearbeitung zulässig, Gefahr der
Verfärbung durch Schalöl (Altbeton abdecken)
Vorbetonieren einer Betonschale, bei Kleinflächen
Problem Befestigung der Schalung, oft Platzmangel
Evtl. Einpressen von Injektionsmörtel in Schalung,
Problem der Befestigung/Dichtigkeit der Schalung
Aufwand im Einzelfall prüfen
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13. Elektrochemische Realkalisierung
Verfahren und Wirkungsweise
Vornorm: DIN CEN/TS 14038 – 1 (2004)
Zeitweise Beaufschlagung der Bewehrung mit negativer Ladung
Außenseitig Metallgitter als Anode in alkalisch getränktem Vlies
(meist Sodalösung)
Dauer der Anwendung: 4-21 Tage (mind. 100 h)
Übliche Spannung: 1000 mA/m² Betonfläche (Norm: 4 A/m²
Bewehrung)
Wirkungsweise
Bildung von Hydroxidionen an der Kathode, dadurch Erhöhung des pH-
Wertes an der Bewehrung (Repassivierung)
Einwandern von Alkalien von außen durch Diffusion, Kapillartransport
und Elektroosmose in die karbonatisierte Betonrandzone, dadurch
Realkalisierung (Soda beständiger gegen CO2
(pH-Wert immer über
10,5))
(Wandern von Kationen (Cl-
) zur Anode)
Elelektrolyt mit
Metallgitter (Anode)
Anodensystem
zeitweise
-
+
Bewehrungsstahl (Kathode)
Alkalien (Kapillartransport)
Elektrolyse (OH-Ionen)
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14. Elektrochemische Realkalisierung
Anwendungsgrenzen, Gefahren
Nicht bei Chloridkorrosion anwendbar (dann als Verfahren Chloridextraktion in ähnlicher Anwendung)
Nicht anwendbar bei beschichteter oder verzinkter Bewehrung
Gefahr der Wasserstoffversprödung des Stahls, daher nicht für Spannbeton nutzbar
Gefahr der Aufheizung des Stahls bei zu hoher Stromdichte: Risse, Verringerung des Haftverbundes Stahl/Beton
Eventuell Alkali-Kieselsäure-Reaktion bei kritischen Zuschlagstoffen
Bei mehrlagiger Bewehrung: Gefahr der verstärkten Korrosion der unteren Bewehrungslage
Säurenbildung an der Anode, Beschädigung der Betonoberfläche möglich
Dauerhafte Realkalisierung der Betonrandzone (pH > 10) wird praktisch nicht erreicht
Dauerhaftigkeit der Maßnahme derzeit noch fraglich (Versuche laufen noch)
Monitoring erforderlich (Kontrolle Dauerhaftigkeit)
Karbonatisierungsbremse empfohlen
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15. Korrosionsinhibitoren
Definition: Korrosionshemmende Stoffe
Als Zusatzmittel im Frischbeton erprobt. Von der Chemieindustrie aber
auch als Mittel zur Applikation auf Altbeton angeboten (z.B. von Sika)
Zusammensetzung:
2 Komponenten: Aminoalkohol und mineralische Verbindung (meist
Phosphorverbindung)
Wirkungsweise:
Aminoalkohol und mineralische Verbindung dringen in den Beton ein und
bilden auf der Stahloberfläche ein korrosionsstabiles Salz
Anwendung:
Mehrmaliges Auftragen durch Rollen oder Spritzen
Problem:
Mineralische Komponente fällt oft frühzeitig aus (Wirksamkeit?)
Alkohol bleibt in Lösung (Verflüchtigung?)
Erfolgsnachweis schwierig, Dauerhaftigkeit nicht gesichert, Erfolg bei
bereits eingesetzter Korrosion nicht sicher, Unschädlichkeit?
Anwendung nur in
sehr engem Rahmen
Erfolg versprechend
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16. Oberflächenschutzsysteme
Instandsetzungsrichtlinie: 3 prinzipielle Systeme
Hydrophobierungen
(OS 1/OS A)
Untergrundvorbereitung für
Beschichtungen
Imprägnierende Behandlung des
Betons zur Herstellung einer
wasserabweisenden Oberfläche
Keine Filmbildung
Keine Veränderung der Oberfläche
Nicht dauerhaft
Imprägnierung
(Versiegelung)
Versiegelnde Behandlung des
Betons zur Reduzierung der
Oberflächenporosität
Grundierungen
Dünne Filmbildung
i.d.R. Veränderung der Oberfläche,
Lasierende Systeme Möglich
Karbonatisierungsbremse
Systeme sind nicht explizit in der
Instandsetzungsrichtlinie geregelt
Beschichtungen
(OS 2, 4, 5a/OS B, C, D
II)
Schichtbildende Behandlung des
Betons
Geschlossener Film
Veränderung der Oberfläche
Rissüberbrückende Systeme
Veränderung der
Oberfläche
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17. Oberflächenschutzsysteme
Hydrophobierungen
Vorteil: Keine Veränderung der Oberfläche, preiswert und einfach
Systeme: i.d.R. Silane oder Siloxane, teilw. mit Kieselsäureesther (Verfest.)
Wirkung: Erhöhung der Oberflächenspannung in den Kapillaren
Unterbinden des kapillaren Wassertransportes
Nachteile/Gefahren:
Nicht dauerhaft (Monitoring/Wartung erforderlich)
Verstärkte Karbonatisierung (Ungehindertes Eindringen von CO2 durch
wasserfreie Poren), bei nachlassender Hydrophobierung verstärkte
Korrosion möglich
Verstärktes Eindringen von Wasser durch Risse, dort verstärkte Salzbildung
und Frostgefahr, Ausreichende Tiefe der Hydrophobierung notwendig
Bei stark gerissener Oberfläche möglicherweise keine ausreichende
Absenkung des Wassergehaltes
Nachfolgende alternative Sanierungsmaßnahmen (z.B. Realkalisierung)
kaum möglich (Kapillartransport behindert)
Verstärktes
Eindringen von
Wasser über Risse
Abtrocknung
verstärkt über
Risse: Gefahr
durch Frost und
Salzbildung
Tiefe
Hydrophobierung
verringert Problem
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18. Fazit
Möglichkeiten der Betonsanierung in der Denkmalpflege begrenzt:
Betonersatzsysteme verändern/zerstören die original Oberfläche,
Anpassen von Farbe/Struktur an den Altbeton aufwändig und nicht immer
zufrieden stellend.
Alternative Möglichkeiten (Realkalisierung, Korrosionsinhibitoren) sind
zwar schon in der Anwendung, aber derzeit noch zu unerprobt, um
flächendeckend einsetzbar zu sein. Dauerhaftigkeit unklar.
Oberflächenschutzsysteme greifen ebenfalls in die Oberfläche ein und
verändern diese.
Geltende Normen und Vorschriften sind nicht immer zu 100 % umsetzbar.
Umfassende, sorgfältige Planung wichtig:
• Sorgfältige Voruntersuchung zur Minimierung des Eingriffs
• Für den Einzelfall abgestimmtes Instandsetzungskonzept
• Minimaler Eingriff, Reparaturen so unauffällig wie möglich
• Wartung und Monitoring ermöglichen rechtzeitiges Handeln
Historische Betonoberflächen
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19. Vielen Dank
für Ihre Aufmerksamkeit
Historische Betonoberflächen
HERAUSFORDERUNG FÜR DIE DENKMALPFLEGE
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